Gahleitner/Mosler (Hrsg)Arbeitsverfassungsrecht

Gesamtwerk Bd 1-5 mit e-book und Datenbankzugang, Verlag des ÖGB, Wien 2020, 3.256 Seiten, gebunden, € 299,–

OLAFDEINERT

Fünf Jahre nach Erscheinen der letzten Auflage hat das sich um die HerausgeberInnen Sieglinde Gahleitner und Rudolf Mosler gefundene AutorInnenteam eine neue Auflage des ehemals von Cerny herausgegebenen Kommentars vorgelegt. Nachdem die Vorauflage schon wegen erheblicher Veränderungen im HerausgeberInnen- und AutorInnenkreis dem Werk ein neues Gesicht gab, ging es in der vorliegenden Auflage angesichts starker Zurückhaltung des Gesetzgebers vor allem um die Reflexion neuer Rsp sowie der Diskussion in der Literatur.

Auch diese Auflage ist fünfbändig. Der erste Band enthält den Gesetzestext des ArbVG sowie zahlreiche untergesetzliche Normen und im Anhang das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPVG) sowie das Bundesbahnstrukturgesetz 2003. Bd 2 behandelt das Kollektivvertragsrecht sowie das Organisationsrecht der Betriebsverfassung. Der dritte Band befasst sich mit den Befugnissen der Arbeitnehmerschaft und der Rechtsstellung der Mitglieder des BR. Im vierten Band werden Jugendvertretung, Sonder- und Schlussvorschriften behandelt. Der fünfte Band schließlich widmet sich der europäischen Betriebsverfassung.

Auch in dieser Auflage gelingt es den AutorInnen, für PraktikerInnen verlässliche Auskünfte bereitzuhalten, ohne den wissenschaftlichen Diskurs aus dem Auge zu verlieren. Von Interesse sind insoweit beispielsweise die Erwägungen zur „Vernunftformel“ des OGH, der Mosler/Felten die Vorstellung von einer Richtigkeitsgewähr entgegen- (oder unter-)setzen (§ 2 Rn 7 f), die später beim Günstigkeitsprinzip in Bezug auf ambivalente Regelungen, die vorteilhaft, aber auch nachteilhaft sein können, aufgegriffen wird. Der praktische wie wissenschaftliche Anspruch schließt es freilich nicht aus, dass von Zeit zu Zeit Fragen offenbleiben, obwohl das Werk ja schon erheblichen Umfang aufweist. Mit einem Blick aus dem deutschen Recht wäre insoweit beispielsweise spannend gewesen, welches Potenzial eines erweiterten Verständnisses des AN-Begriffs in § 36 etwa im Hinblick auf neue Beschäftigungsformen wie Crowdwork, aber auch im Hinblick auf Restrukturierung betrieblicher Wertschöpfungsprozesse im Netzwerkstrukturen beinhaltet. So ist zwar zu erfahren, dass die Rsp an Eingliederung und persönlicher Abhängigkeit festhält (§ 36 Rn 9 ff), doch muss dies ja nicht in Stein gemeißelt sein. Das Gesetz verwendet zwar den Oberbegriff AN, spricht dann aber von allen im Betrieb beschäftigten Personen, was offenkundig deutlich weniger einschränkend verstanden werden kann als beispielsweise die Regelung in § 611a BGB.

Angemessenen Raum nehmen Probleme ein, die hohen Aktualitätswert haben. So findet sich bei § 96 Rn 44 ff eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Frage der Reichweite des Zustimmungserfordernisses von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle. In Zeiten der Pandemie von hoher praktischer Bedeutung sind auch die Ausführungen zur Sitzung mittels Videokonferenz (§ 67 Rn 3a).

Es handelt sich um ein Werk, das auf hohem Niveau verlässlich über den Stand von Rsp und Wissenschaft zum ArbVG informiert und auch Antworten für die „Fragen der Zeit“ bietet. Es ist angesichts des Umfangs eine wahrhafte Fundquelle zu den verschiedensten Fragen des nationalen und europäischen Arbeitsverfassungsrechts.82