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Keine Änderung des laufenden Krankengeldbezugs infolge Abschaffung der Partnereinkommensanrechnung bei der Notstandshilfe

BIRGITSCHRATTBAUER (SALZBURG)
  1. Es gibt keinen Hinweis auf eine Absicht des Gesetzgebers, mit der Änderung der Berechnung der Notstandshilfe durch Außerachtlassung des Partnereinkommens auch die Höhe des Anspruchs auf Krankengeld nach § 41 Abs 1 AlVG während dessen Bezugs ändern zu wollen. Gesetzgeberisches Ziel des § 41 Abs 1 AlVG ist nur der Erhalt des letzten sonst weiterlaufenden Leistungsbezugs nach dem AlVG im Fall eines Krankengeldanspruchs.

  2. Es liegt keine Gleichheitswidrigkeit des § 41 Abs 1 AlVG vor. Dem Normsetzer muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechts- und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist.

[...]

Gegenstand des Sozialrechtsstreits ist die Höhe des Anspruchs des Kl auf Krankengeld für den Zeitraum von 1.8.2018 bis 18.11.2018. Strittig ist, ob für die Berechnung dieses Anspruchs gem § 41 Abs 1 AlVG auf den letzten tatsächlichen Notstandshilfebezug des Kl abzustellen ist (Standpunkt der Bekl), oder ob von einem ab 1.7.2018 fiktiv gebührenden höheren Notstandshilfeanspruch auszugehen ist, weil mit der Novelle des AlVG, BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157, die Anrechnung des Partnereinkommens auf diesen Anspruch abgeschafft wurde (Standpunkt des Kl).

Der Kl bezog im Zeitraum von 12.8.2016 bis 9.10.2016 Notstandshilfe iHv 0,19 € täglich.

Von 18.10.2016 bis 18.11.2018 war der Kl arbeitsunfähig infolge Krankheit. Er bezog zunächst von 21.10.2016 bis 31.12.2016 Krankengeld in Höhe 224 von 0,19 € täglich. Danach bezog der Kl von 1.1.2017 bis 31.7.2018 Rehabilitationsgeld in Höhe von brutto 52,45 € (netto 46,84 €) täglich. Im Anschluss an das Rehabilitationsgeld bezog der Kl im Zeitraum von 1.8.2018 bis zum 18.11.2018 (26 Wochen) wiederum Krankengeld in Höhe von 0,19 € täglich.

Ab 19.11.2018 bezog der Kl wieder Notstandshilfe in Höhe von 28,79 € täglich.

Mit Bescheid vom 29.11.2018 wies die Wiener Gebietskrankenkasse [...] den Antrag des Kl auf Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum 1.8.2018 bis 18.11.2018 in einem höheren Ausmaß als 0,19 € pro Tag ab.

Mit seiner gegen diesen Bescheid eingebrachten Klage begehrte der Kl die Zuerkennung eines höheren Krankengeldes als 0,19 € täglich für den Zeitraum von 1.8.2018 bis 18.11.2018. [...] Der Kl hätte ohne Anrechnung des Partnereinkommens und des Familienzuschlags ab 1.8.2018 einen Anspruch auf Notstandshilfe in Höhe von 28,79 € täglich gehabt. Da ihm aber auch von 1.8.2018 bis 18.11.2018 ein Krankengeld in Höhe der ursprünglich unter Anrechnung des Partnereinkommens ermittelten Notstandshilfe gezahlt worden sei, werde er als Arbeitsloser, der infolge Krankheit arbeitsunfähig sei, in unsachlicher Weise schlechter behandelt als ein arbeitsfähiger Arbeitsloser.

Dagegen wandte die Bekl ein, dass Krankengeld gem § 41 Abs 1 AlVG in der Höhe der zuletzt nach dem AlVG bezogenen Leistung gebühre. [...]

Das Erstgericht sprach dem Kl für den Zeitraum von 1.8.2018 bis 18.11.2018 Krankengeld in der Höhe von 28,79 € täglich – unter Anrechnung der bisher aus diesem Titel geleisteten Zahlungen von 0,19 € täglich – daher in Höhe weiterer 28,60 € zu. [...]

Das Berufungsgericht gab der von der Bekl gegen dieses Urteil erhobenen Berufung Folge und wies das auf Gewährung eines weiteren täglichen Krankengeldes von 28,60 € gerichtete Klagebegehren ab. [...]

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die von der Bekl beantwortete Revision des Kl, mit der er die Stattgebung der Klage anstrebt.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

[...]

1.1 Maßgeblich für die Beurteilung des vom Kl geltend gemachten Anspruchs ist § 41 Abs 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl 1977/609 (AlVG) in der [...] seit 1.7.2013 in Kraft stehenden Fassung des SRÄG 2013, BGBl I 2013/67BGBl I 2013/67 (§ 79 Abs 130 AlVG). Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

„Leistungen der Krankenversicherung§ 41 (1) Das Krankengeld gebührt in der Höhe der zuletzt bezogenen Leistung (gemäß § 6 Abs. 1 Z 1, 2, 3 soweit eine Leistung gemäß § 23 Abs. 1 Z 2 beantragt wurde, 4, 5, 7, 8 und 9) nach diesem Bundesgesetz, ohne Berücksichtigung eines allfälligen Zusatzbetrages gemäß § 20 Abs. 6. ... Die §§ 126 Abs. 1 und 139 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes gelten sinngemäß.“

1.2 Die Bezieher von Notstandshilfe nach dem AlVG (§ 6 Abs 1 Z 2, §§ 33 ff AlVG) genießen gem § 40 Abs 1 AlVG Krankenversicherungsschutz, der auch einen Krankengeldanspruch (§ 41 AlVG) umfasst. § 41 Abs 1 Satz 1 AlVG schließt die Anwendung der die Bemessungsgrundlage für das Krankengeld und dessen Höhe betreffenden Bestimmungen der §§ 125, 141 ASVG aus (RS0050754). [...]

2.1 Mit der Änderung des AlVG durch die Novelle BGBl I 2017/57BGBl I 2017/57 wurde die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Berechnung der Notstandshilfe durch die Novellierung des § 36 Abs 2 und 3 AlVG abgeschafft. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass mit dieser Novellierung eine Ungleichbehandlung der durch die Anrechnung des Partnereinkommens überwiegend benachteiligten Frauen endgültig beendet werden sollte (IA 1366/A 25. GP 2 f).

2.2 Im Zuge der Änderungen des Entwurfs zur Novelle BGBl I 2017/57BGBl I 2017/57 wurden im Plenum des Nationalrats [...] die Übergangsbestimmungen in § 79 Abs 161 und § 80 Abs 16 AlVG geschaffen, die lauten:

§ 79 Abs 161 AlVG:

„§ 6 Abs. 2, § 36 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 und Abs. 6, § 42 sowie § 43 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 157/2017BGBl I Nr. 157/2017 treten mit 1. Juli 2018 in Kraft und gelten für Zeiträume nach dem 31. Juni 2018. Für Zeiträume vor dem 1. Juli 2018 gelten § 6 Abs. 2, § 36 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 bis 8, § 42 sowie § 43 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr. 157/2017BGBl I Nr. 157/2017weiter.“

§ 80 Abs 16 AlVG:

„(16) § 34 samt Überschrift und § 42 Abs. 6 sowie die Notstandshilfeverordnung, BGBl Nr. 352/1973, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr. 490/2001, treten mit 1. Juli 2018 außer Kraft; sie gelten jedoch für Zeiträume vor dem 1. Juli 2018 weiter.“

§ 81 Abs 14 AlVG:

„(14) Personen, die am 30. Juni 2018 einen Kranken- und Pensionsversicherungsanspruch gemäß § 34 haben, sind ab 1. Juli 2018 amtswegig auf Notstandshilfe umzustellen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Anspruch auf Notstandshilfe erfüllen. Ruht der Anspruch auf Notstandshilfe zu diesem Zeitpunkt gemäß § 16, so gebührt die Notstandshilfe bei Vorliegen der Voraussetzungen ab dem Tag nach dem Wegfall des Ruhensgrundes.“

[...]

2.4 Durch die Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157 wurde daher ab 1.7.2018 die Anrechnung des Partnereinkommens für die Beurteilung des Vorliegens einer Notlage bzw der Berechnung der Höhe der Notstandshilfe abgeschafft. Dadurch entfiel auch der Anspruch auf KV und PV für Personen, die ausschließlich wegen Berücksichtigung des Partnereinkommens keinen Anspruch auf Notstandshilfe haben (Gerhartl, Die Notstandshilfe, JAP 2017/2018/22, 222). Aus § 81 Abs 14 Satz 2 AlVG ergibt sich, worauf der Revisionswerber selbst hinweist, dass eine amtswegige Umstellung auf die Notstandshilfe für Personen, die am 30.6.2018 nur aufgrund der bisher erfolgten Einrechnung des Partnereinkommens keinen Anspruch auf 225 Notstandshilfe hatten (§ 34 AlVG aF), mit 1.7.2018 dann nicht erfolgte, wenn der Anspruch auf Notstandshilfe – wie im Fall des Kl – zu diesem Zeitpunkt ruhte.

3.1 Aus den zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich entgegen den Ausführungen des Revisionswerbers kein Hinweis auf eine Absicht des Gesetzgebers, mit der Änderung der Berechnung der Notstandshilfe durch Außerachtlassung des Partnereinkommens auch die Höhe des Anspruchs auf Krankengeld nach § 41 Abs 1 AlVG während dessen Bezugs ändern zu wollen. § 41 Abs 1 AlVG wurde nämlich durch das Bundesgesetz BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinwies, nicht geändert. Diese Bestimmung stellt für die Bemessung des Krankengeldes nach ihrem Wortlaut nach wie vor auf die „Höhe der zuletzt bezogenen Leistung“ nach dem AlVG ab. [...]

3.2 Der Gesetzgeber stellt in § 41 Abs 1 AlVG ausdrücklich auf den tatsächlichen – und nicht bloß fiktiven (vgl 10 ObS 118/13w SSV-NF 27/77, Pkt 2.3) – Letztbezug nach dem AlVG ab. Das Krankengeld nach dem AlVG soll nur den infolge des Eintritts des Versicherungsfalls der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit eingetretenen Ausfall des sonst weiterlaufenden Bezugs nach dem AlVG kompensieren (10 ObS 115/92 SSV-NF 6/111). Eine Änderung der familiären Situation oder des Einkommens wird nach der Absicht des Gesetzgebers nicht während des Krankengeldbezugs, sondern erst im Zeitpunkt des Fortbezugs der Leistung aus dem AlVG nach dem Wegfall des Krankengeldbezugs (bzw des Ruhenstatbestands) wirksam (Auer-Mayer in Pfeil, AlV-Komm [50. Lfg] § 41 AlVG Rz 3 mwH; Krapf/Keul, AlVG [13. Lfg] § 41 Rz 767; Drs in SV-Komm [173. Lfg] § 141 ASVG Rz 20 mzwH). Nach dieser schon vor der Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157 geltenden Rechtslage führte nicht einmal eine – selbst gravierende – Änderung der Familien- oder Einkommensverhältnisse (etwa die Trennung vom Partner) zu einer Änderung der Höhe des Krankengeldes nach dem AlVG. Um so weniger ist dies für eine Situation wie die vorliegende anzunehmen, in der eine Rechtsänderung nicht die Höhe des Anspruchs auf Krankengeld nach dem AlVG, sondern lediglich jene der Notstandshilfe betrifft, die überdies im hier strittigen Zeitraum wegen des Krankengeldbezugs ruhte (§ 16 Abs 1 lit a AlVG). [...]

4.1 Die vom Revisionswerber behauptete Gleichheitswidrigkeit des § 41 Abs 1 AlVG liegt nicht vor. Eine Regelung ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn ihr Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen werden wird. Dem Normsetzer muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (RS0053882). Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum insofern zu, als er in seinen rechtsund wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist. Gerade im Sozialversicherungsrecht sind Stichtagsregelungen in Anpassung an die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten unvermeidlich, mögen sie auch in Einzelfällen Härten mit sich bringen. Eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung verstößt nicht grundsätzlich gegen das Gleichheitsgebot (RS0117654).

4.2 Gesetzgeberisches Ziel des § 41 Abs 1 AlVG ist wie ausgeführt nur der Erhalt des letzten sonst weiterlaufenden Leistungsbezugs nach dem AlVG im Fall eines Krankengeldanspruchs. Eine Durchschnittsbetrachtung, die den Ausfall des Arbeitsverdienstes ausgleichen soll, wird im Bereich der AlV ausgeschlossen (Krapf/Keul, AlVG [13. Lfg] § 41 AlVG Rz 767). Folgte man dem Standpunkt des Kl, wäre dieser gegenüber Krankengeldbeziehern, deren familiäre oder Einkommensverhältnisse sich aus anderen Gründen als jenem des Wegfalls der Einrechnung des Partnereinkommens verändern, ohne dass dies zu einer Neubemessung des Krankengeldes nach dem AlVG führt, besser gestellt.

5. Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Kurz vor der Nationalratswahl 2017 ermöglichte das nach Auflösung der damaligen Regierungskoalition entfesselte „freie Spiel der Kräfte“ im Nationalrat mit der Abschaffung der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe die Umsetzung eines alten frauenpolitischen Anliegens, das bereits 20 Jahre zuvor zu den zentralen Forderungen des ersten Frauenvolksbegehrens gehört hatte. Die Berücksichtigung des Partnereinkommens hatte vor der am 1.7.2018 in Kraft getretenen Gesetzesänderung in vielen – mehrheitlich Frauen betreffenden – Fällen dazu geführt, dass nach Ausschöpfung des Arbeitslosengeldanspruchs nur ein sehr niedriger Notstandshilfebezug gebührte bzw überhaupt keine Geldleistung, sondern nur noch ein Anspruch auf KV und PV zustand.

Nach aktueller Rechtslage ist das Vorliegen der gem § 33 Abs 2 AlVG für den Notstandshilfebezug erforderlichen Voraussetzung einer Notlage nur mehr anhand des Einkommens der arbeitslosen Person selbst zu prüfen. Gem § 79 Abs 161 AlVG gelten die neuen Regelungen für Zeiträume nach dem 30.6.2018. Für Personen, die zu diesem Stichtag bereits Notstandshilfe bezogen haben, war die Leistung gem § 24 Abs 1 Satz 1 iVm § 38 AlVG ab dem 1.7.2018 amtswegig neu zu bemessen; Personen, die zuvor aufgrund der Anrechnung des Partnereinkommens lediglich einen Anspruch auf KV und PV gem § 34 AlVG hatten, waren nach § 81 Abs 14 AlVG amtswegig auf Notstandshilfe umzustellen.

Im vorliegenden Erk hatte der OGH die Frage zu beantworten, ob die Verpflichtung zur Neubemessung unter Außerachtlassung des Partnereinkommens auch für einen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bereits laufenden Krankengeldanspruch besteht. Der OGH hat dies im vorliegenden Urteil sowie in zwei weiteren Entscheidungen (OGH 24.6.2020, 10 ObS 77/20a; OGH 1.9.2020, 10 ObS 106/20s) verneint und dabei mit relativ knapper Begründung auch die von den Kl geltend gemachten Bedenken an der Verfassungskonformität der damit verbundenen Schlechterstellung von vorübergehend arbeitsunfähigen 226 NotstandshilfebezieherInnen zurückgewiesen. Die von der Rezensentin geteilten Zweifel an der Sachlichkeit einer solchen Regelung lassen sich durch die vom OGH genannten Argumente jedoch nicht gänzlich beseitigen.

2.
Zur Höhe des Krankengeldes im Notstandshilfebezug

NotstandshilfebezieherInnen sind gem § 40 Abs 1 AlVG bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert und können somit wie andere Versicherte Sach- und Geldleistungen aus der KV in Anspruch nehmen. Während sich der Anspruch auf Sachleistungen ganz nach den entsprechenden Regelungen des ASVG richtet (vgl Auer-Mayer in AlV-Komm, [71. Lfg], § 40 AlVG Rz 8), sieht § 41 AlVG ua für das Krankengeld Sonderregelungen vor. Diese beziehen sich auf die Höhe des Leistungsanspruchs und gehen den Bestimmungen des ASVG zu Bemessungsgrundlage und Höhe des Krankengeldes (§§ 125, 141 ASVG) vor. Während der Krankengeldanspruch nach dem ASVG iHv 50 % bzw (ab dem 43. Tag der Erkrankung) iHv 60 % des Bruttoentgelts jenes Kalendermonats zusteht, das dem Ende des vollen Entgeltanspruchs vorangegangen ist, gebührt Krankengeld nach § 41 Abs 1 AlVG jeweils in Höhe des Letztbezugs aus der AlV. Neben dem Grundbetrag iSd § 21 AlVG sind für das Krankengeld somit auch ein allfälliger Ergänzungsbetrag gem § 21 Abs 4 AlVG und/oder Familienzuschläge iSd § 20 Abs 2-5 AlVG zu berücksichtigen; lediglich ein zuvor ausbezahlter Zusatzbetrag, der (nur) für die Dauer der Teilnahme an Schulungs- oder Wiedereingliederungsmaßnahmen gebührt (§ 20 Abs 6 AlVG), bleibt gem § 41 Abs 1 AlVG außer Betracht.

An der Höhe des Krankengeldes ändert sich aufgrund der Anknüpfung an den Letztbezug aus der AlV auch dann nichts, wenn es während des Krankengeldbezugs zu Änderungen der Familien- oder Einkommenssituation kommt, die sich an sich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes bzw der Notstandshilfe auswirken würden. Solche Änderungen sind erst bei einem Fortbezug der Grundleistung nach Ende des Krankengeldbezuges zu berücksichtigen (Auer-Mayer in Pfeil [Hrsg], Der AlV-Komm § 41 AlVG Rz 3; Gerhartl, AlVG [2008] § 41 Rz 2; Sdoutz/Zechner, AlVG [17. Lfg], § 41 AlVG Rz 767). Im vorliegenden Fall war die Frage zu klären, ob dasselbe auch für eine gesetzliche Änderung während des Krankengeldbezugs gilt, die im Falle des Weiterlaufens der Grundleistung, also ohne Erkrankung, zu einer Änderung der Leistungshöhe geführt hätte.

3.
(Keine) Auswirkungen der AlVG-Novelle auf laufende Krankengeldansprüche?

Im Jahr 1993 hatte sich der OGH mit der auf ersten Blick ähnlichen Frage auseinanderzusetzen, wie sich eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen zur Bemessungsgrundlage für das Krankengeld auf laufende Krankengeldansprüche auswirkt, wenn nicht ausdrücklich eine Rückwirkung der Neuregelung angeordnet ist (OGH10 ObS 151/93

[Mazal]). Überzeugend kam das Höchstgericht hier – unter Hinweis auf die Rechtsfolgen neuer Gesetze für Dauersachverhalte – zum Ergebnis, dass sich die Höhe des Krankengeldes ab dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung nach der neuen Rechtslage zu richten hat, und zwar auch dann, wenn der Versicherungsfall bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten ist.

Die Situation ist nun allerdings im vorliegenden Fall, worauf der OGH zutreffend hinweist, insofern anders gelagert, als die Sonderregelung des AlVG zum Krankengeldanspruch durch die Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157 gar keine Änderung erfahren hat. § 41 Abs 1 AlVG sieht nach wie vor ein Anknüpfen an den letzten Leistungsbezug vor und nimmt davon auch jene Personen nicht explizit aus, deren Letztbezug noch unter Anrechnung des Partnereinkommens bemessen worden ist. Die generelle Verpflichtung zur Neubemessung bei Änderung einer für das Leistungsausmaß maßgeblichen Voraussetzung gem § 24 Abs 1 AlVG bezieht sich wiederum nur auf das Arbeitslosengeld bzw iVm § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe. Eine Übergangsregelung, die auch eine sofortige Neuberechnung des Krankengeldes unter Außerachtlassung eines allfälligen Partnereinkommens vorsieht, sucht man in der Novelle vergebens.

Als Indiz, dass die Neubemessung laufender Krankengeldbezüge vom Gesetzgeber nicht intendiert war, wertet der OGH auch die Übergangsvorschrift des § 81 Abs 14 AlVG. Dieser Regelung zufolge sind zwar jene Arbeitslosen, denen zuvor wegen eines zu hohen Partnereinkommens überhaupt keine Notstandshilfe zustand, amtswegig auf die nach den neuen Regelungen berechnete Notstandshilfe umzustellen; bei einem Ruhen des Notstandshilfeanspruchs am Stichtag 1.7.2018 ist die Umstellung jedoch gem Sat 2 erst nach Wegfall des Ruhensgrundes vorzunehmen. Dies scheint neben dem unveränderten Wortlaut des § 41 AlVG tatsächlich für das Auslegungsergebnis des OGH zu sprechen: Zwar gehört der Kl, der nach alter Rechtslage sehr wohl einen – wenngleich aufgrund des Partnereinkommens stark reduzierten – Notstandshilfeanspruch hatte, nicht zu den unmittelbaren Adressaten der Übergangsvorschrift. Wenn die verbesserte Rechtslage aber schon bei den von den bisherigen Anrechnungsregelungen am stärksten betroffenen Personen erst nach Wegfall des Ruhensgrundes zur Anwendung gelangen soll, so muss dies kraft eines Größenschlusses wohl umso mehr für jene Arbeitslosen gelten, bei denen es zuvor nicht zu einem völligen Entfall, sondern lediglich zu einer Minderung des Notstandshilfeanspruchs gekommen ist.

Dass dieses Resultat für die betroffenen KrankengeldbezieherInnen alles andere als erfreulich und auch inhaltlich wohl nur schwer nachvollziehbar ist, liegt auf der Hand. Besonders unverständlich musste das Ergebnis dem Kl erscheinen, der zum Stichtag noch Rehabilitationsgeld (in deutlich höherem Ausmaß) bezog und dessen neuerlicher Krankengeldbezug erst einen Monat nach dem Wirksamwerden der Abschaffung der Partnerein- 227 kommensanrechnung begann, ohne dass sich die verbesserte Rechtslage auch auf seinen Anspruch ausgewirkt hätte.

Zu hinterfragen ist nun allerdings zunächst, ob das vom OGH erzielte Auslegungsergebnis wirklich so alternativlos ist, wie es zunächst den Anschein hat. Bei näherer Betrachtung tauchen nämlich Zweifel auf, ob der Gesetzgeber das verspätete Wirksamwerden der neuen Rechtslage für KrankengeldbezieherInnen tatsächlich beabsichtigt hat. Auffällig ist, dass in der Übergangsregelung des § 81 Abs 14 AlVG nicht zwischen verschiedenen Ruhensgründen unterschieden wird. Uneingeschränkt nachvollziehbar ist der Aufschub der Umstellung auf die neuen Berechnungsregelungen in jenen Fällen, in denen entweder während des Ruhens gar kein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch zusteht (zB Ruhen wegen Auslandsaufenthalts [§ 16 Abs 1 lit g AlVG], bei Aufenthalt in einer Heil- oder Pflegeanstalt [§ 16 Abs 1 lit c AlVG], oder während des Zeitraumes, in dem eine Kündigungsentschädigung/ Urlaubsersatzleistung gebührt [§ 16 Abs 1 lit k und l AlVG]), oder in denen das Ruhen zwar der Vermeidung einer Doppelversorgung der betroffenen Person mit Sozialversicherungsansprüchen dient, in denen die dem Krankengeld vorgehende Sozialleistung aber völlig anderen Bemessungslogiken folgt als die Notstandshilfe (zB Ruhen während des Bezuges von Rehabilitationsgeld, § 16 Abs 1 lit o AlVG). In all diesen Fällen stellt die spätere Umstellung eine aus verwaltungsökonomischer Perspektive höchst sinnvolle Maßnahme dar, ohne dass sich daraus Nachteile für die betroffene Person ergeben würden. Anders gestaltet sich die Lage nur in jenen (wenigen) Ruhensfällen, in denen die das Ruhen auslösende Sozialversicherungsleistung unmittelbar an die Höhe des Letztbezugs aus der AlV anknüpft. Das Krankengeld erweist sich dabei als besonders problematisch, weil hier – anders als etwa beim Weiterbildungsgeld (§ 26 Abs 1 AlVG) oder beim Umschulungsgeld (§ 39b Abs 4 AlVG) – auch keine verbindliche Untergrenze für den Leistungsanspruch vorgesehen ist.

Es erscheint nun angesichts des stark verkürzten parlamentarischen Verfahrens – die AlVG-Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157wurde ohne Begutachtungsverfahren im Wege eines Abänderungsantrags im Nationalrat eingebracht und in derselben Sitzung beschlossen – keineswegs ausgeschlossen, dass dem Gesetzgeber diese Unterschiede und die Notwendigkeit einer differenzierenden Vorgangsweise nicht ausreichend bewusst waren. Es ist also maW durchaus das Vorliegen einer planwidrigen Lücke und damit ein anderes Auslegungsergebnis argumentierbar. Teilt man die Zweifel des Kl an der Sachlichkeit einer unterschiedlichen Behandlung von arbeitsfähigen und vorübergehend nicht arbeitsfähigen NotstandshilfebezieherInnen, so wäre dieser Interpretation iSe verfassungskonformen Auslegung der Neuregelung wohl klar der Vorzug zu geben. Der OGH sieht jedoch sein Auslegungsergebnis als mit dem Gleichheitssatz kompatibel an, sodass sich für ihn die Frage einer einschränkenden Interpretation des § 81 Abs 14 zweiter Satz AlVG gar nicht stellt.

4.
Keine Gleichheitswidrigkeit?

Für die in wenigen Sätzen vorgenommene Abweisung der verfassungsrechtlichen Bedenken des Kl greift der OGH auf zentrale Judikaturformeln des VfGH zum Gleichheitssatz zurück. Er verweist auf den großen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sowie auf die Legitimität der Zielsetzung, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen, und er unterstreicht die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von zeitlichen Differenzierungen durch Stichtagsregelungen, die schon grundsätzlich nicht gegen das Gleichheitsgebot verstoßen würden. Letzteres Argument geht jedoch am Vorbringen des Kl vorbei: Dieser stellt ja nicht die Verfassungskonformität der Stichtagsregelung in den §§ 80 Abs 16 und 81 Abs 14 AlVG, sondern vielmehr die Zulässigkeit einer Ungleichbehandlung von verschiedenen Arbeitslosengruppen zum selben Stichtag in Frage. Es geht also letztlich um die Frage, ob die unterschiedliche rechtliche Behandlung von arbeitsfähigen und vorübergehend arbeitsunfähigen Arbeitslosen in Bezug auf die Partnereinkommensanrechnung zum Stichtag 1.7.2018 durch wesentliche Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt ist.

Unterschiedliche Eigenschaften der beiden Vergleichsgruppen werden die Differenzen in der Relevanz des Partnereinkommens bei der Leistungsbemessung wohl kaum rechtfertigen können. So ist insb hervorzuheben, dass NotstandshilfebezieherInnen für die Dauer des Ruhens weiterhin der Vermittlung durch das AMS zur Verfügung stehen müssen und das Vorliegen eines Ruhensgrundes nach der Rsp des VwGH auch einer Sanktion gem § 10 AlVG nicht grundsätzlich entgegensteht (vgl VwGH 24.11.1992, 92/08/0132; siehe auch mwN Auer-Mayer in Pfeil [Hrsg], Der AlV-Komm § 16 Rz 6).

Allerdings können nach der VfGH-Judikatur zum Gleichheitssatz nicht nur wesentliche Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Der VfGH anerkennt in seiner Judikatur einen weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ua dahingehend, dass dieser nicht gehalten ist, verschiedene Rechtsinstitute gleichartig zu regeln, wenn die unterschiedlichen Ordnungssysteme für sich genommen gleichheitskonform ausgestaltet sind (vgl mwN Grabenwarter/Frank, B-VG [Stand 20.6.2020] Art 7 Rz 18; Pöschl in Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hrsg], Handbuch der Grundrechte2 [2014] § 14 Rz 51 f). Man könnte idS argumentieren, dass es dem Krankengeld wesensimmanent ist, dass für seine Bemessung auf in der Vergangenheit liegende Bemessungsgrundlagen zurückgegriffen wird. Allerdings ist auch dieses Prinzip teilweise durchbrochen – so sind etwa Lohn- und Gehaltserhöhungen aufgrund von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung gem § 125 Abs 1 letzter Satz ASVG bei der Bemessungsgrundlage des Krankengeldes sehr wohl zu berücksichtigen. Darüber hinaus wäre zu hinterfragen, ob nicht die enge gesetzliche Verwobenheit von Notstandshilfe und Krankengeld – Leist ungsbezieherInnen aus der AlV unterliegen eigenen Sonderregelungen betreffend 228 Kranken- und Wochengeld, bei denen die Besonderheiten der Notstandshilfe unmittelbar auf die Geldleistungen aus der KV durchschlagen – gegen eine trennscharfe Abgrenzbarkeit dieser „Ordnungssysteme“ spricht.

Wenig geeignet zur Untermauerung der Verfassungskonformität einer Differenzierung zwischen Notstandshilfe- und KrankengeldbezieherInnen bei der Abschaffung der Einkommensanrechnung ist mE der Hinweis auf die Praktikabilität der Regelungen. Richtig ist, dass der VfGH die Schaffung einfacher und leicht handhabbarer Regelungen grundsätzlich als zulässige Zielsetzung des Gesetzgebers anerkennt, die – innerhalb gewisser Grenzen – auch eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann (vgl zuletzt etwa VfGH 24.11.2020, G 273/2020; VfGHG 189/2018 VfSlg 20.278; VfGH 4.12.2017, G 125/2017). Der Gesetzgeber darf von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen, das Auftreten einzelner Härtefälle zieht nach der Rsp des VfGH nicht zwingend die Unsachlichkeit der Regelung nach sich (vgl mwN Grabenwarter/Frank, B-VG, Art 7 Rz 7; Muzak, B-VG, Art 2 StGG Rz 24; Pöschl in Handbuch Grundrechte2 § 14 Rz 46 ff). Das Aufschieben der Leistungsneubemessung nach der neuen, günstigeren Rechtslage für die am Stichtag 1.7.2018 vorübergehend arbeitsunfähigen NotstandshilfebezieherInnen führt nun aber nicht nur in vereinzelten, atypisch auftretenden Fällen zu Nachteilen. Vielmehr ist jede/r einzelne NotstandshilfebezieherIn, dessen/deren Leistungsanspruch nach alter Rechtslage aufgrund des Partnereinkommens gekürzt wurde und zum Stichtag 1.7.2018 wegen des Bezuges von Krankengeld ruhte, gegenüber vergleichbaren arbeitsfähigen Personen mit aktivem Notstandshilfebezug schlechter gestellt; lediglich das Ausmaß der (negativen) Betroffenheit unterscheidet sich von Fall zu Fall. Echte Härtefälle werden vor allem in jenen Konstellationen auftauchen, in denen der Letztbezug aus der AlV aufgrund des Partnereinkommens stark vermindert war oder ganz entfallen ist und gleichzeitig der Krankengeldbezug über den 1.7.2018 hinaus noch längere Zeit angedauert hat. Dass dies tatsächlich nur vereinzelt vorgekommen ist, erscheint angesichts der in den Materialien zur Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157 genannten Zahlen – 2014 führte die Partnereinkommensanrechnung allein in mehr als 16.000 Fällen zu einem gänzlichen Entfall des Notstandshilfeanspruchs (vgl AB 9909 BlgNR 25. GP) – eher zweifelhaft. Vor allem aber bleibt selbst bei einer Durchschnittsbetrachtung die systematische Schlechterstellung von vorübergehend arbeitsunfähigen NotstandshilfebezieherInnen bestehen.

Darüber hinaus lässt der VfGH die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung unter Hinweis auf die Praktikabilität der Regelung auch nicht uneingeschränkt zu; sie findet dort ihre Grenze, wo den gegen die Regelung sprechenden Überlegungen größeres Gewicht beizumessen ist als den verwaltungsökonomischen Erwägungen (vgl zuletzt etwa VfGHG 54/06 ua VfSlg 18.093; VfGHG 26/00 VfSlg 15.819). Im Rahmen dieser Abwägung wäre mE auch zu berücksichtigen, dass Arbeitslose mit Langzeitkrankenständen wohl am intensivsten von den negativen Auswirkungen betroffen waren, da in diesen Fällen die Anrechnung des Partnereinkommens noch besonders lange nachwirkte. Dabei wird es sich in vielen Fällen um Menschen mit chronischen Erkrankungen handeln, die den Behinderungsbegriff des § 3 BEinstG erfüllen (zum Verhältnis von Behinderung und Krankheit vgl zuletzt ausführlich Auer-Mayer, Behinderung und Arbeitsrecht, DRdA 2018, 183 [185 f]; Windisch-Graetz, Doppelgleisiger Rechtsschutz für Menschen mit Behinderung, ZAS 2018/23, 150 [152 ff]). Somit steht das Problem einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund einer Behinderung im Raum. Die Benachteiligung behinderter Menschen wird dem Gesetzgeber jedoch in Art 7 Abs 1 dritter Satz B-VG ausdrücklich verboten. Dieses neben den allgemeinen Gleichheitssatz tretende spezifische Diskriminierungsverbot führt zu einem besonders starken Rechtfertigungsdruck für staatliche Regelungen, die – unmittelbar oder auch nur mittelbar – zu einer Benachteiligung behinderter Menschen führen (vgl zuletzt etwa VfGHG 133/2018 VfSlg 20.282; VfGHG 106/12 VfSlg 19.732); sie sind nur dann verfassungskonform, wenn sie zur Erreichung eines gewichtigen Zieles geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig sind (Pöschl in Handbuch Grundrechte2 § 14 Rz 116). Ob bloße budgetäre bzw verwaltungsökonomische Erwägungen für eine Rechtfertigung ausreichen, erscheint mehr als fraglich.

Nicht zu folgen ist dem OGH schließlich insoweit, als dieser am Ende der Entscheidungsbegründung darauf hinweist, dass der Standpunkt des Kl zu einer unsachlichen Besserstellung gegenüber jenen KrankengeldbezieherInnen führen würde, bei denen andere Änderungen der familiären oder der Einkommensverhältnisse während des Krankengeldbezuges keine Neubemessung des Krankengeldes auslösen. Das könnte dahingehend verstanden werden, dass der OGH die Differenzierung zwischen Notstandshilfe- und KrankengeldbezieherInnen im gegebenen Zusammenhang nicht nur für verfassungsrechtlich zulässig, sondern sogar für verfassungsrechtlich geboten ansieht. Eine unsachliche Besserstellung würde aber nur dann vorliegen, wenn es sich bei gesetzlichen Änderungen auf der einen und Änderungen in den persönlichen Lebensumständen der LeistungsbezieherInnen auf der anderen Seite um wesensmäßig gleichartige Sachverhalte handeln würde, deren ungleiche Behandlung der Gleichheitssatz verhindern soll. Dies ist nicht der Fall. An der Vergleichbarkeit fehlt es schon alleine deshalb, weil sich faktische Änderungen der Einkommens- oder Familiensituation, anders als die gesetzliche Abschaffung der Partnereinkommensanrechnung bei der Notstandshilfe, grundsätzlich in beide Richtungen auswirken können: Sie können in manchen Fällen zu einer Erhöhung, in anderen aber auch zu einer Verringerung des zustehenden Leistungsanspruchs führen. Insofern ist hier eine pauschalierende und den Verwaltungsaufwand reduzierende Regelung leichter zu rechtfertigen als bei einer Ungleichbehandlung, die sich stets zum Nachteil der LeistungsbezieherInnen auswirkt. Zum anderen spricht mit der grundsätzlichen 229 Zulässigkeit von gesetzlichen Stichtagsregelungen auch ein vom OGH gegen den Standpunkt des Kl in Stellung gebrachtes Argument gegen die Vergleichbarkeit. Eine Anpassung von zum Stichtag 1.7.2018 bereits laufenden Krankengeldbezügen wäre also, wenn schon nicht verfassungsrechtlich geboten, so jedenfalls verfassungsrechtlich zulässig gewesen.

5.
Praktische Relevanz der Entscheidung

Die über den Anlassfall hinausgehende Relevanz des vorliegenden Urteils erscheint auf den ersten Blick nicht besonders groß: Es betrifft unmittelbar nur jene NotstandshilfebezieherInnen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl I 2017/157BGBl I 2017/157 bereits im Krankengeldbezug standen; diese Personen werden wohl mittlerweile mehrheitlich entweder nach dem Ende des Krankengeldbezugs ins neue Berechnungsregime gewechselt oder aber mangels Arbeitsfähigkeit aus der AlV ausgeschieden sein. Der vom Kl aufgeworfenen Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Ungleichbehandlung von arbeitsfähigen und vorübergehend nicht arbeitsfähigen BezieherInnen von Leistungen aus der AlV kommt aber dennoch größere Bedeutung zu, da sie sich bei zukünftigen Änderungen erneut stellen kann. Insofern wäre eine etwas eingehendere Befassung mit den verfassungsrechtlichen Bedenken des Kl sehr wünschenswert gewesen.

Dass die Politik arbeitslose Personen im Krankengeldbezug bei Änderungen des AlVG nicht immer ausreichend im Blickfeld hat, zeigte sich zuletzt darin, dass diese Personengruppe auch beim ersten „Corona-Zuschuss“ zum Arbeitslosengeld bzw zur Notstandshilfe (§ 66 Abs 1 AlVG) „vergessen“ wurde; nach Intervention der Volksanwaltschaft wurde diese Lücke bei der Einmalzahlung für die Herbstmonate des Jahres 2020 geschlossen (vgl § 66 Abs 2 iVm § 41 Abs 5 AlVG). Verpflichtet wäre der Gesetzgeber dazu nach den Wertungen des vorliegenden Urteils nicht gewesen. Es gibt gute Gründe, diese Ansicht infrage zu stellen.