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Keine Festlegung einer Probezeit im Kollektivvertrag für Arbeiter im Maler-, Lackierer- und Schilderherstellergewerbe

RICHARDHALWAX
§ 1158 ABGB; Pkt XVII. 3. KollV Maler-, Lackierer- und Schilderherstellergewerbe

Die Kl war ab 7.10.2019 bei der Bekl als Hilfsarbeiterin beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde von der Bekl mit Wirkung 25.10.2019 aufgelöst. Die Kl war ab 15.10. bis 13.12.2019 im Krankenstand. Auf das Dienstverhältnis gelangt der KollV für Arbeiter im Maler-, Lackierer- und Schilderherstellergewerbe zur Anwendung, der unter Punkt „XVII. KÜNDIGUNGSFRISTEN“ ua Folgendes bestimmt:

„1. Das Arbeitsverhältnis kann in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer unter Einhaltung einer einwöchigen Kündigungsfrist gelöst werden. [...]Bei Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerkündigung kann das Arbeitsverhältnis nur zum letzten Arbeitstag einer Arbeitswoche beendet werden. [...] 3. Eine Kündigungsfrist entfällt während der höchstens vierwöchigen Probezeit. [...]“

Die Kl begehrte von der Bekl die Zahlung von Lohn gem § 5 EFZG für den Zeitraum 26.10. bis 13.12.2019. Die Bekl wandte ein, dass das Dienstverhältnis während der vierwöchigen Probezeit nach Pkt XVII. 3. des KollV aufgelöst worden sei.

Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt und gingen übereinstimmend davon aus, dass sich aus Pkt XVII. 3. des KollV keine „Vereinbarung“ einer Probezeit ergebe. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu. Die von der Bekl erhobene Revision war laut OGH zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Nach stRsp ist der normative Teil eines KollV nach den Grundsätzen der §§ 6, 7 ABGB auszulegen. In erster Linie ist daher der Wortsinn – auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen – zu erforschen und die sich aus dem Text des KollV ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen.

Nach § 1158 Abs 2 ABGB bzw § 19 Abs 2 AngG setzt ein Arbeitsverhältnis auf Probe eine Vereinbarung der Vertragspartner voraus (OGH 15.1.1985, 4 Ob 150/84; OGH 16.10.2003, 8 ObA 1/03k). Auch ein KollV kann (auf Grund der Ermächtigung in § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG) eine Probezeitvereinbarung, aber auch eine Begrenzung solcher Vereinbarungen beinhalten (OGH 17.2.2005, 8 ObA 124/04z; Reissner in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 19 AngG Rz 57; Neumayr in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1158 Rz 24).

Ausgehend von obigen Auslegungsgrundsätzen trifft laut OGH die Rechtsansicht der Vorinstanzen zu, dass der im Zusammenhang mit der Regelung von Kündigungsfristen und -terminen stehende Pkt XVII. 3. des hier maßgeblichen KollV keine Probezeit festlegt. Der Passus „eine Kündigungsfrist entfällt während der … Probezeit“ gibt im Wesentlichen nur das Gesetz wieder (§ 1158 Abs 2 ABGB bzw § 19 Abs 2 AngG), wonach das Arbeitsverhältnis während der Probezeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden kann. Außerdem wird die höchstzulässige Dauer der Probezeit von einem Monat auf vier Wochen verkürzt. Darüber hinaus kann der Regelung jedoch kein normativer Inhalt 5 entnommen werden. Es fehlt schon – worauf bereits das Erstgericht unter Anführung von Beispielen hingewiesen hat – an der für die Anordnung einer Probezeit in anderen Kollektivverträgen typischen Formulierung, wie etwa „die ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit“ (vgl auch OGH 17.2.2005, 8 ObA 124/04z; OGH 7.6.2006, 9 ObA 45/06t und OGH 24.7.2013, 9 ObA 72/13y: „gilt“). Auch der Umstand, dass hier bloß eine Höchstgrenze vorgegeben wird, innerhalb derer es erst recht einer eigenen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Dauer der Probezeit bedarf, spricht gegen einen auf den Regelfall ausgerichteten kollektivvertraglichen Gestaltungswillen. Dass mangels anderslautender Vereinbarung jedenfalls die vierwöchige Höchstgrenze als Probezeit gelten sollte, kann weder dem Wortlaut noch dem Kontext der Regelung mit der erforderlichen Deutlichkeit, nämlich klar und unmissverständlich, entnommen werden.