22Ausnahme der Mitarbeiter Freiwilliger Feuerwehren vom Geltungsbereich des AZG und ARG?
Ausnahme der Mitarbeiter Freiwilliger Feuerwehren vom Geltungsbereich des AZG und ARG?
Die Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 Z 1 AZG und des § 1 Abs 2 Z 1 lit a ARG sind in Bezug auf Arbeitsverhältnisse zu Freiwilligen Feuerwehren nach dem NÖ Feuerwehrgesetz (FG) 2015 ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt und auf diese nicht analog anzuwenden.
Die vertragliche Vereinbarung der Anwendbarkeit des § 4b NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz (GVBG) ist ein Vorbehalt, der es dem DG erlaubt, den Dienstplan des AN entsprechend den dienstlichen Erfordernissen nach Maßgabe des § 19c AZG zu ändern.
[...] Der Kl ist seit 1.3.1991 bei der Bekl als hauptberuflicher Feuerwehrmann in deren Abschnittsalarmzentrale [...] im Innendienst tätig. Die Streitteile unterfertigten am 25.2.1998 einen schriftlichen Dienstvertrag, in dem vereinbart wurde, dass auf das Dienstverhältnis in dienst- und besoldungsrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des NÖ GVBG 1976 in der derzeit geltenden Fassung anzuwenden sind. Zuvor bestand ein Dienstverhältnis zwischen dem Kl und der Stadtgemeinde *. [...]
Die Notrufzentrale hat 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen pro Woche durch mindestens einen Feuerwehrmann besetzt zu sein. Weiters sollte grundsätzlich von Montag bis Donnerstag von 7:30 bis 15:30 Uhr auch ein zweiter Feuerwehrmann tätig sein, um das in diesem Zeitraum erhöhte Einsatzaufkommen besser aufteilen zu können, den anderen Feuerwehrmann zu unterstützen und diesen beispielsweise während eines WC-Ganges zu vertreten. [...]
Während die permanente Anwesenheit zumindest eines Feuerwehrmannes zur Erfüllung der Aufgaben der Feuerpolizei und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unablässig ist, besteht für den zusätzlichen Disponenten keine derartige zwingende Notwendigkeit und kann die Bekl die ihr obliegenden, feuerpolizeilichen Aufgaben auch bei dessen Entfall hinreichend erfüllen. [...]
Es wurde nicht vereinbart, dass der Bekl hinsichtlich der Lage der Normalarbeitszeit ein einseitiges Direktionsrecht oder ein sonstiger Gestaltungsoder Abänderungsvorbehalt zukäme. Es wurde Ausnahme 237 jedoch vereinbart, dass der Kl im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zur Überstundenleistung verpflichtet ist. [...]
Der Gemeinderat [...], der dieser Turnusregelung in seiner Sitzung vom 27.6.1991 zugestimmt hatte, beschloss in seiner Sitzung vom 12.12.2011, seinen Beschluss vom 27.6.1991 ersatzlos aufzuheben, um durch Urlaube und Krankenstände bewirkte Überstunden durch Verlagerungen der Normalarbeitszeit zu reduzieren. Der Kl stimmte in der Folge einer von der Bekl angestrebten Abänderung der 1991 getroffenen Vereinbarung über die Lage der Normalarbeitszeit dahin, dass die Bekl auch ohne Zustimmung des Kl die „8er-Dienste“ einseitig entfallen lassen und die Normalarbeitszeit stattdessen auf einen Tag- oder Nachtdienst eines im Urlaub oder Krankenstand befindlichen Kollegen verlegen könne, nicht zu. Ungeachtet dessen erstellt die Bekl nunmehr für einen Monat einen Dienstplan, welcher den DN vier bis sechs Wochen vorab zur Kenntnis gebracht wird. Diese Monatsdienstpläne orientieren sich zwar weiterhin an dem im Jahr 1991 definierten Grundmuster, sehen hiervon jedoch zum Teil beträchtliche Abweichungen vor. Insb streicht die Bekl einseitig „8er-Dienste“, um den Kl an anderen Tagen als Urlaubs- oder Krankenstandsvertretung im Tag- oder Nachtdienst einzusetzen.
Der Kl hat gegen diese neue Vorgehensweise von Beginn an wiederholt unmissverständlich und vehement protestiert und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er auch zu den einseitig gestrichenen Diensten im Rahmen des gesetzlich Zulässigen arbeitsbereit und arbeitswillig ist. [...]
Der Kl begehrte die Zahlung von 8.961,22 € brutto sA und (zuletzt) die Feststellung, dass ihm am 4.4.2014, am 9.5.2014, am 11.7.2014, am 18.7.2014, am 22.8.2014, am 28.11.2014, am 2.1.2015, am 22.5.2015, am 13.11.2015, am 6.5.2016, am 19.8.2016, am 20.12.2017 und am 8.11.2017 keine Wochenruhe gewährt worden sei, sowie dass die Bekl schuldig sei, die Wochenruhe im Dienstplan im Voraus für den Kl erkennbar verbindlich festzulegen.
Er brachte zusammengefasst vor, auf das Dienstverhältnis seien das AZG und das ARG anzuwenden. Weiters sei die sinngemäße Anwendbarkeit der Vorschriften des NÖ GVBG vertraglich vereinbart worden. Zwingende, für den AN günstigere Bestimmungen des AZG und des ARG gingen jedoch vor. Einseitige Eingriffe in den Dienstplan von 1991 seien daher unzulässig. [...]
Die Bekl bestritt und wandte ein, auf das Dienstverhältnis des Kl sei ausschließlich das NÖ GVBG und weder das AZG noch das ARG anzuwenden. Ungeachtet dessen könne gem § 19c Abs 2 AZG die vereinbarte Normalarbeitszeit vom AG einseitig geändert werden. [...]
I. Zur Anwendbarkeit des AZG und des ARG
[...]
2.2 Die Bekl ist weder eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband noch eine Stiftung, ein Fonds oder eine Anstalt iSd § 1 Abs 2 Z 1 AZG, die von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Personen verwaltet wird oder von Personen, die hiezu von Organen einer Gebietskörperschaft bestellt sind. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Z 1 AZG und des § 1 Abs 1 Z 1 lit a ARG sind daher ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Das Berufungsgericht ist von einer analogen Anwendung dieser Ausnahmebestimmungen auf das Dienstverhältnis des Kl zur Bekl ausgegangen.
2.3 Sowohl die Ausnahmen nach § 1 Abs 2 AZG als auch nach § 1 Abs 2 ARG werden als taxativ angesehen (Auer-Mayer in Auer-Mayer/Felten/Pfeil, AZG4 § 1 Rz 1; Pfeil in ZellKomm Arbeitsrecht3, § 1 ARG Rz 5). Analogie ist aber auch bei einer taxativen Aufzählung möglich und geboten, wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle enthält und das Prinzip der Norm auch in einem ihrem Tatbestand ähnlichen Fall Beachtung fordert (RIS-Justiz RS0008839). Ausnahmebestimmungen sind aber jedenfalls nicht extensiv, sondern eng auszulegen. Die Analogie muss sich im Rahmen der engen ratio der Ausnahmeregel halten (RS0008903 [T4]).
2.4 Der OGH hat die Freiwillige Feuerwehr (nach dem NÖ FG alt) als Verwaltungsstelle der Gemeinde iSd § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG qualifiziert (9 ObA 68/94), weil die Freiwillige Feuerwehr als Körperschaft öffentlichen Rechts im Wesentlichen in Vollziehung von hoheitlichen Aufgaben der Gemeinde tätig werde. Weder § 1 Abs 2 AZG noch § 1 Abs 2 ARG nehmen allerdings – anders als das ArbVG – Verwaltungsstellen von dem Anwendungsbereich des AZG bzw des ARG aus. Gegen eine analoge Anwendung der Ausnahmen spricht, dass für Arbeitsverhältnisse zu einer Freiwilligen Feuerwehr gar keine zwingenden Begrenzungen der Arbeitszeit gegeben wären. Dass die Parteien hier die Geltung des NÖ GVBG im Vertrag vereinbarten, ändert daran nichts, weil im Vertrag ja auch Abänderungen möglich sind (RS0051005). Dieses Ergebnis stünde aber mit den Vorgaben der AZ-RL 2003/88/EG nicht in Einklang, die gem Art 1 Abs 3 auch für öffentliche Tätigkeitsbereiche gilt und auf die Schaffung von Mindeststandards für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung abzielt, die auch Mitgliedern einer Freiwilligen Feuerwehr garantiert sind (vgl EuGHC-518/15, Matzak). Überdies würde diese Ansicht auch in einem Spannungsverhältnis zu Art 31 Abs 2 GRC stehen. Im Hinblick darauf kommt eine Ausweitung der Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs 2 Z 1 AZG und § 1 Abs 2 Z 1 lit a ARG auf im Gesetz nicht geregelte Fälle jedenfalls nicht in Betracht, wenn die betroffenen AN damit um ihren innerstaatlichen gesetzlichen Schutz gebracht würden. Dass der Gesetzgeber bei den Freiwilligen Feuerwehren von einer bloß ehrenamtlichen Tätigkeit ausgeht (§ 40 Abs 2 NÖ FG 2015), während bei den Berufsfeuerwehren hauptberuflich tätige Feuerwehrmitglieder in einem Dienstverhältnis zur Gemeinde stehen (§ 45 Abs 1 NÖ FG 2015), wird von der Bekl nicht releviert.
3. Das Berufungsgericht hat die Anwendbarkeit des AZG und des ARG daher zu Unrecht verneint.
II. Zum Begehren des Kl unter Berücksichtigung der ex lege Anwendbarkeit des AZG und ARG sowie der ex contractu Anwendbarkeit des NÖ GVBG
1. [...] Die Bestimmung des § 19c AZG wurde im Jahr 1993 zunächst für Teilzeitarbeit eingeführt und erst mit der AZG-Novelle BGBl I 1997/46 auf Vollzeitbeschäftigte ausgedehnt. Die Arbeitszeitvereinbarung, 238 auf die sich der Kl stützt, datiert damit vor dem Inkrafttreten des § 19c AZG idgF mit 1.5.1997.
[...]
2.2 Bei Anwendung des Vertragsbedienstetenrechts ex contractu gilt das Günstigkeitsprinzip. Regelungen, die für den AN eindeutig ungünstiger sind als zwingende Regelungen, die ex lege gelten (hier AZG und ARG), sind nicht anzuwenden (vgl 9 ObA 517/88).
2.3 Nach § 4b NÖ GVBG ist das Ausmaß der regelmäßigen Wochendienstzeit vom Gemeinderat nach Maßgabe der Erfordernisse des Dienstes festzusetzen (Abs 1). Die Festlegung der Dienstzeit ist unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen vorzunehmen, wobei auf die persönlichen Verhältnisse des Vertragsbediensteten Rücksicht zu nehmen ist (Abs 2). Bei Turnus- und Wechseldienst ist ein Dienstplan zu erstellen (Abs 3).
Die Vereinbarung der Anwendbarkeit (ua) des § 4b NÖ GVBG ist ein Vorbehalt des DG, die Dienstzeit den dienstlichen Erfordernissen anzupassen. [...] Daraus folgt, dass der Kl keinen Entgeltanspruch für Dienste hat, die zwar nach dem Grundschema angefallen wären, aufgrund der (zulässigen) Änderungen aber zu anderen Zeiten geleistet wurden. [...]
3.1 Anderes gilt für das Begehren des Kl auf Zahlung von Überstundenzuschlägen für jeweils drei Stunden bei den 12 Stunden-Diensten. Hier ist die Regelung des § 4a Abs 2 AZG, wonach die tägliche Normalarbeitszeit bei Schichtarbeit – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – neun Stunden nicht überschreiten darf, für den Kl günstiger als § 4c NÖ GVBG, der – ohne Festlegung einer täglichen Normalarbeitszeit – eine höchstzulässige Tagesarbeitszeit von 13 Stunden vorsieht (vgl im Übrigen § 20 Abs 1 NÖ GVBG iVm § 46 NÖ GBDO [Gemeindebeamtendienstordnung]). [...]
III. Zum Begehren des Kl, die Bekl zu verpflichten, die Wochenruhe im Dienstplan im Voraus für ihn erkennbar verbindlich festzulegen
[...] Nicht nachvollziehbar ist darüber hinaus, warum aus dem vier bis sechs Wochen vorab bekanntgegebenen Dienstplan die Wochenruhe für den Kl nicht eindeutig ersichtlich sein sollte. Dieses Begehren wurde von den Vorinstanzen daher zu Recht abgewiesen.
Nach den Feststellungen hat der Kl an bestimmten Freitagen, die für ihn als „Ersatzsonntage“ bestimmt waren, Dienst versehen. Der im Turnusoder Wechseldienst an einem Ersatzruhetag für Sonntagsarbeit geleistete Dienst ist für DN, die dem NÖ GVBG und der NÖ GBGO [Gemeindebeamtengehaltsordnung] unterliegen, gem § 6 Abs 3 ARG durch einen Ersatzruhetag abzugelten (vgl 9 ObA 8/06a). Dass das hier nicht geschehen ist, steht (noch) nicht fest. [...]
Der OGH hatte sich in der vorliegenden E mit der Frage nach der Reichweite der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 Z 1 AZG bzw des § 1 Abs 2 Z 1 ARG zu beschäftigen. Konkret hatte der Gerichtshof zu beurteilen, ob AN Freiwilliger Feuerwehren von diesen eigentlich die AN von Gebietskörperschaften betreffenden Ausnahmefällen umfasst sind und so in weiterer Folge (nicht) dem Regelungsregime des AZG unterliegen. Wie auch vom Gerichtshof angesprochen, ist die Interpretation der Ausnahmetatbestände im Bereich des Arbeitszeitrechts und die Limitierung ihrer Reichweite von großer Relevanz, weil die taxativ aufgelisteten Fälle im Normalfall von anderweitigen Normenkomplexen und deren arbeitszeitrechtlichen Beschränkungen aufgefangen werden. Ist dies, wie im vorliegenden Fall, aber nicht gewährleistet, so verlangt die Prüfung der Tragweite des betreffenden Ausnahmetatbestandes wohl eine umso genauere Betrachtung.
Vom Anwendungsbereich des AZG gem § 1 Abs 2 Z 1 ausdrücklich ausgenommen sind AN, die in einem Arbeitsverhältnis zu einer Gebietskörperschaft – also zu Bund, Ländern oder Gemeinden – stehen, bzw bei einer Stiftung, Anstalt oder einem Fonds tätig werden, der/die von Organen einer Gebietskörperschaft bzw von durch Organe der Gebietskörperschaft bestellten Personen verwaltet werden. Doch wieder den Bestimmungen des AZG unterworfen sein sollen aber wiederum jene dieser AN, die nicht in Vollziehung der Gesetze tätig sind, sofern für sie ein KollV in Geltung steht. Dem entspricht auch weitgehend die Ausnahmebestimmung in § 1 Abs 2 Z 1 ARG, die grundsätzlich AN einer Gebietskörperschaft vom Geltungsbereich des ARG ausschließt, dies aber wiederum auf AN einschränkt, die nicht in Betrieben ebendieser Gebietskörperschaften beschäftigt sind (vgl § 1 Abs 2 lit a und b ARG). Dabei sind diese Ausnahmebestimmungen weitgehend auf die verfassungsrechtlichen Kompetenzregelungen (vgl Art 21 Abs 1 B-VG) zurückzuführen, weshalb die Arbeitszeiten der ausgenommenen AN zumeist anderweitigen gesetzlichen Restriktionen unterworfen sind (vgl zB Auer-Mayer in Auer-Mayer/Felten/Pfeil, AZG4 § 1 Rz 13).
Für die hier interessierende Frage nach der Anwendbarkeit des AZG und des ARG auf die Arbeitsverhältnisse der AN Freiwilliger Feuerwehren ist somit ein Blick auf die Rechtsnatur dieser Organisationen unumgänglich: § 33 Abs 1 NÖ FG 2015 normiert in dieser Hinsicht zunächst eine Gleichstellung von Betriebs- und Berufsfeuerwehren mit Freiwilligen Feuerwehren, die iS dieses Gesetzes alle als „Feuerwehren“ gelten sollen. Eine weitergehende Unterscheidung findet sich allerdings sogleich in § 33 Abs 2 leg cit, wonach Freiwillige Feuerwehren als Körperschaften öffentlichen Rechts ausgestaltet und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, während bloß die Berufsfeuerwehren als Einrichtungen der Gemeinden organisiert werden. An 239 dieser Stelle sei zur Einordnung der Reichweite der vorliegenden E angemerkt, dass die dargestellte niederösterreichische Ausgestaltung der Feuerwehren österreichweit keine Besonderheit darstellt: Ähnliche bis wortgleiche Regelungen finden sich zB in § 25 Abs 1 Bgld FwG 2019, in § 3 Abs 1 Oö FWG 2015 oder § 1 Abs 4 des Tiroler LFG 2001 – § 1 Abs 1 iVm § 1 Abs 2 Wiener Feuerwehrgesetz scheint dagegen auch die Freiwilligen Feuerwehren als „öffentliche Feuerwehren“ und Einrichtungen der Stadt Wien zu qualifizieren.
Wenngleich das NÖ FG 2015 in weiterer Folge wiederum eine enge Verflechtung von Gemeindeaufgaben zur Besorgung der Feuer- und Gefahrenpolizei (§ 4 Abs 1 NÖ FG 2015) mit der dabei als Hilfsorgan fungierenden Feuerwehr festlegt, vermag das nichts an der eigentlichen Rechtsnatur und der (Nicht-)Zuordnung letzterer zu den Gemeinden zu ändern. Der OGH kommt in seinen Ausführungen zum selben Ergebnis und untermauert dieses zusätzlich mit der Judikatur des VwGH (8.6.2018, Ra 2018/03/0058), welcher Freiwillige Feuerwehren nach dem NÖ FG 2015 ua wegen der dort vorgesehenen demokratischen Bildung ihrer Organe (§ 41 NÖ FG 2015) als Selbstverwaltungseinrichtung der sonstigen Selbstverwaltung (iSd Art 120a Abs 1 B-VG) qualifiziert und sie so klar von den Gebietskörperschaften abgrenzt. Der Wortlaut der Ausnahmebestimmungen des ARG und des AZG kann, wie der Gerichtshof richtig ausführt, daher im Falle der Mitarbeiter (nö) Freiwilliger Feuerwehren nicht als erfüllt angesehen werden.
Dass Freiwillige Feuerwehren in gewissen Fällen im Zuge der Hoheitsverwaltung tätig werden (vgl zB § 4 Abs 5 NÖ FG 2015, wonach bestimmte Mitglieder zur Erlassung von Bescheiden ermächtigt werden können), kann, wie der Gerichtshof aufzeigt, schließlich auch keine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmungen für AN von Gebietskörperschaften auf Mitarbeiter Freiwilliger Feuerwehren begründen.
Obwohl die Taxativität der Auflistungen in den §§ 1 Abs 2 AZG und ARG eine analoge Anwendung derselben auf Mitarbeiter Freiwilliger Feuerwehren zwar nicht von vornherein ausschließt (OGH 18.9.1984, 5 Ob 19/84), sprechen einige Aspekte gegen eine solche Ansicht: Zum einen gebietet nämlich bereits die Natur einer Ausnahmebestimmung ein eher restriktives Verständnis derselben (vgl schon OGH 22.12.1971, 6 Ob 302/71) und schränkt daher den Raum für die Annahme einer mittels Analogie zu schließenden Gesetzeslücke bereits ein. Hinzu kommt die eingangs bereits erwähnte Tatsache, dass – ginge man von der Anwendbarkeit der Ausnahmen aus – AN Freiwilliger Feuerwehren kein anderweitiger zwingender arbeitszeitrechtlicher Schutz zukäme. Der Gerichtshof argumentiert deshalb, dass der Ausschluss dieser AN vom Anwendungsbereich des AZG und des ARG mit den europarechtlichen Vorgaben der Arbeitszeit-RL (2003/88/EG), die nach der Rsp des EuGH ebenso auf „Mitglieder“ Freiwilliger Feuerwehren Anwendung findet (vgl EuGH 21.2.2018, C-518/15, Matzak; in diesem Fall sind allerdings wohl alle Angehörigen der Organisation gemeint; zur womöglich gebotenen begrifflichen Differenzierung nach dem NÖ FG 2015 siehe unten) und den Vorgaben des Art 31 Abs 2 GRC, der AN ua ein Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einräumt, nicht in Einklang zu bringen wäre. Im Rahmen einer unionsrechtskonformen Auslegung der gegenständlichen Bestimmungen ist in Anbetracht dieser Umstände nicht davon auszugehen, dass durch die Ausnahmebestimmungen in AZG und ARG Personen vom Schutzbereich dieser Normen ausgeschlossen werden sollten, die ansonsten keinen vergleichbaren Schutz genießen würden.
Daran vermag letztlich auch eine vertragliche Vereinbarung anderweitiger Arbeitszeitgrenzen (wie im vorliegenden Fall etwa die des NÖ GVBG) nichts zu verändern. Die in der Arbeitszeit-RL 2009/88/EG verankerte Verpflichtung, die „erforderlichen Maßnahmen“ zur Absicherung von adäquaten täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten zu ergreifen, trifft schließlich die zur Umsetzung angehaltenen Mitgliedstaaten und nicht die Vertragsparteien des Arbeitsvertrages. Der Ansicht des Berufungsgerichts, wonach eine analoge Anwendung der Ausnahmebestimmungen „jedenfalls“ dann geboten sei, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Geltung des NÖ GVBG vereinbart wurde, hat sich der OGH daher völlig zu Recht nicht angeschlossen.
Für die Verneinung einer analogen Anwendung spricht im Übrigen schon der Regelungszweck der gegenständlichen Ausnahmetatbestände. Die Ausnahme von in der Hoheitsverwaltung tätigen AN gründet schließlich nicht in der Art der Tätigkeit selbst, sondern beruht (wie oben schon angemerkt) auf den kompetenzrechtlichen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG). Eine entsprechende kompetenzrechtliche Problematik ist allerdings für die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse zu Freiwilligen Feuerwehren nicht erkennbar. Dem vorliegenden Sachverhalt mangelt es deshalb bereits an der ausgeprägten sachlichen Nähe des ungeregelten zum geregelten Fall, die für eine Analogie notwendig wäre (vgl Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 7 ABGB Rz 21).
Bemerkenswert erscheint an dieser Stelle die vom OGH nur in einem Satz angesprochene Diskrepanz des der E zugrundeliegenden Sachverhalts zu der in § 40 Abs 2 NÖ FG 2015 vorgesehenen Ehrenamtlichkeit und Freiwilligkeit des Wirkens der Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren, was letztlich wohl als Festlegung eines weitgehend unentgeltlichen Tätigwerdens zu interpretieren sein muss (vgl zur Ehrenamtlichkeit und Unentgeltlichkeit der Betriebsratstätigkeit etwa Schneller in Gahleitner/Mosler, ArbVR 36 § 115 Rz 4 ff). Eine hauptberufliche Beschäftigung (und damit einhergehend ein Dienstverhältnis zur jeweiligen Gemeinde) ist 240 nach § 45 Abs 1 NÖ FG 2015 nämlich nur für die Feuerwehrmitglieder der Berufsfeuerwehren vorgesehen. Insofern scheint es jedenfalls fraglich, ob die vorliegende Konstruktion eines hauptberuflich in der Alarmzentrale der Freiwilligen Feuerwehr tätigen Feuerwehrmannes nach dem NÖ FG 2015 überhaupt zulässig ist.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang abermals auf die von § 33 Abs 2 NÖ FG 2015 normierte Rechtsnatur der Freiwilligen Feuerwehren. Wenngleich das NÖ FG 2015 eine entsprechende Konstruktion grundsätzlich nicht vorsehen mag, muss es einer Körperschaft öffentlichen Rechts, die mit (voller) Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist, wohl möglich sein, Verträge aller Art abzuschließen und so auch als AG ein Dienstverhältnis einzugehen. Darüber hinaus ließe sich argumentieren, dass § 40 NÖ FG 2015 bloß auf die Arten der „Mitgliedschaft“ (und nicht alle denkbaren [Rechts-]Beziehungen) zur Freiwilligen Feuerwehr Bezug nimmt, die etwa zur Wahl des Feuerwehrkommandanten berechtigen (vgl § 70 Abs 2 NÖ FG 2015). Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zur Freiwilligen Feuerwehr muss in weiterer Folge gerade nicht zu einem solchen, dem Ehrenamt vorbehaltenen Mitgliedstatus führen. Die Anordnung der Ehrenamtlichkeit bleibt für die Beurteilung der anzuwendenden Normen auf das Dienstverhältnis daher wohl ohne Bedeutung.
Eine einseitige Änderung der vereinbarten Lage der Normalarbeitszeit durch den AG ist bei Arbeitsverhältnissen, die dem Anwendungsbereich des vertragsrechtlichen Teils des AZG (Abschnitt 6a; vgl § 19b AZG) unterliegen, nur nach Maßgabe der in § 19c AZG geregelten Kriterien möglich.
Nur wenn eine Änderung der Lage der Arbeitszeit aus objektiven, in der Art der Arbeitsleistung gelegenen Gründen sachlich gerechtfertigt ist, die (geänderte) Lage dem AN unter Einhaltung einer zweiwöchigen Vorankündigungsfrist zur Kenntnis gebracht wird und der Änderung weder berücksichtigungswürdige Interessen des AN noch eine Vereinbarung entgegenstehen (vgl § 19c Abs 2 Z 1-4 AZG), ist eine entsprechende Weisung zulässig. Letzteres Kriterium des nicht Entgegenstehens einer Vereinbarung setzt aber voraus, dass sich der AG im Arbeitsvertrag einen entsprechenden Änderungsvorbehalt ausbedungen hat (vgl Felten in Auer-Mayer/Felten/Pfeil, AZG4 § 19c Rz 6 und 14; OGH9 ObA 187/98k
[Löschnigg]). Im vorliegenden Fall hat der OGH die pauschale Vereinbarung der Anwendbarkeit des NÖ GVBG zutreffend als derartigen Vorbehalt interpretiert, weil § 4b NÖ GVBG ua die Festlegung der Dienstzeit unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen und der persönlichen Verhältnisse des AN erlaubt (vgl § 4b Abs 2 NÖ GVBG).Die vertragliche Vereinbarung der Anwendbarkeit der Bestimmungen des NÖ GVBG vermag die Regelungen des AZG aber nicht zu verdrängen. Vielmehr ist, wie der Gerichtshof ausführt, bei der Anwendung des Vertragsbedienstetenrechts ex contractu ebenfalls das Günstigkeitsprinzip maßgeblich. Da das AZG überwiegend eine geringere als die in § 4c NÖ GVBG normierte Normalarbeitszeit von 13 Stunden vorsieht, waren dessen Regelungen für den AN weitgehend als günstiger zu bewerten. Bei der Frage nach dem Vorliegen von Überstunden zog der OGH deshalb im gegenständlichen Fall die Normalarbeitszeitgrenzen des AZG heran. 241