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Tatsächlich geleistete Stundenanzahl für Schwerarbeit maßgeblich

FABIANGAMPER
§ 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV

Der Kl war bis 31.12.1996 bei der Bau GmbH als Vorarbeiter und ab 1.1.1997 als Polier beschäftigt. Bei der Tätigkeit als Polier hatte er mehrere Baustellen mit 40 bis 80 Mitarbeitern zu betreuen. Diese Betreuung nahm täglich zwei Stunden in Anspruch. Weitere drei Stunden täglich umfassten jeweils Fahrten mit dem Kfz und Transportarbeiten, bei denen auch schwere Materialien auf- und abzuladen waren. Zusätzliche vier Stunden täglich umfassten Trockenausbauarbeiten.

Diese Arbeitszeiten von zwölf Stunden täglich erbrachte der Kl im Zeitraum vom 1.1.1997 bis 30.4.2018 an mindestens 15 Arbeitstagen pro Monat. Dabei verbrauchte er 10.629,60 Arbeitskilojoule, dies ergibt abzüglich der nichtproduktiven Zeiten von 10 % eine Belastung von 9.566,65 Arbeitskilojoule. Bei einem achtstündigen Arbeitstag hätte der Kl den notwendigen Wert von 8.374 Arbeitskilojoule gem § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV bei kongruenter Aufteilung nicht erreicht.

Die Bekl lehnte die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten des Kl im Zeitraum 1.5.1996 bis 30.4.2018 mit Bescheid vom 27.6.2018 ab. Das Erstgericht stellte fest, dass es sich bei den vom Kl im Zeitraum von 1.1.1997 bis 30.4.2018 erworbenen Versicherungsmonaten um Schwerarbeitszeiten im gesetzlichen Sinn handelt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht Folge.

Der OGH hat die außerordentliche Revision der Bekl mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Dazu stellt der OGH Folgendes klar: Die Angabe von acht Stunden im § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV stellt lediglich einen Richtwert zur Berechnung der Arbeitskilojoule pro Arbeitstag dar. Die Versicherten können nachweisen, dass sie täglich aufgrund längerer Arbeitszeiten oder aufgrund der besonderen Schwere der Tätigkeit auch bei kürzeren Arbeitszeiten den geforderten Arbeitskilojouleverbrauch erreichen. Dabei ist nach der Leitentscheidung OGH vom 30.9.2014, 10 ObS 95/14i, von einer Tagesbetrachtung auszugehen. Es kommt daher auf das Erreichen oder Überschreiten der Arbeitskilojoulegrenze pro Tag an. Eine verhältnismäßige „Einkürzung“ einer tatsächlich längeren Arbeitszeit war nicht intendiert. Der Sachverhalt der von der Revisionswerberin zitierten OGH-E vom 19.12.2018, 10 ObS 89/18p, ist nicht mit dem gegenständlichen Sachverhalt vergleichbar, weil der damalige Kl mehrere (selbst- und unselbstständige) Erwerbstätigkeiten ausübte. Der Umstand, dass bei Ausübung mehrerer unterschiedlicher Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 SchwerarbeitsV, von denen zumindest eine der Z 4 leg cit unterliegt, der Mindestwert nach dieser Bestimmung maßgeblich ist, hat keineswegs zur Folge, dass bei Ausübung bloß einer Tätigkeit Schwerarbeit nur vorliegen kann, wenn bei Männern 8.374 Arbeitskilojoule binnen einer achtstündigen Arbeitszeit verbraucht werden. 362