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Unrichtige Beratung durch Versicherungsträger begründet keinen sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch

CHRISTINANEUNDLINGER

Anlässlich der Geburt ihrer Tochter M* am 5.11.2018 wollte die Kl bei der bekl Kärntner Gebietskrankenkasse (jetzt Österreichische Gesundheitskasse) das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens beantragen, da dieses verglichen mit der Kinderbetreuungsgeldkonto-Variante finanziell für sie am lukrativsten war.

Bei der am 20.12.2018 in einer Außenstelle erfolgten Antragsstellung erklärte die Kl gegenüber der dort tätigen Verwaltungsangestellten, dass sie einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld beziehen und zwei Jahre Karenz in Anspruch nehmen möchte. Die Verwaltungsanstellte klärte die Kl nicht über die Unterschiede zwischen der einkommensabhängigen Bezugsvariante und der Variante „Kinderbetreuungsgeld-Konto“ auf. Sie kreuzte nicht die (noch unausgefüllte) Spalte 5a „Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld (365 Tage)“, sondern die (ebenfalls noch unausgefüllte) Spalte 5b „Kinderbetreuungsgeld-Konto“ an, in der die Kl bereits zu Hause unter der Zeile „Variante“ ein Kreuz bei „individuell“ gemacht und vor „Tage“ die Zahl „730“ eingefügt hatte. Die Kl gab das ausgefüllte und von ihr eigenhändig unterschriebene Antragsformular, mit dem sie das pauschale Kinderbetreuungsgeld in der Leistungsart der individuellen Kinderbetreuungsgeld-Konto-Variante für 730 Tage beantragte, im Glauben ab, einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld beantragt zu haben.

Am 28.2.2019 sandte die Kl ein E-Mail an die Bekl, in dem sie auf den Irrtum hinwies und die Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes beantragte.

Mit Bescheid vom 3.4.2019 lehnte die Bekl den Antrag der Kl vom 28.2.2019 auf Änderung der Leistungsart von der individuellen Kinderbetreuungsgeld- Konto-Variante zum einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld mit der Begründung ab, der Änderungsantrag sei nach Ablauf von 14 Tagen ab Antragstellung ein- gelangt.

Das Erstgericht gab der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage auf Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens statt. Die Verletzung der Beratungspflichten habe zum Bezug von Kinderbetreuungsgeld in geringerer Höhe geführt, weshalb der Kl die nachträgliche Umstellung der Bezugsvariante zuzugestehen sei. Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Bekl das Urteil in klagsabweisenden Sinn ab.

Der OGH wies die Revision der Kl als unzulässig zurück, da weder in der Begründung des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts noch in der Revision eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt wurde. 361

Gem § 26a KBGG ist die Wahl der Leistungsart bei der erstmaligen (schriftlichen) Antragsstellung zu treffen und bindet beide Elternteile. Eine spätere Änderung ist einmalig möglich und muss binnen 14 Tagen ab der erstmaligen Antragsstellung dem zuständigen Krankenversicherungsträger schriftlich bekannt gegeben werden. Die engen gesetzlichen Voraussetzungen zeigen, dass ein bloßer Hinweis der Antragstellerin, sie habe sich im Zuge der Antragstellung geirrt und in Wahrheit eine andere Leistungsart beantragen wollen, für eine Änderung der Bezugsvariante nicht ausreicht, weil sonst der Spezialbestimmung des § 26a KBGG weitgehend der Anwendungsbereich entzogen würde.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass selbst eine unterlassene oder unrichtige Auskunft oder Beratung durch einen Versicherungsträger keinen sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch eines Versicherten begründen kann, ist auch von der höchstgerichtlichen Rsp gedeckt.

Die ausdrückliche mündliche Erklärung der Kl gegenüber der Verwaltungsangestellten, einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld beziehen zu wollen, ist laut OGH nicht maßgeblich. Die Anspruchsstellung auf Kinderbetreuungsgeld kann ausschließlich schriftlich erfolgen, weshalb allein der Inhalt des schriftlichen Formulars maßgeblich ist. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, auch nicht andeutungsweise zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich.

Mit ihrem weiteren Vorbringen, ihre Mitteilung vom 28.2.2019 stelle keinen Änderungsantrag dar, weil sie darin nicht von ihrer ursprünglichen (mündlichen) Willenserklärung abgewichen sei, lässt die Revisionswerberin außer Acht, dass die ursprüngliche Antragstellung der Schriftlichkeit bedurfte und auch tatsächlich ein schriftlicher Antrag gestellt wurde.