Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg)Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht

20. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2020, LII, 3.102 Seiten, Leinen, € 179,-

KONRADGRILLBERGER

Die jubiläumsträchtige 20. Auflage des bewährten Kommentars zum deutschen Arbeitsrecht behandelt den Rechtsbestand vom 1.9.2019. Im Vergleich zur Vorauflage waren diesmal keine nennenswerten Entscheidungen des EuGH einzuarbeiten.

Aus dem Unionsrecht war die Umsetzung der RL 2016/943/EU zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu berücksichtigen. In Österreich wurde dazu eine Novelle zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen (BGBl I 2018/109BGBl I 2018/109). Der deutsche Gesetzgeber hat ein eigenes „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ geschaffen. Preis hat die Auswirkungen dieser Neuerung auf die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht der AN in seiner umfangreichen und gründlichen Kommentierung des § 611a BGB behandelt (Rz 711 ff). Dort findet man im Übrigen eine Abhandlung zu allen Aspekten der Verschwiegenheitspflicht. Wohl mangels praktischer Bedeutung gibt es bei den Nebenpflichten des AG nichts Vergleichbares (§ 611a, Rz 610 ff).

Eine gesetzliche Neuerung, die allein auf die Entscheidung der nationalen Gesetzgebung beruht, war die Einführung eines Anspruches von AN auf zeitlich begrenzte Teilzeit durch § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Einen Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeit gab es schon zuvor im § 8 dieses Gesetzes. Beide Vorschriften gehören sachlich zusammen, wurden aber nicht in einem Paragraphen einheitlich geregelt. Die Folge davon ist ein Labyrinth von Verweisungen, 163 in dem ein Leser nur verzweifeln kann. Preis hat deshalb seiner Kommentierung einen fiktiven Gesetzestext vorangestellt, der diese Vorschriften in lesbarer Form zusammenfasst. Es ist zu wünschen, dass der deutsche Gesetzgeber bei nächster Gelegenheit diesen § 8 TzBfG idF Preis zur Gesetzeskraft verhilft.

Eine weitere gesetzliche Neuerung war zu § 4a TarfivertragsG einzuarbeiten. Sie betrifft ein sehr spezielles deutsches Problem der Kollision von Tarifverträgen. Franzen hat bei seiner gründlichen Darstellung der einschlägigen Rechtslage die Bedeutung dieser Änderung herausgearbeitet, die im Übrigen ihren Grund in der Rsp des BVerfG hat. Aus österreichischer Sicht erscheinen im Vergleich dazu die §§ 9, 10 ArbVG geradezu als glasklare Regelungen.

Erwähnt sei schließlich, dass in die neue Auflage auch einzelne Bestimmungen des HeimarbeitsG aufgenommen wurden. Das geschah deshalb, weil das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer E aus 2016 (NZA 2016, 1453) dieses Gesetz auf einen freien DN angewendet hat, der als Programmierer von zu Hause aus für ein Unternehmen tätig war. Zuvor war er dort als AN beschäftigt.

In Deutschland könnte also das HeimarbeitsG künftig größere praktische Bedeutung erlangen. Dort kommt es für den Begriff des Heimarbeiters nur auf die Leistung erwerbsmäßiger Arbeit an. In Österreich stellt das HeimarbeitsG dagegen auf die Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren ab. Einem Programmierer in „home office“, der als freier DN tätig ist, wird also unser Gesetz kaum zu Gute kommen können.

Wie schon bei der Besprechung der Vorauflagen gilt auch diesmal: Der Erfurter Kommentar ist auch für österreichische Juristen eine sehr nützliche Informationsquelle.