131Bezug der ASVG-Höchstpension begründet keine Sozialwidrigkeit bei Kündigung wegen Pensionierung
Bezug der ASVG-Höchstpension begründet keine Sozialwidrigkeit bei Kündigung wegen Pensionierung
Der Kl wurde zum frühesten für einen Pensionsantritt in Betracht kommenden Zeitpunkt gekündigt. Unmittelbar nach Ende seines Dienstverhältnisses (seit 1.7.2018) hat der Kl Anspruch auf eine monatliche Gesamtpension von € 2.791,01 netto (Korridorpension zuzüglich Betriebspension von € 258,-). Unter Berücksichtigung der vorläufigen Witwerpension von durchschnittlich € 912,42 monatlich ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Gesamteinkommen des Kl von € 3.703,83 netto. Bereits im Jahr 2012 hat der Kl eine Abfertigung von € 132.248,16 erhalten. Des Weiteren lebt er in seinem lastenfreien Reihenhaus und verfügt über Ersparnisse in Höhe von € 60.000,-. Dem stehen Lebenshaltungskosten von rund € 2.000,- und die aufgrund der Umstandsklausel mit etwa € 600,- gegenüber der geschiedenen (ersten) Ehegattin angenommene Unterhaltspflicht gegenüber. Die Betriebspension hat sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf € 300,- netto monatlich erhöht, bei einem nur einen Monat späteren Antritt der Korridorpension (am 1.8.2018) ergibt sich eine um ca € 100,- netto höhere Monatsleistung.
Im Fall der Weiterbeschäftigung könnte der Kl ein weit über der ASVG-Höchstpension (von € 3.402,14 brutto für 2018) liegendes Einkommen beziehen, das durch seine Lebenshaltungskosten keineswegs zur Gänze aufgezehrt wird, und zwar auch dann nicht, wenn die vorläufige Witwerpension in den Einkommensvergleich nicht einbezogen wird.
Der Kl focht seine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit an. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Sozialwidrigkeit der Kündigung sei zu verneinen, wurde vom OGH unter den gegebenen Umständen als jedenfalls vertretbar angesehen.
Nach der Rsp ist bei Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension der Kündigungsschutz zwar nicht generell und jedenfalls auszuschließen, doch ist wegen der vom Gesetzgeber tolerierten Einkommenseinbußen, die mit jeder Pensionierung verbunden sind, und der Vorhersehbarkeit der Kündigung bei Erreichen des Regelpensionsalters bei Prüfung der Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ein strenger Maßstab anzulegen. Im Hinblick auf Pensionierungen nimmt der Gesetzgeber einen gewissen Einkommensverlust bewusst in Kauf. Deshalb ist eine Kündigung infolge des Umstands, dass der AN Anspruch auf eine Alterspension hat, in der Regel nicht sozialwidrig, dies besonders dann nicht, wenn der AN nach seiner Pensionierung noch zusätzlich durch betriebliche Pensionsleistungen abgesichert ist. Wesentlich ist immer, ob der AN seine Lebenshaltungskosten auch nach Wegfall des Aktivbezugs aus der künftigen Pension oder sonstigen berücksichtigungswürdigen Quellen decken kann. Das wird bei AN, die ein Einkommen erzielen, das deutlich über der Höchstbemessungsgrundlage liegt, im Regelfall ohne Vorliegen besonders zu berücksichtigender Umstände dann zu bejahen sein, wenn sie die mögliche „Höchstpension“ beziehen. Eine Summe, die der Sozialrechtsgesetzgeber als höchstzulässige Pensionshöhe ansieht, kann – für sich allein – insoweit nicht als „sozialwidrig“ angesehen werden. Dass der AN durch längere Arbeit eine höhere Gesamtpension erzielen könnte, ändert daran nichts.
Mangels Beeinträchtigung wesentlicher Interessen kommt es laut dem die außerordentliche Revision des Kl zurückweisenden OGH auf die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung nicht mehr an.
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