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Verweisbarkeit eines Kfz-Mechanikers auf den Beruf des qualifizierten Qualitätskontrollors

ALEXANDERPASZ

Gegenstand des Verfahrens war eine Klage auf Gewährung einer Invaliditätspension. Fraglich ist die Verweisbarkeit des Kl, der Berufsschutz als Kfz-Mechaniker genießt, nach § 255 Abs 1 ASVG auf den Beruf des qualifizierten Qualitätskontrollors.

Die Arbeitsfähigkeit des Kl ist aufgrund zahlreicher Leiden stark eingeschränkt. Relevant ist im gegenständlichen Verfahren insb die Einnahme bestimmter Medikamente, die negative Auswirkungen auf das Reaktionsvermögen haben können. Der Kl ist aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Kfz-Mechanikers auszuüben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, da der Kl auf die Tätigkeiten eines Kfz-Kundendienstbetreuers und eines Qualitätskontrollors verweisbar sei. Für das Berufungsgericht war eine Verweisung auf die Tätigkeit als Qualitätskontrollor innerhalb des Berufsschutzes möglich. Die Verweisung auf den Beruf des Kfz-Kundendienstbetreuers war hingegen, wegen fehlender Feststellungen hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit des Kl, nicht gesichert.

Der außerordentlichen Revision des Kl wurde vom OGH Folge gegeben, der OGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Der OGH stellte dabei unter Verweis auf zahlreiche Entscheidungen aus seiner Rsp Folgendes fest:

Entscheidend für die Frage der Verweisbarkeit ist die aufgrund des ärztlichen Leistungskalküls getroffene Feststellung, in welchem Umfang eine Person im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen behindert ist bzw welche Tätigkeiten die Person ausführen kann (RS0084399 [T3]). Die Prüfung der Verweisbarkeit geschieht über einen Vergleich des medizinischen Leistungskalküls mit dem Anforderungsprofil der Verweisungsberufe. Damit wird die Frage gelöst, ob der Kl zur Verrichtung der in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten in der Lage ist (RS0084413 [T3]).

Im gegenständlichen Verfahren waren keine Feststellungen zu einer Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit enthalten. Auf ein entsprechendes Vorbringen des Kl, im Hinblick auf die Verweisung auf den Beruf des Qualitätskontrollors, wurde nicht eingegangen. Alleine deswegen ist nach Ansicht des OGH die Aufhebung der E erforderlich, da eine nach dem Inhalt der Prozessakten entscheidungsrelevante Tatsache, die gem § 87 Abs 1 ASGG von Amts wegen zu erheben wäre, nicht festgestellt wurde. Aufgrund der Unvollständigkeit der Sachgrundlage kann dies auch im Rahmen einer Rechtsrüge beim OGH geltend gemacht werden.

Daneben monierte der Kl die von den Vorinstanzen angenommene Zumutbarkeit einer Ein- bzw Nachschulung für den Beruf des Qualitätskontrollors. Der OGH hielt in seiner E fest, dass nach stRsp eine Ein- bzw Nachschulung im bisherigen Beruf zumutbar ist, wenn die versicherte Person diesen nur mehr in einer spezialisierten Form ausüben kann (OGH 4.3.2003, 10 ObS 37/03v). Der neue Beruf muss jedoch eine ausreichende Nahebeziehung zum bisher ausgeübten Beruf aufweisen (OGH 10 ObS 37/03v; zuletzt OGH10 ObS 105/16pSSV-NF 30/56; vgl RS0084541 [T18, T35]). Es darf zu keiner Verweisung kommen, mit der der Versicherte den Berufsschutz verlieren würde (RS0084541).

Entscheidend für die Erhaltung des Berufsschutzes ist die Beurteilung, ob der Kernbereich einer Ausbildung auch bei Ausübung einer Teiltätigkeit oder spezialisierten Tätigkeit verwertet werden muss (RS0084497 [T15]; OGH10 ObS 160/12w SSV-NF 26/83). Für die dahingehende Prüfung ist die genaue Feststellung der im Verweisungsberuf auszuübenden Tätigkeiten erforderlich (RS0112425). Zudem sind der dafür verwertbare Teil der Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten des erlernten bzw angelernten Berufs sowie der zusätzlichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die Umstände, unter denen sie erworben werden können, festzustellen (OGH10 ObS 160/12w SSV-NF 26/83; OGH10 ObS 98/11a SSV-NF 25/92 ua).

Der OGH hielt fest, dass die Vorinstanzen keine Feststellungen zur Verwertbarkeit der Kenntnisse und Fähigkeiten des Kl aus seinem erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker für den Verweisungsberuf des Qualitätskontrollors getroffen haben. Auch auf das Vorbringen des Kl, es werde ein veraltetes Berufsprofil des Qualitätskontrollors zugrunde gelegt, wurde nicht eingegangen.

Im neuerlichen Verfahren wird das Erstgericht daher insb das Anforderungsprofil für die Tätigkeit des Qualitätskontrollors ergänzen müssen, wobei im gegebenen Zusammenhang insb die Anforderungen hinsichtlich Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit von Interesse sind. In weiterer Folge wird hierbei zu prüfen sein, ob der Kl diese aufgrund der Medikamenteneinnahme erfüllt. Andererseits sind nähere Feststellun219gen zum Anforderungsprofil auch für die Frage der Zumutbarkeit der erforderlichen Nachschulung notwendig, da fraglich ist, ob der Beruf des Qualitätskontrollors nach wie vor derselben Berufsgruppe zuzuordnen ist wie der erlernte Beruf des Kl als Kfz-Mechaniker.