Rechtsfragen der Kurzarbeit*
Rechtsfragen der Kurzarbeit*
Kurzarbeit und Kurzarbeitsbeihilfe
Arbeitsrechtliche Einführung einer Kurzarbeit
Rechtswirkungen der Kurzarbeit
Verkürzung der Arbeitszeit
Verkürzung des Arbeitsentgelts
Begleitmaßnahmen
Kurzarbeit mit Kurzarbeitsbeihilfe
Sozialpartnervereinbarung
Urlaubsverbrauch
Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes
Schluss
Die Kurzarbeit und ihre staatliche Unterstützung ist aber viel älter:* Schon während des Ersten Weltkrieges wurden von der staatlichen Verwaltung mit Verbänden der Unternehmer oder mit einzelnen Unternehmern privatwirtschaftliche Vereinbarungen geschlossen, „die dem Arbeitgeber, sofern er bei Betriebsstillstand infolge Mangels an Betriebsmitteln oder Rohstoffen auf die Kündigung der Arbeiter verzichtet, den Rückersatz eines Teiles der Löhne dieser Arbeiter zusichern“
.* In diesen Vereinbarungen mit Unternehmerverbänden findet sich der historische Ursprung der heutigen Sozialpartnervereinbarung (SPV) als Voraussetzung der Gewährung einer Kurzarbeitsbeihilfe. Erst 1920 wurde die Rechtsgrundlage für diese Vereinbarungen in § 32 AlVG* als Übergangsbestimmung aufgenommen, die bereits zwei Jahre später in das Dauerrecht zur Bewältigung von Krisenzeiten übernommen wurde,* weil die Kurzarbeit „sich bewährt“
* hat. Die Idee war damals schon die gleiche wie heute: Statt die Arbeitsverhältnisse zu beenden, weil der AG die Arbeitskraft krisenbedingt vorübergehend nicht mehr benötigt, und so die AN der Arbeitslosigkeit zuzuführen, soll der AG die Löhne für die nicht abgerufene Arbeitsleistung teilweise weiterzahlen und dafür vom Staat eine Entschädigung erhalten. Ein Gewinn für alle Beteiligten, was die Attraktion der Kurzarbeit ausmacht: Die AN stehen dadurch weiterhin in Lohn und Brot, die AG können nach Ende der Krise unmittelbar wieder auf ihre Beschäftigten zugreifen, der Staat beklagt keine steigende Arbeitslosigkeit, die für die Kurzarbeit aufzuwendenden Kosten sind niedriger als die eingesparten Arbeitslosenunterstützungen.
Für den Begriff der Kurzarbeit besteht keine gesetzliche Definition. § 5 Abs 3 Z 1 ASVG umschreibt seit der Stammfassung 1955 die Kurzarbeit als 3 einen Umstand, bei dem „infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit)“
. Als Kurzarbeit kann die vorübergehende arbeitsrechtliche Verkürzung der Arbeitszeit infolge Arbeitsmangels wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, die nicht der AG verursacht hat, verstanden werden.* Auffallend ist, dass der Gesetzgeber die Kurzarbeit arbeitsrechtlich nicht eigens regelt. Lediglich § 14 Abs 1 S 2 MSchG – und identisch auch im Landarbeitsrecht* – berücksichtigt die Kurzarbeit punktuell, indem ihr Zeitraum aus der Berechnung des Durchschnittsverdienstes für die Weiterzahlung des (regulären) Entgelts ausgenommen wird.* Weitere arbeitsrechtliche Normen entstanden entweder erst im Zuge der Corona-Pandemie – § 13 Abs 7 Berufsausbildungsgesetz (BAG)* und § 170 Abs 3 Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG)* – oder betreffen den Beitrag zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge.* Ansonsten betrachtet der Gesetzgeber die Kurzarbeit arbeitsrechtlich als nichts Besonderes und stellt sie in die gewöhnliche Arbeitsrechtsordnung hinein.
Die Kurzarbeit als Teil des Arbeitsrechts ist von der Kurzarbeitsbeihilfe gem §§ 37b f AMSG als Förderleistung an den AG und Teil des Beihilfenrechts strikt zu unterscheiden. Anstatt die Kurzarbeit detailliert zu regeln, begnügt sich der Gesetzgeber seit jeher damit, nur mit Hilfe der Kurzarbeitsbeihilfe bestimmte Ausgestaltungen der Kurzarbeit zu fördern. Durch dieses „nudging“ werden in der Praxis weitgehend nur gewünschte Kurzarbeitsmodelle umgesetzt, ohne dass andere Kurzarbeitsmodelle verboten sind. Kurzarbeitsbeihilfe ohne Kurzarbeit ist freilich nicht denkbar, Kurzarbeit ohne Kurzarbeitsbeihilfe hingegen schon, was schon daran erkennbar ist, dass in Fällen mangelhaft umgesetzter Kurzarbeitsmodelle die Kurzarbeitsbeihilfe dem AG (nachträglich) versagt wird, obwohl er in seinem Betrieb Kurzarbeit bereits eingeführt hat. Letztlich steht es dem AG rechtlich frei, ob er sich für eine förderbare Kurzarbeit entscheidet oder auf die Kurzarbeitsbeihilfe verzichtet.
An sich kann der AG Kurzarbeit einseitig per Weisung einführen: Weil es grundsätzlich kein Recht auf Beschäftigung gibt,* kann der AG auf die ihm angebotene und zur Verfügung gestellte Arbeitsleistung verzichten – für den AN verkürzt sich dadurch unfreiwillig seine Arbeitszeit. Allerdings ist diese schlichte Einführung keine echte Lösung für den AG, der in der Krise wegen Arbeitsmangels seine Lohnkosten senken möchte, weil er für diese Verkürzung der Arbeitszeit zur Entgeltfortzahlung nach § 1155 ABGB verpflichtet ist.* Aus der Treuepflicht ist keine vom AN hinzunehmende Verkürzung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten abzuleiten, denn gerade im Arbeitsmangel infolge einer Wirtschaftskrise realisiert sich das unternehmerische Risiko, das der AG trägt.* Unproblematisch ist aber die einzelvertragliche Vereinbarung zur Abänderung des bestehenden 4Arbeitsvertrags:* Indem AG und AN gemeinsam die vereinbarte Normalarbeitszeit vorübergehend verkürzen, wird Kurzarbeit im Betrieb eingeführt. Dies stellt auch keine Versetzung iSd § 101 ArbVG dar, weil der Arbeitsplatz dadurch kein anderer wird.*
Es kommen aber auch kollektive Rechtsquellen in Betracht, die gegen den Willen des AN den zeitlichen Umfang der Arbeitspflicht verändern können. Dies vermag nicht nur ein KollV, sondern auch eine BV. Vor allem in der älteren Literatur* wird der Sozialplan gem § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG als mögliches Rechtsinstrument zur Einführung der Kurzarbeit genannt. Wenngleich diese Möglichkeit erst besteht, wenn im Betrieb mindestens 20 AN dauernd beschäftigt sind, hätte sie den Vorteil der Erzwingbarkeit. Diesen Vorteil wird sie jedoch meist nicht ausspielen können, weil die Dauer des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle gegen die Notwendigkeit, auf wirtschaftliche Schwierigkeiten rasch reagieren zu müssen, steht. § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG, wonach in Angelegenheiten der generellen Festsetzung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit, der Dauer und Lage der Arbeitspausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage eine BV abgeschlossen werden kann, ist jedenfalls kein geeignetes Instrument für die Einführung einer Kurzarbeit, denn mit ihr ist keine allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit möglich.*
§ 97 Abs 1 Z 13 ArbVG ist die anerkannt zentrale Norm zur Einführung der Kurzarbeit; sie ermöglicht die „Anordnung der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit“
. Bereits am Wortlaut ist erkennbar, dass diese Rechtsgrundlage nicht allein die Kurzarbeit im Sinn hat, denn mit der Verlängerung der Arbeitszeit ist in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität dort die Anordnung von Überstunden oder Mehrarbeitsstunden möglich, wo sich AN nicht bereits im Arbeitsvertrag zur Mehrarbeit verpflichtet haben.*
In der Praxis wird aber § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG in erster Linie zur Einführung einer Kurzarbeit herangezogen. Ihr Zweck hat auf betriebliche Erfordernisse zurückzugehen, was einerseits ihre besondere Wirkmächtigkeit erzwingt, andererseits auch mit dem Wort „Anordnung“ zum Ausdruck kommt.* Die Ursachen der betrieblichen Erfordernisse müssen aber nicht immer in krisenbedingten Schwierigkeiten oder gar Notständen* liegen. § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG ermächtigt aber nur zu einer vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit. Damit wird die BV einer zeitlichen Beschränkung unterworfen,* ihr Fristablauf muss von Anfang an objektiv feststellbar sein.* Freilich lässt § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG offen, was unter „vorübergehend“ zu verstehen ist, wie lange sich also eine Anordnung der Verkürzung der Arbeitszeit gegen den Willen des AN mittels BV auf § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG stützen kann. Überwiegend wird die in § 101 ArbVG vorgegebene Grenze von 13 Wochen herangezogen.* Ein Teil der (älteren) Lehre lässt eine längere Befristung generell nicht zu,* ein anderer Teil richtigerweise nur bei Vorliegen eines besonderen Rechtfertigungsgrundes,* der mE enger sein muss als nur betriebliche Erfordernisse. Dieser strengere Rechtfertigungsgrund kann in jenen vorübergehend nicht saisonbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten erblickt werden, die auch § 37b Abs 1 Z 1 AMSG für die Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe voraussetzt.* Damit ist eine Gleichführung mit der Kurzarbeitsbeihilfe erreicht, womit sich § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG auch für die Einführung einer beihilfenunterstützten Kurzarbeit eignet.
UU sehen Kollektivverträge für die Einführung einer Kurzarbeit Vorgaben vor, wie etwa das Erfordernis einer Mindeststundenzahl* oder die Einhaltung einer Mindestankündigungsfrist.* Diese können aber die Betriebsvereinbarungspartner nicht binden,* weil sie einerseits, soweit sie keiner Kollektivvertragsermächtigung unterstellt werden können, dem obligatorischen Teil des KollV zuzuordnen sind,* andererseits die betriebsverfassungsrechtliche Norm § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG durch KollV auch zugunsten der Belegschaft nicht eingeschränkt werden kann.* Dem kann auch das Günstigkeitsprinzip des § 3 ArbVG nicht entgegengehalten werden, weil jede Verkürzung der Arbeitszeit mittels BV normativ in den Arbeitsvertrag eingreift, obwohl mit diesem ein höheres Beschäftigungsausmaß vereinbart wurde und daher für den AN günstiger ist – die Arbeitszeit wird günstigkeitsneutral verkürzt.*
Die Einführung der Kurzarbeit setzt kein bestimmtes Arbeitszeitmodell voraus. Selbst bei einer gleitenden Arbeitszeit ist Kurzarbeit möglich, erfordert aber Anpassungen der fiktiven Normalarbeitszeit, uU auch der Kernarbeitszeit oder des Gleitzeitrahmens.* Diese Anpassungen können zwar mit einer BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG nicht vorgenommen werden, freilich ist es aber zulässig, dass dieselbe BV, mit der die Kurzarbeit eingeführt wird, sich hinsichtlich der Anpassungen zur Gleitzeit auf § 4b AZG stützt. Dabei muss in der BV selbst nicht deklariert werden, auf welchem gesetzlichen Tatbestand sie basiert, die gesetzliche (oder kollektivvertragliche) Ermächtigung muss lediglich existieren.
Eine Untergrenze für die Arbeitszeitverkürzung besteht für die BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG nicht. Es ist daher mit Zustimmung des BR auch der Extremfall der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit auf null Stunden zulässig,* was 5 einer zeitweiligen Karenzierung des Arbeitsverhältnisses gegen den Willen der AN selbst im Fall eines Bestandschutzes gleichkommt. Dieser – wenn auch nur vorübergehend – tiefe Einschnitt in den Arbeitsvertrag lässt § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG als mächtigsten Tatbestand einer BV erscheinen, wenn man auch die damit einhergehende Entgeltkürzung zu Lasten der AN in den Blick nimmt.
Mit der Verkürzung der Arbeitszeit ist die Normalarbeitszeit angesprochen, weil es bei § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG nicht um die Verkürzung der Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen für den einzelnen Arbeitstag und auch nicht um die Vermeidung von Mehrarbeit geht, sondern um die Verkürzung der regelmäßig zu leistenden Arbeitszeit für einen vorübergehenden Zeitraum. So wie § 3 Abs 1 AZG – von den verschiedenen Flexibilisierungsinstrumenten der §§ 4 ff AZG abgesehen – eine gesetzliche Normalarbeitszeit bei wöchentlich 40 Stunden festlegt, und so wie in einzelnen Branchen eine niedrigere kollektivvertragliche Normalarbeitszeitgrenze besteht,* so reduziert die BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG ebenso die Normalarbeitszeitgrenze – die gesetzliche und eine allenfalls bestehende kollektivvertragliche Normalarbeitszeitgrenze wird um eine betriebsvereinbarte ergänzt. Ihre Wirkung ist identisch: So wie die Vereinbarung einer längeren Normalarbeitszeit über die gesetzliche oder kollektivvertragliche hinaus unwirksam ist,* so ist auch das im Arbeitsvertrag vereinbarte Beschäftigungsausmaß über die betriebsvereinbarte Normalarbeitszeit unwirksam. Die Einführung einer Kurzarbeit mittels BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG bewirkt, dass die einzelvertragliche Vereinbarung der Normalarbeitszeit so weit teilnichtig ist, wie sie vorübergehend die betriebsvereinbarte Normalarbeitszeit übersteigt.
Wird daher die Verkürzung der Arbeitszeit auf zehn Wochenstunden mit BV angeordnet, reduziert sich auch das vereinbarte Beschäftigungsausmaß auf zehn Stunden pro Woche, sofern im ursprünglichen Arbeitsvertrag ein höheres Beschäftigungsausmaß festgelegt war. Nach Ende der Kurzarbeit greift wieder die ursprünglich vereinbarte Normalarbeitszeit, weil der Rechtsgrund ihrer Teilnichtigkeit – die BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG – dann weggefallen ist. In gleicher Weise wird auch eine betriebsvereinbarte Normalarbeitszeitgrenze gezogen, wenn die Kurzarbeits-BV keine konkrete Wochenstundenzahl, sondern nur eine Relativzahl normiert, die sich auf das individuell vereinbarte Beschäftigungsausmaß bezieht: Wird daher Kurzarbeit auf zB 25 % eingeführt und damit die Normalarbeitszeit um 75 % verkürzt, so haben vollzeitbeschäftigte AN eine betriebsvereinbarte Normalarbeitszeitgrenze bei zehn Stunden pro Woche, halbtagsbeschäftigte AN eine bei fünf Stunden pro Woche. Dies ist kein Widerspruch zum Erfordernis der BV als generell-abstrakte Regelung: Die Anordnung der Verkürzung auf 25 % betrifft innerhalb des persönlichen Anwendungsbereichs der BV generell alle AN in abstrakter Weise und hat lediglich in ihrer Rechtsfolge individuell unterschiedliche Auswirkungen – ähnlich wie auch die generell-abstrakte Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit auf absolut zehn Stunden zwar für alle AN gilt, für jene aber, die bereits ursprünglich kein höheres Beschäftigungsausmaß als zehn Stunden pro Woche vereinbart hatten, aus der BV keine Änderung ihrer Wochenarbeitszeit folgt. In beiden Fällen sind die Rechtsfolgen individuell unterschiedlich, ihre Ursache, die in der BV zu finden ist, ist aber generell-abstrakt.
Die Einführung einer Kurzarbeit mittels BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG, mit der die Normalarbeitszeit normativ reduziert wird, führt zwar dazu, dass über die betriebsvereinbarte Normalarbeitszeitgrenze keine regelmäßigen Arbeitsleistungen mehr geschuldet werden,* führt aber nicht dazu, dass darüber hinaus Arbeitsleistungen unzulässig wären. So wie auch Arbeitsleistungen über die gesetzliche Normalarbeitszeit – dann als Überstunden – oder über die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit – dann als Differenzstunden* – bis zu den Höchstgrenzen der Arbeitszeit zulässig sind, sind auch Arbeitsleistungen über die betriebsvereinbarte Normalarbeitszeit zulässig, soweit der AN sich zu Mehrarbeit vertraglich verpflichtet hat.* Gerade im Falle der Kurzarbeit kann angenommen werden, dass der AN zumindest bis zum Ausmaß der ursprünglich vereinbarten Beschäftigung zu Mehrarbeiten verpflichtet bleibt. Auch Überstundenarbeit und Kurzarbeit schließen sich keinesfalls kategorisch aus: So kann es auch in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten durchaus zu einem erhöhten Arbeitsbedarf oder zu Mehrarbeit zur Vornahme von Vor- und Abschlussarbeiten kommen – etwa vereinzelt notwendige Arbeiten über den Acht-Stunden-Tag hinaus.
Die Einführung der Kurzarbeit nicht mit BV, sondern mit Zustimmung der AN zur einzelvertraglichen Änderung der bisher vereinbarten Normalarbeitszeit, macht für die Verkürzung der Arbeitszeit keinen Unterschied: Zwar wird das bisher vereinbarte Beschäftigungsausmaß nicht teilnichtig, weil auch keine betriebsvereinbarte Normalarbeitszeitgrenze eingezogen wird, aber die vereinbarte Normalarbeitszeit wird ebenso reduziert. Und auch in diesem Fall sind Mehrarbeits- und Überstunden nicht ausgeschlossen. 6
Ob diese Mehrarbeitsstunden jedoch zuschlagspflichtig oder – wie Differenzstunden – mit keinem gesetzlichen Zuschlag versehen sind, hängt davon ab, ob die eingeführte Kurzarbeit als Teilzeitarbeit zu qualifizieren ist. Teilzeitarbeit liegt gem § 19d Abs 1 S 1 AZG vor, wenn „die vereinbarte Wochenarbeitszeit die gesetzliche Normalarbeitszeit oder eine durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festgelegte kürzere Normalarbeitszeit im Durchschnitt unterschreitet“
. Unzweifelhaft ist das „oder“ als „und“ zu lesen, dh eine Teilzeitarbeit liegt erst dann vor, wenn die vereinbarte Wochenarbeitszeit niedriger ist als die gesetzliche und allenfalls eine durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festgelegte kürzere Normalarbeitszeit, weil sonst Teilzeitarbeit schon vorliegen würde, wenn die vereinbarte Normalarbeitszeit der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit entspricht. Verkürzt nun eine BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG die Normalarbeitszeit derart, dass die vereinbarte Normalarbeitszeit während der Kurzarbeit jener Normalarbeitszeit entspricht, die durch BV vorübergehend festgelegt wurde, so liegt keine Teilzeitarbeit vor, weil auch eine BV eine Norm der kollektiven Rechtsgestaltung ist. Weil hier keine höhere Normalarbeitszeit vereinbart werden kann, liegt vielmehr eine Vollzeitbeschäftigung auf niedrigem Niveau vor. Mosing qualifiziert jede Kurzarbeit als Teilzeitarbeit, weil für ihn sich der Begriff der Normalarbeitszeit auf „das durchschnittliche Arbeitszeitausmaß eines Vollzeitarbeitnehmers bei normalem Wirtschaftsverlauf“
* beziehe, der aber im Falle der Kurzarbeit nicht mehr gegeben sei, weshalb dann wieder nur die wöchentliche Normalarbeitszeit des § 3 Abs 1 AZG gelte. Dem ist mE aber nicht zuzustimmen, weil sich die Normalität der Normalarbeitszeit nicht auf die wirtschaftliche Situation des AG, nicht auf einen Wirtschaftsverlauf und schon gar nicht auf die volkswirtschaftliche Gesamtlage bezieht, sondern darauf, dass am Tag und in der Woche nicht überdurchschnittlich mehr gearbeitet wird – der „normale“ Arbeitstag ist jener Tag und die „normale“ Arbeitswoche jene Woche, an dem und in der nur die vereinbarte Arbeit ohne Mehrarbeit zu leisten ist. Die Definition des § 19d Abs 1 S 1 AZG meint „im Durchschnitt“
nur, dass im Rahmen von mehrwöchigen Durchrechnungsmodellen auch in jenen Wochen, in denen weniger als 40 Stunden gearbeitet wird, keine Teilzeitarbeit vorliegt.
Im Falle einer Kurzarbeit, die nur durch Einzelvereinbarungen mit den AN eingeführt wird, liegt hingegen Teilzeitarbeit vor, weil gerade nach dem Wortlaut des § 19d Abs 1 S 1 AZG die dann vorübergehend vereinbarte Wochenarbeitszeit die gesetzliche und allenfalls eine kollektivvertraglich festgelegte Normalarbeitszeit unterschreitet. Die einzelvereinbarte Kurzarbeit unterscheidet sich – außer durch ihren besonderen Anlass auf Seiten des AG – durch nichts von einer sonst üblichen Teilzeitarbeit. Herrschend ist jedoch die Ansicht, dass jede Kurzarbeit unabhängig von der Art ihrer Einführung keine Teilzeitarbeit sei,* wobei Felten und Mosler dann doch wieder spezielle Vorschriften für Teilzeitarbeit anwenden möchten.* Möchte man aber auch die einzelvereinbarte Kurzarbeit aus der gesetzlichen Definition der Teilzeitarbeit ausklammern, so ist die Legaldefinition mittels entsprechender Begründung zu reduzieren. Dafür ist allein die Behauptung, der Gesetzgeber habe bei der Einführung der Teilzeitarbeitsdefinition im damaligen § 19c Abs 1 AZG* nicht an Kurzarbeit gedacht,* nicht ausreichend, weil 1992 die Kurzarbeit bereits seit über 70 Jahren in der Rechtsordnung verankert war; insofern kann man auch behaupten, dass sich der Gesetzgeber sehr wohl an seine Gesetze erinnerte, er es aber gerade nicht für nötig empfand, die Kurzarbeit aus dem Teilzeitarbeitsbegriff auszunehmen.
Die Ansicht, Kurzarbeit und Teilzeitarbeit seien nicht dasselbe, wurde von Tomandl begründet.* Soweit er phänomenologische Argumente heranzieht, scheitern diese schon deshalb, weil es heutzutage auch Formen anerkannter Teilzeitarbeit gibt, welche die gleichen Eigenschaften aufweisen, die nach sA die Abschichtung der Kurzarbeit von der Teilzeitarbeit rechtfertigen: So werde Teilzeitarbeit „von allem Anfang an“ vereinbart, während Kurzarbeit immer ein Arbeitsverhältnis vor Kurzarbeit voraussetze – eine Eigenschaft, die aber auch bei Elternteilzeit zutrifft, welche aber allein wegen der Sonderregel des § 19d Abs 8 AZG Teilzeitarbeit sein muss. Auch werde Kurzarbeit nur vorübergehend vereinbart und habe einen interimistischen Charakter* – was aber ebenso auf die Elternteilzeit zutrifft. Das Motiv der Kurzarbeit liege in der Bekämpfung wirtschaftlicher Rückschläge, während Teilzeitarbeit der Bewältigung der Hochkonjunktur diene.* Auf das Motiv der Vereinbarung kommt es aber nicht an, es sei denn, der Gesetzgeber knüpft ausdrücklich daran an.* Letztlich hat der Gesetzgeber gerade nicht die von Tomandl vorgeschlagene Definition der Teilzeitarbeit übernommen, wonach keine Teilzeitbeschäftigung vorliegen solle, „wenn aufgrund einer Vertragsänderung Perioden voller und kürzerer Arbeitszeit aufeinander folgen und diese Änderung auf Umstände auf Seiten des Arbeitgebers zurückgeht“
.*
Mosler sieht im Zweck des § 19d AZG ausreichende Gründe, auch die vereinbarte Kurzarbeit nicht als Teilzeitarbeit zu werten, denn in § 19d AZG gehe es darum, eine Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten gegenüber den Vollzeitbeschäftigten zu verhindern; und Kurzarbeit, die die Arbeitszeit allgemein verkürze, betreffe in aller Regel Vollzeitbeschäftigte.*7 Tatsächlich muss Kurzarbeit aber nicht für alle AN im Betrieb eingeführt werden, weshalb kurzarbeitende AN und ungekürzte Vollzeitbeschäftigte beim selben AG beschäftigt sein können – Diskriminierungen sind somit weiterhin denkbar. Und würde man dieses Argument konsequent weiterverfolgen, dürfte § 19d AZG auch für solche AG nicht gelten, die ausschließlich nur AN in Teilzeit beschäftigten und daher diese gegenüber keinen Vollzeitbeschäftigten diskriminieren könnten – ein Ergebnis, das zu Recht von niemandem vertreten wird. Von Drs wiederum wird angeführt, dass die Akzeptanz der Kurzarbeit als Teilzeitarbeit zu einem „merkwürdigen Ergebnis“
führe, wenn ein AN in der Kurzarbeit wegen zuschlagspflichtiger Mehrarbeit mehr verdienen würde als vor der Kurzarbeit mit demselben Arbeitsausmaß.* ME ist dies aber gar nicht merkwürdig, denn der AG verspricht mit seinem Anbot auf Kurzarbeit dem AN weniger Arbeit und mehr Freizeit. Wenn dann der AG wider Erwarten doch mehr Arbeitsleistung benötigt und er den AN aus seiner Freizeit an den Arbeitsplatz zurückholt, so wird die vom AG selbst gesäte Erwartung des AN zerstört. Dann ist es aber nicht merkwürdig, wenn er dafür – entgegen seines bei Einführung der Kurzarbeit gegebenen Versprechens – dem AN mehr bezahlt.*
Scheitern nun aber alle Argumente, die zu rechtfertigen versuchen, warum entgegen des Wortlautes des § 19d Abs 1 S 1 AZG auch die einzelvereinbarte Kurzarbeit keine Teilzeitarbeit sein soll, bleibt nur eines übrig: die durch Einzelarbeitsvertrag eingeführte Kurzarbeit ist Teilzeitarbeit,* und dies nicht erst seit Hinzufügung des § 19d Abs 1 S 2 AZG durch BGBl I 2007/61.* Denn es gibt nur zwei Kategorien: Vollzeitarbeit und Teilzeitarbeit. Und Kurzarbeit fügt sich nahtlos darin ein, entweder als Vollzeitarbeit, wenn sie mittels Norm der kollektiven Rechtsgestaltung eingeführt wird, oder als Teilzeitarbeit, wenn dies nicht der Fall ist – jedoch mit einer Ausnahme, die § 19d Abs 1 S 2 AZG seit 2008 expressis verbis vorschreibt: wenn eine durch BV festgesetzte Kurzarbeit mit anderen AN, für die kein BR errichtet ist, einzelvertraglich vereinbart wird. Damit wird an den Fall gedacht, dass für Arbeiter durch BV eine kürzere Normalarbeitszeit festgesetzt wird, während für Angestellte mit den gleichen Arbeiten, für die im Betrieb kein BR errichtet ist, dies nur mit Einzelvereinbarung erreicht werden kann.* Als Ausnahme ist § 19d Abs 1 S 2 AZG eng auszulegen, sodass er nicht auch bei anderen (über-)betrieblichen Vereinbarungen, die aber keine Normen der kollektiven Rechtsgestaltung sind, wie etwa bei einer SPV, greift.* Auch kann die Ausnahme nicht auf andere betriebsratslose Betriebe eines Unternehmens ausgedehnt werden.*
Freilich führt dies dazu, dass in Betrieben, in denen Kurzarbeit mit BV eingeführt wird, Vollzeitarbeit auf niedrigem Niveau vorliegt, während in anderen Betrieben eine bloß einzelvertraglich vereinbarte Kurzarbeit Teilzeitarbeit ist. Doch diese Differenzierung besteht auch außerhalb der Kurzarbeit, wenn etwa in einer Branche der KollV eine kürzere wöchentliche Normalarbeitszeit festsetzt und dies in einer anderen Branche nicht der Fall ist: Ein mit 38,5 Wochenstunden beschäftigter AN ist in der Handelsbranche in Vollzeit tätig, während er unter einem anderen KollV nur teilzeitbeschäftigt ist – bei gleicher Wochenarbeitszeit.
Kurzarbeit ist für den AG nur dann sinnvoll, wenn mit ihr auch eine Verkürzung des Arbeitsentgelts erfolgt. Doch ist keine BV zu einem Eingriff in das vereinbarte Entgelt ermächtigt,* denn zulässiger Inhalt einer BV kann nur sein, was durch Gesetz oder KollV ihr zu regeln überantwortet wurde; die Festsetzung des Zeitlohnes gehört aber nicht zu diesen Angelegenheiten.* Die BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG ist aber deshalb nicht notgedrungen unvollständig,* weil die Verkürzung der Arbeitszeit sich ohne weiteres Zutun auf die Entgelthöhe durchschlägt: Bei vereinbartem Stundenlohn tritt die Entgeltkürzung schon kraft Arbeitsvertrag ein,* denn durch angeordnete Verkürzung des Zählers (geleistete Stunden) wird bei gleichem Nenner (Lohn pro Stunde) der Bruch (Entgelt) verkleinert. Dasselbe gilt auch bei Leistungslohnabreden* sowie bei nach Monaten, Wochen oder Tagen bemessene Entgelte.* Denn bereits im ursprünglichen Arbeitsvertrag ist bei Tages-, Wochen- und Monatsentgelten das Ausmaß des Arbeitsentgelts mit dem Ausmaß der Arbeitszeit verknüpft: Das nach Monaten, Wochen oder Tagen bemessene Entgelt entspricht als Zeitlohn der vereinbarten Normalarbeitszeit. Wird nun mittels BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG eine kürzere Normalarbeitszeit festgelegt, die dazu führt, dass 8auch die vereinbarte Wochenarbeitszeit reduziert werden muss, weil die Einzelvereinbarung soweit teilnichtig ist, wie die vereinbarte Wochenarbeitszeit die durch BV festgelegte Normalarbeitszeit übersteigt, wird damit auch das Arbeitsentgelt verringert – nicht kraft der normativ wirkenden BV, sondern weil diese Reduzierung letztlich schon im ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbart ist. Bereits diese ursprüngliche Vereinbarung enthält die verbindliche Zustimmung des AN zur linearen Anpassung des Entgelts an die verkürzte Arbeitszeit, entsprechend kann der AN zum Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit dieser bereits vereinbarten Entgeltreduzierung auch nicht mehr widersprechen. Für den Fall, dass die ursprüngliche Entgeltvereinbarung Zweifel offen lässt,* lässt sich auch das Argument der ergänzenden Vertragsauslegung unterstützend heranziehen: Danach ist bei Konfliktfällen, die nach Abschluss des Vertrags auftreten und von den Vertragsparteien nicht bedacht wurden, der Vertrag an den hypothetischen Parteiwillen anzupassen,* der dann ebenso zu einer Entgeltreduzierung führt. Auch das durch Vereinbarung verdrängte dispositive Recht des § 1152 ABGB (Angemessenheit) bzw des § 6 Abs 1 AngG (Ortsüblichkeit, Angemessenheit) deutet darauf hin. Die gleiche Problematik stellt sich auch bei der Elternteilzeit, bei der das Gesetz keine Angaben zur Auswirkung auf das Entgelt macht und trotzdem „[k]lar ist, dass das Gehalt im Verhältnis der Stundenreduktion zu kürzen ist“
.* Anders als bei der Elternteilzeit* sind jedoch vereinbarte Mehrarbeitspauschalen nicht automatisch* zu streichen, sondern nur linear zu aliquotieren, weil Mehrarbeits- und Überstunden – anders als während der Elternteilzeit* – auch während einer Kurzarbeit durchaus geleistet werden dürfen.*
Teilweise wird in der Literatur der Zusammenhang der Verkürzung der Arbeitszeit mit jener des Arbeitsentgelts durch § 1155 ABGB erklärt:* Danach seien die durch Kurzarbeit ausfallenden Arbeitsleistungen aus Gründen in der Sphäre des AG erfolgt, weshalb dafür dem AN die Entgeltfortzahlung nach § 1155 ABGB gebühre. Weil aber § 1155 ABGB dispositiv ist, können zu Lasten des AN davon abweichende Vereinbarungen getroffen werden.* Eine BV gem § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG könne die gesetzliche oder kollektivvertragliche Normalarbeitszeit nicht herabsetzen; „eine solche Herabsetzung könnte nur durch Kollektivvertrag erfolgen“
.* Daher sei die BV nur „eine arbeitszeitrechtliche Bewältigung einer Leistungsstörung“
und sie drücke „nur die maximal zugelassene Abweichung von § 1155 ABGB im Leistungsstörungsfall aus“
.*
Dieses Verständnis der Kurzarbeit ist mE aber abzulehnen: Erstens ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG, dass die Arbeitszeit im Vordergrund steht und nicht die Entgeltfortzahlung im Falle eines Arbeitsausfalls. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum Z 13 leg cit für Entgeltfortzahlungsregelungen offen sein soll, ja in erster Linie nur ein Sonderleistungsstörungsrecht regeln soll, wenn man mit den Gesetzesmaterialien* annimmt, dass sich das Mitwirkungsrecht des BR nicht auf Lohnfragen beziehe.* Zweitens wird im Falle der durch BV eingeführten Kurzarbeit § 1155 Abs 1 ABGB gar nicht aktiviert, weil juristischer Grund der Verkürzung der Arbeitszeit die BV selbst ist, die für sich jedoch kein Umstand ist, der allein auf Seiten des AG liegt, weil sie zwangsläufig nur mit Zustimmung des BR entstand. Entsprechend ist auch die einzelvereinbarte Kurzarbeit das, was sie ist: eine Reduzierung der vereinbarten Wochenarbeitszeit. Wird außerhalb einer Kurzarbeit das Beschäftigungsausmaß einvernehmlich reduziert, wird ja auch von niemandem vertreten, dass in Wahrheit der AG vorübergehend auf seine Arbeitsleistung und der AN auf seine Entgeltfortzahlung nach § 1155 ABGB verzichtet. Drittens führt die Vorstellung, dass die BV lediglich ein Sonderleistungsstörungsrecht regle, das lediglich für die Differenz zwischen der tatsächlich geleisteten Arbeit bis hinunter zum Kurzarbeitsausmaß und der an sich geschuldeten vertraglichen Normalarbeitszeit den Entfall der Entgeltfortzahlung „bei teilweisem Lohnausgleich durch die Kurzarbeitsbeihilfe“
vorsehe und so dynamisch wirke, „weil das Kurzarbeitsausmaß nur den verbliebenen Anwendungsbereich des § 1155 ABGB absteckt, und damit nur den Mindestumfang des jedenfalls vom Arbeitgeber abzugeltenden Arbeitszeitausmaßes“
,* dass es sich bei der Corona-Kurzarbeit bloß „um eine partielle widerrufliche Dienstfreistellung“
* handle, zu einer Arbeit auf Abruf oder Auferstehung der kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit*9 durch die Hintertüre – der AG entscheidet hier allein, ob die Arbeitsstunden nun ausfallen oder nicht. Verkürzt aber die BV die Normalarbeitszeit, schuldet der AN auch keine Normalarbeit über die betriebsvereinbarte Normalarbeitszeitgrenze, sondern allenfalls Mehrarbeit.
Um die Zustimmung des BR oder des AN zur Einführung der Kurzarbeit zu erwirken oder um Voraussetzungen für die Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe zu erfüllen, wird die Verkürzung der Arbeitszeit mit sozialen Maßnahmen begleitet, wie etwa ein zusätzliches Entgelt in Form einer Kurzarbeitsunterstützung oder der Sicherung des Beschäftigtenstandes. Soweit die Kurzarbeit mit Einzelvereinbarung im Betrieb eingeführt wird, ist die Vereinbarung dieser Begleitmaßnahmen unproblematisch – der AG verpflichtet sich gegenüber seinem kurzarbeitenden AN zur Durchführung der zusätzlich vereinbarten Maßnahmen.
Eine Regelung solcher Begleitmaßnahmen durch BV ist jedoch nur dann zulässig, wenn die Angelegenheit durch Gesetz oder KollV der BV zugewiesen wurde. § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG bietet nur Platz für die Verkürzung der Arbeitszeit selbst, wird aber auch die Lage der verkürzten Arbeitszeit generell festgesetzt, so kann sich die BV auf § 97 Abs 1 Z 2 ArbVG stützen. § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG bietet die Möglichkeit, „Kündigungsfristen und Gründe zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“
durch BV zu regeln, eröffnet aber auch den Weg, spezielle Kündigungsgründe* oder überhaupt einen Ausschluss der Kündigung seitens des AG verbindlich zu fixieren.* Fehlt aber eine gesetzliche Ermächtigung zum Abschluss der Begleitmaßnahme mittels BV – etwa für die Vereinbarung einer Kurzarbeitsunterstützung als zusätzliches Entgelt –, handelt es sich um eine freie BV, die – quasi als Vertragsschablone* – als Angebot des AG an die betroffenen AN angesehen wird, den Einzelarbeitsvertrag um die Begleitmaßnahme vorübergehend zu ergänzen. Weil die Begleitmaßnahme idR dem sozialen Wohl des AN dient, wird die Annahme dieses Angebots durch konkludentes Handeln nicht scheitern. Als Vertrag zugunsten Dritter, nämlich der AN, kann allein die unzulässige Vereinbarung des Betriebsinhabers mit dem BR nicht angesehen werden, weil die Belegschaft wegen ihrer Teilrechtsfähigkeit keine Vereinbarungen (auch zugunsten anderer) abschließen kann, für die keine gesetzliche Ermächtigung besteht. Lediglich wenn die BV neben dem BR auch von einem Sozialpartner unterfertigt wird, verpflichtet sich der AG gegenüber dem voll rechtsfähigen Sozialpartner zur Begleitmaßnahme zugunsten der AN als Dritte.*
Unter den Voraussetzungen des § 37b AMSG und der dazu ergangenen Bundesrichtlinie des Verwaltungsrats des Arbeitsmarktservice (AMS) zur Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-RL)87)* kann auf Begehren des AG die Landesgeschäftsstelle des AMS – allenfalls delegiert an Regionale Geschäftsstellen – eine Kurzarbeitsbeihilfe als finanzielle Unterstützung zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit infolge vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten und damit zur weitgehenden Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes gewähren.* Diese Kurzarbeitsbeihilfe führt zu einer Teilung des Wirtschaftsrisikos zwischen umsatzverlierenden AG, kurzarbeitenden AN und helfender Allgemeinheit.* Ihre grundsätzliche Idee ist die Durchreichung der Arbeitslosenkosten: Der AG hat seinen AN für die Verkürzung ihrer Arbeitszeit einen Lohnausgleich (Kurzarbeitsunterstützung) zu gewähren, der zumindest der aliquoten Höhe des Arbeitslosengeldes im Verhältnis zur Verringerung der Normalarbeitszeit entspricht. Die Kurzarbeitsbeihilfe dient dem teilweisen Ersatz der zusätzlichen Aufwendungen für die Kurzarbeitsunterstützung sowie für die höheren Beiträge der SV und zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Ihre Höhe entspricht im ursprünglichen Beihilfenmodell der Höhe der anteiligen Aufwendungen, die der AlV im Falle der Arbeitslosigkeit für Arbeitslosengeld zuzüglich der Beiträge zur KV und zur PV entstünden.* Damit schließt sich der Kreis: Soweit der AG wegen der ausgefallenen Arbeitsstunden höhere Lohnkosten zu tragen hat, erhält er eine Förderung aus dem ersparten Arbeitslosengeld.
In der Corona-Pandemie wurde von der KUA-RL die Höhe der Kurzarbeitsunterstützung – und mit ihr auch die Kurzarbeitsbeihilfe* – so weit erhöht, als der AN in der Kurzarbeit je nach bisherigem Bruttoentgelt mindestens 80 %, 85 % oder 90 % des Nettoentgelts vor der Kurzarbeit erhält. Weil aber in der Lohnabrechnung des AG individuelle Umstände des AN berücksichtigt werden,* ist das vom AG abgerechnete Nettoentgelt einzelfallbezogen; entsprechend war in Phase 1 die Nettoentgeltgarantie ebenso einzelfallbezogen zu berechnen, während die Kurzarbeitsbeihilfe nach Pauschalsätzen gem § 37b Abs 3 S 4 AMSG gewährt wurde,* welche gleich dem Arbeitslosengeld berechnet 10wurden. Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes beruht zwar ebenfalls auf einem täglichen Nettoeinkommen, doch dieses wird nicht nach individuellen Umständen des Versicherten, sondern für die Normfigur eines alleinstehenden Angestellten unter Berücksichtigung der ohne Antrag gebührenden einkommensteuerrechtlichen Freibeträge berechnet;* das tägliche Nettoeinkommen entspricht daher nicht dem tatsächlich abgerechneten Nettoeinkommen. Diese Diskrepanz wurde mit Z 3 BGBl I 2020/51rückwirkend zum 1.3.2020 beseitigt: Seitdem erfüllt der AG gem § 37b Abs 6 AMSG die KUA-RL jedenfalls dann, wenn er das Mindestbruttoentgelt gemäß der „Kurzarbeits-Mindestbruttoentgelt- Tabelle“ des Bundesministers für Arbeit bezahlt.* Diese Tabelle ist das Ergebnis einer pauschalen Berechnung vom individuellen Bruttoentgelt vor der Kurzarbeit auf das fiktive Nettoentgelt der Normfigur nach § 21 Abs 3 AlVG, welches auf 80 %, 85 % oder 90 % gekürzt und anschließend wieder pauschal auf das Mindestbruttoentgelt hochgerechnet wurde, sodass letztlich individuelle Umstände bei der Ermittlung der Nettoersatzrate unberücksichtigt bleiben. Dadurch können dem AN im Einzelfall auch weniger als 80 %, 85 % oder 90 % des Nettoentgelts vor Kurzarbeit zustehen.
Kurzarbeitsbeihilfe wird dem AG nicht hoheitlich, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durch einen Fördervertrag mit dem AMS gewährt.* Wenngleich auf die Kurzarbeitsbeihilfe gem § 34 Abs 3 AMSG kein Rechtsanspruch besteht, so besteht doch gegen Willkür ein Rechtsschutz auf dem Weg der ordentlichen Gerichtsbarkeit;* allerdings nicht als Arbeitsrechtssache iSd § 50 ASGG.*
Die Voraussetzungen zur Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe sind in § 37b Abs 1 AMSG vorgegeben und in der KUA-RL konkretisiert. Neben der Durchführung der Kurzarbeit für AN zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit,* der Betroffenheit des Betriebs durch vorübergehende, nicht saisonbedingte wirtschaftliche Schwierigkeiten,* der rechtzeitigen Verständigung und zu erfolgenden Beratung setzt § 37b Abs 1 Z 3 AMSG insb das Bestehen einer SPV voraus.* Darunter ist – unabhängig vom Bestehen eines BR – eine zwischen den für den Wirtschaftszweig in Betracht kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AG und der AN („Sozialpartner“) abgeschlossene Vereinbarung zu verstehen, worin die näheren Bedingungen der Kurzarbeit, der Leistung einer Kurzarbeitsunterstützung sowie die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes getroffen werden; die SPV konkretisiert die Mindestbedingungen der Kurzarbeit, für die dem AG letztlich Kurzarbeitsbeihilfe gewährt wird.
Für den Fall, dass auf Seiten des AG keine kollektivvertragsfähige Körperschaft besteht,* genüge gem Pkt 6.4.3 KUA-RL die Zustimmung der verbleibenden kollektivvertragsfähigen Körperschaft – also des ÖGB. Diese praktische Vorgehensweise ist mE mit § 37b Abs 1 Z 3 AMSG jedoch nicht in Einklang zu bringen, weil dort dezidiert eine zweiseitige Vereinbarung vorausgesetzt wird und keine einseitige Zustimmung. Mag es auch rechtspolitisch unerwünscht sein, dass AG, für die keine kollektivvertragsfähige Körperschaft existiert, von der Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe ausgeschlossen sind, so verstößt dies mE nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz:* Der Gesetzgeber hat bewusst die detaillierte Konturierung jener Kurzarbeit, für deren Durchführung der AG mit der Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe belohnt wird, nicht den Verhandlungen auf betrieblicher Ebene überlassen, sondern auf die Branchenebene gehoben – die Sozialpartner, welche den KollV für einen Wirtschaftszweig verhandeln, können die unternehmensextern verursachten wirtschaftlichen Schwierigkeiten und ihre Auswirkungen auf die Branche überblicken.* Diese sollen daher objektiv die Gestaltung jener Kurzarbeit vorgeben, die letztlich den staatlich finanzierten Beihilfenfluss zum AG öffnet. Es ist daher sachlich, dass dazu allein die Zustimmung der Gewerkschaft zu einer auf betrieblicher Ebene verhandelten Kurzarbeit nicht genügen soll; ist dies aber rechtspolitisch erwünscht, hat der einfache Gesetzgeber dies auch deutlich anzuordnen.
Die SPV gibt nun vor, wie der AG mit BV oder Einzelvereinbarung die Kurzarbeit in seinem Betrieb umzusetzen hat, damit ihm eine Kurzarbeitsbeihilfe gewährt werden kann. Zu diesem Zweck kann sie über das von § 37b AMSG und KUA-RL vorgegebene Mindestniveau treten und weitere soziale Maßnahmen vorsehen.* Die Sozialpartner sind zwar dabei an die Grundrechte mittelbar gebunden,* doch können sie die Kurzarbeit so weit gestalten, wie es sachlich gerechtfertigt ist. Dass gerade bei der Corona-Kurzarbeit die Praxis den Weg von unten nach oben einschlägt, indem zuerst die Kurzarbeit auf betrieblicher Ebene durch Vereinbarung eingeführt und dann die Muster-SPV den Sozialpartnern zur Unterschrift vorgelegt wird, führt nur dazu, dass der 11 AG Gefahr läuft, eine Kurzarbeit ohne SPV – und damit ohne Kurzarbeitsbeihilfe – einzuführen.
Wird die SPV hinterlegt und ihr Abschluss iSd § 14 ArbVG kundgemacht, so erhält sie als KollV normative Wirkung.* Hinterlegung und Kundmachung kommen aber in praxi nicht vor. Während die ältere Literatur die SPV als Vertrag sui generis gesehen hat,* ist sie lediglich eine bloß schuldrechtlich wirkende Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern. * Als solche wirkt sie nicht normativ und verpflichtet oder berechtigt weder den AG noch die AN. Allein der Abschluss einer SPV zwingt den AG und Betriebsinhaber nicht, eine Kurzarbeit in seinem Betrieb einzuführen; die Entscheidung dazu trifft er erst durch seine Zustimmung zur BV oder Einzelvereinbarung – erst dadurch wird die Kurzarbeit im Betrieb verbindlich eingeführt. Zum Zwecke einer rascheren Abwicklung und zur Vereinfachung ihrer Verhandlung haben sich WKO und ÖGB auf eine Muster-SPV geeinigt. Wenngleich die Sozialpartner über ihre Zustimmung die Verwendung dieses Musters erzwingen können, besteht keine gesetzliche Verpflichtung dazu; Sozialpartnervereinbarungen abseits dieses Musters sind rechtlich durchaus möglich.
Die SPV als Festlegung der Rahmenbedingungen einerseits und die BV bzw Einzelvereinbarung als Rechtsgrundlage der Einführung der Kurzarbeit andererseits können freilich in ein und demselben Dokument miteinander verschmolzen werden. Diese Zusammenführung ist in der Muster-SPV vorgezeichnet, weil sie auch vom Betriebsinhaber und BR bzw vom AG und AN unterfertigt werden soll und gleichzeitig als BV bzw Einzelvereinbarung bezeichnet wird. Nichtsdestotrotz bleiben es zwei Regelungsinstrumente, die nicht zu einem gemeinsamen werden. Das unterfertigte Dokument ist janusköpfig und kann juristisch gleichzeitig als SPV und als BV bzw Einzelvereinbarung gesehen – und auch ausgelegt – werden. Eine Verschränkung der SPV und der BV findet insofern statt, als dem AG hinsichtlich jener Begleitmaßnahmen, für die keine BV ermächtigt ist, anstelle allein des BR zwei vollrechtsfähige Sozialpartner gegenüberstehen, zu denen er nun in einer schuldvertraglichen Beziehung steht. Insofern kann dies insgesamt als echter Vertrag zugunsten Dritter iSd § 881 ABGB verstanden werden,* der dem AN einen Leistungsanspruch, zB auf die versprochene Kurzarbeitsunterstützung, einräumt; zugunsten und nicht zu Lasten Dritter ist die Kurzarbeitsunterstützung deshalb, weil die Arbeitszeitreduktion eine lineare Entgeltkürzung zur Folge hat und daher die Kurzarbeitsunterstützung für den AN günstiger ist.*
Dieser Leistungsanspruch kann aber auch schlüssig durch Anbot des AG und Annahme des AN vereinbart werden; es besteht Anspruchs(grundlagen) konkurrenz. Werden SPV und Einzelvereinbarung in einem Dokument zusammengeführt, bestehen ohnehin keine Zweifel am Geltungsgrund.
§ 37b AMSG – und in der Folge die KUA-RL – schreiben für die SPV einen Mindestinhalt vor. Dazu gehören die Leistung einer Entschädigung während der Kurzarbeit zumindest in der Höhe jenes Anteils des Arbeitslosengeldes, der der Verringerung der Normalarbeitszeit entspricht (Kurzarbeitsunterstützung), die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes und die näheren Bedingungen der Kurzarbeit. Seit 1.7.2021* schreibt § 37b Abs 2 S 5 AMSG zusätzlich vor, dass die SPV Bestimmungen über den Abbau von Urlaubs- und Zeitguthaben vorzusehen hat, die von § 4 Abs 1, 3 bis 5 UrlG abweichende Regelungen beinhalten können. Dem folgend haben sich die Sozialpartner in ihrem Muster darauf geeinigt, dass AN jedenfalls eine Woche (bzw zwei oder drei Wochen) ihres noch offenen Urlaubsanspruchs zu konsumieren haben, wenn der Kurzarbeitszeitraum mehr als einen Monat (bzw mehr als drei oder fünf Monate) beträgt.* Urlaubsguthaben vergangener Urlaubsjahre sowie Zeitguthaben sind lediglich „tunlichst vor Beginn der Kurzarbeit abzubauen“
,* womit zweifellos kein Verbrauch zwingend angeordnet wird – das Unternehmen muss sich nur ernstlich um den Abbau von Alturlaubsansprüchen bemühen.*
Fraglich ist nur, wie der AG diese Pflicht dem AN aufbürden kann, damit der AG diese für die Kurzarbeit vorgegebene Bedingung zur Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe erfüllt. Denn § 4 Abs 1 UrlG bestimmt unverändert, dass der Zeitpunkt des Urlaubsantritts zwischen AG und AN zu vereinbaren ist; zu diesem Vereinbarungsprinzip besteht auf Seiten des AG keine gesetzliche Ausnahme. Zwar bestimmt Pkt VI Z 7 lit a Muster-SPV in ihrer 10. Version keinen konkreten Zeitpunkt des Urlaubsverbrauchs, es soll aber der AN in seiner Zustimmungsfreiheit insoweit eingeschränkt werden, als er – je nach Dauer der Kurzarbeit – während des Kurzarbeitszeitraumes eine Woche, zwei oder drei Wochen seines Urlaubsanspruchs zu verbrauchen hat. Doch auch für diese Einschränkung bedarf es im Lichte des § 4 Abs 1 UrlG jedenfalls 12der Zustimmung jedes AN, zumal die ohnehin nur in bestimmten Fällen* eingreifende Verpflichtung des § 1155 Abs 3 S 2 iVm Abs 4 ABGB, auf einseitiges Verlangen des AG Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen,* mit Ablauf des 31.12.2020 bereits außer Kraft getreten ist.
Die nach § 4 Abs 1 UrlG erforderliche Zustimmung zum Urlaubsverbrauch wird vom AN zweifellos erteilt, wenn die Kurzarbeit mit Einzelvereinbarung im Betrieb eingeführt wird. Aber im Falle der Einführung mit BV fehlt der dazu erforderliche Ermächtigungstatbestand: Gem § 97 Abs 1 Z 10 ArbVG können Betriebsvereinbarungen nur über „Grundsätze betreffend den Verbrauch des Erholungsurlaubes“
abgeschlossen werden, womit aber die Regelung des § 4 UrlG nicht eingeschränkt werden kann, weil sich die Ermächtigung nicht auf den konkreten Urlaubsverbrauch, sondern nur auf allgemeine Richtlinien – zB Verfahren für die Inanspruchnahme des Urlaubs, Festlegung von Urlaubsperioden, Vertretungsregeln, Entscheidungskriterien – bezieht.* Die Umsetzung der vorgeschriebenen Urlaubskonsumation der Muster-SPV ist damit nicht zulässig. Zu denken ist aber an § 170 Abs 3 ArbVG, der im Zuge der Hochfrequenzlegistik in den ersten Stunden der Corona-Krise eingefügt wurde* und vorsieht, dass eine BV nach § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG in Zusammenhang mit der Corona-Kurzarbeit*„auch Regelungen zum Verbrauch des Urlaubs, ausgenommen Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr, und von Zeitguthaben treffen“
kann. In der Literatur wird aber bezweifelt, dass auf Grundlage des § 170 Abs 3 ArbVG ein Urlaubsverbrauch gegen den Willen des AN einseitig angeordnet werden kann.* Doch selbst wenn man gegenteiliger Ansicht ist,* kann trotzdem die Vorgabe der Muster-SPV mittels BV nicht gänzlich umgesetzt werden, weil § 97 Abs 1 Z 13 ArbVG nach seinem Wortlaut für Regelungen zum Verbrauch des Urlaubs, der sich aus dem laufenden Urlaubsjahr ergibt, jedenfalls nicht erweitert werden soll. Hat aber der AN keinen offenen Urlaubsanspruch aus den vergangenen Urlaubsjahren, sondern nur aus dem laufenden Urlaubsjahr, kann er unstrittig durch keine BV zum Verbrauch verpflichtet werden.
Auch ist die von Betriebsinhaber, BR und Sozialpartnern unterfertigte Muster-SPV im Hinblick auf die Verpflichtung zum Urlaubsverbrauch kein Vertrag zugunsten, sondern zu Lasten Dritter, womit diese Verpflichtung nicht wirksam wird.* Auch kann die Wohltat der Kurzarbeitsunterstützung zugunsten Dritter nicht mit der Missetat des Urlaubsverbrauchs zu Lasten Dritter aufgewogen werden, weil einerseits das Fehlen der Zustimmung des Dritten zu einer Verpflichtung nicht durch ein anderes Leistungsversprechen an den Dritten aufgewogen werden kann – ein Gruppenvergleich kann hier zivilrechtlich nicht stattfinden – und andererseits ohnehin das Ablöseverbot des § 7 UrlG einem solchen Abtausch entgegensteht. Denkbar ist letztlich nur die konkludente Zustimmung des AN zur Urlaubskonsumation im Rahmen einer freien BV. Doch auch dies scheitert, wenn durch Umstände vernünftige Gründe übrigbleiben, an der stillschweigenden Zustimmung zu zweifeln.*
Wenn auch die Nichtumsetzung jener Kurzarbeit, wie sie durch § 37b AMSG, KUA-RL und vor allem SPV als Mindestbedingung vorgegeben wird, dazu führt, dass insgesamt keine Kurzarbeitsbeihilfe gewährt werden kann, so wird die Nichtumsetzung der verpflichteten Urlaubskonsumation in der Praxis keine derart für den AG dramatischen Folgen haben:* Zum einen sieht Pkt 6.10. KUA-RL die Rückforderung auch nur von Teilen der Kurzarbeitsbeihilfe vor, zum anderen werden gem Pkt 9.4. KUA-RL automatisch die verrechneten Ausfallstunden – und damit die Höhe der Kurzarbeitsbeihilfe – um den obligatorischen Urlaubsverbrauch gekürzt und ein entsprechender Rückforderungsbetrag ausgewiesen. Sollte der AN bereits seinen gesamten Urlaubsanspruch konsumiert haben und daher keine Urlaubskonsumation während der Kurzarbeit möglich sein, kann der AG im Rückforderungsverfahren noch Einwendungen erheben. Damit wird aber seitens des AMS nicht geprüft, ob tatsächlich ein Urlaub vereinbart und verbraucht wird, sodass im Falle der Nichtumsetzung dem AG nicht die gesamte Kurzarbeitsbeihilfe verwehrt wird.
Gem § 37b Abs 2 S 2 AMSG muss durch die SPV zumindest hinsichtlich des von der Kurzarbeit 13 erfassten Beschäftigtenstandes sichergestellt sein, dass während der Kurzarbeit und in einem allenfalls darüber hinaus zusätzlich vereinbarten Zeitraum nach deren Beendigung der Beschäftigtenstand aufrechterhalten wird, es sei denn, dass die regionale Organisation des AMS in besonderen Fällen eine Ausnahme bewilligt.* Diese Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes entspricht der makroökonomischen Zielsetzung der Kurzarbeit mit Kurzarbeitsbeihilfe zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit und der daraus folgenden, von der öffentlichen Hand zu finanzierenden Arbeitslosenunterstützung. Dabei geht es nur um den unpersönlichen Beschäftigtenstand, nicht um die einzelne Person, weil die Freisetzung eines AN und die Anstellung eines Arbeitslosen makroökonomisch gesehen sich saldieren und damit insgesamt das Ziel der Vermeidung (zusätzlicher) Arbeitslosigkeit nicht verfehlt wird. Aus § 37b AMSG ist daher kein besonderer Bestandschutz für das individuelle Arbeitsverhältnis ableitbar.*
Für Ansprüche des AN während der Kurzarbeit ist aber die Vereinbarung, mit der die Kurzarbeit im Betrieb eingeführt wird, somit entweder die Einzelvereinbarung oder die BV maßgebend.* Pkt IV Z 2 lit a Muster-SPV* sieht während der Kurzarbeit eine „Behaltepflicht“ in der Form vor, dass der AG verpflichtet ist, „jenen Beschäftigtenstand im Betrieb aufrecht zu erhalten, der unmittelbar vor Beginn des Kurzarbeitszeitraumes [...] bestanden hat“. Diese Behaltepflicht wird gem Pkt IV Z 2 lit b Muster-SPV für AN, die von Kurzarbeit betroffen waren, für einen Monat nach Ende der Kurzarbeit verlängert (Behaltefrist). Dies entspricht den Mindestvorgaben, wie sie § 37b AMSG und KUA-RL definieren, weshalb daraus ebenso kein individueller Bestandschutz für das Einzelarbeitsverhältnis entsteht.*
Zusätzlich lautet Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV aber:*„Arbeitgeberkündigungen dürfen frühestens mit Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden.“
Als Teil der Vereinbarung ist dieser Satz interpretationsbedürftig. Dabei erfolgt die Interpretation im Falle der Einführung der Kurzarbeit mit Einzelvereinbarung nach §§ 914 f ABGB, weshalb die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Für die Vertragsauslegung nicht maßgebend ist der Wille der Sozialpartner, weil nicht die SPV die Kurzarbeit einführt, sondern die Einzelvereinbarung zwischen AG und AN. Eine Differenzierung ist selbst dann möglich, wenn SPV und Einzelvereinbarung in einem Dokument verschmolzen werden – beide werden nicht zu einer einheitlichen Regelung,* sondern bleiben das, was sie sind: einerseits SPV, die die Rahmenbedingungen der Kurzarbeit konkretisiert, und andererseits Einzelvereinbarung, mit der vorübergehend durch Verkürzung der Arbeitszeit das Arbeitsverhältnis modifiziert wird. Diese Unterscheidung der Regelungsinstrumente im gemeinsamen Dokument offenbart sich auch, wenn die Kurzarbeit nicht mit Einzelvereinbarung, sondern mit BV eingeführt wird, weil dann die BV gesetzesgleich gem §§ 6 f ABGB zu interpretieren ist, während für die nur obligatorisch wirkende SPV – mag es auch dasselbe Dokument, ja derselbe Text sein – weiterhin §§ 914 f ABGB anzuwenden sind. Letztlich ist auch § 37b AMSG nicht maßgebend, weil dieser nur Mindestbedingungen einer förderwürdigen Kurzarbeit vorgibt und nicht ausschließt, dass weitere Begleitmaßnahmen vereinbart werden, die für den AN günstiger sind.* Jedenfalls werden die arbeitsmarktpolitischen Ziele des § 37b AMSG durch einen für den AN günstigeren Kündigungsverzicht nicht vereitelt,* sondern ebenso erfüllt, wie die bloße Auffüllpflicht des Beschäftigtenstandes.*
Jene Ansichten, die aus Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV keinen Kündigungsverzicht ableiten und nur die unpersönliche Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes als Pflicht des AG sehen,* interpretieren meist nur von oben her, also von § 37b AMSG und der SPV kommend,* und nicht von unten her, also von dem, was eigentlich zu interpretieren ist, nämlich die zwischen AG und AN geschlossene Einzelvereinbarung. Nur von oben her wird – zwangsläufig – die „Belegschaft als Gesamtgröße angesprochen“, woraus „der Einzelne keine individuellen Rechte ableiten“
* könne, während in der Einzelvereinbarung der AG dem einzelnen AN gegenüber verspricht, AG-Kündigungen frühestens mit Ablauf der Behaltefrist auszusprechen. 14 Nur von oben her wird argumentiert, dass § 37b AMSG und die Muster-SPV ja keine dem § 45a AMFG vergleichbare Nichtigkeitssanktion enthalte,* während aus dem Fehlen der Nichtigkeitssanktion in der Einzelvereinbarung nicht der Schluss gezogen werden kann, dass mit Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV kein Kündigungsverzicht gemeint sein könne.* Nur von oben her wird vorgebracht, dass die Grundrechtsbindung des Staates einen aufoktroyierten Kündigungsverzicht als unverhältnismäßigen und unzulässigen Eingriff in das „Grundrecht auf Privatautonomie“
* verbiete, während der AG trotz faktisch-wirtschaftlichen Druck sich freiwillig gegen die Freisetzung der AN* und für die Zustimmung zur Kurzarbeits-Einzelvereinbarung entscheidet;* abgesehen davon ist es nicht aus dem Rahmen fallend, dass für eine Geldförderung vom Förderempfänger ein bestimmtes Verhalten abverlangt wird, das auch in einer Einschränkung seiner Vertragsauflösungsfreiheit münden kann. Und nur von oben her wird behauptet, der Kündigungsverzicht sei eine Bestimmung ungewöhnlichen Inhalts in einem Vertragsformblatt, der gem § 864a ABGB nicht Vertragsbestandteil werden könne, „wenn der Vertragspartner (also hier der AG) damit nicht rechnen musste, es sei denn, er wäre besonders darauf hingewiesen worden“
,* während bei der Einzelvereinbarung es ja der AG selbst ist, der das Vertragsformblatt gegenüber dem AN verwendet, und daher er die Ungewöhnlichkeit des eigenen Inhalts behauptet, die deshalb auch nicht dem anderen Teil (also hier dem AN) nachteilig ist; abgesehen davon, dass ein Kündigungsverzicht als Gegengewicht zur Verkürzung der Arbeitszeit und in der Folge auch des Arbeitsentgelts – also zum sprichwörtlichen „Gürtel-enger-Schnallen“ des AN als Vorteil des AG – alles andere als ungewöhnlich ist, ist es noch weniger eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.*
Wenngleich Sachfrage ist der Parteiwille des AN idR auf einen Kündigungsverzicht gerichtet: Der Verkürzung der Arbeitszeit, die trotz Kurzarbeitsunterstützung eine Verkürzung seines Entgelts zur Folge hat, wird der AN nur deshalb zustimmen, um seinen eigenen Arbeitsplatz zu sichern.* Allein eine unpersönliche Aufrechterhaltung nur des zahlenmäßigen Beschäftigungsstandes ist für ihn weitgehend ohne Interesse, weil er dabei Gefahr läuft, trotz Hinnahme der Verkürzung seines Entgelts arbeitslos zu werden. Nur der Kündigungsverzicht kann ihn davor verbindlich bewahren. Auch auf Seiten des AG wird man nicht in jedem Fall das Interesse auf einen Kündigungsverzicht absprechen können: Der Vorteil der Kurzarbeit für den AG ist, nach Überwindung der vorübergehenden, nicht saisonbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit jenem Personal wieder erfolgreich weiter zu arbeiten, das die internen Abläufe, Anforderungen und Tätigkeiten schon kennt und nicht erst eingeschult und mit den betrieblichen Umständen vertraut gemacht werden muss. Diesen Vorteil verwirklicht der AG dann, wenn er die von Kurzarbeit betroffenen AN nicht kündigt und nicht durch neu beschäftigte Personen ersetzt. Insofern kann er durchaus bereit für Zugeständnisse sein, die über die Mindestanforderungen des § 37b AMSG hinausgehen.* Und wenn Zweifel über den Vereinbarungsinhalt des Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV bleiben, so wird gem § 915 ABGB diese undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt, der sich derselben bedient hat. Die Kurzarbeits-Einzelvereinbarung wird jedenfalls vom AG dem AN zur Unterschrift vorgelegt, sodass auch dann ein Kündigungsverzicht anzunehmen ist.
Zum selben Ergebnis kommt man auch, wenn Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV auf Basis des § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG als BV abgeschlossen wird und wie ein Gesetz objektiv auszulegen ist:* Nicht nur, dass aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte „darf nicht ausgesprochen werden“
der Leser dieses Normtextes die Unzulässigkeit einer Kündigung vor Ablauf der Behaltefrist ableitet,* sondern auch eine systematische Interpretation der BV führt dazu, dem Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV eine Bedeutung beizumessen, die über die bloße Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes hinausgeht: Denn würde dieser Satz aus dem Normtext gestrichen werden, ist der AG weiterhin verpflichtet, den unpersönlichen Beschäftigtenstand vor Beginn der Kurzarbeit aufrecht zu erhalten. Grundsätzlich darf aber den Betriebsvereinbarungsparteien unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen wollten,* weshalb Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV auch einen Regelungsinhalt haben muss. Weiters darf angenommen werden, dass die Normsetzungsparteien einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten, der gerade im Quid-pro-quo des individuell wirkenden Kündigungsausschlusses für die individuell wirkende Verkürzung der Arbeitszeit und des Arbeitsentgelts liegt.
Mit Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV verpflichtet sich der AG, eine Kündigung nicht vor Ablauf der Behaltefrist auszusprechen; verbindlich schließt er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses für diesen Zeitraum aus. Ein derartiger Kündigungsverzicht wirkt wie ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz, weshalb die versprechensbrechende Kündigungserklärung das Arbeitsverhältnis nicht 15beendet, sondern überhaupt rechtsunwirksam ist.* Spricht daher der AG entgegen Pkt IV Z 2 lit c Muster-SPV die Kündigung während der Dauer der Behaltepflicht aus, wird das Arbeitsverhältnis nicht schadenersatzbegründend beendet,* sondern bleibt weiterhin aufrecht.* Bereits vor Ablauf der Behaltefrist darf der AG allerdings gem § 105 Abs 1 ArbVG den BR über eine beabsichtigte Kündigung und gem § 45a AMFG die Regionale Geschäftsstelle des AMS über eine Massenkündigung verständigen sowie die gegebenenfalls erforderliche gerichtliche Zustimmung zu einer besonders bestandgeschützten Kündigung einholen.*
Der AN kann aber nicht nur auf Feststellung des aufrechten Bestandes seines Arbeitsverhältnisses klagen, sondern er kann die an sich unwirksame Kündigung auch gegen sich wirken lassen, weil der AG mit seiner unwirksamen Erklärung doch zu erkennen gibt, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen, und der AN nicht gezwungen werden soll, ein durch eine ungerechtfertigte Beendigungserklärung belastetes Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der AN hat insofern ein Wahlrecht zwischen der Geltendmachung der Nichtigkeit der Kündigungserklärung und der Geltendmachung eines Schadenersatzes als Ausgleich für das vorzeitig beendete Arbeitsverhältnis.* Beim Geldersatz ist der AN so zu stellen wie er stehen würde, wenn der AG rechtmäßig das Arbeitsverhältnis gekündigt hätte. Der Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung als Schadenersatz gebührt, entspricht dem Zeitraum, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordnungsgemäße Kündigung durch den AG hätte verstreichen müssen, somit vom tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses bis zu seinem fiktiven Ende bei erstzulässiger Kündigung. Weil der AG frühestens mit Ablauf der Behaltefrist die Kündigung aussprechen durfte, ist dem Ende der Behaltefrist die Kündigungsfrist und der nächstmögliche Kündigungstermin hinzuzuzählen. Diese sogenannte lange Kündigungsentschädigung gebührt dem AN deshalb, weil der vereinbarte Bestandschutz zeitlich überschaubar und sein Ende vorhersehbar ist, insofern also eine „Sperrfrist“ besteht.* Gerade in der Vermeidung von AG-Kündigungen während der Kurzarbeit und der anschließenden Behaltefrist besteht der Schutzzweck des Pkt IV Z 2 lit c Muster-SPV, der über die unpersönlichen arbeitsmarktpolitischen Ziele des § 37b AMSG hinausgeht,* weshalb dem AN die lange Kündigungsentschädigung zusteht.*
Um Umgehungen des durch Vereinbarung zugesicherten Kündigungsverzichts auszuschließen, bringt auch eine ungerechtfertigte Entlassung das Arbeitsverhältnis nicht zur Auflösung;* berechtigte Entlassungen sind jedoch stets möglich.* Fraglich ist dann aber, warum gem Pkt IV Z 2 lit c Muster-SPV eine Auffüllverpflichtung auch im Falle der unberechtigten Entlassung vorschreibt, weil die Auffüllung die vorherige Beendigung des Beschäftigtenverhältnisses voraussetzt. Diese vorgeschriebene Auffüllverpflichtung steht aber der Auslegung des Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV als Kündigungsverzicht nicht entgegen, weil der AN auch die unberechtigte Entlassungserklärung unter Zahlung der langen Kündigungsentschädigung gegen sich gelten lassen kann. Nur für diesen Fall beendet die unberechtigte Entlassung das Arbeitsverhältnis und führt zur Auffüllverpflichtung.*
Der Kündigungsverzicht gem Pkt IV Z 2 lit c S 1 Muster-SPV ist aber nicht ohne Ausnahme, denn bereits Satz 2 leg cit definiert „Kündigungen in den unten angeführten Fällen“
als Ausnahmen vom Kündigungsverzicht. Mit den „unten angeführten Fällen“
sind jene Kündigungen gemeint, die in den zwei Listen der Beendigungsformen, die keine bzw eine Auffüllverpflichtung als Folge haben, erwähnt sind.
Dies sind insb
Kündigungen zum Zwecke der Verringerung des Beschäftigtenstandes, wenn der Fortbestand des Unternehmens bzw Betriebsstandortes in hohem Maß gefährdet ist, sofern die Gewerkschaft – im Falle der Einführung der Kurzarbeit mit BV der BR* – innerhalb von 7 Tagen zustimmt oder eine Ausnahmebewilligung durch den Regionalbeirat der Regionalen Geschäftsstelle des AMS vorliegt, wenn die Gewerkschaft bzw der BR nicht zugestimmt hat;
Kündigungen durch den AG aus personenbezogenen Gründen, worunter mit Blick auf § 105 Abs 3 Z 2 lit a ArbVG Umstände gemeint sind, die in der Person des AN gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren.* Eine Abwägung der Interessen 16 des AG auf Auflösung und jener des AN auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist hingegen nicht vorzunehmen;* es genügt, dass die personenbezogenen Gründe die betrieblichen Interessen soweit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und die Kündigung als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen.* Die Ausnahme der Kündigung aus personenbezogenen Gründen vom vereinbarten Kündigungsverzicht ermöglicht freilich ihre Anfechtung gem § 105 ArbVG: Besteht kein personenbezogener Grund, ist die Kündigung rechtsunwirksam; besteht jedoch ein personenbezogener Grund, ist dieser aber nicht geeignet, die Kündigung zu rechtfertigen, welche die wesentlichen Interessen des AN beeinträchtigt, ist die Kündigung wegen ihrer Sozialwidrigkeit anfechtbar.
Bei der Kurzarbeit steigen Rechtsfragen auf, die nicht neu sind und schon seit Jahrzehnten diskutiert werden, wenngleich mittlerweile die Kurzarbeit und ihre Beihilfe – etwa die Rechtsnatur der SPV – besser verstanden werden. Trotzdem ist es wünschenswert, wenn die Kurzarbeit im Arbeitsrecht auf ein gesetzlich ausformuliertes dogmatisches Fundament gestellt wird, um ihre Rechtssicherheit zu verbessern,* und die Rahmenbedingungen der Kurzarbeitsbeihilfe, nicht zuletzt aus rechtshistorischen Gründen, einer (besseren) Publikationspflicht unterworfen werden, zumal die KUA-RL gar nicht und die Kurzarbeits-Mindestbruttoentgelt-Tabelle nur auf der Homepage des BM für Arbeit kundzumachen sind und daher beide dem Nirwana eines vergessenden Internets überlassen werden. Freilich ist eine solche Reform während einer Krise nicht durchführbar, weil sie dabei Verunsicherungen und zu hohe Reibungsverluste verursachen würde. Doch darf die Reformbedürftigkeit dann nicht übersehen werden, wenn nach Bewältigung der COVID-19-Pandemie die Kurzarbeit wieder in ihren Dornröschenschlaf fällt – denn die nächste Krise kommt bestimmt. 17