21Spielen im Pensionskonto Zeiträume eine Rolle?
Spielen im Pensionskonto Zeiträume eine Rolle?
Die Pensionsberechnung im Pensionskonto stellt im Gegensatz zu einem Bemessungsgrundlagensystem weder zur Ermittlung eines Steigerungsprozentsatzes noch einer Bemessungsgrundlage auf Versicherungszeiten ab, auch deren zeitliche Lagerung spielt keine Rolle für die Pensionshöhe. Die Pension wird im Pensionskonto nach dem Bausteinprinzip aufgebaut. Der Versicherte bekommt für jedes Jahr Teilgutschriften, die zu einer Gesamtgutschrift addiert werden.
Gem Art 52 Abs 5 VO 883/2004 ist die anteilige Berechnung der Alterspension nicht auf Systeme wie das Pensionskonto anwendbar, bei denen Zeiträume für die Berechnung keine Rolle spielen, sofern die Systeme in Anhang VIII Teil 2 zur VO 883/2004 genannt sind. Für die Berechnung der Alterspension (Korridorpension) nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG) sind daher solche Versicherungszeiten (weniger als zwölf Monate) in einem anderen Mitgliedstaat nicht zu berücksichtigen.
Das Primärrecht der Union gibt nicht vor, dass Versicherungszeiten aus anderen Mitgliedstaaten zur Wahrung der AN-Freizügigkeit auch zum Zweck der Berechnung der Leistung zu übernehmen sind. Eine Übernahme fremder Versicherungslasten erfolgt nur in den von der VO 883/2004 normierten Ausnahmefällen. Es besteht daher keine Veranlassung zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Klärung der Frage, ob die Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 durch Österreich unionsrechtswidrig erfolgte.
Strittig ist die Rechtsfrage, ob 11 Monate an Pflichtversicherungszeiten, die der im November 1956 geborene Kl in Deutschland erworben hat, im Rahmen der in Österreich mit 1.12.2018 zuerkannten Korridorpension zu berücksichtigen sind.
Mit Bescheid vom 14.12.2018 sprach die bekl Pensionsversicherungsanstalt (PVA) dem Kl eine Korridorpension ab 1.12.2018 in Höhe von monatlich € 2.629,24 zu. Die in Deutschland vom Kl erworbenen Versicherungszeiten wurden bei der Berechnung der Pension nicht berücksichtigt.
Mit seiner Klage begehrt der Kl die Zuerkennung einer Korridorpension im gesetzlichen Ausmaß. Österreich müsse die deutschen Versicherungszeiten des Kl nach den Art 52, 57 der VO (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (in der Folge: VO 883/2004) bei der Pensionsberechnung berücksichtigen, weil es sich bei der Korridorpension um eine Alterspension handle. Gerade weil der Kl auch in Deutschland Versicherungsmonate erworben habe, sei die Pension des Kl nicht bloß auf Grundlage eines Pensionskontos nach dem APG zu berechnen.
Die Bekl wandte dagegen ein, dass Zeiträume für die Berechnung der Alterspension nach dem APG keine Rolle spielen. Die Alterspension nach APG werde auch im Anhang VIII Teil 2 zur VO 883/2004 genannt. Die Regelungen des Art 52 VO 883/2004 über die anteilige Berechnung der Pension kämen daher gem Art 52 Abs 5 VO 883/2004 nicht zur Anwendung. Die vom Kl in Deutschland erworbenen 11 Beitragsmonate seien daher bei der Berechnung seiner Pension nicht zu übernehmen.
Das Erstgericht sprach dem Kl die Korridorpension in Höhe von € 2.629,24 monatlich zu und wies das Mehrbegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nicht Folge. Es teilte ebenso wie das Erstgericht 230 den Standpunkt der bekl PVA. Die Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass eine Rsp zur Frage fehle, ob die VO 883/2004 in einem APG-Pensionsfall eine Einbeziehung ausländischer Versicherungszeiten in die Berechnung der Pension fordere.
Die Revision ist zum Zweck der Klärung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt. In der Revision macht der Kl ausschließlich geltend, dass auch das APG ein System sei, bei dem Zeiträume für die Berechnung der Leistung eine Rolle spielen. Die Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 durch Österreich sei daher unionsrechtswidrig und verstoße auch gegen den verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz sowie den Vertrauensgrundsatz.
Dem ist entgegenzuhalten:
1. Österreichisches Recht
1.1 Die Korridorpension ist eine Alterspension, deren Anspruch und Ausmaß das APG regelt. Sie ermöglicht einen vorzeitigen Pensionsantritt ab dem 62. Lebensjahr, wenn 40 Versicherungsjahre (480 Versicherungsmonate) vorliegen und der Versicherte am Stichtag keiner mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
1.2 Mit der Einführung des Pensionskontos (§§ 10 ff APG) wurde die Pensionsberechnung in der österreichischen gesetzlichen Altersversicherung grundlegend geändert. Die Pension wird nicht mehr wie im Altrecht am Ende einer Versicherungskarriere, am Pensionsstichtag, nach den dann erworbenen Versicherungszeiten und Ersatzzeiten, auf Basis einer Bemessungsgrundlage und von Steigerungsbeträgen und zu dem am Stichtag geltenden Recht berechnet (vgl §§ 238 ff ASVG), sondern entwickelt sich entlang des Versicherungsverlaufs in einem Pensionskonto parallel zu dieser Versicherungskarriere. Das Ausmaß der Alterspension ergibt sich [...] aus der bis zum Stichtag ermittelten Gesamtgutschrift geteilt durch 14.
1.3 Der Revisionswerber argumentiert, dass Zeiträume für die Berechnung der Pension eine Rolle spielten, weil die Summe der Beitragsgrundlagen [...] auch vom Ausmaß der Versicherungszeiten, nämlich deren Anzahl abhinge. [...] Sehr wohl würden daher Zeiträume für die Berechnung der Alterspension (Korridorpension) eine Rolle spielen. Dies trifft nicht zu:
1.4 Im Altrecht [...] erfolgte die Pensionsberechnung nach dem Bemessungsgrundlagensystem. Für die Pensionshöhe war ua die Anzahl der erworbenen Versicherungsmonate (Beitrags- und Ersatzmonate) und die Höhe der Bemessungsgrundlage maßgeblich. Für die Bildung der Pensionsbemessungsgrundlage kam es auf die zeitliche Lagerung der Versicherungszeiten an: [...] Die Pension war ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtbemessungsgrundlage. [...] Das Ausmaß der Pension war bei dieser Berechnung daher durch die Anzahl der Versicherungsmonate bestimmt [...].
1.5 Die Pensionsberechnung nach dem Pensionskonto stellt hingegen weder zur Ermittlung eines Steigerungsprozentsatzes noch einer Bemessungsgrundlage auf Versicherungszeiten ab, [...] auch deren zeitliche Lagerung spielt keine Rolle für die Pensionshöhe. Die Pension wird im Pensionskonto nach dem Bausteinprinzip aufgebaut: Der Versicherte bekommt für jedes Jahr Teilgutschriften ausgewiesen, die in der Folge zu einer Gesamtgutschrift addiert werden. Die Teilgutschrift beträgt 1,78 % der beitragspflichtigen Jahresbeitragsgrundlage, begrenzt mit der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage (dieser Prozentsatz resultiert aus der Formel, wonach im Alter von 65 Jahren nach 45 Versicherungsjahren ca 80 % des Durchschnittseinkommens als Pensionsleistung gebühren sollen). [...] Die Summe der Teilgutschriften, also die Gesamtgutschrift, wird am 1.1. eines jeden Jahres mit der Aufwertungszahl [...] multipliziert. [...] Die Höhe der Alterspension nach dem APG errechnet sich daher ausschließlich nach den eingezahlten Beiträgen und deren Aufwertung [...].
2. Unionsrecht
2.1 Der Kl hat Versicherungszeiten in Österreich und in Deutschland erworben. Er stützt seinen Anspruch auf die Berücksichtigung der in Deutschland erworbenen Zeiten und der diesen zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen bei dessen Berechnung. [...]
2.2 Die Koordinierung der Altersrenten regeln – neben den allgemeinen Bestimmungen der VO 883/2004 – die Art 50 ff VO 883/2004. [...] Im konkreten Fall ist jedoch Art 57 VO 883/2004 zu beachten, weil der Kl Versicherungszeiten in der Dauer von weniger als einem Jahr in Deutschland erworben hat. Art 57 Abs 2 VO 883/2004 sieht vor, dass solche Zeiten, wenn sie im Mitgliedstaat, in dem sie erbracht wurden, wie im vorliegenden Fall keinen Leistungsanspruch auslösen, zur Berechnung des theoretischen Betrags der Leistung [...] vom zuständigen Träger des betroffenen Mitgliedstaats (im vorliegenden Fall wäre das die Bekl) zu berücksichtigen sind.
2.3 Dazu haben bereits die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, dass weder Art 52 Abs 1 bis 3 VO 883/2004 noch Art 57 VO 883/2004 im vorliegenden Fall anwendbar sind. Dies ergibt sich aus Art 52 Abs 5 VO 883/2004, wonach die anteilige Berechnung der Alterspension gem Art 52 Abs 1 bis 3 VO 883/2004 nicht auf Systeme angewandt wird, bei denen Zeiträume für die Berechnung keine Rolle spielen, sofern diese Systeme in Anhang VIII Teil 2 zur VO 883/2004 genannt sind. [...]
2.4 Für die Berechnung der Alterspension (Korridorpension) nach dem APG spielen, wie ausgeführt, Zeiträume keine Rolle. Die Alterspensionen auf Grundlage eines Pensionskontos nach dem APG sind ausdrücklich im Anhang VIII Teil 2 VO 883/2004 genannt. Der Kl hat daher, wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten, Anspruch auf eine Korridorpension nach den österreichischen Rechtsvorschriften gem Art 52 Abs 5 letzter Satz VO 883/2004. Art 57 VO 883/2004 ist in seinem Fall nicht anwendbar.
3. Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 VO 883/2004 durch Österreich:
3.1 [...] Zur Herstellung der Freizügigkeit der AN normiert als eines von zwei Grundprinzipien Art 48 231 lit a AEUV die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen.
3.2 Art 48 AEUV bildet als Ermächtigungsnorm die Rechtsgrundlage für die Schaffung der VO 883/2004. Mit der VO 883/2004 wird jedoch kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit geschaffen. Sie lässt vielmehr unterschiedliche nationale Systeme bestehen und soll diese nur koordinieren, um die wirksame Ausübung der Freizügigkeit (Art 45 ff AEUV) sicherzustellen. [...]
3.3 Daraus folgt, dass einem Erwerbstätigen nicht garantiert ist, dass die Ausweitung seiner Tätigkeit auf mehr als einen Mitgliedstaat oder deren Verlagerung in einen anderen Mitgliedstaat hinsichtlich der sozialen Sicherheit neutral ist (EuGHC-134/18, Vester, Rn 32). Schon daher kann sich der Kl im hier eröffneten Anwendungsbereich des koordinierenden Rechts der sozialen Sicherheit der Europäischen Union nicht auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 20 GRC berufen. Denn die Situation des Kl ist mit der Situation einer durchgehend in Österreich versicherungspflichtig unselbständig erwerbstätigen Person in diesem Bereich nicht über die vom Primärrecht in Art 48 AEUV vorgegebenen Grundprinzipien der Koordinierung hinaus zu vergleichen (zur Prüfungsstruktur der allgemeinen Gleichheitsprüfung Köchle/Pavlidis in Holoubek/Lienbacher, GRC2 [2019] Art 20 Rz 22).
3.4 Gem Art 6 VO 883/2004 – der das dargestellte Grundprinzip des Art 48 lit a AEUV umsetzt – hat der Träger eines Mitgliedstaats die Zurücklegung von Versicherungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat im gegebenen Zusammenhang nur insofern zu berücksichtigen, als nach seinen eigenen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Anspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig sind. [...]
3.5 Die Zusammenrechnung von Zeiten aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten beschränkt sich daher bereits unionsrechtlich auf das „Ob“ eines Rentenanspruchs. Dagegen ist das Gebot der Zusammenrechnung auf den Leistungsumfang, das „Wie viel“ nicht zu erstrecken. [...] Eine Übernahme fremder Versicherungslasten aus in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten ist nur ausnahmsweise angeordnet (Art 44 Abs 2, 57 Abs 2 VO 883/2004; [...]).
3.6Zwischenergebnis: Das Primärrecht der Union gibt nicht vor, dass Versicherungszeiten aus anderen Mitgliedstaaten zur Wahrung der AN-Freizügigkeit auch zum Zweck der Berechnung der Leistung zu übernehmen sind. Eine Übernahme fremder Versicherungslasten erfolgt nur in den von der VO 883/2004 normierten Ausnahmefällen. Im Hinblick auf das dargestellte System der Berechnung der Alterspension nach dem APG und den klaren Wortlaut des Art 52 Abs 5 VO 883/2004 besteht daher keine Veranlassung zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung der Frage, ob die Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 durch Österreich unionsrechtskonform oder unionsrechtswidrig erfolgte.
4. Zur behaupteten Verletzung des unionsrechtlichen Vertrauensschutzes:
4.1Nach stRsp des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes Teil der Unionsrechtsordnung und muss von den Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Regelungen der Union beachtet werden [...]. Dieser Grundsatz lässt es nicht zu, dass einem Berechtigten durch eine Änderung der anwendbaren Regelung rückwirkend ein auf der Grundlage der früheren Regelung erworbenes Recht genommen wird [...]. Dementsprechend sind die Vorschriften des materiellen Unionsrechts so auszulegen, dass sie für vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossene Sachverhalte nur gelten, soweit aus ihrem Wortlaut, ihrer Zielsetzung oder ihrem Aufbau eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist [...].
4.2 Der vom Kl geltend gemachte Anspruch beruht nicht auf einer Änderung einer Rechtslage, die ihm ein auf Grundlage der früheren Rechtslage erworbenes Recht genommen hätte. Das APG bildet das Kernstück der Pensionsharmonisierung 2005 (Art 1 des Pensionsharmonisierungsgesetzes BGBl I 2004/142BGBl I 2004/142). Es trat am 1.1.2005 in Kraft (§ 16 Abs 1 APG) und gilt für Versicherte, die – wie der Kl – nach dem 31.12.1954 geboren wurden. Art 52 Abs 5 und Art 57 Abs 4 VO 883/2004 wurden mit der VO (EG) 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 geschaffen und traten am 31.10.2009 in Kraft. Erst nach diesem Zeitpunkt erwarb der Kl Versicherungszeiten in Deutschland. Die behauptete – und im Übrigen auch nicht weiter begründete – Verletzung des unionsrechtlichen Vertrauensschutzes durch die Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 liegt nicht vor.
5. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit:
5.1Der Kl macht geltend, dass die Aufnahme der Alterspension nach dem APG in Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz und den daraus resultierenden Vertrauensschutz verstoße. [...]
5.2Der Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 ist Teil des sekundären Unionsrechts, das in Österreich geltendes Recht, aber nicht Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung ist. Aus diesem Grund kann sekundäres Gemeinschaftsrecht nicht Gegenstand einer verfassungsrechtlichen Normenkontrolle sein. [...] Es fehlt daher an einer Grundlage für die vom Kl behauptete „Verfassungswidrigkeit“ einer Norm des sekundären Unionsrechts. Die Verfassungswidrigkeit einer österreichischen Norm macht der Kl nicht geltend.
6. Für den vorliegenden Sachverhalt folgt daraus: erworben,
6.1 Die Bekl hat die Höhe der dem Kl gebührenden Korridorpension zutreffend nach österreichischem Recht errechnet. Die für den Anspruch auf Korridorpension erforderlichen Versicherungszeiten hat der Kl bereits in Österreich erworben, 232 sodass eine gem Art 6 VO 883/2004 vorgesehene Zusammenrechnung von Versicherungszeiten auch aus anderen Mitgliedstaaten für das Entstehen des Anspruchs nicht erforderlich ist.
6.2 Eine Übernahme der Versicherungslast für die die Dauer von einem Jahr nicht erreichenden deutschen Versicherungszeiten gem Art 57 Abs 2 VO 883/2004 hat im vorliegenden Fall nicht zu erfolgen, weil die Korridorpension als Alterspension nach APG im Anhang VIII Teil 2 zur VO 883/2004 genannt ist, sodass Art 57 VO 883/2004 gem seinem Abs 4 nicht anwendbar ist.
6.3 Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
Art 57 VO 883/2004 sieht Sonderregelungen vor, wenn in einem Mitgliedstaat weniger als zwölf Versicherungsmonate erworben werden. Es sollen Mini-Teilpensionen, für deren Administration die Verwaltungskosten mitunter höher sind als der Pensionswert, vermieden werden. Also immer dann, wenn in einem Mitgliedstaat weniger als zwölf Versicherungsmonate erworben werden und kein autonomer Anspruch entsteht, sind diese vom zuständigen Staat zu berücksichtigen. Aber auch das gilt nicht, wenn das Pensionssystem des zuständigen Staates auf Kapitaldeckung beruht, bei dem Zeiträume für die Berechnung der Leistung keine Rolle spielen und die im Anhang VIII Teil 2 angeführt sind (vgl Janda in Fuchs, EuSozR, Art 57 Rn 9-14).
Der Kl hat elf Versicherungsmonate in Deutschland erworben. Konform mit Art 57 Abs 1 hat Deutschland von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kleinstrenten für derart geringfügige Zeiträume nicht abzugelten. Für solche Fälle sieht Art 57 Abs 2 vor, dass der zuständige Staat – in diesem Fall Österreich – diese elf Monate leistungsrechtlich wie eigene Zeiten übernimmt (vgl Janda in Fuchs, EuSozR, Art 57 Rn 1). Das Pensionskonto ist jedoch im Anhang VIII Teil 2 als „System, bei dem Zeiträume für die Berechnung keine Rolle spielen“ angeführt. Der Kl erhält die elf Monate also weder von Deutschland noch von Österreich abgegolten. Im umgekehrten Fall, wenn also ein in Deutschland Leistungsberechtigter elf Monate in Österreich erworben hätte, würden diese von Österreich im Pensionskonto abgegolten.
Die Eintragung in den Anhang VIII hat den positiven Effekt, dass Österreich auch bei unterjährigen (weniger als zwölf Monate) österreichischen Zeiten eine Leistung erbringen muss, anders als im ASVG. Der negative Effekt ist, dass Österreich keine unterjährigen Zeiten aus anderen Mitgliedstaaten ins APG übernimmt. Das Problem, dass Zeiten untergehen, kann also nur auftreten, wenn ein System, das in den Anhang VIII eingetragen ist, auf ein System trifft, das nicht eingetragen ist, wie es bei Österreich und Deutschland der Fall ist. Wäre das APG-System aus dem Anhang VIII herausgenommen, würden – wie im ASVG – unterjährige deutsche Zeiten von Österreich und unterjährige österreichische Zeiten von Deutschland berücksichtigt.
Der OGH vertritt die Meinung, dass solche Situationen nicht dem Primärrecht widersprechen. Jeder Staat hat die Kompetenz zur Ausgestaltung seines nationalen Systems und nicht jeder Verlust beim Zusammentreffen zweier nationaler Systeme ist deshalb ein Verstoß gegen das Unionsrecht. Der OGH hat das Pensionskonto als System eingeordnet, „in dem Zeiträume keine Rolle spielen“. Andernfalls hätte er ein Vorabentscheidungsverfahren zur Frage eingeleitet, ob die Aufnahme des Pensionskontos in den Anhang VIII rechtmäßig erfolgt ist.
Damit sind wir bei der Kernfrage angelangt. Ist das Pensionskonto ein derartiges System? Bevor wir uns der Frage widmen, sind die „Zeiten“, um die es geht, näher einzugrenzen. Art 57 Abs 2 verweist auf Art 52 Abs 1 lit b Z i, demnach muss es sich um ein Pensionssystem handeln, in dem die zu übernehmenden Zeiten wie eigene Zeiten fiktiv berücksichtigt und proratisiert werden können. Könnten im Pensionskonto die elf deutschen Monate überhaupt dazugezählt werden, um eine fiktive Gesamtpension und dann in der Folge den Anteil für die elf Monate an dieser Gesamtleistung zu berechnen? Oder wäre eine Übernahme von Zeiten zur fiktiven Berechnung einer Gesamtleistung im Konto gar nicht möglich? Einleitend sei auch nochmals festgehalten, dass das Bemessungsgrundlagensystem gem § 238 ASVG prototypisch als System gilt, bei dem Zeiträume eine Rolle spielen.
In der E werden sehr breit die Unterschiede zwischen dem „Pensionskonto“ und einem Bemessungsgrundlagensystem erörtert, um die „Nichtzeitabhängigkeit“ des Kontos zu untermauern. Dabei wird ausführlich auf Literatur zum Pensionskonto verwiesen, in der der OGH durchwegs vermeint, eine Bestätigung dafür zu finden, dass „Zeiträume“ im Pensionskonto keine Rolle spielten. Die Argumentation bleibt jedoch vage. Die zitierten Argumente sind eher Behauptungen als schlüssige Analysen, manches ist auch unrichtig. So wenn zB in Pkt 1.2. behauptet wird, die „Pension wird nicht mehr wie im Altrecht zu dem am Stichtag geltenden Recht berechnet“, sondern entwickelt sich entlang des Versicherungsverlaufs. Das ist einfach falsch, auch im APG wird gem § 5 APG das Ausmaß der Bruttoleistung am Stichtag ermittelt, zu dem Recht, das dann gilt. Die Teilgutschriften und die Gesamtgutschrift erhöhen zwar den Vertrauensschutz, aber welche Eingriffe in das Pensionskonto im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegen, ist doch völlig offen. Alle Versuche, die Parameter der Kontoberechnung mit einer Verfassungsbestimmung abzusichern, sind bislang gescheitert. Die 233 Kontoführung dient der Transparenz und erhöht den Vertrauensschutz, schafft aber keine abgesicherten Pensionsansprüche.
Explizit unrichtig ist auch, wenn in Pkt 1.5. behauptet wird, die „Höhe der Alterspension nach dem APG errechnet sich daher ausschließlich nach den eingezahlten Beiträgen und deren Aufwertung [...]“. Das stimmt mehrfach nicht. Auch im Pensionskonto geht es immer nur um Beitragsgrundlagen und nicht um Beiträge (§ 11 APG). Zudem können außerhalb der Kontologik besondere Steigerungsbeträge aus einer Höherversicherung (§ 248 ff ASVG) berücksichtigt (§ 5 Abs 1 APG) oder Abschläge für einen vorzeitigen Pensionsantritt abgezogen (§ 5 Abs 2 APG) werden.
Das Pensionskonto ist ein leistungsdefiniertes System mit einer klaren Leistungszusage, die in der Formel, dass zum 65. Lebensjahr nach 45 Beitragsjahren 80 % des lebensdurchgerechneten, fair aufgewerteten Einkommens (Beitragsgrundlagen) gebühren, zum Ausdruck kommt. Mit dieser Formel ist eigentlich schon fixiert, dass das Pensionskonto auch als „Bemessungsgrundlagensystem“ konzipiert ist. Die Pension kann auch berechnet werden, indem eine durchschnittliche Beitragsgrundlage für die gesamte Versicherungskarriere und ein Gesamtprozentsatz aus allen Versicherungsmonaten gebildet wird.
In den politischen Verhandlungen im Jahr 2004 wurde intensiv darum gerungen, ob das neue System beitrags- oder leistungsdefiniert ausgestaltet sein soll. Durchgesetzt hat sich der leistungsdefinierte Ansatz. Dh, es werden eben nicht Beiträge zu schwankenden Kapitalzinsen an der Lebenserwartung orientiert verrentet, sondern es gebührt ein stabiler Prozentsatz der Beitragsgrundlage als Leistung. Wenn der OGH in seine Begründung ein Zitat übernimmt, in dem das Pensionskonto als System beschrieben wird, das „Beiträge verzinst“, lässt das tief blicken und bestätigt den Gesamteindruck, dass das oberste Gericht sich nicht mit den mathematischen Gesetzmäßigkeiten des Pensionskontos auseinandergesetzt hat.
Schon Weißensteiner meldet in der Besprechung (DRdA-infas 2020, 445) zur gegenständlichen E Zweifel an der Beweisführung zu den „Zeiträumen“ an („nicht uneingeschränkt nachvollziehbar“). Meiner Ansicht nach sind die Ausführungen des OGH im Kern unzutreffend. Man kann als zugespitzte Gegenthese formulieren, es gibt keinen wesentlichen mathematischen Unterschied bei der Pensionsberechnung im Pensionskonto und nach dem Bemessungsgrundlagensystem des ASVG. Die leistungsbestimmenden Parameter sind in beiden Fällen „Prozentsätze von aufgewerteten Beitragsgrundlagen“. Die verbindliche Pensionsberechnung findet in beiden Systemen zum Stichtag statt. Bei einem vorzeitigen Pensionsantritt werden in beiden Systemen prozentuelle Abschläge berechnet. Unterschiede bestehen in den Begrifflichkeiten (hier Steigerungspunkte, da Kontoprozentsatz), in der Transparenz (Kontomitteilung im APG, Versicherungsdatenauszug im ASVG), in der intrasystematischen Gerechtigkeit (Lebensdurchrechnung bei besserer Aufwertung im Konto, 40 Jahre Durchrechnung bei Aufwertung mit Inflation im Dauerrecht des ASVG) und in der Finanzierungsverantwortung (Beitragsgaranten für Teilpflichtversicherungszeiten im Pensionskonto statt Pauschalabdeckung des Aufwandes für Ersatzzeiten).
Eine historisch-systematische Betrachtung zeigt schnell, wie sehr das Pensionskonto in den „Zeiträumen“ des ASVG verhaftet ist. Das APG ist ein schlankes Gesetz, weil es nicht viel regelt. Ohne Übergangsrecht beinhaltet es lediglich 15 Paragraphen, von denen sich die §§ 10 bis 14 mit der Summierung (nicht Ermittlung) von Beitragsgrundlagen zu Jahresbeitragsgrundlagen, der Ermittlung der Teil- und Gesamtgutschrift und der Kontoführung beschäftigen. Die §§ 5 bis 7 regeln die Ermittlung der monatlichen Bruttoleistung zum Stichtag, hier sind auch prozentuelle Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt vorgesehen. Für die besonderen Steigerungsbeträge und die Anpassung wird auf das ASVG und die Nebengesetze verwiesen.
Ganz wesentlich ist, dass alle zeitabhängigen Bestimmungen über Beginn und Ende der Versicherungszeiträume (§ 10 ff), die Meldeverpflichtung der monatlichen Beitragsgrundlagen für jeden Beitragszeitraum (§ 34), das gesamte Beitragsrecht in § 51 ff inklusive der Beitragsgaranten für Teilpflichtversicherungszeiten (§ 52), den Erwerb von Versicherungsmonaten, die Arten der Versicherungsmonate, die Berücksichtigung von Versicherungsmonaten, die den Versicherungsmonaten zugeordneten Beitragsgrundlagen (§ 44 ff), die Höchstbeitragsgrundlage (§ 45), der Entgeltbegriff (§ 49), die Definition der Beitragszeiten in der PV (§ 225), der gesamte Zeitenkatalog der Teilpflichtversicherungszeiten (§ 8), die freiwilligen Zeiten (§ 18 ff), die Beitragsgrundlagen für die freiwilligen Zeiten (§ 76 ff), die Festlegung der Beitragsgrundlagen für die Pensionsberechnung in Bezugnahme auf all diese Bestimmungen in § 243 uvm in der Systematik des ASVG geregelt sind.
Das APG baut auf dem Versicherungszeiten- und Beitragsregime des ASVG auf. Anders formuliert, das APG ist ein Add-on zum ASVG, das die Kontoführung und die Pensionsarten regelt. Abgesehen davon ist der überwiegende Teil des Pensionssystems und seiner zeitabhängigen Elemente wie eh und je im ASVG geregelt und gilt auch für das APG und für das Pensionskonto. Zusammengefasst und hervorgehoben regelt das ASVG eben nicht nur die Zeitabhängigkeit betreffend die Anspruchsvoraussetzungen (Bildung und Qualität der Versicherungsmonate für die Wartezeiten), sondern auch die zeitabhängigen Parameter für die Ermittlung der Pensionshöhe. Die Summe der Beitragsgrundlagen ist in beiden Systemen die Grundlage für die Pensionsberechnung. Die Definition aller Beitragsgrundlagen und die Regeln für die Summenbildung finden sich im ASVG. Jedem Versicherungstag ist entsprechend seiner Qualität (Erwerbszeit, Krankengeldbezug, Arbeitslosengeldbezug etc) eine tägliche Beitragsgrundlage zuzuordnen, überschneidende Zeiten sind zu summieren, die tägliche Höchstbeitragsgrundlage 234 ist zu beachten und seit 1.1.2019 ist eine monatliche Beitragsgrundlage zu bilden, wobei ein Kalendermonat einheitlich mit 30 Tagen anzunehmen ist (§ 44 Abs 2 ASVG).
Technisch und organisatorisch werden die den Krankenversicherungsträgern von den unterschiedlichen Meldestellen (DG, Arbeitsmarktservice etc) tagesgenau übermittelten Versicherungszeiten als Rohdaten an die PVA weitergeleitet und von dieser nach den komplizierten Regeln des ASVG zu pensionsrechtlich relevanten Versicherungsmonaten und Beitragsgrundlagen verdichtet. Für die Beitragsgrundlagen des Pensionskontos gelten lediglich etwas andere Verdichtungsregeln, weil es ausschließlich Beitragszeiten kennt. Die Behauptung, dass Zeiträume im Pensionskonto keine Rolle spielten, ist schlicht und einfach nicht richtig.
Ist das Pensionskonto überhaupt ein eigenständiges, neues Pensionsberechnungssystem? Worin besteht der Paradigmenwechsel, der mit dem Pensionskonto zweifellos stattgefunden hat? Das Pensionskonto steht für die Pensionsharmonisierung als ein gleiches Pensionsrecht für alle Berufsgruppen unter Einbeziehung der Beamten und Politiker, es steht für Transparenz, Finanzierungswahrheit etc und ist daher sicherlich ein sozialpolitischer Meilenstein, aber trotzdem keine Umwälzung in den Grundfesten der Pensionsberechnung. Die Pensionsharmonisierung wurde großteils in das ASVG und die anderen Pensionsgesetze eingebettet. Man hätte auch die wenigen Bestimmungen zum „Pensionskonto“ ohne großen Mehraufwand in das ASVG einbauen können. Die Motivation für ein eigenes Gesetz entsprang dem verständlichen Bedürfnis nach Übersichtlichkeit. Das Pensionskonto sollte nicht unauffindbar im Dickicht des ASVG und seiner Übergangsbestimmungen untergehen. Es hat sich viel geändert, aber für die Zeiträume, die die Pensionshöhe bilden und für die Pensionsberechnung wurde systematisch betrachtet nichts Neues geschaffen. Es wurden alle Ersatzzeiten zu Beitragszeiten, die Aufwertung wurde verbessert und ein möglichst transparentes Buchungssystem (Kontomitteilung) eingeführt.
Das soll im Folgenden anhand eines einfachen Beispiels illustriert werden. Es wird ein und dieselbe Versicherungskarriere einmal im Pensionskonto und einmal gem § 238 berechnet.
Zur besseren Darstellbarkeit gehen wir in unserem Beispiel von einem stabilen Bruttoeinkommen von € 1.000,– während einer 40-jährigen Erwerbskarriere und einem Aufwertungsfaktor für die vergangenen Beitragsgrundlagen von 1 aus.
Gem § 11 APG ist für jedes Kalenderjahr die jeweilige Beitragsgrundlagensumme für Beitragszeiten einer Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit nach dem ASVG zu erfassen. Gem § 12 APG wird die Teilgutschrift durch Vervielfachung der Summe der Beitragsgrundlagen mit dem jeweils gültigen Kontoprozentsatz (1,78 %) ermittelt.
Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von € 1.000,– (14x) und dem Kontoprozentsatz von 1,78 % erwirbt man gem § 12 Abs 1 APG im Jahr 1 einer Erwerbskarriere eine Teilgutschrift von 1,78 % von der vervielfachten Summe der Beitragsgrundlagen; das sind in unserem Beispiel € 14.000,–, woraus eine jährliche Teilgutschrift zum Regelpensionsalter (also noch ohne Abschläge für einen vorzeitigen Antritt) von € 249,20 resultiert. Auch im Jahr 2 erwirbt man bei einem angenommenen stabilen Einkommen von € 1.000,– eine Teilgutschrift von € 249,20. In Summe erhält man nach dem zweiten Jahr bei einem Aufwertungsfaktor von 1 gem § 12 Abs 3 APG eine jährliche Gesamtgutschrift von € 498,40 (€ 249,20 x 2) ausgewiesen und nach 40 Jahren eine jährliche Gesamtgutschrift von € 9.968,– (249,20 x 40).
Gem § 13 APG ist auf Verlangen des Versicherten die jeweils aktuell erworbene Teilgutschrift und Gesamtgutschrift mitzuteilen (Kontomitteilung). Wird die Pension zum Regelpensionsalter angetreten, ergibt sich gem § 5 Abs 1 APG das Ausmaß der monatlichen Bruttoleistung aus der bis zum Stichtag erworbenen Gesamtgutschrift, geteilt durch 14. Das sind in unserem Fall € 712,– (€ 9.968,– / 14).
Im Bemessungsgrundlagensystem der besten 40 Jahre wäre gem § 261 ASVG der Steigerungsbetrag ein Prozentsatz der Gesamtbemessungsgrundlage gem § 240 ASVG. Gem § 238 ASVG ist die Bemessungsgrundlage die Summe der 480 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen geteilt durch 560. Liegen weniger als 480 Beitragsmonate vor, so ist die Bemessungsgrundlage die Summe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen aus den vorhandenen Beitragsmonaten, geteilt durch die um ein Sechstel erhöhte Zahl dieser Beitragsmonate. § 242 regelt wie die Gesamtbeitragsgrundlagen zu bilden und in der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sind. Für unser Beispiel relevant ist, dass gem § 242 Abs 6 ASVG die Sonderzahlungen bei der Summe der Jahresbeitragsgrundlagen zu berücksichtigen sind.
Gem § 242 Abs 7 ist aus der Summe der Beitragsgrundlagen gem Abs 6 für jedes Kalenderjahr eine monatliche Gesamtbeitragsgrundlage zu ermitteln, indem die Summe der Beitragsgrundlagen durch die Zahl der Beitragsmonate dividiert wird. Die Summe der Beitragsgrundlagen für jedes Jahr sind € 14.000,–, dividiert durch 12 Beitragsmonate ergibt dies eine monatliche Gesamtbeitragsgrundlage von € 1.166,67.
Gem § 242 Abs 9 ASVG ist die Gesamtbeitragsgrundlage mit dem jeweiligen Aufwertungsfaktor aufzuwerten. In unserem Beispiel liegen 480 (40 x 12) Beitragsmonate vor, aus denen gem § 238 Abs 1 ASVG die Summe der Gesamtbeitragsgrundlagen zu bilden ist; das sind 480 x € 1.166,667 = 253 € 560.000,– und diese Summe ist durch die um eine Sechstel erhöhte Zahl an Beitragsmonaten (480 + 80 = 560) zu dividieren; Daraus ergibt sich eine Bemessungsgrundlage von € 1.000,– (€ 560.000,– / 560).
Von dieser gebührt ein Prozentsatz als Steigerungsbetrag (= Pension). Gem § 238 Abs 2 ASVG ist die Höhe des Prozentsatzes die Summe der Steigerungspunkte. Für je zwölf Versicherungsmonate (pro Versicherungsjahr) gebühren 1,78 Steigerungspunkte. Bleibt ein Rest, gebührt für jeden Monat ein Zwölftel davon. In unserem Beispiel liegen 40 volle Versicherungsjahre vor, also ergibt sich ein Prozentsatz von 71,2 % (40 x 1,78). Das ergibt bei einer Bemessungsgrundlage von € 1.000,– einen Steigerungsbetrag von € 712,– (€ 1.000,– x 71,2 %).
Es ist offenkundig, dass mathematisch kein Unterschied besteht; im Pensionskonto wird aus der Jahresbeitragsgrundlage von € 14.000,– jährlich eine vorläufige Jahres-Teilgutschrift in Höhe von 1,78 % davon ausgewiesen und die Teilgutschriften zusammengezählt. Im ASVG wird Jahr für Jahr die Jahresbeitragsgrundlagen von € 14.000,– ausgewiesen und eine jährliche Gesamtbeitragsgrundlage gebildet. Ohne Weiteres könnte man im § 242 ASVG anordnen, dass von der jährlichen Gesamtbeitragsgrundlage die vorläufige Teilleistung auszuweisen ist, und schon hätte man das „Pensionskonto“ ins ASVG eingebettet.
Aufgrund der mathematisch identen Berechnungslogik sind die Pensionshöhen zum Regelpensionsalter mit € 712,– in beiden Systemen gleich. Nur der Rechenweg und die Begrifflichkeiten sind unterschiedlich. Die Ergebnisse sind selbstverständlich auch unter den komplexeren (schwankendes Einkommen, Aufwertungsfaktoren) Bedingungen von Echtfällen gleich. Man muss nur ein und denselben Einkommensverlauf, dieselbe Aufwertung und dieselbe Durchrechnung zu Grunde legen. Für die zu behandelnde Rechtsfrage betreffend die Rolle der Zeiträume besteht zwischen dem Pensionskonto und dem Bemessungsgrundlagensystem gem § 238 ff ASVG keinerlei Unterschied.
Die Aufnahme in den Anhang VIII Teil 2 der VO 883/2004 betrifft kapitalgedeckte Rentensysteme, bei denen Zeiträume für die Berechnung der Leistung keine Rolle spielen (vgl Janda in Fuchs, EuSozR, Art 57 Rn 14). Der Unterschied soll anhand des kleinsten zeitraumbezogenen Leistungsbausteins des Pensionskontos dargestellt werden. Wer beispielsweise für den Jänner 2010 eine Beitragsgrundlage von € 1.000,– aufweist, hat davon 22,8 % (€ 228,–) an Beiträgen bezahlt und hat dafür 1,78 % (€ 17,80) an Jahresgutschrift erworben (der monatliche Pensionswert wäre 1/14 davon, nämlich € 1,27). Der Zeitraum des Kalendermonats Jänner 2010 ist fix mit der Beitragsgrundlage von € 1.000,– verknüpft und die Leistungszusage lautet, dass ich davon 1,78 % / 14 als Pension erhalte. Man kann daher im Pensionskonto alle Beitragsgrundlagen zusammenzählen und durch die Anzahl der Beitragsmonate dividieren und eine durchschnittliche Beitragsgrundlage berechnen. Zweitens kann man jeden Beitragsmonat mit einem 1/14 von 1,78 % bewerten und so einen Gesamtprozentsatz bilden. Die Leistung ergibt sich dann als Gesamtprozentsatz der durchschnittlichen Beitragsgrundlage.
In einem beitragsdefinierten System, in dem Zeiträume keine Rolle spielen, ist die Berechnungslogik eine ganz andere. Bezogen auf unser Beispiel würde man für den Jänner 2010 € 228,– an Beiträgen verbuchen und dann auch für die Folgemonate und Jahre. Diese Beiträge würden verzinst und bis zum Pensionsantritt zu einer Beitragssumme angesammelt. Der Leistungsanspruch ergibt sich dann aus der versicherungsmathematischen Verrentung der Beitragssumme entsprechend Marktzinssatz und Lebenserwartung im Zeitpunkt des Pensionsantritts. In einem beitragsdefinierten Pensionssystem spielen Zeiträume für die Pensionsberechnung keine Rolle. Die Zahl der Versicherungsmonate ist nicht leistungsbestimmend, die Versicherungsmonate sind auch nicht mit einem einheitlichen Prozentsatz bewertbar und man kann keinerlei Gesamtdurchschnitt zur Bemessung der Leistung bilden. Das ist eben nur in einem leistungsdefinierten System mit einer klaren Leistungszusage, wie dem Pensionskonto mit der Formel 80/45/65, möglich. Die Bestimmungsfaktoren für die Pensionshöhe sind in einem beitragsdefinierten System allein die Summe der verzinsten Beiträge in Beziehung zur Lebenserwartung und zum Abschmelzungszinssatz.
Aufgrund der lebenslangen Durchrechnung ist das Pensionskonto sogar maximal zeitabhängig. Es zählt jeder Beitragsmonat, man erhält von jeder Beitragsgrundlage jedes einzelnen Monats 1,78 % / 14. Das gilt grundsätzlich auch für Lehrlingsentschädigungen. Bei Berechnung einer Invaliditätspension werden gem § 6 Abs 3 APG Teilgutschriften bis zum 18. Lebensjahr außer Acht gelassen, wenn dies für den Versicherten günstiger ist. Bei Berechnung der Invaliditätspension wird gem § 6 Abs 2 grundsätzlich zur Berücksichtigung der Zurechnungsmonate eine „Bemessungsgrundlage“ aus den vorhanden Gutschriften gebildet. Je nach Anzahl der Zurechnungsmonate erhält man einen Prozentsatz dieser Bemessungsgrundlage dazu.
Das soll kurz am Beispiel des Kl erläutert werden. Der im November 1956 geborene Kl hat bis zum Stichtag am 1.12.2018 in Österreich 559 Versicherungsmonate erworben und dafür eine Korridorpension in der Höhe von € 2.629,24 zugesprochen erhalten. Der Kl hat die Korridorpension mit 62 Jahren in Anspruch genommen, daher sind im Pensionsbetrag 15,3 % (5,1 % pro Jahr) an Abschlägen berücksichtigt. Die Abschläge sind vom Gesamtprozentsatz 236 in Abzug zu bringen: 15,3 % von 82,47 % (556/12 * 1,78) sind 12,618 Prozentpunkte. Das ergibt einen Prozentsatz nach Abschlag von 69,85 %. Der Pensionsbetrag von € 2.629,40 sind 69,85 % der – fiktiven – Bemessungsgrundlage in der Höhe von € 3.764,087 (€ 2.629,40 / 69,85491 * 100). Damit ließe sich leicht und korrekt der Anspruch für die elf in Bayern erworbenen Monate berechnen. Für elf Monate gebühren 1,63 % (1,78/12 * 11), abzüglich der Abschläge von 15,3 %, damit verbleiben 1,38 % (1,63 * 84,7 %). 1,38 % von € 3.764,09 ergibt einen Monatspensionsbetrag von € 51,94.
Eine genauere Betrachtung zeigt, das Pensionskonto ist kein kapitalgedecktes System, im Pensionskonto werden keine Beiträge verzinst, die rechtsverbindliche Pensionshöhe wird im Zeitpunkt des Pensionsantritts zum dann geltenden Recht festgestellt.
Für die Pensionshöhe gibt es im Pensionskonto und im ASVG vier idente Bestimmungsgrößen: erstens die Beitragsgrundlagen, sie sind die Referenzgröße für die Beiträge und werden zur Bemessung der Leistungen herangezogen (Äquivalenzprinzip zwischen Beiträgen und Leistungen), zweitens die Wertsicherung der Beitragsgrundlagen, die mit Aufwertungsfaktoren vorgenommen wird, drittens die Bewertung der Versicherungsdauer, die durch Prozentpunkte pro Versicherungsmonat geregelt ist und schließlich viertens, das Lebensalter, zu dem die Leistung in Anspruch genommen wird, hier sind bei einem Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter Abschläge und bei einem Aufschub über das Regelpensionsalter hinaus Zuschläge vorgesehen.
Im Dauerrecht werden gem § 238 ASVG die 40 höchsten Jahresbeitragsgrundlagen herangezogen (40-jährige Durchrechnung). Man könnte aber genauso gut alle Jahresbeitragsgrundlagen (Lebensdurchrechnung) heranziehen. Bei einer Lebensdurchrechnung wie im Pensionskonto ist die Zeitraumbezogenheit maximal ausgeprägt, weil jede Beitragsgrundlage für die Pensionshöhe mit 1,78 % bewertet wird. Ob man diese Beitragsgrundlagen monatlich, jährlich oder einmalig beim Pensionsantritt zu einer „Bemessungsgrundlage“ summiert, ist eine Transparenzfrage. Zusammengefasst ist das Pensionskonto nichts anderes als ein transparentes Bemessungsgrundlagensystem mit Lebensdurchrechnung. Man kann im Pensionskonto ohne Weiteres gem § 238 ASVG eine Gesamtbemessungsgrundlage bilden, indem man alle aufgewerteten Jahresbeitragsgrundlagen gem § 242 Abs 6-9 zusammenzählt und davon gem § 261 Abs 1 ASVG einen Gesamtprozentsatz gewährt. Es gibt keinen inhaltlichen Grund, dass das Pensionskonto in den Anhang VIII aufgenommen wurde.
Der Paradigmenwechsel vom Altsystem zum Pensionskonto hat stattgefunden, aber nicht so, wie er in der zitierten Literatur beschrieben und vom OGH unkritisch übernommen wurde. Das ist eine Verklärung des Pensionskontos hin zu einem beitragsdefinierten System, die auf einem Missverständnis der mathematischen Gesetzmäßigkeiten des Kontos beruht.