Rechtsfragen zu § 16 MSchG

CHRISTOPHRADLINGMAYR

§ 16 MSchG sichert einer schwangeren AN für den kündigungsgeschützten Zeitraum ihren Anspruch auf Weiterbenützung einer bisher gewährten Dienstwohnung, indem davon abweichende Vereinbarungen einer vorherigen gerichtlichen Belehrung bedürfen. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit ausgewählten Fragestellungen, darunter zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 16 MSchG.

1..
Welche Unterkünfte sind geschützt?

Der Gesetzestext spricht von Dienst- und Werkswohnungen sowie sonstigen Unterkünften. Gemeinsam ist all diesen Wohngelegenheiten, dass sie wegen der Begründung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden und die Benützung mit dem aufrechten Bestand desselben verknüpft ist. Daraus rechtfertigt sich auch der Ausschluss aus dem Mietrechtsgesetz (MRG).* Eine Dienstwohnung ieS hat die AN verpflichtend zu beziehen, eine Werkswohnung wird entgeltlich, meist verbilligt, 240für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellt, die Naturalwohnung kostenlos.* Die „sonstigen Unterkünfte“ stellen einen Auffangtatbestand dar, der Gesetzgeber dürfte dabei in erster Linie Dienstzimmer, Wohngemeinschaften und andere, kleinere Wohneinheiten im Auge gehabt haben.*

2..
Sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung

Dienstwohnungen werden so gut wie immer kostenlos bzw verbilligt gewährt. Es handelt sich damit um einen entgeltwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis, der sozialversicherungs- und steuerpflichtig* und arbeitsrechtlich dem weiten Entgeltbegriff zuzuordnen ist.* Als Wert ist der Geldbetrag anzusetzen, den der AN aufwenden müsste, um sich die Wohnung am Ort der Nutzung zu verschaffen. Um Schwierigkeiten bei der Ermittlung hintanzuhalten, ist § 2 der Sachbezugsverordnung heranzuziehen. Maßgeblich für die konkrete Höhe des Sachbezugs sind die sogenannten Richtwerte. In diesen Preisen sind die Betriebskosten enthalten. Für übernommene Heizkosten erhöht sich der Sachbezugswert um € 0,58 pro Quadratmeter. Übernimmt der AG darüber hinaus die Kosten für Strom, Telefon und/oder Fernsehen, stellen diese ebenfalls einen Sachbezug dar und sind mit den tatsächlichen Beträgen anzusetzen.

3..
Inhalt und Normzweck des § 16 MSchG

Vereinbarungen, die den Wohnanspruch berühren, bedürfen einer vorherigen Rechtsbelehrung durch das Arbeits- und Sozialgericht. Erkennbarer Normzweck ist die Sicherung des existentiell wichtigen Wohnbedürfnisses der (werdenden) Mutter und die Bewahrung vor unüberlegten bzw aufoktroyierten Vereinbarungen.

Eine Belehrung durch die gesetzliche Interessenvertretung (§ 15 BAG) ist nicht vorgesehen. Dem Wortlaut zufolge („berühren“) ist nicht eindeutig, ob sämtliche Vereinbarungen dem gerichtlichen Schutz unterliegen, oder nur ungünstigere. „Berührt“ ist der Anspruch auch, wenn eine Vereinbarung der AN bspw eine größere Wohnung als die bisherige verschafft. Wird die AN durch die neue Vereinbarung ausschließlich begünstigt, ist mE eine gerichtliche Belehrung nicht geboten. Räumt die Vereinbarung der AN sowohl Vor- als auch Nachteile ein (zB größere Wohnung, aber Kostenbeteiligung), muss eine Belehrung stattfinden. Damit wird dem Normzweck, der AN alle Folgen ihrer Zustimmung zu verdeutlichen, am besten Rechnung getragen.

Befremdlich erscheint der Umstand, dass § 16 MSchG für die Vereinbarung zwischen AG und AN keine Schriftlichkeit erfordert. Da eine schwangere AN sich bei einer im Regelfall nicht von ihr initiierten und meist nachteiligen Vereinbarung über die Weiterbenützung der Dienstwohnung in einer vergleichbar schutzwürdigen Situation befindet, wie in Bezug auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses, erscheint mE eine analoge Anwendung des Schriftformgebots des § 10 Abs 7 MSchG geboten, zumal davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber die schon aus Gründen der Rechtssicherheit gebotene Notwendigkeit der Schriftlichkeit nicht bedacht hat.

Sollte zulässigerweise eine mündliche Vereinbarung getroffen werden, kommt der Rechtsbelehrung eine umso wichtigere Funktion zu. Jede Belehrung kann nur dann sinnstiftend sein, wenn auch das Gericht die konkreten Inhalte und Rahmenbedingungen der Vereinbarung kennt. Bei auch nur geringsten Zweifeln ist das Gericht angehalten, die Belehrung so lange zu verweigern, bis die konkreten Inhalte der Vereinbarung – am besten durch Verschriftlichung – offengelegt werden.

Die Belehrung nach § 92 ASGG stellt eine außerstreitige Materie dar. Zweckmäßigerweise wird über das Belehrungsgespräch eine schriftliche Bestätigung des Gerichts ausgestellt werden, die der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung beizulegen bzw in dieser festzuhalten ist. Die Belehrung und die Bestätigung sind gebührenfrei.

Die Belehrung ist dem Wortlaut des § 16 MSchG zufolge zwingend vor Abschluss der Vereinbarung notwendig („nach Rechtsbelehrung der Dienstnehmerin“). Durch eine nachträgliche Belehrung wird deren Unwirksamkeit – vergleichbar mit § 15 Abs 5 BAG* – nicht saniert. Es ist vielmehr eine neuerliche Vereinbarung zu treffen, die wiederum der vorigen Belehrung bedarf.

Fraglich ist, welche Möglichkeiten dem AG verbleiben, wenn die AN ihre Zustimmung zu einer berechtigten Änderung der Vereinbarung verweigert, indem sie bspw die gerichtliche Belehrung nicht einholt und dienstvertraglich keine Regelungen 241dazu getroffen wurden. Zu denken ist bspw an einen vorübergehenden Aus- bzw Umzug wegen dringender Reparatur- oder Renovierungsarbeiten. § 16 MSchG eröffnet keine Möglichkeit, die fehlende Zustimmung der AN durch jene des Gerichts zu ersetzen. In solchen Ausnahmefällen erscheint es geboten, auf die ergänzende Vertragsauslegung zurückzugreifen. Vernünftige Vertragsparteien hätten in diesem Fall vereinbart, der AN für diesen Zeitraum entweder eine Ersatzwohnung bereit zu stellen, oder ihr den Wert des Sachbezugs in Form von Entgelt zu ersetzen. Maßgeblich für die Entgelthöhe sind die Gesamtkosten einer angemessenen Mietwohnung.* Zu Letzterem ist der AG mE erst verpflichtet, wenn er nicht in der Lage ist, der AN eine gleichwertige (dh vor allem eine – annähernd – gleich große und auch sonst vom Standard her gleiche) Ersatzwohnung anzubieten. Nicht zulässig wäre es mE, für diese – vertraglich nicht geregelten – Fälle im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung einen Widerrufsvorbehalt zu fingieren, mit dem der AN sowohl der Naturalbezug als auch der entgeltwerte Ersatz entzogen werden kann. Eine einseitige, die AN benachteiligende Rechtsfolge ist vom hypothetischen Parteiwillen nicht mehr umfasst. Zu beachten ist auch, dass der AG keine Vorteile aus einem nicht vereinbarten Vorbehalt ziehen soll, den er – wenngleich in gewissen Grenzen – dienstvertraglich vereinbaren hätte können.

Sollte der Dienstwohnungskomplex bspw durch einen Brand vollständig und dauerhaft zerstört werden, fällt mE die Verpflichtung zur Beistellung einer Ersatzwohnung weg, soweit dies dem AG nicht zumutbar ist. In diesem Fall ist der AG aber ebenso verpflichtet, der AN die Kosten einer Mietwohnung zu ersetzen, indem er den Bruttobezug entsprechend erhöht, da der dauerhafte Verlust der Dienstwohnung zwar die Gewährung „in natura“ unmöglich macht, nicht aber die Abgeltung in Geld.

Vereinbarungen, die die Benützung des Wohnraums mit Beginn der Schwangerschaft automatisch beenden, sind zweifelsfrei sittenwidrig, weil § 16 MSchG dadurch umgangen werden könnte.*

Aus der weitgehenden Einschränkung von Änderungsvereinbarungen zur Benützung der Dienstwohnung resultiert im Größenschluss, dass einseitige Änderungen umso weniger zulässig sind. Dies ergibt sich zunächst schon aus der überzeugenden Rsp, wonach Teilkündigungen von Dienstwohnungen unzulässig sind,* sowie daraus, dass das Formerfordernis der gerichtlichen Belehrung nicht durch vertragliche Vorbehalte abbedungen bzw umgangen werden kann. Diese Grundsätze sind auch für die Beurteilung und Ausübung von Unverbindlichkeits-, Widerrufs- und sonstigen Änderungsvorbehalten maßgeblich.*

Die einseitige bzw auf einen Vorbehalt gestützte Wegnahme der Dienstwohnung hat sich unter Berücksichtigung des Zwecks des § 16 MSchG auf jene wichtigen Gründe zu beschränken, die mit der Benützung der Wohnung im Zusammenhang stehen und sich auf ein schuldhaftes Verhalten der AN gründen.* Dazu zählen mE ausschließlich der qualifizierte Verzug beim Mietzins iSv § 30 Abs 2 Z 1 MRG und der „erheblich nachteilige Gebrauch“ iSv § 30 Abs 2 Z 3 MRG. Hierbei ist die AN vorher zu verwarnen, der AG ist zudem verpflichtet, gelindere Maßnahmen zu setzen, bspw beim Verzug durch Aufrechnung gegen den Entgeltanspruch.* Darüber hinaus wäre ein Vorbehalt und dessen Ausübung in Bezug auf notwendige Umbauten sowie die dauerhafte Zerstörung des Objekts zulässig. Andere wichtige Gründe, wie bspw eine Verletzung der Arbeitspflicht, berechtigen den AG auch bei entsprechendem Vertragsvorbehalt nicht dazu, ein solches Fehlverhalten mit dem Verlust der Dienstwohnung zu sanktionieren. Gleiches gilt für sachliche Gründe, deren Anwendungsbereich weiter gefasst ist als jener der wichtigen Gründe. Sachliche Gründe können bspw auch wirtschaftlicher Natur sein,* solche sind aber bei der Benützung bzw dem Entzug der Dienstwohnung im bestandgeschützten Zeitraum unbeachtlich.

4..
Beginn und Ende des Schutzes

Der Kündigungsschutz beginnt mit der Schwangerschaft. Der Schutz der Dienstwohnung knüpft an den Kündigungsschutz und setzt demnach ebenso mit Beginn der Schwangerschaft ein. Die AN ist zwar verpflichtet, die Schwangerschaft zu melden, die Nichtmeldung steht aber nicht unter Sanktion. Zweckmäßig ist die Meldung aber in jedem Fall (Evaluierung des Arbeitsplatzes, evtl Beschäftigungsverbote, etc).

Fraglich ist, ob die AN die Fünftagefrist des § 10 Abs 2 MSchG auch zu beachten hat, wenn der AG in Unkenntnis der Schwangerschaft mit ihr eine Vereinbarung über die Dienstwohnung trifft, die einer vorherigen Belehrung bedurft hätte, die AN hingegen von der Schwangerschaft weiß. Für die Wirksamkeit des Kündigungsschutzes ist die AN bei Ausspruch einer AG-Kündigung verpflichtet, die Schwangerschaft innerhalb von fünf Arbeitstagen 242zu melden und nachzuweisen. Spricht der AG keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus und hat die AN die Schwangerschaft nicht gemeldet, bleibt es demgegenüber dabei, dass der Kündigungsschutz ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft eintritt. Daraus folgt, dass eine Vereinbarung über die Dienstwohnung zu einem solchen Zeitpunkt jedenfalls der Belehrungspflicht unterliegt.*

Möchte die AN die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung aufgreifen, ist sie dazu mE nicht innerhalb der Fünftagesfrist verpflichtet. § 16 MSchG auferlegt der AN keine Fristen für Meldungen zum Schutz ihrer Wohnung. Der Verweis ua auf § 10 MSchG soll lediglich den Zeitraum des Schutzes festlegen, eine Übertragung der durchaus strengen Melde- und Nachweispflichten findet sich nicht. Der Verlust des Wohnraums einer werdenden Mutter wäre eine derart schwerwiegende Folge, dass es unbillig erscheint, ihr eine so kurze Frist zu gewähren, um diese Konsequenz zu verhindern. Gegenteiliges hätte der Gesetzgeber ausdrücklich anordnen können und müssen. Die AN ist daher mE nicht verpflichtet, innerhalb von fünf Tagen die Schwangerschaft zu melden, um die Wirksamkeit der Vereinbarung zu verhindern. Nichtsdestotrotz sollte die AN unverzüglich handeln, um ehestmöglich Gewissheit in Bezug auf den Verbleib in der Dienstwohnung zu haben.

Unbegrenzt lange kann die AN die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Vereinbarung allerdings nicht geltend machen. Es trifft sie mE eine Aufgriffsobliegenheit, die aufgrund des beiderseitigen Klarstellungsinteresses mit zirka vier Monaten begrenzt werden könnte.* Diese gilt auch bei Unkenntnis der Schwangerschaft, auch hier kann die Obliegenheit zur unverzüglichen Meldung und dem Nachweis (§ 10 Abs 2 zweiter Fall MSchG) nicht auf die Beibehaltung der Dienstwohnung übertragen werden.

Der Kündigungsschutz endet vier Monate nach der Entbindung bzw vier Wochen nach Karenzende. Bei Meldung einer Elternteilzeit erstreckt sich der Schutz bis vier Wochen nach dem vierten Lebensjahr des Kindes.

5..
Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen § 16 MSchG

Was passiert, wenn die Parteien eine Vereinbarung ohne gerichtliche Belehrung darüber abschließen, dass die AN bspw bis zum Beginn des Mutterschutzes aus der Dienstwohnung ausziehen muss, oder eine unzulässige Weisung dazu erteilt wird (allenfalls gestützt auf einen vertraglichen Vorbehalt)?*

Vorauszuschicken ist, dass die Einräumung einer Dienstwohnung einen entgeltwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis darstellt, dessen Kündigung grundsätzlich nicht zulässig ist. Unter der Prämisse, dass die Dienstwohnung – vergleichbar mit dem Arbeitsverhältnis bei Schwangerschaft an sich – durch § 16 MSchG einem besonderen Bestandschutz unterliegt, muss der AN mE ein Wahlrecht zukommen, entweder in der Dienstwohnung zu bleiben, oder die Wegnahme gegen sich gelten zu lassen.* Im ersten Fall hat die AN den AG auf Leistung zu klagen, ihr die Benützung der Dienstwohnung weiterhin zu ermöglichen bzw zu dulden; diese Klage sollte mit einer einstweiligen Verfügung verbunden werden.*

Im zweiten Fall ist die Rsp zu beachten, nach der nicht mehr gewährte Naturalleistungen in Geld abzulösen sind. Die Höhe des Ersatzes richtet sich dabei nach dem Vorteil, der der AN durch den Naturalbezug entstanden ist.* Es ist daher zu fragen, was sich die AN bisher erspart hat. Die fiskalische Bewertung insb durch die Sachbezugsverordnung stellt dafür nur einen ersten Anhaltspunkt dar und wird mE stets nach oben zu korrigieren sein, da der angesetzte Sachbezug wohl nie den Kosten einer Mietwohnung gerecht wird.*

Der AN gebührt Geldersatz (= Entgelt) für alle Kosten, die durch die rechtswidrige Wegnahme der Dienstwohnung entstehen. Dazu gehören vor allem die Mietkosten für eine Ersatzwohnung, inklusive Betriebs-, Strom-, Heiz- und alle weiteren Kosten (zB Telefon/TV-Gebühr), die sie sich bisher ganz oder teilweise erspart hat. In Anlehnung an die Rsp ist dabei von einer vergleichbaren Wohnung im letzten Monat vor der Einstellung des Sachbezugs auszugehen.* Der AN, die von sich aus in der Dienstwohnung verblieben wäre, werden demgegenüber keine Kosten ersetzt, die 243sich bspw daraus ergeben, dass die Mietwohnung die Dienstwohnung von der Größe oder vom Luxus her übersteigt. Bei der Frage der Vergleichbarkeit bzw Angemessenheit der Ersatzwohnung kommt dem Gericht ein Ermessensspielraum nach § 273 ZPO zu. Eine erste Orientierung bietet § 2 RichtwertG. Diese Bestimmung legt die Kriterien einer sogenannten Normwohnung fest.

Befindet sich die AN in Elternteilzeit und muss daher aufgrund des vom AG erzwungenen Auszugs, einen Weg in die Arbeit zurücklegen, hat ihr der AG sämtliche Kosten zu erstatten (insb Kilometergeld bzw Fahrtkosten).

Wurde für die Wohnung demnach bspw bisher ein Sachbezug von € 300,- angesetzt und wird der AN die Dienstwohnung entzogen, fällt der Sachbezug in der Lohnabrechnung weg.* An seine Stelle treten als Bruttoentgelt die Summe der genannten Kosten, bspw € 600,-.* Dieses Entgelt gebührt der AN für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses, dh auch für den nicht bestandgeschützten Zeitraum nach der Schwangerschaft, da die Dienstwohnung grundsätzlich* bis zum Ende des Dienstverhältnisses zusteht. Da sich die Höhe des zu ersetzenden Entgelts ausschließlich am verschafften Nutzen vor dem Entzug der Dienstwohnung bemisst, kommt mE auch keine Anrechnung in Frage. Selbst wenn die AN daher bspw bei ihrem Freund/Ehemann/Verwandten einzieht und sich an dessen Wohnkosten nicht beteiligt, bleibt der Entgeltanspruch ungeschmälert aufrecht.

Über diesen Entgeltersatz hinaus haftet der AG auch nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen. Kausal verursacht sind dabei mE bspw Maklergebühren für die Suche einer neuen Wohnung sowie Umzugskosten.

Gründet sich der Entzug der Dienstwohnung auf die Schwangerschaft, wird der AG zudem nach dem GlBG schadenersatzpflichtig. § 3 GlBG verbietet jede Diskriminierung, die ua auf den Umstand abstellt, dass die AN ein Kind bekommt bzw bekommen hat.

ME liegt eine Diskriminierung beim Entgelt iSv § 3 Z 2 GlBG vor. Gem § 12 Abs 2 GlBG ist in diesem Fall der Vermögensschaden auszugleichen, und zwar durch die weitere Gewährung der Dienstwohnung als Naturalentgelt bzw durch Bezahlung des entsprechenden, zuvor dargestellten Entgelts bzw Vermögensschadenersatzes. Zusätzlich steht der AN eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung zu, die nach oben nicht limitiert ist. Das Unionsrecht verlangt dabei eine Sanktion mit pönalisierender und abschreckender Wirkung. Die Höhe des immateriellen Schadenersatzes wird global bemessen. Maßgebliche Kriterien hierfür sind insb die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Diskriminierung, wie auch die Erheblichkeit der Beeinträchtigung.* Berücksichtigt man insb die Tatsache, dass der AN, die sich durch die Schwangerschaft ohnehin bereits in einer potentiell, vor allem gesundheitlich belastenden Situation befindet, schuldhaft und in äußerst rücksichtsloser Weise ihre existentielle Grundlage „des Wohnens“ entzogen wird, verbunden mit den unangenehmen und stressbeladenen Folgen wie Wohnungssuche, Siedeln, zwischenzeitliche finanzielle Mehrbelastung etc, sowie den Umstand, dass sich die Diskriminierung über den gesamten Zeitraums des aufrechten Dienstverhältnisses erstreckt, weil die Benützung der Dienstwohnung erst mit Ende desselben weggefallen wäre, sind mE zumindest sechs Bruttomonatsentgelte* Schadenersatz angemessen.* Dieser immaterielle Schadenersatz gebührt mE auch, wenn die AN mittels Leistungsklage und einstweiliger Verfügung in der Dienstwohnung verbleibt, also Erfüllung begehrt. Der Zweck des Schadenersatzes ist darin zu sehen, der AN sämtliche Unannehmlichkeiten und Kränkungen auszugleichen, die sie durch die diskriminierende Haltung des AG erlitten hat. Diese entstehen aber nicht nur, wenn sie die Entgelt- und Schadenersatzvariante wählt, sondern in beiden Konstellationen.* Für die gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 15 Abs 1 GlBG, die nicht verkürzbar ist.

Wenn die AN den Verbleib in der Dienstwohnung mit Leistungsklage und einstweiliger Verfügung durchsetzt, trifft sie – wie erwähnt – eine Aufgriffsobliegenheit. Sollte sie den Geldanspruch begehren, hat sie auf kollektiv- bzw einzelvertragliche Verfallsfristen zu achten, sofern sich diese auf sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beziehen. Der Schadenersatz für die sonstigen, kausalen Aufwendungen unterliegt mE ausschließlich der dreijährigen Verjährungsfrist, da es sich nicht um einen „typischen“ Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis handelt.*244

6..
Zusammenfassung
  • 1.

    Der Begriff der Dienstwohnung ist weit auszulegen, es fallen sämtliche Unterkünfte und Wohngelegenheiten, die der AG zur Verfügung stellt, darunter.

  • 2.

    Jede Änderungsvereinbarung zwischen dem AG und der AN bedarf der vorherigen gerichtlichen Belehrung, es sei denn, dass die AN durch diese ausschließlich begünstigt wird.

  • 3.

    Einseitige Änderungen, auch gestützt auf einen Vorbehalt, sind nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig, und zwar beim erheblich nachteiligen Gebrauch, einem qualifizierten Mietzinsrückstand, oder bei der vorübergehenden oder dauerhaften Unbenutzbarkeit der Wohnung.

  • 4.

    Der Schutz der Dienstwohnung beginnt mit der Schwangerschaft, die strengen Melde- und Nachweisfristen des § 10 MSchG kommen nicht zur Anwendung.

  • 5.

    Bei rechtswidriger Wegnahme der Dienstwohnung kommt der AN ein Wahlrecht zu, weiterhin Erfüllung zu verlangen oder stattdessen Entgelt und Schadenersatz zu begehren. In beiden Fällen steht ihr zusätzlich ein immaterieller Schadenersatz nach dem GlBG zu, dessen Untergrenze bei sechs Bruttomonatsentgelten liegen sollte.