133

Ausbildungskostenrückersatz: Gänzliche Nichtigkeit der Vereinbarung bei nur zum Teil ziffernmäßiger Konkretisierung der Kosten

SARANADINEPÖCHEIM

Die Bekl war bei der Kl von 27.8.2016 bis 28.2.2019 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde mittels AN-Kündigung beendet. In der am 23.5.2016 von den Parteien unterfertigten „Rückzahlungsvereinbarung“ für die von 26.8.2016 bis 25.8.2018 stattfindende Ausbildung der Bekl wurde in Pkt 2.1 festgehalten, dass das fortgezahlte Entgelt infolge Dienstfreistellung für den gesamten Zeitraum der Ausbildung ca € 6.751,- beträgt. Weiters enthielt Pkt 2.1, dass die Kl die notwendigen Kosten der Ausbildung übernimmt und die Bekl während der Dauer der Ausbildung das laufende Gehalt erhält. In Pkt 2.2 wurde vereinbart, dass die Bekl die unter Pkt 2.1 genannten Kosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses binnen drei Jahren ab Beendigung der Ausbildung, samt entsprechender Aliquotierungsklausel, rückzuerstatten hat.

Die Kl begehrte den Rückersatz von Ausbildungskosten in Höhe von € 5.625,88, wobei sich dieser Betrag auf den vertraglich ausdrücklich genann288ten Rückersatz der Entgeltfortzahlung beschränke. Die Bekl wandte ein, dass mangels konkreter Bezifferung der Höhe der zu ersetzenden Kosten die Rückzahlungsvereinbarung intransparent und nichtig sei.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Zweck der Regelung des § 2d AVRAG sei es, für den AN Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Kosten seiner Ausbildung zu schaffen. Entscheidend sei, ob sich der AN schon bei Eingehen der Verpflichtung, also bei Abschluss der schriftlichen Vereinbarung, vollständige Klarheit darüber verschaffen könne, mit welchen Forderungen er im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses konfrontiert sein könnte. Enthalte aber – wie hier – die getroffene Vereinbarung eine Auflistung rückersatzpflichtiger Kosten, in welcher sich zwar das fortgezahlte Entgelt ziffernmäßig finde, jedoch nicht die Höhe der notwendigen Kosten der Ausbildung, werde damit den gesetzlichen Anforderungen insgesamt nicht entsprochen. Eine geltungserhaltende Reduktion scheitere am Zweck der Verbotsnorm.

Der OGH wies die Revision der Kl mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurück.

Nach stRsp stellt die Frage, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde. Das gilt auch dann, wenn eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar wäre.

Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass schon die Überschrift des Pktes 2. („Rückersatzpflichtige Kosten“) dafürspricht, dass die Ersatzpflicht nicht nur das der Kl infolge Dienstfreistellung für den gesamten Zeitraum der Ausbildung fortgezahlte und mit „ca 6.751 €“ bezifferte Entgelt, sondern auch die beispielhaft angeführten unbeziffert gebliebenen „notwendigen Kosten der Ausbildung“ umfasst, die ebenfalls unter diesem Punkt angeführt werden. Mangels Differenzierung kann der Verweis auf die „oben genannten Kosten“ in Pkt 2.2 nur als Bezugnahme auf sämtliche in Pkt 2.1 dargestellten Kosten, ob beziffert oder nicht, verstanden werden, zu deren Übernahme sich die Kl verpflichtet hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Rückzahlungsvereinbarung entgegen ihrem Aufbau und ihrem Wortlaut „von vornherein ausschließlich das fortgezahlte Entgelt“ gemeint habe, bleibt die Kl schuldig.