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Unfall am Weg zu Bankomat auf Dienstreise – kein „Bankweg“ im Sinne der Unfallversicherung

SOPHIAMARCIAN

Der Weg zu einem Bankomaten, um dort Bargeld zu Lasten des Gehaltskontos zu beheben, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen UV nach § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG (§ 175 Abs 2 Z 8 ASVG), selbst wenn es sich um die erste Bargeldbehebung nach der Entgeltüberweisung handelt.

Sachverhalt

Der Kl, ein Soldat einer Wiener Kaserne, war in Salzburg auf Dienstreise, um dort Munitionslager zu inspizieren. Als er am 5.7.2017 auf dem Weg zur Inspektion einer Dienststelle mit dem Dienstwagen war, blieb er bei einer Postfiliale stehen, 226um dort Briefmarken für einen Kollegen zu besorgen und beim Bankomaten Geld zu beheben. Seit der Überweisung seines Lohnes für Juni 2017 war er noch nicht beim Bankomaten gewesen. Als der Kl die Briefmarken gekauft hatte, bemerkte er, dass die Bankomatkarte noch im Dienstwagen lag und überquerte die Straße, um zum abgestellten Dienstwagen zu gelangen. Dabei wurde er von einem PKW erfasst und verletzt.

Verfahren und Entscheidung

Mit Bescheid lehnte die Bekl ab, den Unfall vom 5.7.2017 als Dienstunfall anzuerkennen und dem Kl Leistungen aus der UV zu gewähren. Mit seiner Klage begehrt der Kl die Anerkennung des Unfalls als Dienstunfall sowie den Zuspruch einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß und brachte vor, er habe auf seiner Dienstreise seinen direkten Weg zur nächsten Betriebsstätte kurz unterbrochen, um einen unvermeidbaren Bankweg zur Behebung von Bargeld vorzunehmen, weil er das Bargeld für seine Verpflegung an der nächsten Dienststelle benötigt habe. Die Bekl bestritt und brachte vor, die Unterbrechung der von der gesetzlichen UV geschützten Dienstfahrt, zur Vornahme privater Bankgeschäfte, sei als Verfolgung persönlicher Interessen zu sehen, weshalb kein geschützter Versicherungsfall vorliege.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG erfüllt, weil feststehe, dass es sich bei der versuchten Behebung von Bargeld am 5.7.2017 um den ersten Weg zum Kreditinstitut nach Überweisung des Entgelts am 30.6.2017 gehandelt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht Folge und ließ die Revision nicht zu. Der Weg des Kl zum Dienstfahrzeug, um daraus die vergessene Bankomatkarte zu holen, stehe in einem inneren Zusammenhang mit dem nach § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG versicherten Weg zum Geldinstitut zur Behebung des Entgelts.

Der OGH ließ die außerordentliche Revision der Bekl zur Klarstellung der Rechtslage zu und änderte die Urteile der Vorinstanzen in klagsabweisendem Sinn ab.

Originalzitate aus der Entscheidung

„[…] 2.1 Nach § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG sind Dienstunfälle ‚auch Unfälle, die sich ereignen: […] auf einem mit der unbaren Überweisung des Entgelts zusammenhängenden Weg von der Dienststätte oder der Wohnung zu einem Geldinstitut zum Zweck der Behebung des Entgelts und anschließend auf dem Weg zurück zur Dienststätte oder zur Wohnung‘.

2.2 § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG wurde mit der 6. B-KUVG-Novelle (BGBl 1976/707) eingeführt, zeitgleich mit der Einfügung einer entsprechenden Bestimmung in das ASVG (32. ASVG-Novelle, BGBl 1976/704), die sich in ihrem Wortlaut von § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG nur dadurch unterscheidet, dass statt auf die ‚Dienststätte‘ auf die ‚Arbeits- oder Ausbildungsstätte‘ Bezug genommen wird.

2.3 In den Gesetzesmaterialien zur 6. B-KUVG-Novelle (ErläutRV 285 BlgNR 14. GP 9) findet sich zu der Einfügung des § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG nur der Hinweis, dass die Änderung in direktem Zusammenhang mit der 32. ASVG-Novelle steht. In den Materialien zur Einfügung der neuen Z 8 in § 175 Abs 2 ASVG (ErläutRV 181 BlgNR 14. GP) wird darauf hingewiesen, ‚daß nach den einschlägigen Bestimmungen der 28. Gehaltsgesetz-Novelle bzw. der 22. Vertragsbedienstetengesetz-Novelle für die Bundesbediensteten die gesetzliche Verpflichtung zur unbaren Gehaltsauszahlung normiert worden ist. Da dadurch die öffentlich Bediensteten bzw. Vertragsbediensteten verpflichtet worden sind, sich ein Gehaltskonto bei einem Geldinstitut zu eröffnen, ergibt sich das Problem des Versicherungsschutzes für Unfälle, die sich auf dadurch notwendig werdenden Wegen ereignen. Im Bereich der Privatwirtschaft besteht zwar keine gesetzliche Verpflichtung zur unbaren Gehaltsauszahlung, die Eröffnung von Gehaltskonten in diesem Zusammenhang ist jedoch weit verbreitet, so daß eine ausdrückliche Regelung im Gesetz dringend erforderlich erscheint.

3. […] Der Oberste Gerichtshof war bislang nur selten mit dem Unfallversicherungsschutz auf dem Bankweg befasst.

3.1 In der Entscheidung 10 ObS 400/89 (SZ 62/211 = SSV-NF 3/161) betonte der Oberste Gerichtshof, dass nur der erste Weg zum Kreditinstitut, um über das unbar überwiesene Entgelt zu verfügen (sowie allenfalls zuvor in der begründeten Annahme, das Entgelt sei bereits überwiesen, unternommene erfolglose Wege), unter Unfallversicherungsschutz stehe (RIS-Justiz RS0084709). Der Arbeitnehmer sei dabei in der Lage, nach der Überweisung sein Entgelt zur Gänze zu beheben. Weitere Geldbehebungen in Teilbeträgen stünden ebenso wie Behebungen von einem Sparbuch nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Lohnempfang, weshalb sie dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen seien (RS0084710).

Die Einschränkung auf den ‚ersten Weg‘ (in diesem Sinn auch Tomandl, Das Leistungsrecht der österreichischen Unfallversicherung [1977] 27) begründet der Oberste Gerichtshof mit einem Verweis auf die Gesetzesmaterialien, aus denen sich ergebe, dass der Gesetzgeber den Unfallversicherungsschutz gegenüber der bis zur 32. ASVG-Novelle geltenden Rechtslage nicht erweitern, sondern nur eine Klarstellung durch die ausdrückliche Regelung vornehmen habe wollen. Bereits das Oberlandesgericht Wien habe als seinerzeitiges Höchstgericht Unfälle auf Wegen, die zum 227Lohnempfang außerhalb der Arbeitsstätte unternommen worden seien, in einen ursächlichen Zusammenhang mit der die Unfallversicherung begründenden Beschäftigung gestellt (18 R 27/74 SSV 14/40 ua). In diesem Sinn sollten nur jene Wege unter Unfallversicherungsschutz stehen, die der Versicherte deshalb zu seinem Kreditinstitut unternehmen müsse, weil ihm das jeweilige Entgelt nicht bar ausgezahlt, sondern auf sein Gehaltskonto überwiesen werde. […]

3.5 Die Frage des Unfallversicherungsschutzes auf dem Weg zu einer Bargeldbehebung bei einem Bankomaten wurde bisher in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs allein in der Entscheidung 10 ObS 263/03d behandelt. Der Kläger hatte am 14.8.2000 am Bankschalter seines Geldinstituts eine Barauszahlung von 500 ATS entgegengenommen. Ein weiterer Weg zu seinem Geldinstitut, um dort über einen Bankomaten eine weitere Geldbehebung vorzunehmen, wurde nicht als unter Unfallversicherungsschutz stehend qualifiziert, wäre es doch dem Kläger ‚im maßgeblichen Lohnauszahlungszeitraum … möglich gewesen, sein Entgelt bereits am 14.8.2000 zur Gänze zu beheben‘. […]

Die Konsequenz, dass der ‚erste‘ Weg (nach der Entgeltüberweisung) zu einem Bankomaten, unabhängig von seinem Standort und unabhängig von der betragsmäßigen Begrenzung der Behebung, unter Unfallversicherungsschutz steht, hat die Rechtsprechung bisher nicht gezogen. […]

4. Rezeption der Rechtsprechung in der Literatur

[…]

4.2 Lux (Schutzbereiche der gesetzlichen Unfallversicherung 218 f) referiert die zurückliegende höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Bankweg und weist darauf hin, dass der Weg zum Geldinstitut nicht beliebig oft wiederholt werden könne.

4.3 Tomandl (SV-System [33. Erg-Lfg] 285 f [2.3.2.3.1.3.]) bewertet die von der Rechtsprechung vorgenommene Einengung auf die jeweils erste Abhebung nach erster Gehaltsanweisung positiv; dieser Auffassung entspreche es, wenn das Oberlandesgericht Wien (18 R 27/74 SSV 14/40; ähnlich Lauterbach, Unfallversicherung § 548 RVO Anm 30; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd III 483e f) den Arbeitnehmer für geschützt gehalten habe, der einen Unfall auf dem Weg zur weit entfernten lohnauszahlenden Stelle erlitten habe.

4.4 Tarmann-Prentner (in Sonntag [Hrsg], ASVG11 [2020] § 175 Rz 39) weist auf den Zweck der Bestimmung sowie darauf hin, dass nur der ‚erste Bankweg in einer Entgeltperiode‘ unbedingt erforderlich sei, weshalb sich der Versicherungsschutz nur auf diesen erstrecke und nicht auf wiederholte Teilabhebungen.

4.4 Nach R. Müller (in SV-Komm [264. Lfg] § 175 ASVG Rz 229) dürfte die Entwicklung der letzten 35 Jahre die Regelung in § 175 Abs 2 Z 8 ASVG‚– mögen auch vereinzelt noch Fälle vorkommen – im Wesentlichen zu totem Recht gemacht haben‘: Im Zeitalter der weit verbreiteten Verwendung von Bankomatkarten, Geldautomaten und des ausgebauten Kreditkartenwesens komme der Weg zur Bank mit der Spezifikation ‚zur Behebung des Arbeitsentgelts‘ kaum noch vor.

Im Übrigen referiert R. Müller die Rechtsprechung, wonach nur der erste Weg zum Kreditinstitut unter Unfallversicherungsschutz stehe, weil der Dienstnehmer in der Lage sei, nach der Überweisung sein Entgelt zur Gänze zu beheben. Weitere Geldbehebungen in Teilbeträgen seien dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Gleichgültig sei, ob der Weg von der Wohnung und zurück, vom Arbeitsplatz und zurück und ob er als Umweg auf dem Arbeitsweg zurückgelegt werde.

4.5 Nach der Ansicht von Puhr-Zeismann (in Poperl/Trauner/Weißenböck, ASVG-Praxiskommentar [70. Lfg 2020] § 175 ASVG Rz 238) ergebe sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 175 Abs 2 Z 8 ASVG, dass nur der erste Weg zum Kreditinstitut unter Unfallversicherungsschutz stehe, weil es dem Versicherten nach der Entgeltüberweisung möglich sei, das Entgelt zur Gänze zu beheben. Die weiteren Geldbehebungen stünden nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Lohnempfang. Abschließend weist die Autorin darauf hin, dass die Bestimmung im Zeitalter der Bankomatbehebungen bzw -zahlungen und des Kreditkartenwesens mehr oder weniger als totes Recht zu werten sei.

4.6 Zusammengefasst übernimmt die Literatur die einengende Interpretation der Bestimmung, wonach nur der ‚erste‘ Weg zur Entgeltbehebung geschützt sei. Allgemein wird auf den Weg zur (eigenen) Bank abgestellt. Der Fall, dass die ‚erste‘ Behebung bei einem Bankomaten erfolgt, wird in der sozialrechtlichen Literatur nicht unmittelbar behandelt; aus den Äußerungen von R. Müller und Puhr-Zeismann (‚mehr oder weniger totes Recht‘) lässt sich aber schließen, dass sie den Weg zu einer Bargeldbehebung bei einem Bankomaten generell (also auch bei einer ersten Behebung nach der Überweisung des Entgelts) als nicht unter Unfallversicherungsschutz stehend ansehen. […]

6. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen sind die von § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG für den Unfallversicherungsschutz auf einem Weg geforderten Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

6.1 Der Gesetzgeber hat sowohl die räumlichen als auch die sachlichen Voraussetzungen der Regelung eng gefasst, indem er

  • auf einen Weg von der Dienststätte oder der Wohnung zu einem Geldinstitut und anschließend zurück sowie

  • auf den Zweck der Behebung des Entgelts abstellt.

6.2 Der Wortlaut der Bestimmung erfasst den Weg zu einer Geldbehebung bei einem Bankomaten nur dann, wenn sich der Bankomat bei ‚einem 228Geldinstitut‘ befindet und dort die ‚Behebung des Entgelts‘ vorgenommen werden kann. Um eine Ausdehnung auf Wege zu Bankomaten zu erreichen, die sich nicht beim ‚Geldinstitut‘ befinden und die in aller Regel auch keine Behebung ‚des Entgelts‘ ermöglichen, ist eine Analogie erforderlich, die eine planwidrige Lücke voraussetzt.

6.3 Eine solche Lücke ist jedoch angesichts der der Regelung zugrunde liegenden gesetzgeberischen Intention nicht zu ersehen: Dem Gesetzgeber ging es darum, den Unfallversicherungsschutz bei der innerbetrieblichen Lohnauszahlung (in Form einer Barzahlung) auf den vergleichbaren Vorgang der Geldbehebung beim Geldinstitut zu übertragen, ihn aber nicht auszudehnen. In diesem Sinn wurde der Unfallversicherungsschutz auf einen engeren räumlichen Bereich beschränkt, der im Zusammenhang mit der Dienststätte oder der Wohnung steht; außerdem musste der Dienstnehmer – um eine Vergleichbarkeit mit der innerbetrieblichen Entgeltauszahlung zu wahren – in der Lage sein, nach der Überweisung beim ersten Aufsuchen der Bank das Entgelt bei der Bank (mehr oder weniger zur Gänze) zu beheben.

Die Rechtsprechung ist diesem im Wesentlichen auf den Wortlaut der Norm eingeengten Verständnis – mit Zustimmung der Literatur – gefolgt; sie betont, dass mit § 175 Abs 2 Z 8 ASVG sowie § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG kein ‚allumfassender‘ Versicherungsschutz für alle mit der bargeldlosen Überweisung des Entgelts zusammenhängenden Verrichtungen des Versicherten gewährt werden sollte, sondern dass der Versicherungsschutz – beispielsweise – auf den ‚ersten‘ Bankweg eingeschränkt ist.

6.4 Einer Analogie steht auch entgegen, dass der gesetzlich geschützte Bankweg nicht mit dem ‚Bankomatweg‘ vergleichbar ist. Abgesehen davon, dass die Bargeldbehebung bei ‚irgendeinem Bankomaten‘ in aller Regel – wegen der betraglichen Begrenzung bei Bankomaten außerhalb von Bankfoyers – ein Abheben des gesamten für die Entgeltzahlungsperiode zustehenden Entgelts nicht zulässt, würden die räumlichen Grenzen des Unfallversicherungsschutzes in kaum eingrenzbarer Weise ausgedehnt. Würde die Bestimmung des § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG so gelesen, dass das Wort ‚Geldinstitut‘ mit ‚Bankomat‘ gleichgesetzt wird und die Wortfolge ‚zum Zweck der Behebung des Entgelts‘ als ‚zum Zweck der Behebung von Entgelt‘ verstanden wird, müssten die Fahrt von Wien an den Bodensee nach Bregenz, Rorschach oder Konstanz, um dort bei einem Bankomaten den üblichen Grenzbetrag von 400 EUR zu beheben, samt der Fahrt zurück nach Wien unter Unfallversicherungsschutz stehen. In den Gesetzesmaterialien zum deutschen SGB VII wird treffend darauf hingewiesen, dass moderne Zahlungsformen (wie etwa die nicht an das eigene Geldinstitut gebundene Bankomatbehebung) zu Differenzierungen im Versicherungsschutz führen können, die nicht mehr einsichtig sind.

6.5 Darüber hinaus würde eine Differenzierung danach, ob es typischerweise (wegen der Begrenzung der Höhe der Einzelbehebung) möglich ist, das Entgelt an einem Bankomaten zu beheben, den Unfallversicherungsschutz in sachlich nicht erklärbarer Weise von der Entgelthöhe, allenfalls sogar von Vereinbarungen der Zahlungsdienstleister mit ihren Kunden abhängig machen.

6.6. Nicht zu beurteilen ist hier der Weg zur gehaltskontoführenden Bank, um dort das (mehr oder minder gesamte) Entgelt nach der Überweisung bei einem bankeigenem Geldautomaten zu beheben, ohne dass Kontakt mit einer bei der Bank angestellten Person aufgenommen werden müsste.

6.7 Wie auch der vorliegende Fall augenscheinlich zeigt, kann die Bargeldbehebung bei einem Bankomaten regelmäßig nicht der ‚Behebung des Entgelts‘ dienen (so wie früher im Lohnbüro des Arbeitgebers), sondern steht mit der Vorbereitung von eigenwirtschaftlichen Handlungen im Zusammenhang, die der Verwendung eines Teils des auf dem Gehaltskonto liegenden Entgelts dienen, wie etwa dem Einkauf von Nahrungsmitteln (zum eigenwirtschaftlichen Charakter RS0084679RS0084679 [T1]), der Nahrungsaufnahme (zum eigenwirtschaftlichen Charakter 10 ObS 73/9310 ObS 73/93 DRdA 1994/22, 262 [zust M. Ritzberger-Moser] = SSV-NF 7/45 = ZAS 1995/4, 26 [Rebhahn]; RS0084229RS0084229 [T15]) oder der Finanzierung einer (nicht berufsbedingten) Taxifahrt.

6.8. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob und inwieweit der Weg zu einer ersten Zahlung an einer Bankomatkasse nach der Entgeltüberweisung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen könnte.

7. Als Ergebnis folgt, dass der Weg zu einem Bankomaten, um dort Bargeld zu Lasten des Gehaltskontos zu beheben, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG (§ 175 Abs 2 Z 8 ASVG) steht, selbst wenn es sich um die erste Bargeldbehebung nach der Entgeltüberweisung handelt.

8. Ein Unfallversicherungsschutz des Klägers lässt sich auch nicht aus der Generalklausel des § 90 Abs 1 B-KUVG (§ 175 Abs 1 ASVG) ableiten.

8.1 Dazu ist vorweg festzuhalten, dass dann, wenn sich ein Sachverhalt wegen des Fehlens eines charakteristischen Tatbestandselements nicht unter einen Sondertatbestand (hier: § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG bzw § 175 Abs 2 Z 8 ASVG) subsumieren lässt, eine Subsumtion unter die Generalklausel nur bei starken Gründen in Betracht kommt, die den Mangel in Bezug auf den Sondertatbestand auszugleichen vermögen […]. Dient etwa die Bargeldbehebung beim Bankomaten dazu, eine begonnene dienstliche Tätigkeit fortsetzen zu können (etwa um ein Taxi besteigen zu können, dass ein liegen gebliebenes öffentliches Verkehrsmittel auf einer Dienstreise substituiert), ist ein innerer Zusammenhang mit dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung gegeben.

8.2 Der Unfallversicherungsschutz auf einer Dienstreise hängt davon ab, ob die Betätigung, bei der 229sich der Unfall ereignet, wesentlich mit dem Dienstverhältnis zusammenhängt. Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ist nämlich auf einer Dienstreise nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen (dienstlichen) Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- bzw Wohnortes aufhalten und bewegen muss. Der Versicherungsschutz fehlt, wenn sich der Dienstreisende rein persönlichen, für die Betriebstätigkeit nicht mehr wesentlichen und von dieser nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet (10 ObS 111/9010 ObS 111/90 SSV-NF 4/65; 10 ObS 316/9110 ObS 316/91 SSV-NF 6/39; RS0084819RS0084819). Allerdings wird bei Unfällen während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen (dienstlichen) Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im Allgemeinen eher anzunehmen sein als am Wohn- oder Betriebsort (RS0084819RS0084819 [T1]), weil sich der Versicherte in einer fremden Umgebung aufhält und damit gegebenenfalls gefahrbringenden Umständen ausgesetzt ist, die ihm in ihrer besonderen Eigenart an seinem Wohn- oder Dienstort nicht begegnet wären.

8.3 Dienen zurückgelegte Wege aber privaten (‚eigenwirtschaftlichen‘) Zwecken, ist für diese Wege der Versicherungsschutz auch auf Dienstreisen – ähnlich wie bei Arbeitswegen – zu verneinen (RS0083967RS0083967). Unterbricht der Versicherte den zur versicherten Tätigkeit gehörenden Weg aus privaten Gründen nicht nur geringfügig und widmet sich persönlichen Belangen (so genannten ‚eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten‘), steht er während dieser Zeit nicht unter Versicherungsschutz (RS0084822RS0084822 uva).

8.4 Dass dies auf die vom Kläger vorgenommene Unterbrechung der Fahrt zur nächsten Dienststelle, um zu Fuß ein 200 bis 300 m entferntes Postamt aufzusuchen und dort Briefmarken für einen Bekannten zu besorgen, zutrifft, bedarf keiner weiteren Erörterung; diese Unterbrechung ist nicht als bloß geringfügig zu qualifizieren, weil sie insbesondere wegen ihrer Dauer durch den privaten Zweck dominiert ist.

8.5 Auch die vom Kläger beabsichtigte Behebung von Bargeld, um die Rechnung für eine ins Auge gefasste Konsumation von Speisen und/oder Getränken in einer Cafeteria begleichen zu können, ist als Erledigung persönlicher Angelegenheiten dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen. Da die Nahrungsaufnahme im Allgemeinen dem privaten Lebensbereich zugerechnet wird (RS0084679RS0084679), wird ein innerer Zusammenhang mit der dienstlichen Aufgabe (der Inspektion von Munitionslagern und den damit verbundenen Fahrten) auch nicht dadurch hergestellt, dass der Kläger vor hatte, das Bargeld für die Konsumation in der Cafeteria der nächsten anzufahrenden Dienststelle zu verwenden.

8.6 Bei dem Weg vom Bankomaten zurück zum Dienstfahrzeug handelt es sich demnach […] um einen persönlichen, von der versicherten Tätigkeit und den Besonderheiten des auswärtigen Aufenthalts in B* nicht wesentlich beeinflussten Weg. Der Unfallversicherungsschutz des Klägers hätte erst dort wieder begonnen, wo der persönlich motivierte Abweg beendet war, somit bei der Fortsetzung der Fahrt mit dem Dienstfahrzeug zur nächsten Dienststelle. […]

10. Zusammenfassend lässt sich ein Schutz des Klägers in der gesetzlichen Unfallversicherung weder aus § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG noch aus § 90 Abs 1 B-KUVG ableiten.“

Erläuterung

Gem § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG besteht Unfallversicherungsschutz auch auf einem mit der unbaren Überweisung des Entgelts zusammenhängenden Weg zu einem Geldinstitut „zum Zweck der Behebung des Entgelts“. Die Bestimmung entspricht § 175 Abs 2 Z 8 ASVG. Dieser Unfallversicherungsschutz auf einem sogenannten „Bankweg“ war hier fraglich. Der Unfall ereignete sich nicht auf dem Weg von der Dienststätte oder der Wohnung zur Behebung des Geldbetrags, sondern auf einer Dienstreise. Darüber hinaus kam es zum Unfall nicht auf dem Weg zur Behebung im Geldinstitut, sondern bei einem Bankomaten.

Der Wortlaut der Bestimmung erfasst den Weg zu einer Geldbehebung bei einem Bankomaten nur dann, wenn sich der Bankomat bei „einem Geldinstitut“ befindet und dort die „Behebung des Entgelts“ vorgenommen werden kann. Außerdem wird nicht „das“ Entgelt behoben, sondern nur ein bestimmter Betrag zur Vorbereitung einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit.

Während die Instanzen dem Klagebegehren stattgaben, sah der OGH in den Entscheidungen eine korrekturbedürftige rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles. In seiner ausführlichen Begründung – die sowohl auf die bisherige Rsp als auch auf die Literatur Bezug nimmt – legte er dar, dass die gesetzliche Regelung des § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG sowohl nach dem Wortlaut als auch nach einer systematisch, teleologischen Interpretation keinen Unfallversicherungsschutz für den Weg zum Bankomaten umfasst und stellt dies für zukünftige Sachverhalte klar.

Diese Entscheidung bringt aber nicht nur eine Klarstellung zum Unfallversicherungsschutz auf dem „Bankweg“ gem § 90 Abs 2 Z 7 B-KUVG, sondern auch zum Schutz auf einer Dienstreise. Der OGH sah den Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit im Rahmen der Dienstreise des Versicherten, aufgrund des privatwirtschaftlich motivierten Charakters seiner Handlungen, als derart unterbrochen an, dass man nicht mehr von einer geringfügigen Unterbrechung sprechen konnte und daher auch nach der Generalklausel (§ 90 Abs 1 B-KUVG) kein Versicherungsschutz bestehen kann.230