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Vertragliche Verkürzung der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs 6 GmbHG unzulässig

MARTINACHLESTIL

Die Erstkl und die Zweitkl (beide als Kl bezeichnet) sind in den V*-Konzern eingegliederte Unternehmen. Der Bekl war ab 1.2.2003 Alleingeschäftsführer der Erstkl. Der Geschäftsführerdienstvertrag enthält unter Pkt „XX. Verfall“ folgende Klausel: „Offene Ansprüche aus dem gegenständlichen Geschäftsführervertrag sind bei sonstigem Verfall binnen vier Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die Verjährungsfrist gewahrt.“

Die Jahresabschlussprüfungen der Erstkl werden durch die Firma D* durchgeführt. Im September 2014 schloss der Bekl namens der Erstkl einen Werkvertrag mit I*, die zukünftig die Buchhaltung und die Gehaltsabrechnungen für die Kl durchführen sollte. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2014 wurde von D* festgestellt, dass keine ordnungsgemäße Buchführung vorliegt und die formellen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind; auch hinsichtlich der Zweitkl kam es zu Problemen bei der Bilanzerstellung. Überweisungen vom Konto der Erstkl wurden von I* eingegeben und waren vom Bekl freizugeben. Überweisungen vom Konto der Zweitkl nahm I* eigenständig vor, sie hatte vollen Zugriff auf das Konto. Zwischen März 2015 und Dezember 2016 führte I* in doloser Weise 28 Überweisungen vom Konto der Zweitkl an ihr eigenes Konto oder ihr zuordenbare Konten im Gesamtausmaß von € 136.010,- durch. I* führte bei der Erstkl auch die Handkassa. Dabei verbuchte sie Rechnungen, die sie bereits durch Überweisungen beglichen hatte, auch in der Handkassa und entnahm die Rechnungsbeträge für sich; weiters entnahm sie Beträge ohne Rechtfertigungsbeleg, insgesamt € 9.527,45.

Ab Herbst 2016 wurde M* angestellt, um die Aufgaben von I* zu übernehmen. Sie informierte den Bekl über Ungereimtheiten hinsichtlich Verrechnungskonten und Kassakonten, fehlende Belege, unrichtige Buchungen und die Überweisungen von I* an sich selbst. In weiterer Folge wurde eine Sonderprüfung veranlasst, deren Ergebnisse am 8.3.2017 vorlagen. Daraufhin wurde der Bekl entlassen. Mit Schreiben vom 12.7.2017 forderten die Kl den Bekl auf, den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Diese Schadenersatzforderungen sind auch Inhalt des gegenständlichen Klagebegehrens der Kl. Ihrer Ansicht nach hafte ihnen der Bekl aufgrund der massiven Missachtung von Kontroll- und Geschäftsführerpflichten. Der Bekl wendet ua ein, dass die Ansprüche verfristet seien; bereits zum Zeitpunkt der Entlassung sei die gesamte Schadenssumme vollständig bekannt gewesen, die Geltendmachung aber erst mehr als vier Monate nach der Schadensfeststellung erfolgt.

Die Gerichte gingen von einer grundsätzlichen Haftung des Bekl für die aus den Malversationen resultierenden Fehlbeträge aus. Zur Frage des eingewendeten Verfalls durch den Bekl führte das Berufungsgericht aus, dass grundsätzlich auch die Schadenersatzansprüche der Kl von der Verfallsklausel des Geschäftsführerdienstvertrags erfasst sind. Nach § 25 Abs 6 GmbHG verjähren Ersatzansprüche gegen den Geschäftsführer erst in fünf Jahren. Es handelt sich dabei um zwingendes Recht. Eine vertragliche Verkürzung ist nicht zulässig, daher liegt kein Verfall vor. Der OGH schloss sich dieser Rechtsansicht an, ergänzend hielt er fest: 23

Richtig ist, dass bislang keine Judikatur zur Frage besteht, inwieweit eine Verkürzung dieser Verjährungsfrist vereinbart werden kann. Die Rsp hat jedoch wiederholt die Anwendbarkeit des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG) auf die Haftung des Geschäftsführers verneint, weil es sich bei dieser Regelung um eine im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz der Gläubiger getroffene zwingende Bestimmung handelt. Auch die Lehre geht unter Hinweis auf § 4 Abs 2 GmbHG überwiegend davon aus, dass § 25 GmbHG zwingend ist. Betreffend Haftungsmaßstab wird es als zulässig angesehen, dass der Sorgfaltsmaßstab bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit und unter Wahrung des Gläubigerschutzes disponibel sei. Zur Frage der Verkürzbarkeit der Frist wird vertreten, dass die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs 6 GmbHG aufgrund der zweifachen Schutzorientierung als zwingendes Recht zu sehen sei.

Auch der OGH geht iSd bisherigen Judikatur davon aus, dass § 25 GmbHG zwingendes Recht normiert und deshalb auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist im Vorhinein nicht zulässig ist. Richtig ist zwar, dass § 25 Abs 7 iVm § 10 Abs 6 GmbHG Vergleiche und Verzichtsleistungen als zulässig ansieht, wobei auch hier eine Einschränkung dahingehend besteht, dass diese in dem Umfang keine rechtliche Wirkung haben, als der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass eine Disposition vorweg, also zu einem Zeitpunkt, zu dem Ansprüche weder bekannt noch absehbar sind und auch nicht beurteilt werden kann, inwieweit diese zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sind, mit dem Schutzzweck des Gesetzes in Einklang zu bringen ist. Gegen eine solche generelle Verringerung des Haftungsfonds vor dem Entstehen von Ansprüchen bestehen weit größere Bedenken als gegen eine nachträgliche Regelungsbefugnis.

Zurecht ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Schadenersatzansprüche der Kl gegen den Bekl nicht verfallen sind.