Gesetzliche Regelungen zum Schutz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Kündigungsschutz und Diskriminierungsschutz nach dem BEinstG

MARTINACHLESTIL
1..
Für welche ArbeitnehmerInnen gelten die Regelungen des BEinstG?
1.1..
ArbeitnehmerInnen ohne einen bestimmten Grad der Behinderung

Seit 1.1.2006 finden zentrale Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), wie beispielsweise die Regelungen zum Diskriminierungsschutz, auch auf Personen Anwendung, die keinen bestimmten Grad einer Behinderung festgestellt haben. Voraussetzung ist, dass die/der AN eine Behinderung hat. Behinderung ist die Auswirkung einer körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder einer Beeinträchtigung der Sinnesfunktion, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren.* Diese Beeinträchtigung muss voraussichtlich mehr als sechs Monate dauern, sonst gilt sie als nur vorübergehend und fällt nicht unter den Schutz dieses Gesetzes. Ein Nachweis ist im Gesetz nicht vorgesehen, könnte aber im konkreten Anlassfall unterstützend sein. Als Nachweis kommt zB ein Steuerfreibetragsbescheid oder ein Behindertenausweis in Frage. Das Vorliegen einer bestimmten Staatsbürgerschaft ist ebenso wenig erforderlich wie eine Mindestbeschäftigungsdauer.

1.2..
ArbeitnehmerInnen mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 % und mehr

Das Gesetz kennt den Begriff begünstigte behinderte Menschen.* Das sind Personen, die einen festgestellten Grad der Behinderung im Ausmaß von 50 % oder mehr haben.

Die Zuerkennung zum Kreis der begünstigten behinderten Menschen erfolgt mittels Bescheid durch die zuständige Landesstelle des Sozialministeriumservice.* Voraussetzungen sind neben der Antragstellung durch die betroffene Person ein nachweislicher Grad der Behinderung von 50 % oder mehr sowie die österreichische Staatsbürgerschaft. Österreichische StaatsbürgerInnen sind gleichgestellt: UnionsbürgerInnen, EWR-BürgerInnen und Schweizer BürgerInnen sowie deren Familienangehörige und langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige sowie deren Familienangehörige. Auch anerkannte Flüchtlinge können einen Antrag stellen.

Der Grad der Behinderung wird aufgrund eines Sachverständigengutachtens festgesetzt. Die Behinderung wird dabei nicht als Beeinträchtigung auf den konkreten Arbeitsplatz bezogen, sondern es wird geprüft, wie sich die Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auswirkt. Beispiel: Einer/Einem BilanzbuchhalterIn wird aufgrund einer Querschnittlähmung durch den Feststellungsbescheid ein Grad der Behinderung von 80 % zuerkannt. Auf die Tätigkeit als BilanzbuchhalterIn hat die Querschnittlähmung jedoch keine Auswirkung. Der Grad der Behinderung darf nicht mit einer Leistungseinschränkung gleichgesetzt werden!

Gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice kann die betroffene Person Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben.* Bereits vor Bescheiderlassung durch das Sozialministeriumservice hat der/die AntragstellerIn Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Verfahrens. In der Regel entfaltet er seine Wirksamkeit mit Antragstellung, also rückwirkend.

Wird aufgrund eines Bescheides der gesetzlichen UV oder einer Gerichtsentscheidung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mindestens 50 % festgestellt, dann gehören diese Personen ex lege zum Kreis der begünstigten behinderten Menschen. Die Zugehörigkeit erlischt, wenn nicht innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides oder des Urteils gegenüber dem Sozialministeriumservice eine Erklärung abgegeben wird, weiterhin dem Kreis der begünstigten behinderten Personen angehören zu wollen.

Nach einem Erk des VwGH aus dem Jahr 2011 (VwGH 30.9.2011, 2009/11/0009) kann auf die Begünstigteneigenschaft auch wieder verzichtet werden.236

2..
Können ArbeitnehmerInnen mit Behinderungen gekündigt werden?
2.1..
Begünstigte behinderte ArbeitnehmerInnen

Durch den Kündigungsschutz sind AN, die dem Kreis der begünstigten behinderten Menschen angehören, besonders geschützt. Er soll verhindern, dass sie in sozial ungerechtfertigter Weise gekündigt werden.

2.1.1..
Kündigungszustimmungsverfahren:*

Will ein/e AG eine/n begünstigte/n behinderte/n AN kündigen und der Kündigungsschutz ist bereits wirksam geworden, muss sie/er zuvor einen Antrag beim Behindertenausschuss (eingerichtet bei der jeweiligen Landesstelle des Sozialministeriumservice) auf Zustimmung zur Kündigung einbringen. Erst wenn der Behindertenausschuss eine Zustimmung zur Kündigung erteilt hat, darf eine Kündigung ausgesprochen werden – andernfalls wäre sie grundsätzlich rechtsunwirksam. Der Behindertenausschuss* ist ein Gremium aus VertreterInnen des Sozialministeriumservice, der AG- und AN-Vertretungen, VertreterInnen der Menschen mit Behinderungen und VertreterInnen des Arbeitsmarktservice (AMS). Die Kündigungsfrist beträgt zumindest vier Wochen, wenn nicht schon aufgrund anderer Vorschriften eine längere Kündigungsfrist gilt.

AG haben vor Einleitung des Kündigungsverfahrens verpflichtend den BR bzw die Personalvertretung und die Behindertenvertrauensperson zu verständigen, der/die innerhalb einer Woche hiezu Stellung nehmen kann. Ferner hat das Sozialministeriumservice Vorsorge zu treffen, dass vor Durchführung eines Kündigungsverfahrens die Parteien von einer unbürokratischen, niederschwelligen und kostenfreien „Krisenintervention“ Gebrauch machen können (zB durch den Einsatz von sogenannten Beruflichen Assistenzen wie Arbeitsassistenz, Jobcoaching ua). Der BR bzw die Personalvertretung und die Behindertenvertrauensperson haben im Verfahren vor dem Behindertenausschuss ein Anhörungsrecht, der/die begünstigte behinderte AN hat Parteistellung. Das Sozialministeriumservice bietet während des Verfahrens Betreuung und Beratung sowie Fördermaßnahmen an, um das von der Kündigung bedrohte Arbeitsverhältnis zusätzlich zu sichern. Gegen den Bescheid des Behindertenausschusses kann eine Beschwerde beim Sozialministeriumservice eingebracht werden. Über die Beschwerde entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.

2.1.2..
Kündigungsgründe:*

Dieser besondere Kündigungsschutz nach dem BEinstG bedeutet nicht, dass die AN nun unkündbar sind. Im Kündigungsverfahren ist es Aufgabe des Behindertenausschusses zu prüfen, ob ein Kündigungsgrund vorliegt, ob eine Weiterbeschäftigung zumutbar wäre und ob das Diskriminierungsverbot eingehalten wurde.

Das Gesetz selbst nennt drei Gründe, bei deren Vorliegen die Zustimmung zur Kündigung wohl erteilt werden wird:

  • Wegfall des Arbeitsplatzes der/des begünstigten behinderten AN, sofern im Unternehmen kein geeigneter Ersatzarbeitsplatz vorhanden ist,

  • Arbeitsunfähigkeit der/des begünstigten behinderten AN, wenn eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist,

  • beharrliche Pflichtverletzung durch die bzw den begünstigte/n behinderte/n AN.

Im konkreten Einzelfall kommt es zu einer Interessenabwägung. Es wird zwischen dem Interesse der/des AN an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses und dem Interesse der/des AG an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgewogen.

2.1.3..
Nachträgliche Zustimmung:*

In Ausnahmefällen kann der Behindertenausschuss auch nachträglich die Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung erteilen. Ein derartiger Ausnahmefall, der die nachträgliche Zustimmung rechtfertigt, ist gegeben, wenn der/dem AG zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste, dass die/der AN dem Personenkreis der begünstigten behinderten Menschen angehört. Wird die Zustimmung nachträglich erteilt, wird die Kündigung rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Kündigung wirksam. Das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung und das Diskriminierungsverbot sind auch bei einer nachträglichen Zustimmung durch den Behindertenausschuss zu prüfen.

Liegt im Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung kein Feststellungsbescheid vor, läuft jedoch ein Verfahren über die Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft, dann ist die/der AG davon zu informieren. Sollte ein Grad der Behinderung von 50 % oder mehr festgestellt werden, so tritt der besondere Kündigungsschutz idR rückwirkend ab dem Datum des Einganges des Feststellungsantrages beim Sozialministeriumservice ein, sofern das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate gedauert hat.*237

2.1.4..
Wirksamwerden des besonderen Kündigungsschutzes:*

Den Kündigungsschutz gibt es aber erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Bei Arbeitsverhältnissen, die bis zum 31.12.2010 abgeschlossen wurden, wurde der Kündigungsschutz für AN, die dem Kreis der begünstigten behinderten Menschen angehören, nach Ablauf von sechs Monaten (gerechnet ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam. Diese Sechsmonatsfrist wurde durch eine Novelle des BEinstG (Budgetbegleitgesetz 2011) für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1.1.2011 neu begründet werden, verlängert: Der Kündigungsschutz wird für AN, die den Begünstigtenstatus bereits haben, erst nach dem Ablauf von vier Jahren wirksam. Anderes gilt für Menschen, die den Begünstigtenstatus innerhalb dieses Vierjahreszeitraumes erst feststellen lassen; für sie wird der Kündigungsschutz wie bisher bereits nach dem Ablauf von sechs Monaten wirksam. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Behinderung bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bereits bestanden hat oder erst nachträglich eingetreten ist. Beispiele: In einem Fall tritt die Behinderung eines AN erst nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ein (zB durch eine Krebserkrankung) und dem AN wird daraufhin der Begünstigtenstatus zuerkannt. In einem anderen Fall war die Behinderung bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses schon vorhanden (zB aufgrund einer chronischen Erkrankung), die AN verfügt aber noch nicht über die Begünstigteneigenschaft, sondern lässt sie erst während des Arbeitsverhältnisses feststellen. In beiden Fällen wird der Kündigungsschutz nach sechs Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses wirksam. Bei Feststellung der Begünstigteneigenschaft infolge eines Arbeitsunfalls wird der Kündigungsschutz sofort wirksam.

2.2..
ArbeitnehmerInnen mit Behinderungen (ohne festgestellten Grad bzw mit einem Grad der Binderung unter 50 %) und begünstigte behinderte ArbeitnehmerInnen, für die der besondere Kündigungsschutz noch nicht wirksam ist
2.2.1..
Seit 1.1.2006 gilt für AN mit Behinderungen ein Diskriminierungsschutz:*

Dieser besagt, dass AN aufgrund ihrer Behinderung (unabhängig von einem festgestellten Grad der Behinderung, der Staatsbürgerschaft und der Dauer ihrer Beschäftigung) im Unternehmen nicht benachteiligt werden dürfen!* Diese AN haben daher die Möglichkeit, gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses (zB Kündigung) vorzugehen, sofern diese aufgrund ihrer Behinderung erfolgt ist. Ob eine Diskriminierung vorliegt, muss allerdings im konkreten Einzelfall geprüft werden.

Wir sprechen von unmittelbarer Diskriminierung, wenn eine Person auf Grund einer Behinderung in einer vergleichbaren Situation eine schlechtere Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.*

Beispiel: Die AN S hat eine Gehbehinderung. Im Unternehmen, in dem sie arbeitet, gehen seit längerer Zeit die Aufträge zurück, sodass zumindest ein/e MitarbeiterIn der Produktionsabteilung gekündigt werden muss. Das Unternehmen entscheidet sich für Frau S. Sollte die Wahl der/des zu kündigen Mitarbeiterin/Mitarbeiters auf die AN S aufgrund ihrer Behinderung gefallen sein, dann stellt dies eine unmittelbare und daher unzulässige Diskriminierung dar. Es ist allerdings keine Diskriminierung, wenn etwa ein ganzer Bereich geschlossen wird und alle MitarbeiterInnen gekündigt werden müssen und eine dieser MitarbeiterInnen Frau S ist.

Wenn ein bestimmtes Merkmal, das im Zusammenhang mit einer Behinderung steht, eine wesentliche und entscheidende Voraussetzung für die Ausübung des Berufes darstellt, liegt bei einer Ungleichbehandlung im Zusammenhang mit diesem Merkmal keine Diskriminierung vor.* Beispiel: Der Vertrag einer Opernsängerin wird aufgelöst, weil bei einer Operation ihre Stimmbänder dauerhaft geschädigt wurden und sich ihre Stimme dadurch verändert hat. In diesem Fall liegt keine Diskriminierung vor, weil eine entsprechende Singstimme eine entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt und es sich dabei um eine angemessene Anforderung für die Beschäftigung einer Opernsängerin handelt.

2.2.2..
Folgen der Verletzung des Diskriminierungsverbots:*

Wenn AN wegen ihrer Behinderung gekündigt werden, spricht man von einer diskriminierenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses (dies gilt ebenso für die Fälle einer diskriminierenden Entlassung oder wenn ein Probedienstverhältnis aus dem Grund der Behinderung aufgelöst bzw ein befristetes Arbeitsverhältnis aus diesem Grund nicht fortgesetzt wird).

Die AN können gegen die Diskriminierung vorgehen und zwischen folgenden zwei Möglichkeiten wählen:

  • Entweder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bekämpfen und nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens allenfalls eine Anfechtungsklage (bzw Feststellungsklage) bei Gericht einbringen, damit das Arbeitsverhältnis weiter bestehen bleibt oder 238

  • die Beendigung gegen sich gelten lassen und materiellen sowie immateriellen Schadenersatz verlangen. Ein materieller Schaden ist der finanzielle Schaden, den die betroffene Person durch die Diskriminierung erlitten hat. Man nennt ihn auch Vermögensschaden. Immaterieller Schaden liegt vor, wenn die betroffene Person eine persönliche Beeinträchtigung durch die Diskriminierung erfahren hat. Das ist die entstandene Kränkung oder Beleidigung.

2.2.3..
Durchsetzung der Ansprüche aus dem Diskriminierungsverbot:

Es sind zwei Schritte erforderlich, um die Ansprüche aus dem Diskriminierungsverbot des BEinstG durchzusetzen.

Und zwar: ein Schlichtungsverfahren und eine Klage vor Gericht, wenn das Schlichtungsverfahren keinen Erfolg gebracht hat.

Schlichtungsverfahren:* Personen, die sich wegen ihrer Behinderung diskriminiert fühlen, sollten umgehend Beratung und Unterstützung einholen, so etwa bei der/dem Behindertenanwältin/Behindertenanwalt des Bundes, bei der zuständigen Fachgewerkschaft und der Arbeiterkammer oder beim Österreichischen Behindertenrat ua. In weiterer Folge ist ein Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bei der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice einzubringen. Der Antrag kann schriftlich oder mündlich eingebracht werden. Mit dem Antrag gibt die Person dem Sozialministeriumservice bekannt, dass sie sich diskriminiert fühlt und eine gütliche Einigung in dieser Angelegenheit herbeiführen möchte. Das Sozialministeriumservice leitet das Schlichtungsverfahren ein, Ziel des Verfahrens ist ein einvernehmlicher Ausgleich der Interessengegensätze der Streitparteien, ohne vor Gericht gehen zu müssen. Die Streitparteien sind die Person, die sich diskriminiert fühlt, und die Person, die für die Diskriminierung verantwortlich ist. Bei dem Schlichtungsverfahren geht es nicht darum, dass festgestellt wird, ob eine Diskriminierung vorliegt oder nicht.

Das Sozialministeriumservice kann zur Unterstützung auch eine externe Mediation anbieten.* Die Kosten des gesamten Schlichtungsverfahrens sowie der Mediation trägt der Bund.* In einem Schlichtungsverfahren können auch mehrere Diskriminierungstatbestände behandelt werden. Etwa, wenn eine Person sich wegen ihrer Behinderung und wegen ihres Geschlechts diskriminiert fühlt; man spricht dann von Mehrfachdiskriminierung.

Klage vor Gericht:* Das Ziel der Klage (einzubringen beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht) ist, wie bereits oben erwähnt, entweder auf den Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet oder auf die Geltendmachung von materiellem sowie immateriellem Schadenersatz. Zu beachten ist, dass vor jeder gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss.

Die Klage ist im Falle einer Kündigung dann zulässig, wenn nicht längstens innerhalb von einem Monat ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens eine gütliche Einigung zustande gekommen ist. Die klagende Partei hat der Klage eine Bestätigung des Sozialministeriumservice darüber anzuschließen, dass keine gütliche Einigung erzielt worden ist.*

Für das Einbringen einer Klage vor Gericht wegen einer Diskriminierung gibt es Fristen, die eingehalten werden müssen.* Im Falle der Anfechtung einer Kündigung sind das nur 14 Tage ab Zugang der Beendigungserklärung. Lässt die/der AN die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten und macht stattdessen Schadenersatzansprüche geltend, so sind diese Ansprüche binnen sechs Monaten ab Zugang der das Arbeitsverhältnis beendenden Erklärung bei Gericht geltend zu machen.

Das Schlichtungsverfahren muss daher innerhalb dieser Fristen eingeleitet werden, wenn in weiterer Folge eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche angestrebt wird. Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens bewirkt eine Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung von Rechtsansprüchen.* Die Hemmung endet mit der Zustellung der Bestätigung des Sozialministeriumservice an die vermeintlich diskriminierte Person, dass keine gütliche Einigung erzielt worden ist. Nach Zustellung der Bestätigung steht der betroffenen Person im Falle einer Anfechtung der diskriminierenden Beendigung (Kündigung) jedenfalls noch eine Frist von 14 Tagen offen.* Bei der wahlweisen Geltung von Schadenersatzansprüchen dürfte, obwohl gesetzlich nicht klar geregelt, zumindest noch eine Frist von drei Monaten offenstehen.*

Im gerichtlichen Verfahren ist festzustellen, ob die Diskriminierung tatsächlich vorgefallen ist oder ob andere Motive (zB wirtschaftliche Gründe oder Gründe, die in der Person der/des AN begründet sind) für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend waren. Wer muss nun beweisen, dass keine bzw eine Diskriminierung vorgefallen 239ist (= Beweislast)? Nach dem Gesetz muss die betroffene Person dem Gericht glaubhaft machen, dass eine Diskriminierung vorliegt. Die/Der bekl AG muss beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihr/ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die benachteiligende Behandlung ausschlaggebend war (dh, dass sie/er nicht diskriminiert hat; so genannte Beweislastumkehr).* Klarerweise ist es aber in einem gerichtlichen Verfahren immer von Vorteil, wenn auch die Klage durch Beweise (zB Aktennotizen, ZeugInnen) gut untermauert werden kann.

Die Kosten für das Gerichtsverfahren sind von der Streitpartei zu tragen, die das Verfahren verliert.

Zusätzlich ist noch auf die Möglichkeit der Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit* beim Arbeits- und Sozialgericht hinzuweisen, wenn die/der AN bereits sechs Monate im Betrieb beschäftigt ist und durch die Kündigung wesentliche Interessen beeinträchtigt sind (Achtung, auch hier bestehen kurze Anfechtungsfristen, so etwa zwei Wochen für die/den AN*).

3..
Abschließende Anmerkung

Hervorzuheben ist, dass die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung viele positive Effekte für Unternehmen mit sich bringt (hohe Motivation und Leistungsbereitschaft in der Belegschaft, Respekt und gegenseitiges Verständnis, ein gestiegenes Firmenimage ua). Zudem können beim Einsatz von AN mit Behinderung sowohl von den AG als auch von den AN Förderungen und Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden.* Bei der Beschäftigung von begünstigten behinderten AN werden AG weiters Steuerbegünstigungen gewährt und auch die Zahlung der Ausgleichstaxe fällt weg.

Für begünstigte behinderte AN stellt der besondere Kündigungsschutz des BEinstG eine bewährte Maßnahme zur Sicherung des bestehenden Arbeitsplatzes dar, dies vor allem auch in Krisenzeiten. Der Lockerung des Kündigungsschutzes mit Wirksamwerden ab 1.1.2011 stand die AN-Interessenvertretung sehr kritisch gegenüber. Die bisherigen Arbeitsmarktdaten zeigen deutlich,* dass sich die Befürchtungen der Arbeiterkammer bewahrheitet haben und dass eine Aufweichung des Bestandschutzes nicht zu einer Erhöhung des Beschäftigungsstandes von begünstigten behinderten Menschen, aber zu einer Senkung des Schutzniveaus führen kann. Die damalige Ausdehnung der Frist für das Wirksamwerden des Kündigungsschutzes von sechs Monate auf vier Jahre sollte daher überdacht und zurückgenommen werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Diskriminierungsschutz des BEinstG trotz vieler positiver Auswirkungen in der Beratungspraxis große ungelöste Schwächen in der Rechtsdurchsetzung zeigt (kurze Geltendmachungsfristen, geringe Schadenersatzansprüche, große Hürden bei der Glaubhaftmachung, weitgehend erfolglose Schlichtungsverfahren im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, wenn es um deren Aufrechterhaltung geht ua).