68Anfall einer Leistung aus der Unfallversicherung ist vom Eintritt des Versicherungsfalls zu unterscheiden
Anfall einer Leistung aus der Unfallversicherung ist vom Eintritt des Versicherungsfalls zu unterscheiden
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt lehnte mit Bescheid die Anerkennung einer Hauterkrankung der Kl als Berufskrankheit gem § 177 ASVG ab. Mit ihrer Klage begehrte die Kl erstens die Feststellung, dass ihre Hautkrankheit als Berufskrankheit anerkannt werde, und zweitens die Zuerkennung einer Versehrtenrente iHv 20 % der Vollrente ab dem 1.6.2019.
Das Erstgericht stellte fest, dass die Hauterkrankung der Kl durch ihre Tätigkeit als Produktionsmitarbeiterin verursacht wurde und eine Berufskrankheit ist. Der Versicherungsfall sei am 1.4.2019 eingetreten. Eine Versehrtenrente wurde der Kl nicht zugesprochen, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit lediglich 10 % betrage.
In der dagegen erhobenen Berufung monierte die Kl die Festlegung des Datums des Eintritts des Versicherungsfalls und begehrte, dass als Zeitpunkt dafür der 1.4.2018 gelte. Das Berufungsgericht gab der Berufung mit der Begründung nicht Folge, dass der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls – nach Ab- weisung des Hauptbegehrens auf Gewährung einer Versicherungsleistung aus der UV – nicht mehr Gegenstand des Feststellungsbegehrens sei.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl zurück, da sie keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeige und stellte Folgendes klar: 113
Nach stRsp erwächst eine durch Bescheid (oder Gerichtsurteil) ausgesprochene Feststellung hinsichtlich einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit in Rechtskraft (RS0084077). Damit wird dieser Kausalzusammenhang im Hinblick auf ein späteres Verfahren auf Zuerkennung von Leistungen aus der UV bindend festgestellt (RS0084077 [T1]).
Der Versicherungsfall im ASVG tritt ein, wenn bei einer bestimmten versicherten Person zu einem bestimmten Zeitpunkt alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Versicherungsleistung vorliegen. Der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten gilt gem § 174 Z 2 ASVG mit dem Beginn der Krankheit oder, wenn dies für die Versicherte günstiger, iSv wirtschaftlich vorteilhafter ist (bspw durch Berücksichtigung einer anderen Bemessungsgrundlage für die Versehrtenrente), mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit als eingetreten. Der Gesetzgeber verweist in der obigen Bestimmung zur Definition der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf § 203 leg cit. Dies bedeutet – so der OGH mit Verweis auf die Rsp –, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit ein rentenberechtigendes Ausmaß (mindestens 20 %) erreichen muss (OGH10 ObS 104/91 SSV-NF 5/43; RS0084700).
Hintergrund dieser E ist, dass die Kl in einem weiteren Verfahren ebenfalls die Gewährung einer Versehrtenrente aus den Folgen einer Berufskrankheit begehrte und es dort gem § 210 Abs 1 ASVG für die mögliche Bildung einer Gesamtrente darauf ankommt, wann der letzte Versicherungsfall eingetreten ist.
Voraussetzung für die Zuerkennung einer Gesamtrente gem § 210 ASVG ist das Vorliegen einer Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit aus mehreren Versicherungsfällen nach dem ASVG, die zusammen mindestens 20 % ausmachen. Dies ist wiederum auch die Voraussetzung für den zweiten in § 174 Z 2 ASVG genannten möglichen Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Erst wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit dieses Ausmaß erreicht, kann bestimmt werden, welcher der beiden Zeitpunkte für die Kl die wirtschaftlich günstigere iSd Gesetzes ist und daher als Eintritt des Versicherungsfalls anzusehen ist. Dafür, dass die Voraussetzungen bereits zum jetzigen Zeitpunkt vorliegen, finden sich nach der Aktenlage keine Anhaltspunkte.
Soweit die Kl in der Revision vom „Anfallsdatum im gegenständlichen Verfahren“ und vom „Anfallsdatum“ einer Gesamtrente spricht, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Eintritt des Versicherungsfalls iSd § 174 Z 2 ASVG vom Anfall einer Leistung aus der UV gem § 86 Abs 4 ASVG zu unterscheiden ist, sodass sie auch mit diesen Ausführungen keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsausführungen des Berufungsgerichts aufzeigt.