34Invaliditätspension: Keine weitere Verlängerung des Rahmenzeitraums durch in diesen Zeitraum fallende neutrale Monate
Invaliditätspension: Keine weitere Verlängerung des Rahmenzeitraums durch in diesen Zeitraum fallende neutrale Monate
Der 1975 geborene Kl bezog von 1.9.2003 bis 31.3.2018 eine Invaliditätspension. Am 18.3.2019 stellte er einen neuen Antrag, der mangels Erfüllung der Wartezeit mit Bescheid abgelehnt wurde.
Erstgericht und Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren nicht statt. Festgestellt wurde, dass der Kl von Juli 1991 bis März 2019 148 Versicherungsmonate erworben hat. Im Beobachtungszeitraum der letzten 120 Kalendermonate liegen 107 neutrale Monate. Im um die neutralen Monate verlängerten Beobachtungszeitraum liegen aber statt der erforderlichen 60 Versicherungsmonate nur 53.
In seiner außerordentlichen Revision macht der Kl geltend, eine verfassungskonforme Auslegung des § 236 Abs 1 Z 1 lit a iVm Abs 2 Z 1 ASVG könne nur ergeben, dass die in den durch neutrale Zeiten erstreckten Rahmenzeitraum fallenden neutralen Zeiten eine weitere Erstreckung des Rahmenzeitraums bewirken. Dies führe zu einem Rahmenzeitraum ab 1.9.2003, in den die fehlenden sieben 38Versicherungsmonate fallen. Eine andere Auslegung dieser Bestimmungen führe zu einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung jüngerer (unter 50-jähriger) PensionsbezieherInnen gegenüber älteren Versicherten, denen ein längerer Rahmenzeitraum zur Verfügung stehe.
Der OGH wies die Revision des Kl zurück und begründete dies wie folgt: Gem § 236 Abs 1 Z 1 ASVG ist die Wartezeit für eine Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit bei einem Stichtag vor Vollendung des 50. Lebensjahres bei Vorliegen von 60 Versicherungsmonaten erfüllt. Wenn der Stichtag nach Vollendung des 50. Lebensjahres liegt, erhöht sich die Wartezeit je nach dem Lebensalter des Versicherten für jeden weiteren Lebensmonat um jeweils einen Monat bis zum Höchstausmaß von 180 Monaten („wachsende Wartezeit“). Die für die Erfüllung der Wartezeit erforderliche Mindestanzahl von Versicherungsmonaten muss gem § 236 Abs 2 ASVG innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor dem Stichtag liegen; dieser Zeitraum verlängert sich, wenn der Stichtag nach Vollendung des 50. Lebensjahres liegt, je nach dem Lebensalter des Versicherten für jeden weiteren Lebensmonat um jeweils zwei Kalendermonate bis zum Höchstausmaß von 360 Kalendermonaten. Fallen in diese Zeiträume gem § 236 Abs 2 ASVG neutrale Monate (§ 234 ASVG), so verlängern sich die Zeiträume um diese Monate (§ 236 Abs 3 ASVG). Diese Rahmenfristerstreckung ist in gleicher Weise für unter und über 50-jährige PensionswerberInnen anzuwenden.
Die Wartezeit für den am Stichtag unter 50-jährigen Kl wäre somit nur dann erfüllt, wenn im Zeitraum von 1.5.2000 bis 31.3.2019 (dh innerhalb des um die neutralen Monate verlängerten Zeitraums) mindestens 60 Versicherungsmonate vorlägen. Eine nochmalige Verlängerung des Rahmenzeitraums nach § 236 Abs 2 Z 1 ASVG, auch wenn in die Verlängerung weitere neutrale Monate fallen, kommt nach der stRsp nicht in Frage. Eine dahingehende Absicht des Gesetzgebers ist weder dem Gesetzeswortlaut noch den Materialien zu entnehmen; sie ist auch im Wege der systematischen oder historisch- teleologischen Auslegung nicht erzielbar.
Der Zweck der Regelung des § 236 Abs 2 ASVG liegt darin, durch eine Erhöhung der erforderlichen Versicherungsmonate mit steigendem Lebensalter und einem entsprechend längeren Rahmenzeitraum ein „Ausweichen“ von der Alterspension (Wartezeit von 180 Versicherungsmonaten) auf Pensionsformen der geminderten Arbeitsfähigkeit zu verhindern. Für unter und für über 50-Jährige muss somit in gleicher Weise ein Verhältnis zwischen Wartezeit und Rahmenfrist iS einer Hälftedeckung gegeben sein. Diese Rechtslage erscheint nicht unsachlich und widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG.
Nicht erkennbar aus der vorliegenden Entscheidung ist, warum 2018 der Pensionsanspruch geendet hat (Besserung?) und ob eine Weitergewährung beantragt wurde.