86Keine Arbeitskräfteüberlassung bei Übernahme des Auftrags zur Verrichtung der Müllentsorgung für ein Krankenhaus
Keine Arbeitskräfteüberlassung bei Übernahme des Auftrags zur Verrichtung der Müllentsorgung für ein Krankenhaus
Der Kl war bei der Bekl vom 19.4. bis 27.11.2018 als Arbeiter beschäftigt und wurde für die Müllentsorgung in einem Großkrankenhaus (kurz K* genannt) eingesetzt.
Die Bekl erbringt für Krankenhäuser, private Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, des Caterings und der Sicherheit. Im vorliegenden Fall leistet die Bekl die vom K* an ihr Unternehmen ausgelagerte Müllentsorgung und verrichtet bestimmte Touren zur Müllentsorgung.
Die Einschulung der im K* eingesetzten Mitarbeiter der Bekl erfolgte grundsätzlich durch eigene Mitarbeiter. Auch die Sicherheitsanweisungen und die Kontrolle der Einhaltung von Sicherheitsvorschriften erfolgten grundsätzlich durch die Bekl. Die Bekl entschied auch, wie viele Mitarbeiter sie für die Abfallentsorgung im K* einsetzte und war alleine für die Erstellung der Dienstpläne dieser Mitarbeiter zuständig. Gegebenenfalls setzte die Bekl andere Mitarbeiter ersatzweise ein. Vom K* gab es lediglich in Bezug auf den strikt einzuhaltenden zeitlichen Plan der Touren sowie deren Ablauf Vorgaben, um einen reibungslosen Ablauf aller Vorgänge im K* zu gewährleisten. Das K* erteilte keine Weisungen an den Kl und führte vorwiegend lediglich Kontrollen der Arbeitsgeschwindigkeit durch. Bei Beanstandungen der Müllentsorgung erfolgte jeweils eine Kontaktaufnahme des K* mit den zuständigen Objektbetreuern der Bekl, die dann die Probleme mit den Mitarbeitern abklärten. An Arbeitskleidung erhielt der Kl vom K* lediglich schnittfeste Arbeitshandschuhe. Die Mitarbeiter der Bekl verfügten in den Räumen des K* weder über einen Umkleideraum noch über einen Spind und durften auch die vor179handenen Duschen nicht in Anspruch nehmen. Zwischen dem K* und der Bekl waren ein im Vorhinein für ein Jahr festgelegtes Pauschalentgelt, dem ein Preis pro Durchführung von Touren zugrunde lag, und Vertragsstrafen für (unentschuldigtes und entschuldigtes) Fernbleiben der von der Bekl eingesetzten Mitarbeiter vom Arbeitsplatz vereinbart.
Der Kl machte geltend, dass im konkreten Fall eine Arbeitskräfteüberlassung erfolgt sei und stützte sein Klagebegehren auf den KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ). Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen. Das Berufungsgericht hatte die Revision zunächst noch zugelassen. Der OGH wies die Revision des Kl jedoch unter Bezugnahme auf die zwischenzeitig eingehend begründete E des OGHvom 23.10.2020 zu 8 ObA 63/20b mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Die übereinstimmende Beurteilung der Vorinstanzen, dass im Anlassfall weder einer der in § 4 Abs 2 Z 1–4 AÜG normierten Tatbestände zur Gänze verwirklicht sei noch nach einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts das zwischen der Bekl und dem K* (Auftraggeber) bestehende Vertragsverhältnis als Arbeitskräfteüberlassung, sondern vielmehr als „echter“ Werkvertrag zu beurteilen sei, bewege sich im Rahmen des den Gerichten eingeräumten Beurteilungsspielraums.
Im vorliegenden Fall liege die Leistung der Bekl in der Verrichtung von bestimmten Touren zur Müllentsorgung. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass damit eine Dienstleistung erbracht worden sei, die sich von jenen des Werkbestellers, des K*, unterscheide, und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 1 AÜG nicht erfüllt seien, ist nicht zu beanstanden. Im vorliegenden Fall ist nicht entscheidend, dass die zeitliche Einteilung der Touren vom K* vorgegeben wurde, weil damit primär der reibungslose Ablauf der Müllentsorgung unter Berücksichtigung der komplexen Gesamtsituation in einem Großkrankenhaus gewährleistet werden sollte. Damit kam es aber noch zu keiner Eingliederung des Kl in den Gesamtarbeitsablauf des Krankenhausbetriebs der Bekl. Auch die Beurteilung der Vorinstanzen, der Tatbestand des § 4 Abs 2 Z 2 AÜG sei nicht vollständig erfüllt, weil der Kl nach den Sachverhaltsfeststellungen die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des K* als Werkbestellerin verrichtet habe, ist nicht weiter korrekturbedürftig. Die Vorinstanzen hielten ferner fest, dass der Kl nicht iSd § 4 Abs 2 Z 3 AÜG in den Betrieb des K* eingegliedert gewesen sei. Im Übrigen gestand der Kl in seiner Revision selbst zu, dass der Tatbestand des § 4 Abs 2 Z 4 AÜG nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht erfüllt sei. Letztlich sei auch die vom Berufungsgericht angestellte Gesamtbetrachtung des Vertragsverhältnisses zwischen der Bekl und dem K* und die daraus resultierende Qualifikation als Werkvertrag und nicht, wie in der Revision des Kl gewünscht, als Arbeitskräfteüberlassungsvertrag, nicht zu beanstanden.