129Rechtmäßigkeit der Entlassung einer Außendienstmitarbeiterin wegen absichtlich falscher Arbeitszeiteintragungen
Rechtmäßigkeit der Entlassung einer Außendienstmitarbeiterin wegen absichtlich falscher Arbeitszeiteintragungen
Eine als Pharmareferentin im Außendienst mit einem All-in-Gehalt tätige AN, die zumindest einmal wöchentlich einen als Leistungsnachweis dienenden Besuchsbericht über persönliche Arztkontakte bei ihrem AG abzugeben hatte, dokumentierte am 16.1.2019 den Besuch von sechs Ärzten und am 17.1.2019 den Besuch von weiteren fünf Ärzten sowie der Mitarbeiterin einer Anstaltsapotheke, obgleich sie an diesen Tagen keine einzige dieser Personen getroffen oder auch nur mit ihnen telefoniert hatte. Stattdessen ging die AN, wie von einem Detektivbüro festgestellt und dokumentiert worden war, an diesen beiden Tagen in der von ihr festgehaltenen Arbeitszeit zahlreichen privaten Verrichtungen nach (wie der Besorgung eines Ballkleides oder dem Besuch einer Änderungsschneiderei und eines Solariums). Die AN war zwar an keine Zeitvorgaben, wohl aber an Zielvorgaben des AG in Bezug auf die jährliche Anzahl der zu absolvierenden Besuche bei Ärzten gebunden. Durch die falschen Eintragungen erweckte die AN den Anschein, dass sie einen zwischen ihr und dem Geschäftsführer des AG für das Jahr 2019 entwickelten Besuchsplan abarbeitete. Es gab keinen Anhaltspukt dafür, dass die AN die unrichtig aufgezeichneten Leistungen zu einem anderen Zeitpunkt hätte nachholen wollen. Als der Geschäftsführer des AG die AN im Zuge des Entlassungsgesprächs fragte, wo sie am 16. und 17.1.2019 gewesen sei, bestätigte die AN in Unkenntnis des sie belastenden Detektivberichts die Richtigkeit ihrer falschen Eintragungen.
Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren der AN nicht statt und erachteten das Verhalten der AN als vertrauensunwürdig iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG. Der OGH wies die außerordentliche Revision der AN gegen die Entscheidung der Vorinstanz mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 Abs 1 ZPO zurück.
Der OGH führte dazu aus, dass unter den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG jede Handlung oder Unterlassung eines Angestellten fällt, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines AG unwürdig erscheinen lässt. Die Begehungshandlung muss diesbezüglich pflichtwidrig und schuldhaft sein. Eine Schädigungsabsicht oder der Eintritt eines Schadens sind dabei nicht erforderlich. Der OGH stellte idZ fest, dass bei AN, bei denen die Einhaltung der Arbeitszeiten nicht einfach überprüft werden284 kann, sodass der AG auf die Richtigkeit der Berichte und Angaben des AN angewiesen ist, die dienstliche Irreführung des AG nicht mehr als bloße Unkorrektheit angesehen werden kann, sondern die Entlassung rechtfertigt. Dies im konkreten Fall der AN auch deshalb, weil diese nicht erbrachte Arbeitszeiten vortäuschte und dadurch einen Vorteil auf Kosten des AG bezog, weil sie ua auch gerade für diese Arbeitszeiten ihr All-in-Gehalt lukrierte.
Erschwerend wertete der OGH ebenso wie die Vorinstanz die beharrliche Unaufrichtigkeit der AN im Entlassungsgespräch mit dem Geschäftsführer und bewertete dies als eine Verstärkung der Schuldintensität. Davon, dass die unwahre Aussage hier nur zu einem zwar nicht zu billigenden, wohl aber psychologisch verständlichen Verbergen einer Verfehlung des AN hätte dienen sollen, die für sich allein betrachtet nicht ausreicht, um eine Entlassung zu rechtfertigen, kann im Hinblick auf die besondere Vertrauensstellung der AN als Außendienstmitarbeiterin nicht gesprochen werden.
Die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, dass dem AG die Weiterbeschäftigung der AN in Anbetracht der zuvor genannten Umstände ohne vorherige Verwarnung unzumutbar war, ist daher laut dem OGH vertretbar.