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Kündigungsentschädigung bei unwirksamer Entlassung vor Antritt der Väterkarenz: Einrechnung der geplanten Karenz in die fiktive Kündigungsfrist

SARANADINEPÖCHEIM

Der Kl war bei der Bekl seit 2018 beschäftigt. Für seinen am 27.11.2018 geborenen Sohn plante er für die Monate Juni, Juli und August 2019 Väterkarenz in Anspruch zu nehmen und teilte dies der Bekl am 21.2.2019 mit. Es war geplant, dass seine Frau in dieser Zeit ihre Karenz unterbricht. Mit Schreiben vom 28.2.2019 sprach die Bekl gegenüber dem Kl ohne Einholung einer Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichtes die Entlassung aus.

In seiner dagegen erhobenen Klage begehrte der Kl die Zahlung einer Kündigungsentschädigung von 1.3. bis 31.5. und von 1.9. bis 15.11.2019. Er führte aus, die Entlassung sei mangels Einholung einer gerichtlichen Zustimmung nach § 7 Abs 3 VKG unwirksam und der 15.11.2019 sei der frühestmögliche Kündigungstermin nach Ende der beantragten Karenz.200

Das Berufungsgericht gab der Klage – unter Abzug einer (teilweise) als zu Recht bestehend erkannten Gegenforderung der Bekl – statt.

In ihrer außerordentlichen Revision bekämpfte die Bekl die Entscheidung der Vorinstanzen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Entlassung des Kl sei wegen Verletzung des § 7 Abs 3 Satz 2 VKG durch die Bekl rechtsunwirksam, wird in der Revision nicht in Frage gestellt; ebenso wenig zieht die Bekl in der Revision in Zweifel, dass ausgehend vom einem Ende der (fiktiven) Karenz am 31.8.2019 der Bekl eine (fiktive) Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses frühestens zum 15.11.2019 möglich gewesen wäre. Die Bekl stellt aber die vom Berufungsgericht angenommene Dauer der fiktiven Kündigungsfrist in Frage, da der Kl die Väterkarenz tatsächlich nicht am 1.6.2019 angetreten habe.

Der OGH wies die außerordentliche Revision mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurück. Er führte mit Verweis auf die Entscheidung der Vorinstanz aus, dass bei Ermittlung des hypothetischen Vertragsendes grundsätzlich anzunehmen ist, dass die Arbeitsvertragsparteien die ihnen jeweils zukommenden Gestaltungsmöglichkeiten genutzt hätten. Im gegenständlichen Fall hat der Kl ja auch schon konkret den Karenzurlaub festgelegt. Damit war im vorliegenden Fall zugrunde zu legen, dass der Kl, wäre er nicht entlassen worden, am 1.6.2019 eine dreimonatige Karenz angetreten hätte.