Thüsing/Wurth (Hrsg)Social Media im Betrieb – Arbeitsrecht und Compliance

2. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2020, XXIV, 223 Seiten, broschiert, € 69,-

JOHANNANADERHIRN

Das anzuzeigende Werk wird von einem bekannten Vertreter der deutschen Arbeitsrechtswissenschaft, Gregor Thüsing, und einem Praktiker, Rechtsanwalt Gilbert Wurth, herausgegeben. An dem Buch sind etliche AutorInnen beteiligt, die, abgesehen von Thüsing, alle aus der Rechtsanwaltschaft stammen. Bereits im Vorwort halten die Herausgeber fest, dass die Gesellschaft und auch die Arbeitswelt immer digitaler werden. Den dadurch zweifellos gegebenen wirtschaftlichen Potentialen stehen allerdings juristische Schwierigkeiten gegenüber. Diese praxisgerecht aufzuarbeiten und zu erläutern, ist Ziel des Buches. Es soll eine umfassende Hilfe für die Praxis sein und auch dort weiterführen, wo gesicherte Rsp bislang nicht vorliegt. Diesem Ziel wird das Werk jedenfalls mehr als gerecht.

Im ersten Beitrag behandelt Thüsing AN-Kommunikation im Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsentfaltung und Unternehmensinteressen. Er befasst sich dabei etwa mit der Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verwertung öffentlich zugänglicher Daten durch den AG. Ausführlich geht er mit vielen weiteren Nachweisen auf § 26 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ein, der die Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses regelt.

Im zweiten Beitrag befasst sich Forst mit Internet und sozialen Medien aus der Sicht der Beschäftigten. Ein wesentliches Thema in diesem Zusammenhang ist das Recht der Beschäftigten auf „Vergessenwerden“, auf welches Forst ausführlich unter Bezugnahme auf Rsp des EuGH eingeht. Erläutert wird auch, inwieweit den Beschäftigten eine Pflicht zur dienstlichen Nutzung von Internet und sozialen Medien treffen kann und inwieweit der AN auf der anderen Seite einen Anspruch auf private Nutzung dienstlicher Infrastruktur hat. Auch Fragen der dienstlichen Nutzung privater Endgeräte durch den Beschäftigten („BYOD“ [„Bring Your Own Device“]) – eine Thematik, die auch hierzulande zunehmend in den Blickpunkt rückt – werden von Forst behandelt.

In der Folge befassen sich Hexel/Hartung in erster Linie mit der Beschaffung von Informationen über den Bewerber durch den potenziellen AG aus Social-Media-Kanälen. Diesbezüglich gibt es diverse rechtliche, vor allem datenschutzrechtliche, Restriktionen. Sehr interessant ist die Darstellung der deutschen Judikatur und Lehre zum Fragerecht des AG bei der Bewerbung, etwa nach Vorstrafen, Vermögensverhältnissen und Krankheiten.

Auch die wichtige Thematik „Soziale Medien aus Sicht der Beschäftigtenvertretungen“ findet Beachtung, und zwar in einem weiteren Beitrag von Forst. Es wird hier anhand der Judikatur auf die Frage eingegangen, welche elektronische Ausstattung (Hardware, Software) der AG dem BR zur Verfügung stellen muss, wobei die entsprechende Grundlage dafür § 40 Abs 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist.

Es folgen Ausführungen von Willemsen über Regelungen zur Nutzung von Social Media für AN. Hier wird ein praktischer Leitfaden zur Implementierung solcher Social-Media-Guidelines geboten. Willemsen geht auch darauf ein, inwieweit der AG konkrete Vorgaben zu den Inhalten machen kann, die seine AN in sozialen Netzwerken verbreiten dürfen.

Der Beitrag von Wurth/Kuhn widmet sich der Mitbestimmung des BR bei der Umsetzung von Social-Media-Guidelines. Dieser Beitrag wird durch Musterregelungen abgerundet, die durchaus auch in österreichischen Betrieben als Anregung dienen können, so zB das Muster einer BV zur Nutzung von Social Media.

Traut geht in seinem ersten Beitrag ausführlich auf datenschutzrechtliche Grenzen der Überwachung der Nutzung von Internet und Social Media ein, sein anschließender zweiter Beitrag widmet sich der Mitbestimmung des BR im Zusammenhang mit einer solchen Überwachung. Hier ist vor allem der Tatbestand des § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG einschlägig. Nach einem Beitrag von Pötters zu Social-Media im internationalen Konzern wird das Werk mit Ausführungen von Vossen zu Sanktionen bei unzulässiger Social-Media-Nutzung abgeschlossen. Es geht dabei auch um Äußerungen des AN in sozialen Netzwerken, eine Thematik, zu der in Deutschland bereits reichhaltige Rsp besteht und die auch hierzulande immer mehr an Bedeutung gewinnt (vgl jüngst Pullacher, 264 Social-Media-Aktivitäten als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses [2020] mwN).

Abschließend ist festzuhalten, dass das Buch hochinteressante Beiträge enthält, in denen viel an Judikatur und Literatur angeführt ist. Aber auch die kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den diversesten Fragen kommt nicht zu kurz. Wenngleich sich das Werk naturgemäß auf die deutsche Rechtslage konzentriert, kann es dessen ungeachtet auch vom/von der österreichischen RechtsanwenderIn vielfach mit Gewinn herangezogen werden.