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Vereinbarung über den Verbrauch von Urlaub zu Ausbildungszwecken unzulässig

LYNNROTHFISCHER

Die Kl schloss mit ihrem AG am 21.8.2003 eine im Interesse beider liegende Ausbildungsvereinbarung mit einer Gesamtstundenanzahl von 430 Stunden ab. Darin verpflichtete sich der AG zur Tragung der Ausbildungskosten und dazu, die AN zum Zwecke der Ausbildung vom Dienst freizustellen, wobei aber auch vereinbart war, dass die Kl zur Ausbildung 270 Stunden in der Form beiträgt, ,,dass in den Jahren 2003 bis 2007 dafür je 54 Stunden Urlaub mit Beginn des Urlaubsjahres abgebucht werden“.

Die AN wurde während ihrer Ausbildung unter Fortzahlung des Entgelts durch die Bekl vom Dienst freigestellt. Vom Urlaubsanspruch der AN wurden in den Jahren 2003 bis 2007 je 54 Stunden abgezogen. Dagegen erhob die Kl Klage.

Das Erstgericht gab der inhaltlich auf Feststellung des offenen Urlaubsanspruchs von 270 Stunden gerichteten Klage der AN statt. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Der OGH wies die Revision der Bekl mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.

Als ,,zentrale rechtliche Frage des gegenständlichen Verfahrens“ betrachtet der Revisionswerber jene, ,,ob mit der Ausbildungsvereinbarung vom 21.8.2003 eine zulässige Vereinbarung über den Verbrauch von Urlaub zu Ausbildungszwecken abgeschlossen worden war“.

Eine Vereinbarung über den Verbrauch von Urlaub (§ 4 Abs 1 UrlG) dient der Festlegung der Urlaubszeit. Der Abschluss einer Urlaubsvereinbarung bedarf einer übereinstimmenden Willenserklärung von AG und AN über den Beginn und das Ende des Erholungsurlaubs; diese Erklärung kann ausdrücklich, aber auch schlüssig erfolgen. Wenn die Vorinstanzen in der Vereinbarung vom August 2003 keine gültige Urlaubsvereinbarung erblickten, so ist diese Beurteilung jedenfalls vertretbar, lässt die Vereinbarung doch im Dunkeln, welche Ausbildungsstunden die Kl im Rahmen ihres „Urlaubs“ absolvieren sollte.

Die Bekl vertritt die Ansicht, mit der Ausbildungsvereinbarung sei lediglich ein Urlaubsvorgriff vorgenommen worden. Dazu vertritt sie unter Bezugnahme auf die OGH-E vom 29.4.2014, 9 ObA 32/14t, die Ansicht, es sei zulässig, Urlaubsverbrauch auch zu Ausbildungszwecken zu vereinbaren. (Anm der Bearbeiterin: In dieser E gewährte ein AG einer AN anstelle einer Freistellung zusätzlich zehn Arbeitstage Urlaub [bei einem dienstvertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch von vier Wochen] für die Zeit einer Fortbildung. Die AN war damit einverstanden, weil sie die Ausbildung machen wollte. Da im Rahmen einer Interessensabwägung nicht nur die Erholungsmöglichkeit, sondern ua auch Fortbildungsinteressen des AN beachtlich sein können, erachtete der OGH die Vereinbarung eines Urlaubsverbrauchs während einer selbstgewählten Fortbildung nicht als sittenwidrig.)

Die von der Bekl ins Treffen geführte Entscheidung betraf einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort hatte der AG dem AN für die Zeit einer Fortbildung einen zusätzlichen Urlaub gewährt. Wenn es hier um den regulären gesetzlichen Urlaubsanspruch geht, so muss es dem AN freistehen, den Urlaub völlig nach Belieben zu verbringen. Urlaub soll dem AN durch den vorübergehenden Entfall der arbeitsrechtlichen Pflichtbindungen nämlich in erster Linie einen Freiraum zur Selbstbestimmung geben, damit er sich erholen kann. Wenn der AN wie hier geschehen aufgrund einer Vereinbarung mit dem AG gerade nicht mehr frei ist, womit er die Urlaubszeit verbringt, fehlt es an dem dem Urlaub immanenten Freiraum, weshalb eine solche Zeit nicht als Urlaub iSd UrlG gewertet werden kann.

Die Kl war aufgrund der Ausbildungsvereinbarung schon deshalb nicht mehr frei, die 270 Stunden Urlaub für Tätigkeiten nach freiem Gutdünken zu verwenden, weil sie in der Ausbildungsvereinbarung die Pflicht übernahm, unter bestimmten Umständen der Bekl Kostenersatz zu leisten, so bei Nichterreichung des Ausbildungsziels zum vorgesehenen Zeitpunkt bzw bei Fehlen einer Bestätigung, zumindest zu 75 % während der Ausbildungszeit anwesend gewesen zu sein. 99