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Ausbildungskostenrückersatz: Unwirksamkeit der Gesamtvereinbarung bei unzulässiger Aliquotierungsklausel

MANFREDTINHOF

Vom 16.1. bis 18.1.2018 absolvierte der an einer Universität beschäftigte Kl eine Schulung für ein spezielles Computerprogramm. Dabei wurden ihm Kenntnisse vermittelt, die er auch über das Dienstverhältnis hinaus verwenden kann. Aus Anlass der Schulung schlossen die Parteien am 28.12.2017 eine Vereinbarung mit (auszugsweise) nachstehendem Inhalt:

„Der Arbeitgeber übernimmt die im Zusammenhang mit der Ausbildung anfallenden Kosten (insbes. Kursgebühren, Übernachtungskosten und Tagesspesen, Reisekosten); diese Kosten belaufen sich auf EUR 1.950 zuzüglich MWSt und Reisekosten. Darüber hinaus wird dem Arbeitnehmer während der Dauer der Ausbildung das vereinbarte Arbeitsentgelt weiterbezahlt. (...) Die Ausbildung erfolgt in der ausdrücklichen Erwartung, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung derselben zumindest 4 Jahre hindurch im Betrieb verbleibt; (...) Für den Fall, dass der Arbeitnehmer während der Ausbildung oder innerhalb des oben genannten Zeitraumes durch Selbstkündigung, unbegründeten vorzeitigen Austritt oder verschuldete fristlose Entlassung aus dem Betrieb ausscheidet, verpflichtet er sich ausdrücklich zum Ersatz sämtlicher der Dienstgeberin im Zusammenhang mit der Ausbildung entstandenen Kosten. Mit jedem Monat, den der Arbeitnehmer nach Beendigung der Ausbildungsmaßnahme im Betrieb beschäftigt ist, verringert sich der von der Rückzahlungsverpflichtung erfasste Betrag um 2 %.“

Das Arbeitsverhältnis endete durch AN-Kündigung am 30.11.2018. In der Endabrechnung wurde dem Kl der nach obigen Grundsätzen errechnete Betrag für die aufgewendeten Ausbildungskosten in Abzug gebracht.

Der AN klagte den ihm abgezogenen Betrag ein und brachte vor, dass die Vereinbarung über den Ausbildungskostenrückersatz unwirksam sei, weil die Höhe der Rückerstattungsverpflichtung sich nicht aliquot um jeden Monat vom Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung bis zum Ende der zulässigen Bindungsdauer verringert, sondern lediglich mit 2 % pro Monat.

Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht bestätigte diese E. Der OGH erachtete die Revision der Bekl zwar als zulässig, nicht aber als berechtigt und führte aus: Von der gesetzlichen Regelung des § 2d AVRAG weicht die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über die Rückerstattung von Ausbildungskosten dadurch ab, dass sie die Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung für jeden Monat mit 2 % vorsieht, sohin 1/50stel der Ausbildungskosten und nicht wie nach dem Gesetz vorgesehen mit 1/48stel. Diese Vereinbarung ist also für den AN ungünstiger als die gesetzlich zulässige.

Der Gesetzgeber selbst hat im Rahmen der Erläuterungen zur Regierungsvorlage ausdrücklich ausgeführt, dass eine abweichende Ausgestaltung der zeitlichen Aliquotierung aufgrund des zwingenden Charakters der Bestimmung unzulässig ist und die Unwirksamkeit der gesamten Rückzahlungsvereinbarung zur Folge hat. Die zugrundeliegenden Überlegungen müssen aber auch für die Höhe der Aliquotierung gelten. Zur Transparenz der Regelung 330 über die Bedingungen für den Rückersatz der Ausbildungskosten hat der OGH bereits in früheren Entscheidungen dargelegt, dass deren Zweck ist, dass dem AN ersichtlich sein soll, auf welche Verpflichtungen er sich künftig einlässt. Nur so kann er die finanzielle Tragweite der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in jenem Zeitraum, für den eine Kostenerstattungspflicht vereinbart wurde, ermessen.

Dem entspricht auch der insoweit klare Gesetzeswortlaut, der ausdrücklich vorsieht, dass eine Verpflichtung zur Rückerstattung von Ausbildungskosten dann nicht besteht, wenn die Höhe der Rückerstattungsverpflichtung nicht aliquot, berechnet vom Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung bis zum Ende der zulässigen Bindungsdauer, vereinbart wird.

Aus diesen Gründen ist bei einer unrichtigen Aliquotierung keine Reduktion auf das gesetzlich zulässige Ausmaß vorzunehmen, sondern die Gesamtvereinbarung als unwirksam anzusehen. Dass im konkreten Fall die unrichtige Aliquotierung letztlich nur einen geringen Betrag zu Lasten des AN betraf, ändert an dieser grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Vertragsanpassung an das gesetzliche Ausmaß nichts.