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Freiwillige Karenzabgeltung in einer Konkurrenzklausel – Anrechnung anderweitigen Verdienstes

GERT-PETERREISSNER (GRAZ)
  1. Auch wenn eine Karenzabgeltung nicht generell, sondern nur im Zusammenhang mit § 37 Abs 2 Fall 2 AngG gewährt werden muss, können darüber hinaus freiwillige Abgeltungszahlungen vereinbart werden, die auch niedriger als in § 37 Abs 2 AngG vorgesehen sein können.

  2. Allein aus dem Wort „Entschädigung“ lässt sich für die Anrechnung eines anderweitigen Erwerbs auf die freiwillige Karenzabgeltung nichts gewinnen.

  3. Wird zu dieser Frage der Anrechnung eines anderweitigen Erwerbs auf die „gesetzlichen Bestimmungen“ verwiesen, so findet mangels derartiger Bestimmungen im österreichischen Recht keinerlei Anrechnung statt.

[1] Der Kl war bei der Bekl von 1.8.2015 bis 30.4.2019 als Unternehmensberater beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch DN-Kündigung. Die Bekl ist Teil einer Unternehmensgruppe, die in 50 Ländern im Bereich Unternehmensberatung tätig ist.

[2] Vor der Beschäftigung bei der Bekl, deren Sitz sich in Österreich befindet, war der Kl bereits einige Zeit als Unternehmensberater bei einer deutschen Schwestergesellschaft der Bekl angestellt. Der schriftliche Arbeitsvertrag bei der Bekl wurde dem Kl von der Bekl übermittelt und nicht näher besprochen. Die Formulierungen waren dem Kl aus seiner früheren Angestelltentätigkeit bei der deutschen Gesellschaft bekannt. Ua finden sich im Arbeitsvertrag folgende Klauseln:

„13. Wettbewerbsverbot:Der Mitarbeiter verpflichtet sich, für die Zeit von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder mittelbar noch unmittelbar für ein Unternehmen tätig zu werden, das im Wettbewerb mit der Gesellschaft steht. Er verpflichtet sich im gleichen Maße, nicht ein solches Unternehmen zu errichten oder zu erwerben, weder unmittelbar noch mittelbar, an der Gründung oder an dem Betrieb eines solchen Unternehmens mitzuwirken sowie sich an einem solchen Unternehmen – ganz gleich in welcher Rechtsform – finanziell zu beteiligen. Der Erwerb von im öffentlichen Handel befindlichen Aktien ist davon ausgeschlossen.Als Unternehmen, welches im Wettbewerb mit der Gesellschaft steht, ist jedes Unternehmen anzusehen, das gleichartige oder ähnliche Dienstleistungen wie die Gesellschaft anbietet, insbesondere Schulungen und Veranstaltungen in der K*****-Methode (einschließlich Verschwendungseliminierung) durch Führungskräfte und Mitarbeiter, Gruppenarbeit, Just-in-Time und deren Elemente, Total Quality Control inkl. Anwendung der 7 QC Tools, Total Productive Maintenance und deren Elemente, etc.).Das Wettbewerbsverbot bezieht sich auf die Mitgliedsstaaten der europäischen Union und in jedem Fall auf das Gebiet Österreich und tritt am 1. August 2015 in Kraft.Für die Dauer des Wettbewerbsverbotes erhält der Mitarbeiter eine monatliche Entschädigung in Höhe von 74 % der zuletzt gewährten Bezüge. Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen gegen die gesetzliche Mindestregelung verstoßen, so tritt an ihre Stelle die gesetzliche Regelung.Sollte der Mitarbeiter dem Wettbewerbsverbot zuwider handeln, kann die Gesellschaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 5 Monatsgehältern verlangen. Als Monatsgehalt gilt die in den letzten 12 Monaten vor dem Ausscheiden durchschnittlich bezogene monatliche Vergütung. Im Fall eines Dauerverstoßes ist diese Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat neu verwirkt. Weitergehende Ansprüche der Gesellschaft wegen des Wettbewerbsverstoßes bleiben unberührt.(...)18. Anwendbares Recht, ErfüllungsortDieser Vertrag unterliegt dem Österreichischen Recht und dem anzuwendenden Kollektivvertrag.“

[3] Mit Schreiben vom 25.2.2019 kündigte der Kl den Dienstvertrag zum 1.5.2019. Die Bekl lehnte in der Folge unter Hinweis darauf, dass es sich um eine AN-Kündigung handle, eine Entschädigungszahlung auf Basis von Pkt 13 des Arbeitsvertrags ab.

[4] Der Kl ist seit 1.5.2019 bei dem von ihm gegenüber der Bekl genannten Unternehmen als Angestellter beschäftigt. Er ist als Projektleiter für die globale Implementierung des Lean-Managements tätig. Er verdient ca 11.000 € brutto zwölf mal pro Jahr. Bei der Bekl bezog er ein Vollzeitgehalt von 8.000 € brutto 14 mal jährlich.

[5] Der Kl begehrt die Zahlung von 5.920 € sA und bringt vor, er sei verpflichtet, für die Zeit von einem Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses keine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Für die Dauer des Wettbewerbsverbots habe er einen Anspruch auf Entschädigung von 74 % der zuletzt gewährten Bezüge. Eine Vereinbarung über eine Anrechnung eines anderweitigen Erwerbs beziehe sich aufgrund der Vertragsschablone offenbar auf deutsches Recht. Im österreichischen Recht existiere eine solche Anrechnungsbestimmung nicht. Er mache zunächst nur die Entschädigung für Mai 2019 geltend.

[6] Die Bekl bestreitet und bringt vor, der Kl habe die Bekl um einen Verzicht auf die vertragliche Konkurrenzklausel ersucht, da im Raum gestanden sei, dass der Kunde der Bekl, zu dem der Kl gewechselt habe, von der vertraglichen Konkurrenzklausel erfasst sei. Dem sei zugestimmt worden. Darüber hinaus solle die Konkurrenzklausel nur einen Verdienstentgang des Kl im Fall einer AG-Kündigung kompensieren. Jedenfalls sei das anderweitig verdiente Entgelt anzurechnen.

[7] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

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[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl gegen diese E Folge und wies das Klagebegehren ab. [...]

[12] Die außerordentliche Revision ist entgegen dem den OGH nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zur Klarstellung zulässig und auch berechtigt.

[13] 1. Voranzustellen ist, dass nach Pkt 18 der Vereinbarung der Parteien unstrittig auf das Vertragsverhältnis österreichisches Recht anzuwenden ist.

[14] 2. In Pkt 13 des Arbeitsvertrags haben die Parteien ein Wettbewerbsverbot vereinbart, nach dem der Kl verpflichtet ist, für die Zeit von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei keinem Unternehmen tätig zu werden, das im Wettbewerb mit der Bekl steht. Dieser Verpflichtung hat der Kl nach den Feststellungen entsprochen. Einen Verzicht auf das Wettbewerbsverbot durch die Bekl hat das Verfahren nicht ergeben.

[15] 3. Gem § 37 Abs 2 AngG kann der AG die durch eine Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen, wenn er selbst das Dienstverhältnis aufgelöst hat, es sei denn, der Angestellte hat durch schuldbares Verhalten hiezu begründeten Anlass gegeben oder der AG hat bei der Auflösung erklärt, während der Dauer der Beschränkung dem Angestellten das diesem zuletzt zukommende Entgelt zu leisten.

[16] Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsverhältnis nicht durch AG-Kündigung, sondern durch AN-Kündigung geendet. Durch diese Art der Beendigung bleibt eine Konkurrenzklausel grundsätzlich aufrecht, ohne dass es einer Erklärung des AG iSd § 37 Abs 2 AngG bedurft hätte. Dessen ungeachtet steht es den Parteien des Arbeitsvertrags frei, auch für diesen Fall die Zahlung einer Abgeltung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots vorzusehen. Auch wenn eine Karenzabgeltung nicht generell, sondern nur im Zusammenhang mit § 37 Abs 2 Fall 2 AngG gewährt werden muss, können darüber hinaus freiwillige Abgeltungszahlungen vereinbart werden (Reissner in ZellKomm3 § 37 AngG Rz 24). Dabei ist es der Disposition der Parteien anheimgestellt, in den nicht von § 37 AngG geregelten Fällen eine (freiwillige und zusätzliche) auch niedrigere Karenzentschädigung vorzusehen (vgl 9 ObA 4/93).

[17] Da die Vereinbarung zwischen den Parteien für die „Entschädigungszahlung“ gerade nicht auf eine besondere Beendigungsart abstellt, ist sie grundsätzlich für die Dauer des Wettbewerbsverbots auch in den nicht in § 37 Abs 2 AngG geregelten Fällen der Vertragsbeendigung zu leisten.

[18] 4. Der Dienstvertrag sieht vor, dass eine monatliche Entschädigung von 74 % der zuletzt gewährten Bezüge zu leisten ist. Zur Frage der Anrechnung eines anderweitigen Erwerbs wird auf die „gesetzlichen Bestimmungen“ verwiesen.

[19] Im hier anzuwendenden österreichischen Recht ist im Zusammenhang mit der Konkurrenzklausel bzw dem Wettbewerbsverbot keine Anrechnung vorgesehen. Nach der Rsp zu § 37 Abs 2 AngG muss der AN sich auf das, was ihm der AG für die Einhaltung der Konkurrenzabrede bezahlt, nicht anrechnen lassen, was er sich infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben verabsäumt hat. Eine analoge Anwendung des § 1155 ABGB kommt nicht in Betracht, da es sich um einen Anspruch auf Entschädigung für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses handelt. Die Entschädigung soll dem AN dafür gewährt werden, dass er an die Konkurrenzklausel gebunden ist und daher seine Arbeitskraft nur beschränkt verwerten kann (14 Ob 187/86).

[20] 5. Das Berufungsgericht leitet wie auch die Bekl in der Revisionsbeantwortung aus der Verwendung des Wortes „Entschädigung“ und der Übernahme dieser Klausel aus dem mit dem Kl früher abgeschlossenen Dienstvertrag, der dem deutschen Recht unterlag, die Vereinbarung einer Anrechnung anderweitigen Verdienstes ab.

[21] Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 ff ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner jeweiligen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehenzubleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RS0017915).

[22] Allein aus dem Wort „Entschädigung“ lässt sich für die Anrechnung noch nichts gewinnen. Entschädigung wird, wie dargelegt, dafür geleistet, dass der Mitarbeiter das Wettbewerbsverbot einhält und damit seine Arbeitskraft nicht uneingeschränkt einsetzen kann. Allein der Umstand, dass der AN unter Beachtung eines Konkurrenzverbots einer Beschäftigung nachgeht, sagt nichts darüber aus, welchen (allenfalls höheren) Verdienst er ohne diese Beschränkung hätte erzielen können. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die „Entschädigung“ nur 74 % der zuletzt gewährten Bezüge ausmacht, also einen allfälligen Verlust nicht 1:1 ausgleicht.

[23] Ein Rückschluss vom Begriff „Entschädigung“ auf Zulässigkeit und Umfang einer Anrechnung ist aber auch nicht erforderlich, da diesbezüglich zwischen den Parteien eine ausdrückliche Regelung besteht, nämlich dahingehend, dass sich die Anrechnung nach den gesetzlichen Bestimmungen richtet.

[24] Nun sieht das österreichische Recht im gegenständlichen Kontext keine Anrechnung vor. Da in dem von der österreichischen Bekl formulierten Vertrag ausdrücklich die Anwendbarkeit österreichischen Rechts festgelegt wurde, musste ein redlicher Erklärungsempfänger diesen Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn die Formulierung der Klausel aus Arbeitsverträgen aus dem deutschen Rechtsbereich übernommen wurde, nicht so verstehen, dass damit auf deutsche Anrechnungsbestimmungen verwiesen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Anrechnung wie im Vertrag festgelegt nach den österreichischen gesetzlichen Regeln zu richten hat, dementsprechend keine Anrechnung zu erfolgen hat.

[25] Es kommt daher für den Entschädigungsanspruch nicht darauf an, ob und was der Kl bei seinem neuen AG verdient. [...]39

ANMERKUNG

Beileibe nicht zum ersten Mal bekommt es die Judikatur im gegenständlichen Fall mit einer nach österreichischem Recht zu beurteilenden Konkurrenzklausel zu tun, bei der die Vertragsgestalter eine auf das deutsche Recht zugeschnittene Konzeption oder Elemente daraus nach Österreich eingeschleppt haben. Diese Vorgangsweise ist nicht nur eine juristisch schwache Leistung von – typischerweise – Personalabteilungen einer deutschen Muttergesellschaft oder beratenden deutschen Anwälten, sie ist auch für die österreichischen AG fatal. Aus der Sicht der betroffenen AN ergibt sich zumindest, wie der vorliegende Fall zeigt, ein in gewisser Weise unverhoffter Geldregen.

Das Konkurrenzklauselrecht Österreichs (§§ 36 f AngG bzw wortgleich § 2c AVRAG) einerseits und jenes Deutschlands (§§ 74 ff dHGB) andererseits bauen auf unterschiedlichen Strategien zur Eindämmung überzogener nachvertraglicher Erwerbsbeschränkungen auf: Das österreichische Recht will relativ kurze Bindungen – maximal ein Jahr ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 36 Abs 1 Z 2 Fall 2 AngG) – nur für gut bezahlte AN (Entgeltgrenze in § 36 Abs 2 AngG), dafür ist die Bindung des AN für den AG grundsätzlich mit keinen Zahlungspflichten verbunden. Im deutschen Recht hingegen werden Unterlassungspflichten von bis zu zwei Jahren akzeptiert (vgl § 74a Abs 1 Satz 3 dHGB), der AG hat aber jede Konkurrenzenthaltung zu bezahlen, und zwar zumindest – insoweit unabhängig von der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – mit der Hälfte des zuletzt zukommenden Entgelts (Grundsatz der bezahlten Karenz; § 74 Abs 2 dHGB). Zur Abschwächung dieser Zahlungspflicht ist in § 74c dHGB eine Anrechnung ua von anderweitigen Verdiensten aus (nicht gegen die Konkurrenzklausel verstoßenden) Erwerbstätigkeiten während des Bindungszeitraums vorgesehen, außerdem kann der AG die wechselseitige Bindung zum Ende des ersten Jahres kündigen (§ 75a dHGB; die Bestimmung spricht diesbezüglich – dogmatisch unschön – von einem „Verzicht“ des AG). Eine aus österreichischer Sicht eigentümliche Facette des deutschen Konzepts besteht jedenfalls darin, dass eine Karenzabgeltung ohne weitere Erklärungen des AG gebührt. Nach § 37 Abs 2 Fall 2 AngG hingegen werden Zahlungspflichten – im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Seiten des AG – nur dann ausgelöst, wenn der AG erklärt, eine Karenzabgeltung in Höhe des zuletzt zukommenden Entgelts zu bezahlen (im Fall der AG-Kündigung ist dies übrigens auch im deutschen Recht so; vgl § 75 Abs 2 Satz 1 Fall 2 dHGB).

Wenn nun eine auf das deutsche Recht gemünzte Konkurrenzklausel auf die österreichischen Reglementierungen der §§ 36 f AngG trifft, ergeben sich – wenig verwunderlich – Unstimmigkeiten. In der zu besprechenden E hat der OGH derartige Verwerfungen in überzeugender Art und Weise zunächst durch Vertragsinterpretation klargelegt und dann anhand des österreichischen Konkurrenzklauselrechts beurteilt. Zur Debatte stand einerseits das Thema der Gewährung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Karenzabgeltung (dazu 1.) und andererseits jenes einer Anrechnung anderweitiger Verdienste auf diese Karenzabgeltung (vgl 2.).

Eine dritte Unstimmigkeit ist und wäre im vorliegenden Fall nicht schlagend geworden, könnte aber in Zukunft bei derart ignoranten Vertragsgestaltungen zutage treten: Es ist dies die spezielle Deckelung der Konventionalstrafe gem § 37 Abs 3 Satz 1 AngG für nach dem 28.12.2015 abgeschlossene Konkurrenzklauseln (die gegenständliche Vereinbarung wurde im Sommer 2015 getroffen).

1.
Zusage einer gesetzlich nicht vorgeschriebenen Karenzabgeltung

Nach österreichischem Recht muss eine Karenzabgeltung wie eingangs gesagt nicht generell, sondern nur im Zusammenhang mit § 37 Abs 2 Fall 2 AngG gewährt werden. ISd Günstigkeitsprinzips können aber ohne weiteres freiwillige Abgeltungszahlungen des AG vereinbart werden (vgl zB OGH14 Ob 187/86 wbl 1987, 129 = infas 1987 A 53; OGH5 Ob 333/87 RdW 1988, 18 = ARD 3988/20/88; OGH9 ObA 4/93 JBl 1993, 671 = SZ 66/22; Beck-Mannagetta, Die Absicherung einer Konkurrenzklausel durch eine hohe Vertragsstrafe,

), welche – sofern es dann nicht zu einer von § 37 Abs 2 Fall 2 AngG erfassten Lösung kommt – höhenmäßig auch unter dem zuletzt zukommenden Entgelt liegen können. Derartige Gestaltungen sind für den AG deswegen überlegenswert, weil sich dadurch die Interessenabwägung gem § 36 Abs 1 Z 3 AngG zu seinen Gunsten verschieben muss.

Nicht nur die Bemessung, sondern auch sämtliche sonstige Modalitäten, wie zB Fälligkeitsregeln, unterliegen im Bereich der vertraglich gewährten Karenzabgeltung zur Gänze der Parteiendisposition. Ua wäre es möglich, auch die Anrechnung anderweitigen Verdienstes zu vereinbaren. Im Vertrag könnte etwa auf die Bestimmung des § 74c dHGB Bezug genommen werden (vgl OGH9 ObA 4/93 JBl 1993, 671 = SZ 66/22), was im vorliegenden Fall allerdings nicht gemacht wurde (dazu 2.). Eine vom AG getätigte Zusage kann von diesem grundsätzlich nicht gekündigt werden. Es liegt ein vertraglich oder gesetzlich befristetes Dauerschuldverhältnis vor, welches man als Konkurrenzklauselverhältnis bezeichnen könnte. Befristung und Kündigung schließen einander aus. Eine Kündigung des Konkurrenzklauselverhältnisses – welche im gegebenen Zusammenhang zwar behauptet („Verzicht“), aber nicht bewiesen werden konnte – wäre daher nichtig, wenn sie nicht in einer tauglichen Kündigungsvereinbarung in der Konkurrenzklausel vorgezeichnet war (zu alldem Reissner in Neumayr/Reissner [Hrsg], Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 [2018] § 37 AngG Rz 31 ff mwN).

2.
Anrechnungsregeln im Zusammenhang mit Karenzabgeltungen

Zu fragen ist, ob die Anrechnung eines tatsächlichen oder präsumtiven „anderweitigen Erwerbs“40aus einer von der Konkurrenzklausel nicht erfassten Tätigkeit auf den Karenzabgeltungsanspruch möglich ist (ein Verstoß gegen die Konkurrenzklausel ist nach den Regeln über Vertragsverletzung zu beurteilen, dh hier entfällt der Karenzabgeltungsanspruch).

2.1.
Gesetzliche Anrechnungsregeln?

Anders als das deutsche Recht (vgl § 74c dHGB) enthalten die österreichischen Regelungen über die Konkurrenzklausel keine Aussage zur Anrechnung. Eine analoge Anwendung sonstiger arbeitsrechtlicher Anrechnungsregeln kommt – wie der OGH richtig festgehalten hat – nicht in Frage: Da der Anspruch auf Karenzabgeltung ein Erfüllungsanspruch aus einem jenseits des Arbeitsverhältnisses liegenden Dauerschuldverhältnis ist (vgl 1.), kann die Normengruppe betreffend die Kündigungsentschädigung (vgl zB § 29 AngG, § 1162b ABGB) – diese regelt Schadenersatzansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe einer Anrechnungsregel – als Analogiebasis ausgeschlossen werden. Eine analoge Anwendung der Anrechnungsregel des § 1155 ABGB ist ebenfalls abzulehnen: Die jeweiligen Zahlungen dienten laut OGH (14 Ob 187/86 wbl 1987, 129 = infas 1987 A 53; OGH9 ObA 4/93 JBl 1993, 671 = SZ 66/22) „unterschiedlichen Zwecken“. Der Karenzabgeltungsanspruch könne mit dem Erfüllungsanspruch nach § 1155 ABGB nicht verglichen werden; er sei eine „Entschädigung“ für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die dafür gewährt werde, dass der AN seine Arbeitskraft nur beschränkt verwerten dürfe. Dem ist vollinhaltlich zuzustimmen (so ausdrücklich auch Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, Angestelltengesetz7 [1991] 719 f): Die Möglichkeit der Anrechnung ist durch die spezifische Funktion des § 1155 ABGB zu rechtfertigen, der Leistungsstörungen, also Fälle des Unterbleibens der Arbeitsleistung, regelt. Im Unterschied dazu werden die vertraglichen Verpflichtungen im Konkurrenzklauselverhältnis wie geplant erfüllt.

Es gibt also keinerlei „gesetzliche“ Anrechnungsregeln, auf die die entsprechende vertragliche Formulierung zutreffen könnte. Zu Recht wurde auch nicht in Erwägung gezogen, diese vertragliche Formulierung auf den aus einer fremden Rechtsordnung stammenden § 74c dHGB zu beziehen.

2.2.
Vereinbarung einer Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Eine vertraglich vereinbarte Anrechnung anderweitiger Verdienste bzw Verdienstmöglichkeiten auf den Karenzabgeltungsanspruch ist nur insoweit zulässig, als dadurch nicht die Unterschreitung eines gesetzlich vorgesehenen zwingenden Abgeltungsniveaus ermöglicht wird. Im Bereich von § 37 Abs 2 Fall 2 AngG wäre eine Anrechnungsvereinbarung somit dann rechtswirksam, wenn es trotz dieser zumindest zur Zahlung des zuletzt im Arbeitsverhältnis zukommenden Entgelts kommt.

Ein größeres Anwendungsgebiet erschließt sich bei freiwilliger Gewährung einer Karenzabgeltung: Hier können Anrechnungsmöglichkeiten grundsätzlich frei vereinbart werden (auch durch klaren Verweis etwa auf § 74c dHGB; dazu schon 1.). Im zu besprechenden Fall konnte jedoch keinerlei Anrechnungsvereinbarung ermittelt werden. Zu Recht hat es der OGH in richtiger Anwendung der §§ 914 f ABGB entgegen dem Berufungsgericht abgelehnt, aus der Verwendung des Wortes „Entschädigung“ eine Anrechnungsmöglichkeit abzuleiten. Sollte Derartiges im Schadenersatzrecht möglich sein, so ist schon der Verweis auf dieses viel zu undeutlich, abgesehen davon, dass der Terminus „Karenzentschädigung“ eine gängige, wenngleich dogmatisch wenig treffende Bezeichnung für den gegenständlichen Erfüllungsanspruch darstellt.