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Zugeständnis des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die Kündigungsfrist verkürzen zu können, bewirkt im Zweifel noch keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses

MARTINACHLESTIL

Der bekl AG hat den kl AN zum 31.3.2018 gekündigt und zugleich erklärt, dass der gekündigte AN den Betrieb jederzeit vorher verlassen könne, wenn er etwas Anderes finde. Im September teilte der kl AN dem bekl AG mit, dass er noch bis 21.9.2017 im Betrieb sei, danach Urlaub und Zeitausgleich nehme und das Dienstverhältnis mit 30.9.2017 ende.

Das Berufungsgericht ging von einer Kündigung des Dienstverhältnisses durch den AG mit einvernehmlicher Verkürzung der Kündigungsfrist aus. Der OGH bestätigte diese Rechtsansicht.

Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf die künftige Beendigung eines auf unbestimmte Dauer eingegangenen Dienstverhältnisses gerichtet ist und mit dem Zugehen an den Empfänger wirksam wird, ohne dass es deren Annahme bedarf. Die dem anderen Teil erklärte und diesem zugekommene Kündigung kann einseitig nicht mehr widerrufen werden.

Auch der sich aus der Kündigungserklärung ergebende Kündigungstermin kann nicht einseitig geändert werden. Eine einvernehmliche Verkürzung oder Verlängerung der Kündigungsfrist und eine 324 damit verbundene Verschiebung des Kündigungstermins ist aber auch nach Ausspruch der Kündigung grundsätzlich zulässig.

Eine Willensübereinstimmung der Vertragspartner über eine Verkürzung der Kündigungsfrist bewirkt im Zweifel noch keine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Parteien sind sich in diesem Fall zwar über den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einig; es spricht aber nichts dafür, dass derjenige, der sich mit einer Reduzierung der Zeitspanne zwischen dem Zugehen der Kündigung und dem durch sie herbeizuführenden Ende des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt, damit zugleich auch einer Änderung des Rechtsgrundes für die Beendigung der vertraglichen Beziehungen zustimmen will.

Ob eine zunächst einseitig erklärte Kündigung durch eine gemeinsame Abänderung des Kündigungstermins in eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses umgewandelt wurde, ist durch eine Auslegung der Willenserklärungen und der sonstigen Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei sind die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war.

Wenn das Berufungsgericht die Erklärung des bekl AG, dass das Arbeitsverhältnis auch zu einem früheren Termin beendet werden könne, aus der Sicht des Erklärungsempfängers als bindendes Offert zu einer einvernehmlichen Verkürzung der Kündigungsfrist wertet, das vom kl AN letztlich im September 2017 angenommen wurde, hält sich diese Rechtsauffassung im gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum. Davon ausgehend bestehen auch keine Bedenken gegen die Beurteilung, dass die Parteien damit nur eine einvernehmliche Verkürzung der Kündigungsfrist und keine Änderung des Beendigungsgrundes herbeiführen wollten. Die außerordentliche Revision des bekl AG war daher zurückzuweisen.