Kombilohnbeihilfe – „Neustartbonus“
Kombilohnbeihilfe – „Neustartbonus“
Die Covid-19-Pandemie hat neben der Gesundheits- auch zu einer Wirtschaftskrise geführt. Im März 2020 erreichte die Arbeitslosigkeit aufgrund der Betriebsschließungen einen historischen Höchstwert. Die Zahl der Arbeitslosen geht seit Mitte April zurück, dennoch liegt die Zahl weit über dem Niveau des Vorjahres. Ende Juni 2020 waren 414.766 Personen arbeitslos vorgemerkt, 48.739 Personen befanden sich in einer Schulung. Das ist ein Plus von 43 % im Vergleich zum Vorjahr.*
Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, hat der Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice (AMS) am 16.6.2020 die bereits bestehende Kombilohnbeihilfe adaptiert und den „Neustartbonus“ geschaffen. Die gesetzliche Grundlage für den Neustartbonus bildet § 34a AMSG. Dieser ermächtigt das AMS, Beihilfen an AN oder AG auszuzahlen. Ziel der Beihilfe ist die Förderung der Beschäftigungsaufnahme von Personen mit verminderten Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt.*
Zielgruppe der Kombilohnbeihilfe sind insb ältere AN, WiedereinsteigerInnen sowie Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Mit dem Neustartbonus kommt nun ein weiterer Personenkreis hinzu: Gefördert werden sämtliche Dienstverhältnisse mit einer Arbeitsaufnahme vom 15.6.2020 bis 30.6.2021, sofern diese nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung bei dem/derselben AG erfolgt. Die Stelle muss beim AMS gemeldet sein. Nicht gefördert werden freie Dienstverhältnisse sowie jene unter der Geringfügigkeitsgrenze. Darüber hinaus ist ein Mindeststundenausmaß von 20 Wochenstunden erforderlich. Für Personen, für die zur Reintegration im Rahmen einer Maßnahme (Personen bei fit2work beispielsweise) oder einer vom AMS beauftragten Begutachtung 381 ein geringeres Stundenausmaß empfohlen wird, sind zehn Wochenstunden ausreichend.
Mit diesem Instrument soll die Motivation, auch niedrig entlohnte bzw Teilzeittätigkeiten anzunehmen, erhöht werden. Darüber hinaus soll ein Anreiz geschaffen werden, auch Tätigkeiten in einem neuen Berufsfeld anzunehmen. Personen, die bereit sind, auf ihren Berufs- und Entgeltschutz zu verzichten, sind gezielt anzusprechen.
Die Beihilfengewährung ist nur dann möglich, wenn zwischen der Regionalen Geschäftsstelle des AMS und dem/der FörderungswerberIn ein Beratungsgespräch und eine Vereinbarung vorliegt. Das Ergebnis ist in der Betreuungsvereinbarung zu dokumentieren.
Die Höhe der Beihilfe ergibt sich aus der Differenz zwischen dem zuletzt gebührenden monatlichen Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe zuzüglich eines Aufschlages von 45 % und dem Nettoerwerbseinkommen inklusive Sonderzahlungen.* Das bedeutet: BeihilfenbezieherInnen erhalten für die Dauer der Förderung einen Betrag in Höhe des um 45 % erhöhten Arbeitslosengeldes bzw Notstandshilfe. Von der Erhöhung des Aufschlages (von 30 % auf 45 %) profitieren sowohl BezieherInnen der Kombilohnbeihilfe als auch jene des Neustartbonus. Die Beihilfe gebührt in Höhe des so ermittelten Differenzbetrags, maximal jedoch € 950,-. Beihilfen unter € 10,- werden aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht ausgezahlt (Bagatellgrenze). Die Auszahlung erfolgt an den/die AN.
Die Beihilfenberechnung erfolgt auf Basis des ersten Bruttoeinkommens.* Darauffolgende Einkommensschwankungen, die einen Betrag von € 150,- brutto nicht übersteigen, bleiben außer Betracht. Darüber hinausgehende Änderungen in der Einkommenshöhe sind dem AMS unverzüglich zu melden und führen zu einer Neuberechnung der Beihilfenhöhe. Auch die Zuerkennung einer Invaliditäts- bzw Berufsunfähigkeitspension ist umgehend zu melden. Wird neben dem geförderten Dienstverhältnis ein weiteres Dienstverhältnis aufgenommen, so ist auch dieses unverzüglich dem AMS bekannt zu geben. Die Summe der Erwerbseinkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Beihilfe.
Der Bonus bzw die Beihilfe wird für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, allerdings für maximal 28 Wochen, gewährt. Zeiten des Krankenstandes und allfällige Entgeltfortzahlungen verlängern die Bezugsdauer nicht. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird die Beihilfe im Krankheitsfall weiter gewährt. Während des Beihilfenbezuges wird das Krankengeld auf Basis des Erwerbseinkommens, dh ohne den Teil der Beihilfe, berechnet. Nach Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgt die Berechnung des Krankengeldes auf Basis des Erwerbseinkommens inklusive der bezogenen Beihilfe.
(Mehrmalige) AG-Wechsel sowie kürzere Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses bis zu 62 Tagen sind nicht schädlich. In diesen Fällen erfolgt eine Weitergewährung.
BezieherInnen der Beihilfe sind kranken-, unfall- und pensionsversichert. Die Sozialversicherungsbeiträge für das Arbeitsentgelt werden von den AG getragen. Die Beiträge für den Anteil der Beihilfe übernimmt das AMS.
Der Bezug einer Kombilohnbeihilfe hatte gem § 21 Abs 1 AlVG idF vor BGBl I 2018/329BGBl I 2018/329(Sozialversicherungs-Organisationsgesetz) die Konsequenz, dass Zeiten einer Beschäftigung mit gleichzeitigem Kombilohnbezug bei der Bemessung zukünftiger Leistungen außer Betracht blieben, dh nicht zu einer niedrigeren Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld geführt haben.
Seit 1.7.2020 wird das Arbeitslosengeld jedoch auf Basis der seit 1.1.2019 beim Dachverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten endgültigen monatlichen Beitragsgrundlagen aus vollständigen Kalendermonaten berechnet. Liegen nicht genug solcher Beitragsmonate vor, folgen weitere komplexe Ermittlungsschritte. Führen diese nicht zu einer Bemessungsgrundlage, ist nunmehr auch ein Entgelt aus einer mit Kombilohnbeihilfe geförderten Beschäftigung heranzuziehen (§ 21 Abs 2 4. Satz AlVG). Jahresbeitragsgrundlagen, die noch bis 31.12.2018 gebildet wurden, werden nur noch dann herangezogen, wenn gar keine monatlichen Beitragsgrundlagen vorliegen.
Eine solche Konstellation findet sich insb bei Frauen, die aufgrund einer Mutterschaft für einige Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass der Bezug des Neustartbonus auf Grund der Gesetzesänderung zu einem niedrigeren Arbeitslosengeld führt. 382
Weiterhin bestehen bleibt jedoch der Bemessungsgrundlagenschutz gem § 21 Abs 8 AlVG.*
Gezielt angesprochen werden Personen, die bereit sind, in einem neuen Berufsfeld zu arbeiten. Das kann jedoch Folgen für den Berufs- und Entgeltschutz während künftiger Leistungsbezüge haben.
Der Berufsschutz schützt in den ersten 100 Tagen des Arbeitslosengeldbezuges vor einer Vermittlung in einen anderen als den bisher ausgeübten Beruf, wenn durch diese Vermittlung eine künftige Beschäftigung im „Stammberuf“ nicht wesentlich erschwert wird. Beispiel: Einem gelernten Elektriker ist es nicht zumutbar, eine Hilfstätigkeit auszuüben.
Für die Dauer von 120 Tagen ab Beginn des Arbeitslosengeldbezuges genießen Versicherte einen Entgeltschutz. Das bedeutet, dass eine vom AMS vermittelte Beschäftigung in einen anderen als den bisher ausgeübten Beruf bzw Tätigkeit oder in eine Teilzeitbeschäftigung in Höhe von 80 % der letzten Bemessungsgrundlage des Arbeitslosengeldes entlohnt werden muss, um zumutbar iSd § 9 AlVG zu sein. War die arbeitslose Person im für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Zeitraum mit weniger als 75 % der Normalarbeitszeit teilzeitbeschäftigt, dann besteht ein Entgeltschutz iHv 100 %.
Ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entsteht nach 28 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wird nun aufgrund des Neustartbonus eine schlechter entlohnte Teilzeittätigkeit in einem fremden Berufsfeld angenommen, führt das zu folgenden Konsequenzen:
Der Berufsschutz wird grundsätzlich anhand der bisher ausgeübten Tätigkeiten geprüft. Das AMS kann und wird auch in Bereiche vermitteln, die unter der erworbenen Qualifikation liegen.
Der Entgeltschutz wird nach der letzten Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld berechnet. In diesen Zeitraum kann die geförderte Beschäftigung fallen, was dazu führt, dass die niedrig entlohnte Tätigkeit die Bemessungsgrundlage für die Leistung bildet und daher der Entgeltschutz herabgesetzt wird. Das hat zur Folge, dass das AMS auch in Zukunft auf Grund des schlechteren Entgeltschutzes niedriger entlohnte Tätigkeiten vermitteln kann.
Der Antrag ist bei der zuständigen Regionalen Geschäftsstelle einzubringen. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Wohnsitz des/der AN. Die Antragstellung hat nach Möglichkeit vor Beginn der Arbeitsaufnahme zu erfolgen, spätestens jedoch innerhalb eines Monats. Für die Weitergewährung ist eine neue Begehrensstellung erforderlich. Auch in diesem Fall ist der Antrag innerhalb von vier Wochen nach Ende des vorangegangen Förderzeitraumes einzubringen. Später eingebrachte Anträge führen zu einer späteren Auszahlung der Beihilfe.
Die Entscheidung ist dem/der FörderungswerberIn möglichst in Form einer schriftlichen Mit-teilung zur Kenntnis zu bringen. Die Auszahlung erfolgt monatlich im Nachhinein an die AN.
Die Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung erfolgt nach Ende des Förderzeitraumes bzw nach Ende des Dienstverhältnisses durch Vorlage der Lohnzettel oder der Arbeits- und Lohnbestätigung. Die Abrechnungsunterlagen sind spätestens sechs Wochen nach Beendigung des Dienstverhältnisses beizubringen. Werden keine Unterlagen vorgelegt, ist die Beihilfe zurückzuzahlen. Im laufenden Leistungsbezug wird ein Teil der Leistung einbehalten.
Wird das geförderte Dienstverhältnis aufgelöst, so ist dies dem AMS unverzüglich bekannt zu geben. Es gilt das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses. Die gewährte Beihilfe ist einzustellen und aliquot abzurechnen.
Der Neustartbonus verfolgt zwei arbeitsmarktpolitische Ziele: Einerseits soll für arbeitslose Personen ein Anreiz geschaffen werden, auch geringer entlohnte Beschäftigungen in neuen Tätigkeitsbereichen anzunehmen und damit wieder rasch in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Andererseits soll es den Unternehmen die Möglichkeit geben, den Betrieb langsam wieder hochzufahren. Das hilft insb jenen Unternehmen, die es sich in der derzeitigen Situation nicht leisten können (oder wollen), Vollzeit-Stellen zu bezahlen. Den AN hilft der Bonus, eine sozialversicherte Beschäftigung zu finden. Ob damit angemessen bezahlte Vollzeit-Stellen entstehen, wird sich zeigen. Aus AN-Sicht problematisch sind vor allem die Auswirkungen auf den Berufs- und Entgeltschutz sowie die zukünftige Bemessungsgrundlage in der AlV. 383