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Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers wegen grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers unterliegen dem kollektivvertraglichen Verfall

LYNNROTHFISCHER
§§ 2 und 6 DHG; Pkt XIV. des KollV für DN in privaten Autobusbetrieben

Ein AN eines Autobusunternehmens stieß am 28.1.2019 auf dem Betriebsgelände der AG mit einem von ihm gelenkten Gelenkbus gegen einen anderen dort abgestellten Bus. Der AN informierte unmittelbar nach dem Unfall den Vertreter der AG darüber.

Mit Schreiben vom 28.5.2019 forderte die AG erstmals schriftlich vom AN Schadenersatz und klagte diesen in weiterer Folge ein. Der bekl AN wandte hingegen den Verfall des Schadenersatzanspruches ein.

Die Vorinstanzen wiesen das auf Zahlung eines Schadenersatzes von € 9.027,11 sA gerichtete Klagebegehren übereinstimmend ab.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Schadenersatzanspruch – unabhängig davon, ob der Schaden leicht oder grob fahrlässig verursacht 188wurde – gemäß Pkt XIV. des anwendbaren KollV für DN in privaten Autobusbetrieben verfallen sei. Pkt XIV ,,Verfall von Ansprüchen“ lautet:

„Ansprüche des Dienstgebers sowie des Dienstnehmers aus dem Dienstverhältnis sind bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit eingeschrieben geltend zu machen. Als Fälligkeitstag für vom Dienstgeber allfällig zu erhebende Schadenersatzansprüche gilt jener Tag, an dem der Dienstgeber von dem erlittenen Schaden Kenntnis erhielt. […]“

Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG mangels erheblicher Rechtsfrage zurück:

Aus der E 4 Ob 65/85 vom 13.5.1986, in der der OGH ausgeführt hatte, dass gem § 2 DHG (idF vor der Novelle BGBl 1983/169) wegen grober Fahrlässigkeit eine Minderung der Ersatzpflicht des dort Bekl „ebenso ausgeschlossen wie ein Verfall“ des Ersatzanspruchs war, ist nichts für die AG zu gewinnen. Denn die im Vergleichsfall noch anzuwendende Fassung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes sah im Fall grober Fahrlässigkeit keine Mäßigungsmöglichkeit vor.

Damals wie heute erlöschen nach § 6 DHG auf einem minderen Grad des Versehens beruhende Schadenersatz- oder Rückgriffsansprüche zwischen DG und DN, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist des § 6 DHG ist eine Ausschluss- bzw Verfallsfrist.

Die Aussage des OGH in der von der AG ins Treffen geführten E bezog sich ausschließlich auf das (alte) System des DHG. Daraus kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass kollektivvertragliche Verfallsfristen – wie hier – entgegen ihrem (nicht auf bestimmte Verschuldensformen beschränkten) Wortlaut bei grober Fahrlässigkeit des DN keine Gültigkeit haben sollten.