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Auflösung des Dienstverhältnisses einer begünstigten Behinderten nach einjähriger durchgehender Dienstverhinderung sachlich gerechtfertigt

RICHARDHALWAX

Gegenstand des Verfahrens war die Beendigung des Dienstverhältnisses einer begünstigten Behinderten nach § 51 Abs 8 Tiroler Landesbedienstetengesetz (Tir LBedG) aufgrund durchgehender, über ein Jahr hinaus bestehender und in der Dauer unabsehbarer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit.

Laut OGH ist § 8 BEinstG (besonderer Kündigungsschutz für begünstigte Behinderte) für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Maßgeblich ist nur § 8a BEinstG, der die Vorgangsweise und die besonderen Rechte begünstigter Behinderter im Fall der Beendigung aufgrund von dienstrechtlichen Vorschriften für Bedienstete einer Gebietskörperschaft wegen langer Dienstverhinderung infolge Krankheit regelt. In diesem Fall ist der Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist von Amts wegen zu verständigen. Der Behindertenausschuss hat zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird – ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften – frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam.

Die Auflösung des Dienstverhältnisses ex lege nach § 24 Abs 9 VBG oder den ihm nachgebildeten Landesgesetzen bedarf nach § 8a BEinstG im Unterschied zur Kündigung eines begünstigten Behinderten nach § 8 leg cit keiner Zustimmung des Behindertenausschusses. Es wird ihm nur ein durch die sanktionsbewehrte Verständigungspflicht abgesichertes (ErläutRV 1518 BlgNR 20. GP 13) Anhörungsrecht eingeräumt. Aus dieser auf sachlicher Grundlage basierenden Unterscheidung ist entgegen den Revisionsausführungen jedoch gerade nicht die Unanwendbarkeit der damit im Anwendungsbereich des BEinstG geregelten besonderen gesetzlichen Beendigungsform abzuleiten (vgl OGH 17.12.2018, 9 ObA 86/18i).

Der Kündigungsgrund der Dienstunfähigkeit nach § 73 Abs 2 lit b Tir LBedG, auf den sich die Revision bezog, ist bereits dann erfüllt, wenn der Vertragsbedienstete sich für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben als gesundheitlich nicht geeignet erweist, was einen Krankenstand nicht einmal zwingend voraussetzt. Der Beendigungsgrund nach § 51 Abs 8 Tir LBedG (vgl § 24 Abs 9 VBG) kommt demgegenüber erst nach einer einjährigen völligen Dienstverhinderung zum Tragen und ist damit abstrakt geeignet, die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses von langzeitkranken Vertragsbediensteten über einen längeren als den für eine Kündigung erforderlichen Zeitraum zu fördern.

Nach § 3 BEinstG ist eine Behinderung iS dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Eine einjährige Dienstverhinderung wegen Krankheit wird regelmäßig diesen gesetzlichen Begriff der Behinderung im materiellen Sinn erfüllen (vgl K. Mayr in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 7b BEinstG Rz 2 mwN). Der Auflösungstatbestand des § 51 Abs 8 Tir LBedG erfasst, soweit er sich auf Dienstunfähigkeit wegen Krankheit bezieht, ausschließlich solche Personen. Die Situation einer begünstigten Behinderten wie der Kl unterscheidet sich von der Situation anderer Vertragsbediensteter im Langzeitkrankenstand im Wesentlichen nur durch das formale Merkmal der Antragstellung und bescheidmäßigen Feststellung gem § 14 BEinstG.

Die Anwendung des § 8a BEinstG aufgrund der Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten begünstigt sie aber gegenüber der Vergleichsgruppe, wenngleich nicht in dem für den Kündigungsschutz geltenden Ausmaß. Die verpflichtende Anhörung des Behindertenausschusses sorgt dafür, dass allfällige Gründe, die für den Abschluss einer Vereinbarung zur Fortsetzung des Dienstverhältnisses sprechen, beim DG Gehör finden.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Resolutivbedingung, bei deren Eintritt das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten durch Zeitablauf endet, bestehen keine Bedenken (OGH 27.8.2013, 9 ObA 66/13s).

Durch die Gleichbehandlungsrahmen-RL 2000/78/ EG wird nach ihrem Erwägungsgrund 17 unbeschadet der Verpflichtung, für Menschen mit Behinderung angemessene Vorkehrungen zu treffen, nicht die Weiterbeschäftigung einer Person vorgeschrieben, die für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes nicht fähig oder verfügbar ist. Eine (hier allenfalls: mittelbare) Ungleichbehandlung von AN mit und ohne Behinderung durch eine Vorschrift widerspricht nicht dem Diskriminierungsverbot, wenn sie iSd Art 2 Abs 2 lit b RL 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich sind, oder der AG aufgrund des einzelstaatlichen Rechts verpflichtet ist, geeignete Maßnahmen vorzusehen, um die sich durch diese Vorschrift ergebenden Nachteile zu beseitigen. 92

Der OGH verwies hierzu auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anerkennung der sachlichen Rechtfertigung beschäftigungspolitischer Ziele und den – wenn auch der Intensität nach abgestuften – Schutz durch das BEinstG. Das mit den Grundsätzen dieser Rsp in Einklang stehende Ergebnis des Berufungsgerichts war nicht korrekturbedürftig.