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Keine Insolvenzentgeltsicherung von Provisionen bei Fälligkeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses

MARGITMADER

Die Kl war bis 15.9.2016 als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung der AG beendet. Die Kl brachte neben ihrem monatlichen Gehalt auch regelmäßig Provisionen ins Verdienen. Nach der von den Arbeitsvertragsparteien getroffenen Vereinbarung trat die Fälligkeit der Provisionen im Monat nach der Rechnungslegung an die Kunden, frühestens aber mit dieser ein. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Provisionen trat die Fälligkeit am 19.9., 20.9. und 28.9.2016, somit jedenfalls erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, ein. Am 27.2.2018 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Kl meldete ihre offenen Provisionsforderungen im Insolvenzverfahren an und beantragte Insolvenz- Entgelt bei der IEF-Service GmbH. Die IEF-Service GmbH wies den Antrag der Kl ab.

Das dagegen gerichtete Klagebegehren wurde in beiden Instanzen abgewiesen. Die außerordentliche Revision der Kl wurde vom OGH zurückgewiesen.

Nach § 3a Abs 1 IESG idF BGBl I 2017/123BGBl I 2017/123 gebührt Insolvenzentgelt für das dem AN gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrer Fälligkeit gerichtlich oder im Rahmen eines gesetzlich oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird oder soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.

Die hier anzuwendende Fassung des § 3a Abs 1 IESG wurde mit der Novelle BGBl I 2017/123BGBl I 2017/123eingeführt. Die unverändert gebliebenen Sicherungszeiträume gelten seitdem nicht nur für das „laufende Entgelt“ bzw die Sonderzahlungen, sondern für alle Arten von Entgeltansprüchen, auch für solche Ansprüche, die nur ausnahmsweise oder einmalig gebühren. Auch die Differenzierung zwischen dem Entstehen eines Anspruchs und seiner Fälligkeit wurde beseitigt.

Wie der OGH bereits zu 8 ObS 8/19p vom 4.7.2019 klargestellt hat, kommt es seit der Novelle BGBl I 2017/123BGBl I 2017/123 nur noch darauf an, ob ein Entgeltanspruch aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht wird und wann die Fälligkeit des Anspruchs eintritt. Die vorher bestehende Differenzierung zwischen dem Entstehen des Anspruchs und seiner Fälligkeit wurde beseitigt (vgl AB 1691 BlgNR 25. GP 2). Diese Änderung der Rechtslage führt dazu, dass die bestehende höchstgerichtliche Rsp, mit der die Sicherung einer erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses, aber vor dem Insolvenzstichtag fällig werdenden Diensterfindungsvergütung dem Grunde nach bejaht wurde (OGH 29.9.2009, 8 ObS 7/09a), nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Die Fälligkeit der dem Klagebegehren zugrundeliegenden Provisionsansprüche der Kl trat erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ein. Sie sind daher laut Ansicht des OGH nach der derzeit geltenden Fassung des § 3a IESG nicht gesichert. Der OGH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass § 3a Abs 1 zweiter Satz IESG den AN in gleichgelagerten Fällen die Ausdehnung des Sicherheitszeitraums ermöglicht. Danach ist eine Sicherung der erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses fällig gewordenen Ansprüche offenbar dann zu bejahen, wenn diese Ansprüche rechtzeitig – innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit – gerichtlich geltend gemacht werden.