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Individualarbeitsrechtliche Zulässigkeit einer Versetzung nur innerhalb der durch den Dienstvertrag gegebenen Grenzen

CHRISTOSKARIOTIS

Die Kl war seit 1993 bei der Bekl zunächst in allgemeinen Abteilungen als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Ihr wurde nach Absolvierung ihres Studiums im Jahr 2007 förmlich der Dienstposten „Angelegenheiten von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung“ in der Abteilung „Strategie und Recht“ verliehen. Am 15.1.2010 erfolgte eine förmliche Stellenbeschreibung des Dienstpostens. Diese wurde von der Kl und für die Bekl von deren Direktor und dem damaligen Leiter des Direktionsbüros unterschrieben. Der Dienstposten diente insb der Betreuung des *fonds durch die Kl. Wegen dieser „außerordentlichen Tätigkeit“ wurde ihr auch „widerruflich und längstens für die Dauer der angeführten außerordentlichen Tätigkeit“ eine Pauschale von zehn Überstunden gewährt, die später auf 15 Überstunden erhöht wurde.

Nachdem man der Kl eine Indiskretion angelastet hatte, wurde sie mit Schreiben vom 9.11.2017 mit Zustimmung des BR in eine allgemeine Abteilung versetzt, damit sie dort als Juristin arbeite. An ihrem Grundbezug änderte sich dadurch nichts. Ihr wurde jedoch mitgeteilt, dass wegen des Wegfalls der „außerordentlichen Tätigkeit“ die Überstundenpauschale entfalle. Die Kl nahm ihre Arbeit in dieser Abteilung nur unter Protest auf.

Die Kl begehrt mit der Klage zum einen die Zahlung der ihr seither monatlich entgangenen Gelder aus der Überstundenpauschale, zum anderen die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, der dienstlichen Weisung der Bekl zur Arbeit in der Abteilung * unter den veränderten Bedingungen gemäß Schreiben vom 9.11.2017 Folge zu leisten.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren übereinstimmend statt. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

In seiner Begründung führte er aus, dass bei der Frage, ob eine Versetzung des DN iS einer Änderung des Tätigkeitsbereichs und/oder des Dienstortes zulässig ist, zwischen der dienstvertraglichen und der betriebsverfassungsrechtlichen Zulässigkeit zu unterscheiden ist. Im vorliegenden Fall ist – aufgrund der erfolgten Zustimmung des BR – nur die dienstvertragliche Zulässigkeit gegenständlich. Dafür ist nur entscheidend, ob sich die Anordnung des DG (Weisung) über einen Wechsel des Tätigkeitsbereichs oder des Tätigkeitsortes des DN im Rahmen der Weisungsbefugnis bewegt, die sich aus dem Dienstvertrag oder aus vereinbarten Gestaltungsvorbehalten ergibt. Eine Versetzung ist nur innerhalb der durch den Dienstvertrag gegebenen Grenzen zulässig. Der Dienstvertrag umschreibt die Gattung der Arbeit allgemein und steckt damit einen weiteren oder engeren Rahmen der vom DN nach Bedarf auszuführenden Tätigkeit 329 ab. Andere als die so vereinbarten Dienste braucht der AN regelmäßig nicht zu leisten. Nur innerhalb des Arbeitsvertrags können Versetzungen einseitig, dh ohne Zustimmung des AN, im Rahmen des Direktionsrechts durch den AG vorgenommen werden. Fällt der „neue Arbeitsplatz“ in den vom AN arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsbereich, ist der AN arbeitsvertraglich verpflichtet, einer „Versetzungsanordnung“ des AG Folge zu leisten. Werden hingegen die Grenzen des Arbeitsvertrags überschritten, kann die Änderung des Tätigkeitsbereichs nur im Einvernehmen mit dem AN erfolgen.

Das Berufungsgericht ging aufgrund der Unterfertigungen der Stellenbeschreibung des Dienstpostens der Kl im Jahr 2010 davon aus, dass diese Inhalt des Arbeitsvertrags zwischen den Streitparteien geworden sei. Dies zieht die Bekl in der außerordentlichen Revision nicht in Zweifel. Sie releviert also etwa gar nicht, dass es sich bei der Stellenbeschreibung bloß um eine schriftliche Weisung gehandelt habe, deren Erhalt bestätigt wurde. Vielmehr geht sie selbst von einer „derartigen einzelvertraglichen Vereinbarung“ aus. Dies zugrunde gelegt entspricht aber die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Kl nicht verpflichtet sei, eine andere Arbeit als die in ihrem Vertrag mit der Bekl vorgesehene zu erbringen, der stRsp. In der Rsp ist auch durchaus anerkannt, dass ein AN als Jurist auch mit ganz bestimmten Tätigkeiten, etwa der Vertrags- und Angebotsprüfung und Vertragserstellung (vgl OGH 30.10.2019, 9 ObA 107/19d, wo ein solcher vertraglicher Tätigkeitsbereich ausschlaggebend war) betraut sein kann. Allein im Belieben des AG stehende Versetzungen aus einer Abteilung in eine andere, also bloß organisatorische Änderungen, können naturgemäß nicht als Begründung für einen einseitigen Eingriff in den arbeitsvertraglichen Tätigkeitsbereich dienen.