Kurzarbeit ohne Kündigungsschutz, geht das?
Kurzarbeit ohne Kündigungsschutz, geht das?
Durch den langen Zeitraum, in welchem die Corona- Kurzarbeit die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abfedern soll, ist nunmehr die Frage des Kündigungsschutzes und der Behaltepflicht nach Beendigung der Kurzarbeit in den Fokus der RechtsanwenderInnen geraten. In mehreren zuletzt veröffentlichten Beiträgen wird dazu die Meinung vertreten, dass die Beibehaltung des Beschäftigtenstandes ein von der Person des betroffenen AN unabhängiges Kriterium sei, das keine Bekämpfung einer Kündigung durch den einzelnen AN einräumt.*
Als statisches Element in all den pandemiebedingten Novellen von § 37b AMSG stellen sich die Z 1–3 Abs 1 heraus, die ua die Notwendigkeit einer Vereinbarung der für den Wirtschaftszweig in Betracht kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AG und AN (folgend: Sozialpartner) über die Kurzarbeitsunterstützung und die näheren Bedingungen der Kurzarbeit sowie der Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes normiert. Abs 4 gegenständlicher Norm, der die Kompetenz der Erlassung einer Richtlinie durch den Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice (AMS) über die näheren Voraussetzungen enthält, nimmt denn auch explizit Bezug auf eine Beschäftigungsverpflichtung.
§ 37b AMSG richtet sich in erster Linie an AG, denen Kurzarbeitsbeihilfen gewährt werden können. Man könnte daher nun davon ausgehen, dass in einem zu prüfenden Fokus des Zwecks und der Zielerreichung der Norm nur Interessen betroffener AG zu prüfen wären. Dem steht aber die Konzeption von § 37b AMSG diametral entgegen. Zum einen ist Zweck der Norm, dass Arbeitslosigkeit vermieden werden soll. Geht man davon aus, dass die Kurzarbeitsbeihilfe ja nur bei größeren wirtschaftlichen Schwierigkeiten des AG gebühren soll (§ 37 Abs 1 Z 1 AMSG), erreicht man das Ziel der Vermeidung von Arbeitslosigkeit nicht durch vermehrte Einstellungen, sondern durch Vermeidung von Kündigungen in Verbindung mit der Herabsenkung von Arbeitszeiten. Bereits der erste Gliedsatz von § 37b AMSG verweist also auf den individuellen Zweck, der auf den Erhalt der Arbeitsverhältnisse in den betroffenen Unternehmen abzielt, da ansonsten das Ziel der Vermeidung von Arbeitslosigkeit nicht erreicht werden kann.
Zum anderen ist der Erlassung der Richtlinie der Kurzarbeitsbeihilfe durch den Gesetzgeber ein Interessenausgleich der Sozialpartner vorangestellt, der zwischen den Interessen der betroffenen AN und jener der AG ein ausgewogenes Ergebnis herstellen soll, bei dem aufgrund der ausgewogenen Verhandlungsmacht der Sozialpartner eine vergleichbare Richtigkeitsgewähr angenommen werden kann.*
Diese ist wichtig, da § 37b AMSG ja als Marktstörung aufgefasst werden kann, der sowohl die Mechaniken des Arbeitsmarktes als auch – ohne die anderen Corona-Hilfen, wie Stundungen, Fixkostenzuschuss etc zu vernachlässigen – grundsätzlich eine Störung des Wettbewerbs erzeugt. Kurzarbeitsbeihilfen bewirken, dass Unternehmen Arbeitskräfte nicht freisetzen müssen und somit Fachkompetenz im Unternehmen behalten und sich so bei einer Erholung der Wirtschaft Startvorteile (keine aufwändige Rekrutierungsphase, kein Risiko des Verlustes von Fachkräften) verschaffen können, anstatt sich durch Schließungen oder wegen drohender Insolvenz vom Markt zurückziehen zu müssen. Andererseits liegt der Vorteil für AN im Erhalt des Arbeitsverhältnisses bei im Vergleich zum Arbeitsplatzverlust geringen Einkommensverlusten. Die Sozialpartnereinigung hat daher auch die Aufgabe, allen an der Kurzarbeit teilnehmenden Unternehmen gleiche faire Bedingungen zu verschaffen. Diese Auswirkungen der Vereinbarung sind gerade bei der jetzigen Corona-Kurzarbeit das gewünschte Ergebnis. Die Richtlinien für die Kurzarbeitsbeihilfe bauen daher systematisch auf die Erfüllung der Vereinbarung der Sozialpartner auf (§ 37b Abs 1 Z 3 AMSG).
Der Charakter der Sozialpartnervereinbarung der Corona-Kurzarbeit, sowohl in ihrer Gestalt als BV 145 als auch in der Gestalt als Einzelvereinbarung für Unternehmen ohne BR, erscheint mE zumindest mehrgestaltig und ist bisher strittig.* Da kein KollV abgeschlossen wurde, der die Voraussetzungen für eine Sozialpartnereinigung jedenfalls auch erfüllen könnte,* ist ein Verbindlichkeitscharakter außer über eine Vertragsgestaltung mit mehreren Parteien (Sozialpartner, AG, AN, BR) zu untersuchen. Zwar können Einzelheiten in dieser Einigung noch an die jeweilige konkrete Situation angepasst werden (Länge bzw Entfall der Behaltefrist, Nichteinbeziehung verschiedener AN-Gruppen), grosso modo sind aber die Bestimmungen der Sozialpartnervereinbarung nicht verhandelbar. Deren Erfüllung stellt somit auch Förderbedingung dar. Die Sozialpartnervereinbarung kann daher im weitesten Sinne als Richtlinie gewertet werden, die der Richtlinie des AMS zugrunde liegt und ergänzt. Diese Interessenabwägung ist im Auftrag des Gesetzgebers erfolgt, der aufgrund der erwiesenen Fachexpertise der Sozialpartnerschaft dieses Instrument nützt, um zu einem gerechten Ausgleich der Interessen mit Richtigkeitsgewähr und als conditio sine qua non für die Kurzarbeitsbeihilfe des AMS erhöhte Bestandsfestigkeit aufweist. Es liegt zwar damit keine (unmittelbare) Norm iSd österreichischen Bundesverfassungsrechts vor,* der Sozialpartnervereinbarung kann jedoch Richtlinienqualität zugesprochen werden. Sie hat somit hohe Bedeutung für die Auslegung der abgeschlossenen Individualverträge bzw Betriebsvereinbarungen, die Kurzarbeit regeln bzw betreffen.*
Der in diesem Beitrag interessierende Kündigungsschutz* innerhalb von Kurzarbeit betroffenen Betrieben bzw der Kündigungsschutz innerhalb der Behaltepflicht für von Kurzarbeit betroffene AN nach der Kurzarbeit (soweit vereinbart) ist als Eingriff in das Grundrecht des Eigentums zu werten, da der Unternehmer über sein Unternehmen nicht mehr frei – in gegenständlicher Betrachtung: den Bestand von Arbeitsverhältnissen – disponieren kann. Aufgrund der Richtlinienqualität der Sozialpartnervereinbarung, die gem § 37b AMSG die Grundlage für eine Gebührlichkeit der Kurzarbeitsbeihilfe ist, muss dieser Eingriff – um der Verfassung zu entsprechen – erforderlich, geeignet und verhältnismäßig (adäquat) sein.* Zweck der Kurzarbeit ist die Sicherung von Arbeitsplätzen von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Dass in der Folge der Sicherung von Arbeitsplätzen und der Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes von § 37b AMSG arbeitsmarktpolitische Ziele verfolgt werden, steht außer Streit.* In der weiteren Schlussfolgerung wird aber übersehen, dass der Gesetzgeber den Sozialpartnern beim Interessenausgleich eine wesentliche Rolle zuweist. Dies ist auch aus der AMS-Bundes-RL AMF/28-2020 ersichtlich, die zum einen auf die vorgelagerte Sozialpartnervereinbarung Bezug nimmt,* zum anderen lediglich die Zielsetzung der Richtlinie auf den Zweck der Kurzarbeitsbeihilfe einschränkt,* der natürlich nur kompetenzkonform ein arbeitsmarktpolitischer sein kann. Die Sozialpartnervereinbarung kann aufgrund der generellen Regelungs- und (umfassenden) Interessenvertretungskompetenz, die § 37b AMSG ja gerade nicht einschränkt, darüber hinausgehen. Und diese Vereinbarung(-srichtlinie) sieht eben einen individuellen Kündigungsschutz vor, dem sich betroffene Unternehmen unterwerfen müssen.
Der Zweck des Kündigungsschutzes bildet nun auf der privatrechtlichen Seite im Verhältnis AG und AN die Lenkungseffekte der Beihilfenseite zur Erreichung des Zwecks der Vermeidung von überbordender Arbeitslosigkeit ab, da es so – außer in genau definierten Fällen – zu gar keinen Beendigungen kommen kann. Die Eignung eines solchen Ziels kann in Pandemiezeiten wohl niemand ernstlich bestreiten. Zusätzlich wird das Interesse der AN an einem individuellen Bestandsschutz in Abwägung der Vorteile für das Unternehmen* (siehe oben) abgebildet, da der allgemeine Kündigungsschutz (sofern die Kleinstbetriebsausnahme nicht sowieso zum Tragen kommt) gem § 105 ArbVG aufgrund der betrieblichen Schwierigkeiten des Unternehmens typischerweise versagen muss und die AN ihren Beitrag zu den Zielen der Kurzarbeit mit einer Einkommensreduktion leisten.
Es ist nun aber zu fragen, ob die Zielerreichung mit adäquaten Mitteln gestaltet wurde. Zum einen erhält der AG durch die Möglichkeit, Personen durch die Beihilfengewährung und somit der Ausschaltung einer wirtschaftlichen Notwendigkeit den Vorteil, sich die Fachexpertise der Beschäftigten zu sichern, ohne diese erst durch langwierige und unsichere Einstellungsprozesse nach Ende der Krise wieder herstellen zu müssen. Zum anderen sieht die Sozialpartnervereinbarung 146 Kündigungsmöglichkeiten differenziert mit Auffüllverpflichtungen und ohne Auffüllverpflichtungen je nach Vorliegen von Gründen in der Person oder des Unternehmens vor.* Gerade diese Differenzierung stellt die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeit des Eigentumseingriffs sicher und ist daher kein Argument, dass gegenständliche Regelungen keinen individuellen Kündigungsschutz einräumten.*
Die Sozialpartnervereinbarung ist als Richtlinie anzusehen, deren Zweck durch Einräumung eines individuellen Kündigungsschutzes in Ergänzung der arbeitsmarktpolitischen Ziele von § 37b AMSG darin liegt, überbordende Arbeitslosigkeit zu vermeiden und den Belegschaftsstand zu schützen. Dieser Regelungszweck ist den individualisierten Vereinbarungen, die als conditio sine qua non für eine Förderung durch Kurzarbeitsbeihilfen abgeschlossen werden müssen, im Rahmen deren Auslegung zugrunde zu legen.
Wie bereits ausgeführt, ist die Sozialpartnervereinbarung nicht nur formale Voraussetzung zur Erlangung von Kurzarbeitsbeihilfen durch den AG, sie soll darüber hinaus auch die Regelung von Rechtsverhältnissen zwischen AG und AN bewirken. Zutreffend weist bereits Mazal darauf hin, dass die Transferierung von Verpflichtungen aus der Sozialpartnervereinbarung dafür eine entsprechende Unterwerfung unter diese Sozialpartnervereinbarung erfordert.*
Im betriebsratslosen Betrieb wird durch Abschluss der Sozialpartnervereinbarung-Einzelvereinbarung (SPV-EV) eine befristete Anpassung des Einzel-Arbeitsvertrags vorgenommen, durch die sich AG und AN wechselseitig zur Erfüllung der in der SPV-EV genannten Bedingungen verpflichten.* Komplizierter scheint hingegen die Einordnung der Sozialpartnervereinbarung-Betriebsvereinbarung (SPV-BV). Dabei rückt im jüngeren Schrifttum vor allem die Frage einer individuell durchsetzbaren Kündigungsbeschränkung in den Fokus der AutorInnen,* obwohl eigentlich die wirksame Vereinbarung der für den AN nachteiligen Klauseln – von der Entgeltkürzung bis zur Abänderung fixer Dienstzeiten zu wechselnden Dienstplänen in Kurzarbeits-Phase I – die grundlegenderen Probleme aufzuwerfen scheint. Bereits Mazal hat nämlich unter Hinweis auf die hL zu § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG Zweifel an der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungskompetenz für die mit der Kurzarbeit verbundenen Lohnfragen geäußert,* die auch von Drs* und Kühteubl/Müller* geteilt werden. Geht man davon aus, dass § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG keine Grundlage für eine rechtsverbindliche Entgeltreduktion bietet, liefert aber auch die Rechtsfigur des Vertrags zugunsten Dritter im Grunde keine überzeugende Lösung für dieses Problem. Der Vertrag zugunsten Dritter kann zwar – zumindest abstrakt unstrittig* – zugunsten des AN individuell durchsetzbare Beendigungsbeschränkungen begründen. Drs weist aber mit einiger Berechtigung darauf hin, dass die ohne Zustimmung des AN erfolgte Entgeltreduktion ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter wäre.* Die gleiche Überlegung gälte wohl auch für eine nachteilige Verschiebung der Lage der Arbeitszeit, die durch den Betriebsvereinbarungstatbestand der „vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit“ ebenso wenig gedeckt erschiene, wie sie ein Vertrag zugunsten des AN wäre. Dass die Sozialpartner bei der Vereinbarung „an Bord“ sind,* würde nichts an den zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Gültigkeit eines Vertrags zugunsten Dritter ändern.
Geht man daher von einer fehlenden Abschlusskompetenz der Betriebsvereinbarungsparteien aus, dann erscheint die Annahme einer unechten BV, die als Vertragsschablone durch konkludente Zustimmung der AN Bestandteil der Einzelarbeitsverträge wird,* als einzig überzeugender Weg, um die mit der Kurzarbeit eintretenden nachteiligen Folgen für den AN zivilrechtlich begründen zu können. Eine Kompetenz des BR, entsprechende Vertragsschablonen auszuhandeln, ist auch problemlos aus dem allgemeinen Interventionsrecht des BR abzuleiten.*
Versteht man die Sozialpartnervereinbarung als einzelvertragliche Vereinbarung, erscheint der „bei isolierter Betrachtung“ gewonnene Eindruck, „der vorgesehene Kündigungsausspruch bedeute einen ähnlich einem besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz wirkenden vertraglichen Ausschluss 147 der freien Kündbarkeit“,* aber keineswegs als Nebensächlichkeit. Schon das im gewöhnlichen Wortsinn des in der Sozialpartnervereinbarung geregelte Kündigungsverbot spricht für die Auffassung von Drs* und Auer-Mayer,* dass eine entgegen dieser Vereinbarung ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Die Sozialpartnervereinbarung schafft neben ihrer förderrechtlichen Bedeutung eben auch einen arbeitsvertraglich verbindlichen Rahmen für AG und AN und diese Absicht ist iZm der Frage der Beendigungsbeschränkung schon daran erkennbar, dass sich die Sozialpartnervereinbarung nicht darauf beschränkt, die in der AMS-RL enthaltene Anordnung zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes zu wiederholen, sondern ausdrücklich ergänzt: „Kündigungen dürfen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden.“* Selbst wenn man ein dem AN direkt eingeräumtes Forderungsrecht ablehnen würde, entfaltet ein zwischen Sozialpartnern und AG vereinbartes Beendigungsverbot jedenfalls zwischen diesen Wirkung.*
Gegen die Auffassung eines individuellen Bestandsschutzes werden zunächst – wie oben gezeigt: zu Unrecht – die geradezu in ihr Gegenteil verkehrten arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen des § 37b AMSG ins Treffen geführt:* Tatsächlich wird die Intention der unmittelbaren Aufrechterhaltung bestehender Arbeitsplätze nur durch die individualrechtliche Durchsetzbarkeit der Rechtsunwirksamkeit sozialpartnervereinbarungswidriger, grundloser Kündigungen effektuiert, nicht durch eine Monate später (möglicherweise) drohende (teilweise) Rückabwicklung von Förderungen.
Aber auch das von Schedle geführte Argument, bei allen über den Mindestinhalt des § 37b AMSG und der darauf basierenden Förder-RL des AMS hinausgehenden Regelungen der Sozialpartnervereinbarung fehle es „in diesen schwierigen Zeiten“ am vertraglichen Verpflichtungswillen des AG,* kann bei näherer Betrachtung in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen und würde die Kurzarbeit ins arbeitsvertragsrechtliche Chaos stürzen. Zunächst wird schon übersehen, dass der Beantragung von Kurzarbeitsbeihilfen eine abgeschlossene, auch zivilrechtlich relevante Vereinbarung zwischen AG und AN (in Form der Sozialpartnervereinbarung) bereits zugrunde liegen muss. Dass die Kurzarbeitsvereinbarung in „schwierigen Zeiten“ entsteht, liegt zudem ebenso in der Natur der Sache, wie der Umstand, dass ein AG selbst in Prosperitätszeiten wohl nur zur Erlangung von Förderungen bereit wäre, umfassende Kündigungsbeschränkungen in Kauf zu nehmen. Überträgt man die Rechtsfolge von Schedles Argument von der Kündigungsbeschränkung auf andere, in der AMS-RL nicht geregelte Ansprüche, führt auch das regelmäßig zu absurden Ergebnissen, so zB beim Urlaubsentgelt: Dessen Höhe ist ausschließlich ausschließlich in der Sozialpartnervereinbarung,* nicht aber in der Richtlinie geregelt. Würde es dem AG schon deshalb an Verpflichtungswillen mangeln, hätte dies zur Folge, dass der AN Differenzen zum vollen Urlaubsentgelt nicht am Gerichtsweg geltend machen könnte, sondern dem AG lediglich beihilfenrechtliche Konsequenzen drohten.
Gerade in der Vermeidung derartiger Unstimmigkeiten ist aber der Wert der vorgelagerten Sozialpartnervereinbarung und der mit ihr verbundenen Richtigkeitsgewähr zu erblicken. Die Sozialpartnervereinbarung bietet nach sozialpartnerschaftlicher Abwägung ein „Gesamtpaket“ an förder- und individualrechtlichen Bestimmungen, denen sich AG (und AN) unterwerfen und aus denen ein über den in der Sozialpartnervereinbarung vorgesehenen Rahmen hinausgehendes „Opting-Out“, je nach aktueller Opportunität, eben nicht vorgesehen ist. Der Verzicht des AN auf wesentliche Entgeltbestandteile und andere in der Sozialpartnervereinbarung zu seinen Lasten zu treffende Vereinbarungen sind erkennbar daran gekoppelt, dass er auf den Erhalt seines Arbeitsplatzes vertrauen darf, solange nicht durch persönliches Fehlverhalten oder eine unerwartet verschlechterte wirtschaftliche Lage Beendigungsmaßnahmen erforderlich werden.
Berechtigt merkt Schedle allerdings an, dass die Sozialpartner jede Unklarheit vermeiden hätten können, wenn sie das in der Sozialpartnervereinbarung vorgesehene Kündigungsverbot ausdrücklich um die Sanktion der Rechtsunwirksamkeit ergänzt hätten.* IdZ ist aber darauf hinzuweisen, dass bei der Auslegung von Verträgen die für die Parteien maßgebliche Verkehrssitte und dabei insb frühere Verträge zu berücksichtigen sind.* Soweit erkennbar, sind die in der aktuellen Sozialpartnervereinbarung verwendeten einschlägigen Wendungen aber identisch mit denen in früheren Sozialpartnervereinbarungen,* ohne dass die Rechtswirkung eines individualrechtlich wirksamen Kündigungsverbots bislang je problematisiert oder in Zweifel gezogen worden wäre. In der 148E vom 19.9.2001, 9 ObA 208/01f, war der OGH offenbar bereits aufgrund der in der Sozialpartnervereinbarung enthaltenen Formulierung „die beklagte Partei sei verpflichtet, den Beschäftigtenstand aufrecht zu erhalten“ von einem individualrechtlichen Kündigungsschutz ausgegangen, von dessen Anwendungsbereich der Kl in concreto allerdings ausgenommen war.* Umso mehr müssten redliche Vertragsparteien wohl davon ausgehen, dass die Hinzufügung eines ausdrücklichen Kündigungsverbots einen individualrechtlichen Anspruch begründen sollen.
In Übereinstimmung mit der älteren Lehre und der zitierten E des OGH ist daher davon auszugehen, dass die iZm der Corona-Pandemie geschlossene Sozialpartnervereinbarung ein individuell durchsetzbares Kündigungsverbot begründet.