Laimer/Habe/ZojerGeheimnisschutz und IP im Arbeitsverhältnis – Ein Handbuch für HR und Personalwesen

Manz Verlag, Wien 2020, XXII, 268 Seiten, gebunden, € 56,–

VERENAVINZENZ (INNSBRUCK)

Berührungspunkte der Rechtsgebiete Unternehmensrecht und Arbeitsrecht sind in der betrieblichen Praxis ein stets aktuelles Thema, man denke nur an Unternehmensveräußerungen oder Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmen. Einen eigenen Problembereich bildet dabei das Recht am Arbeitsergebnis, also die Frage, ob dem AG oder dem AN die Rechte an einer während des Arbeitsverhältnisses erfundenen bzw entwickelten Sache gehören sollen. Für Arbeitsrechtler stehen dabei in erster Linie die Bestimmungen des Patentgesetzes (PatG) im Fokus. Jedoch wiederholt sich dieselbe Problematik in sämtlichen Bereichen des Immaterialgüterrechts. Wird vom AN anstatt einer technischen Erfindung etwa das Design eines Gegenstandes (mit-)entwickelt, so greift der sogenannte Geschmacksmusterschutz. 367 Die Frage, wem die Rechte an diesem Design zukommen sollen, stellt sich aber auch hier gleichermaßen. In der Literatur wird das Thema Recht am Arbeitsergebnis zumeist entweder aus arbeitsrechtlicher Sicht (Stichwort Diensterfindung) oder aus unternehmensrechtlicher Sicht (Stichwort Designschutz) aufgearbeitet. Ein Werk, das versucht, beide Bereiche in umfassender Art und Weise darzustellen, gab es bislang nicht. Diese Lücke schließt das vorliegende Handbuch „Geheimnisschutz und IP im Arbeitsverhältnis“.

Das Handbuch gliedert sich in zwei große Bereiche: Im Teil A werden dem Leser die arbeitsrechtlichen Besonderheiten des Immaterialgüterschutzes und des Geheimnisschutzes nähergebracht. So finden sich darin beispielsweise die relevanten Gesetzesbestimmungen des PatG, des Urheberrechtsgesetzes (UrhG), des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und vieler anderer immaterialgüterrechtlicher Gesetzestexte mit Arbeitsrechtsbezug. Teil B des Handbuchs befasst sich mit Grundlagen zu IP (Intellectual Property) und Geheimnisschutz. Auch hier wird wieder auf die oben genannten Gesetze eingegangen, allerdings aus einem anderen Blickwinkel.

Zielpublikum des Handbuchs sind laut AutorInnen Personen im Bereich von HR- und Personalabteilungen. Dementsprechend geht es auch eher darum, einen kompakt präsentierten Überblick über die Materien zu bieten, als diese Themen umfassend wissenschaftlich aufzuarbeiten. So finden sich anfangs etwa Begrifflichkeiten erklärt, die einem erfahrenen Arbeitsrechtler wohl geläufig sind – dies betrifft beispielsweise die Definitionen von AN, Angestellten und Arbeitern. Ebenso wird das Handbuch für Kenner des Immaterialgüterrechts wohl viele bereits bekannte Punkte aufgreifen, wie etwa die Frage, was zB ein Geschmacksmuster oder ein Gebrauchsmuster überhaupt ist.

Nun zum Inhalt: Wie schon einleitend festgehalten, ist das Recht an Immaterialgüterrechten als Arbeitsergebnis bis jetzt nicht umfassend wissenschaftlich aufgearbeitet (einen wichtigen Impuls in diese Richtung setzt Löschnigg [Hrsg], Recht am Arbeitsergebnis von WissenschaftlerInnen [2016]). Der Problembereich ist vor allem deshalb interessant, weil schnell ersichtlich wird, dass die einzelnen Materiengesetze durchaus erhebliche Unterschiede aufweisen. Während im Falle von Erfindungen gilt, dass auch die Diensterfindung iSv § 7 Abs 3 PatG grundsätzlich dem AN gehört, gilt beispielsweise beim Geschmacksmuster anderes. § 7 Musterschutzgesetz (MuSchG) sieht vor, dass ein Muster, das in das Arbeitsgebiet des Unternehmens fällt und im Rahmen der dienstlichen Obliegenheiten des AN entwickelt wurde, mangels anderer Vereinbarung dem AG zusteht. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen werden im vorliegenden Handbuch herausgearbeitet und übersichtlich dargestellt, sodass es dem interessierten Leser schnell möglich ist, sich einen Überblick über die Rechtslage zu verschaffen. Allerdings fehlt es an einigen Stellen an einer gewissen Bearbeitungstiefe. Allein die Formulierung der „dienstlichen Obliegenheiten“ verdient es beispielsweise, genauer untersucht zu werden. Ebenso wird der in § 7 Abs 2 MuSchG verwendete Begriff „Arbeitsgebiet des Unternehmens“ von den AutorInnen verengt auf „Arbeitsgebiet, in dem der Dienstnehmer tätig ist“. Warum eine derartige Einschränkung möglich ist, wird allerdings nicht näher erklärt. Zu diesen Punkten liefert das Handbuch zwar erste nützliche Hinweise, eine umfassende Analyse fehlt aber. Dies ist aber natürlich auch dem Umfang des Buches geschuldet. Ebenfalls interessant wäre in diesem Zusammenhang eine Art Zusammenfassung der verschiedenen Rechtslagen gewesen, die den Leser überblicksmäßig auf die Unterschiede der einzelnen Materiengesetze aufmerksam macht. Auch dabei handelt es sich aber um ein reines „nice-to-have“, das man vielleicht für eine Folgeauflage berücksichtigen könnte.

Der zweite Teil des Handbuchs widmet sich den allgemeinen Grundlagen der Immaterialgüterrechte. So wird etwa in Kapitel 12 beschrieben, was genau ein Geschmacksmuster überhaupt ist. Dieser Aufbau ist in gewisser Weise überraschend. Zum einen kann so eine gewisse Doppelgleisigkeit mit Teil A des Handbuchs nicht vermieden werden, da an zwei Stellen (einmal unter Rz 5.1 ff und einmal bei Rz 12.1 ff) auf die Wesensmerkmale des Geschmacksmusters eingegangen wird. Zum anderen bietet aber auch Teil B nur einen groben Überblick über die einzelnen Immaterialgüterrechte und geht im Wesentlichen nicht über eine Wiedergabe des Gesetzestextes hinaus. Es drängt sich daher die Frage auf, was diese Struktur konkret bringen soll. Wohlwollend formuliert ist der Mehrwert darin zu erblicken, dass man sich über die Rechtsgrundlagen der einzelnen Immaterialgüterrechte informieren kann, ohne extra den Gesetzestext oder weitergehende Literatur (etwa Kucsko, Geistiges Eigentum2 [2021]) konsultieren zu müssen.

Zum Abschluss soll auf die formalen Aspekte eingegangen werden. Auch hier wird schnell ersichtlich, dass es sich um ein Praxishandbuch handelt. So finden sich in den Fußnoten in erster Linie Verweise auf die relevanten Gesetzesbestimmungen sowie Rechtssätze. Gerade auf eine Angabe einschlägiger Literatur wird größtenteils verzichtet. Der Fließtext wird immer wieder durch Beispiele und Praxistipps durchbrochen, was zum einen eine leichtere Lesbarkeit nach sich zieht und zum anderen die oben angesprochenen Zielgruppen (HR und Personalabteilung), die die Inhalte direkt anwenden möchte, wohl besonders freuen wird. Eine formale Besonderheit dieses Handbuchs ist es, dass am Anfang eines jeden Abschnitts eine kurze Zusammenfassung des folgenden Textes angeführt wird. Dies ist wohl für längere Abschnitte sinnvoll, bei recht kurzen Unterkapiteln fragt man sich jedoch nach dem Sinn dieser Überblicke. Als Beispiel kann hier das Kapitel 1. XIV herangezogen werden, in dem es um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach PatG geht. Dieses Kapitel besteht aus zwei kurzen Absätzen und einem Hinweis, insgesamt ist dies eine halbe Seite lang. Die Zusammenfassung am Anfang des Kapitels besteht dann ebenfalls aus zwei Sätzen. Gerade bei derart kurzen Kapiteln könnte den LeserInnen durchaus zugemutet werden, die zwei Absätze selbst durchzulesen, anstatt noch einmal „abzukürzen“ und die zwei Punkte „Auf einen Blick“ zu studieren.

Alles in allem vereint das vorliegende Handbuch „Geheimnisschutz und IP im Arbeitsverhältnis“ das Wissen zweier Rechtsgebiete, die bislang getrennt voneinander abgehandelt wurden. Gerade für Betriebe, in denen die AN typischerweise verwertbare Arbeitsergebnisse entwickeln bzw erfinden, bietet das Handbuch wichtige Erkenntnisse. Konkret wird ausgeführt, worauf 368 bei der Ausgestaltung der Arbeitsverträge besonders zu achten ist: Bei welchen Immaterialgüterrechten genügt beispielsweise die anzuwendende Gesetzesbestimmung und wo wäre eine Überbindung des Anspruchs an den AG notwendig? Gerade auch die vielen Praxistipps und Beispiele erleichtern die Formulierung dementsprechender Vertragsklauseln. In diesem Sinne kann das Handbuch eine bestehende Lücke in der Literatur schließen und so zu einer erhöhten Rechtssicherheit in den Arbeitsbeziehungen zwischen AG und Erfindern, Produktentwicklern und -designern beitragen.