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Keine Einrechnung von erwirtschafteten Gewinnen in die Kündigungsentschädigung

MARTINACHLESTIL

Im vorliegenden Fall hat der Kl nach der unberechtigten Entlassung durch die Bekl den Anspruch auf Kündigungsentschädigung geltend gemacht. Davon hat er den Betrag abgezogen, den er aus seiner nach der unberechtigten Entlassung ausgeübten Tätigkeit erzielt hat. Diese Tätigkeit wird in einem Unternehmen erbracht, in dem der Kl Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Die Bekl fordert zusätzlich die Anrechnung der erwirtschafteten Gewinne mit der Begründung, dass die persönliche Arbeitsleistung des Kl für diese Gewinne kausal war. 84

Der Bekl wurde vom OGH nicht Recht gegeben. Er führt dazu aus wie folgt:

Nach § 29 AngG behält der AN im Fall der ungerechtfertigten Entlassung oder des vom AG verschuldeten vorzeitigen Austritts seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung durch den AG hätte verstreichen müssen. Einzurechnen ist, was der AN infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.

Aus § 29 AngG ist ebenso wie aus dem inhaltsgleichen § 1162b ABGB der allgemeine Grundsatz abzuleiten, dass ein AN durch diese Entgeltfortzahlung unbeschadet der gesetzlich vorgesehenen Anrechnung wirtschaftlich so gestellt werden soll, wie dies bei regelmäßigem Ablauf des Arbeitsverhältnisses der Fall gewesen wäre.

Zweck der Anrechnungsvorschrift ist, eine Bereicherung des AN zu verhindern. Das Gesetz stellt dabei auf den Erwerb durch „anderweitige Verwendung“ ab, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Erwerb aus einem anderen Arbeitsverhältnis oder einer selbstständigen oder sonstigen Tätigkeit erzielt wird. Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass das Unterbleiben der Arbeitsleistung, für die das Entgelt gefordert wird, für die Ersparnis, den anderweitigen Erwerb oder die anderweitige Verdienstmöglichkeit ursächlich war. Die Anrechnung umfasst daher grundsätzlich nur dasjenige, was der AN gerade durch das Ausnützen jenes nunmehr frei gewordenen Teils seiner Arbeitskraft, den er bisher dem AG zur Verfügung gestellt hatte, erworben hat oder zumindest erwerben hätte können. So ist etwa der Erwerb aus bereits zuvor ausgeübten Nebenbeschäftigungen grundsätzlich nicht anzurechnen. Die anzurechnende Ersparnis oder den anrechnungspflichtigen Erwerb muss der AG behaupten und beweisen.

Dass die Tätigkeit des Kl als Gesellschafter und Geschäftsführer in dem Unternehmen zu höheren Gewinnen geführt hat, hat das Verfahren nicht ergeben. Auch konnte der Bekl den Nachweis dafür, dass die persönliche Arbeitsleistung des Kl für diese Gewinne kausal war, nicht erbringen. Nach Ansicht des OGH bietet das Gesetz für die Anrechnung von Gewinnen, die der AN auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erwirtschaftet hätte, keine Grundlage. Eine Anrechnung würde in einem solchen Fall nicht eine Bereicherung des AN verhindern, sondern zu einer wirtschaftlichen Verschlechterung seiner Situation führen. Darauf, ob der Gewinn aus der Gesellschaftsbeteiligung steuerrechtlich oder sozialversicherungsrechtlich als Entgelt zu behandeln ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Damit hat aber auch die Frage, ob die Unterlassung der Gewinnausschüttung einem absichtlich versäumten Erwerb iSd § 29 Abs 1 AngG (arg „zu erwerben absichtlich versäumt hat“) gleichzuhalten ist, keine Relevanz.

Die außerordentliche Revision der Bekl ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.