126Bloße „Scheinselbständigkeit“ eines Bodenlegers
Bloße „Scheinselbständigkeit“ eines Bodenlegers
Der aus Rumänien stammende Kl, der sich – bei Beginn seiner Tätigkeit für die bekl AG ohne Deutschkenntnisse – über Aufforderung des sogenannten Hauptgesellschafters der bekl AG an dieser offenen Gesellschaft (OG) als unbeschränkt haftender Gesellschafter beteiligt hatte (wie auch noch ein weiterer Arbeiter), hatte keine Einsicht in die Firmenakte, Dokumente oder Abrechnungen der bekl AG. Über die wirtschaftliche Situation der bekl AG wusste nur der Hauptgesellschafter Bescheid. Der Kl verrichtete seine Tätigkeit als Bodenleger zu den üblichen Arbeitszeiten und auf verschiedenen Baustellen, die ihm der Hauptgesellschafter, der die Aufträge auch organisierte, vorgab.
Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass im konkreten Fall im Ergebnis eine bloße „Scheinselbständigkeit“ des Kl und somit ein Arbeitsvertrag vorliege. Der OGH bestätigte diese Rechtsansicht.
Maßgeblich für die Beurteilung eines Vertrags als Arbeitsvertrag ist die tatsächliche Ausgestaltung der gegenseitigen Rechtsbeziehung. Entscheidend ist demnach, wie dieser Vertrag tatsächlich gelebt wurde. Es kommt dabei weder auf die Bezeichnung durch die Parteien noch darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewusst waren. Auch die steuerliche Behandlung des Vertragsverhältnisses – hier die Anmeldung des Kl bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft – ist ebensowenig entscheidend wie die Beurteilung des Sozialversicherungsträgers oder der Steuerbehörde.
Nach oberstgerichtlicher Rsp kann auch ein nach außen als Gesellschaft deklariertes Rechtsverhältnis nach der tatsächlich von den Parteien gehandhabten Praxis als Arbeitsvertrag qualifiziert werden. In der Rsp ist auch anerkannt, dass selbst ein GesellschafterGeschäftsführer dann, wenn ihm kein beherrschender Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zukommt, als AN zu qualifizieren ist.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach unter Berücksichtigung der Gesamtumstände vom Vorliegen eines Arbeitsvertrags auszugehen sei, entspricht den von der Rsp entwickelten Grundsätzen zur Qualifikation eines Vertrags als Arbeitsvertrag. Die außerordentliche Revision der bekl AG war daher zurückzuweisen.