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Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus und Günstigkeitsvergleich

WALTER J.PFEIL (SALZBURG)
  1. Bei Versicherten, die in den Anwendungsbereich des § 726 Abs 3 ASVG fallen, ist ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen, ob ein höherer Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus gebührt als nach der Berechnung nach § 299a Abs 1, Abs 3 oder Abs 5 ASVG.

  2. Bei diesem Vergleich ist von einem fiktiven Weiterbezug des alten Langzeitversicherungs-Richtsatzes (§ 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG) auszugehen und dieser nach dem Pensionsanpassungsfaktor für das Jahr 2020 (§ 728 Abs 5 ASVG) aufzuwerten, um ermitteln zu können, ob eine (spätestens im Jahr 2020 zu beantragende) Leistung günstiger ist als der neue Bonus nach § 299a ASVG.

Der am 18.9.1955 geborene Kl hat 380 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, 98 Beitragsmonate der Pflichtversicherung- Teilversicherung (davon 12 Monate Kindererziehung) sowie 32 Monate einer Ersatzzeit (davon 8 Monate Präsenzdienstzeit) erworben. Im Jahr 2019 bezog er eine Invaliditätspension von 1.130,86 € zuzüglich eines Kinderzuschusses für ein Kind von 29,07 € und eine Ausgleichszulage von 32,61 €. Im Jahr 2020 erhielt er eine Invaliditätspension von 1.171,28 € und den Kinderzuschuss für ein Kind von 29,07 €.

Mit Bescheid vom 21.4.2020 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt (Bekl) den Antrag des Kl auf Gewährung des Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus mit der Begründung ab, dass das maßgebliche monatliche Gesamteinkommen die Höhe des in Betracht kommenden Grenzwerts übersteige. Dagegen wendete sich der Kl mit seiner Klage unter Hinweis auf die neue Rechtslage nach dem Bundesgesetz BGBl I 2019/84.

Das Erstgericht verpflichtete die Bekl, dem Kl ab 1.1.2020 einen Pensionsbonus von monatlich 35,12 € zu zahlen. Es sei zwar der erhöhte Einzelrichtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG („Langzeitversicherten-Richtsatz“) abgeschafft worden. Um aber eine flexible, dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Lösung zu finden, sei die Vergleichsrechnung nach § 726 Abs 3 ASVG mit den um den Pensionsanpassungsfaktor erhöhten Werten vorzunehmen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl nicht Folge. Es vertrat die Auffassung, dass Langzeitversicherten ein Bonus auch dann gebühren solle, wenn ihre Pension über dem jeweiligen Ausgleichszulagenrichtsatz liege, und die Systemumstellung vom Langzeitversicherten-Richtsatz auf den Bonus an diesem Ausgleichszulagenrecht nichts ändern sollte. Dies führe zur gleichen Behandlung von Leistungsbeziehern, unabhängig davon, ob sie ihr relevantes Pensionseinkommen ausschließlich aus einer Pension oder aus einer Kombination aus Pension und Ausgleichszulage einschließlich Richtsatzerhöhung beziehen. Es müsse daher geprüft werden, ob § 726 Abs 3 ASVG, auf den sich der Kl (auch) berufen habe, zu einem höheren Bonus führe. Diese Bestimmung sehe für eine bestimmte Gruppe von Pensionsbeziehern die weitere Anwendbarkeit des Langzeitversicherten-Richtsatzes vor. Dieser sei für das Jahr 2020 nach § 728 Abs 5 ASVG mit dem Faktor 1,036 aufzuwerten. Bei Ausschluss der Aufwertung würde § 726 Abs 3 ASVG jeder Anwendungsbereich entzogen.

Der OGH hat die gegen diese Entscheidung von der Bekl erhobene Revision zugelassen, ihr aber nicht Folge gegeben und dies wie folgt begründet:

[11] 1. Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gem § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293 ASVG), so hat der Pensionsberechtigte, solange er seinen rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, gem § 292 Abs 1 ASVG Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension. Die Ausgleichszulage gebührt nach § 296 Abs 1 ASVG in der Höhe des Unterschieds zwischen der Summe aus Pension, Nettoeinkommen (§ 292 ASVG) und den gem § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträgen einerseits und dem Richtsatz (§ 293 ASVG) andererseits.

[12] 2.1 Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2016 (SRÄG 2016, BGBl I 2017/29) wurde für Pensionsberechtigte aus eigener PV in § 293 Abs 1 lit a ASVG [...] ab 1.1.2017 in sublit cc ein weiterer Ausgleichszulagenrichtsatz („Langzeitversicherten- Richtsatz“) geschaffen. Dieser Richtsatz betrug [...] im Jahr 2019 unstrittig 1.048,57 €.

[13] 2.2 Mit dem BG BGBl I 2019/84 wurde mit Wirksamkeit ab 1.1.2020 (§ 726 Abs 1 ASVG) in § 299a ASVG ein neuer Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus für langzeitversicherte Personen eingeführt: [...]

[14] 2.3 Für das Kalenderjahr 2021 wurden die Beträge (auch) nach § 299a Abs 1 Z 2 ASVG mit § 744 Abs 6 Z 1 ASVG außertourlich um den Anpassungsfaktor 1,031 erhöht [...]. Der Grenzbetrag für das Gesamteinkommen (§ 299a Abs 1 Z 2 ASVG) erhöhte sich auf 1.113,48 €, der Grenzbetrag für den Bonus auf 151,50 €.

[15] 3.1 Mit der Einführung des Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus sollte zum einen der mit dem SRÄG 2016 [...] geschaffene besondere Ausgleichszulagenrichtsatz bei Vorliegen von 360 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit durch einen Bonus zur Ausgleichszulage bzw zu kleinen Pensionen ersetzt werden und zum anderen – als weitere Verbesserung für Personen mit langen Versicherungszeiten und kleinen Pensionen – ein höherer Bonus (auch an Ehepaare oder eingetragene Partner/ innen) gewährt werden, wenn mindestens 480 solcher Beitragsmonate vorliegen. Der Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus tritt somit zum Teil an die Stelle des früheren erhöhten Richtsatzes 256 nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG idF vor [...]. BGBl I 2019/84, entwickelt diesen aber durch die Einführung einer zweiten Stufe und deren Ausweitung auf Paare weiter (Erl zum IA 905/A 26. GP 6; Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 299a ASVG Rz 1; [...]).

[16] 3.2 Da die neuen Obergrenzen über den Ausgleichszulagenrichtsätzen nach § 293 Abs 1 ASVG liegen, gebührt der Bonus nicht nur bei Bezug einer Ausgleichszulage (also bei einer entsprechend niedrigen Pension, die die Richtsätze nach § 293 Abs 1 ASVG nicht erreicht), sondern auch bei Bezug von Pensionen, die diese Richtsätze überschreiten, soweit diese zusammen mit den anderen Einkünften als „Gesamteinkommen“ nach § 299a Abs 8 ASVG den jeweiligen Grenzbetrag in § 299a Abs 1 Z 2 bzw Abs 3 Z 2 bzw Abs 5 Z 2 ASVG nicht übersteigen. [...] Der Bonus soll also entweder eine gebührende Ausgleichszulage ergänzen oder eine geringe Pensionsleistung verbessern (Beck, Pensionsanpassung, Pensionsbonus, abschlagfreie „Frühpension“ sowie Beitragsentlastung versus Sachlichkeitsgebot und Generationengerechtigkeit [Teil II], SozSi 2020, 63 [64]).

[17] 4.1 Der Kl hat 380 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben und erfüllt damit die in § 299a Abs 1 Z 1 ASVG geregelte Voraussetzung für einen Bonus.

[18] 4.2 Divergierende Standpunkte bestehen hinsichtlich der konkreten Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 299a Abs 8 Z 1 ASVG:

[19] Nach dieser Bestimmung besteht das Gesamteinkommen nach § 299a Abs 1 Z 2 ASVG aus der Pension samt einer allfälligen Ausgleichszulage, mit Ausnahme des auf die Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs 1 letzter Satz entfallenden Teils. Nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG erhöht sich der Richtsatz nach § 293 Abs 1 lit a ASVG um 149,15 € (2020) für jedes Kind (§ 252 ASVG), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

[20] Das Berufungsgericht legt § 299a Abs 8 Z 1 ASVG so aus, dass bei der Ermittlung des Gesamteinkommens der Erhöhungsbetrag für jedes Kind jedenfalls nicht zu berücksichtigen ist [...]. Damit sei bei Ermittlung des Gesamteinkommens des Kl für das Jahr 2020 die Richtsatzerhöhung von 149,15 € von seinem übrigen Einkommen (Pension 1.171,28 € + Kinderzuschuss 29,07 €) abzuziehen. Daraus ergebe sich ein für den Bonus maßgebliches Gesamteinkommen von 1.051,20 €, das unter der Höchstgrenze von 1.080 € (§ 299a Abs 1 Z 2 ASVG) liege.

[21] Nach Meinung der Bekl soll hingegen der Erhöhungsbetrag nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG nur dann außer Betracht bleiben, wenn auch tatsächlich eine Ausgleichszulage samt Richtsatzerhöhung bezogen wird.

[22] 4.3 Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, muss die Frage der Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 299a Abs 8 Z 1 ASVG nicht abschließend erklärt [muss wohl heißen: geklärt] werden, wenn dem Kl nach § 726 Abs 3 ASVG eine weitere Ausgleichszulagenleistung in Höhe des – von ihm unbekämpften – Betrags von 35,12 € zusteht.

[23] 5.1 Nach § 726 Abs 2 ASVG trat der bisherige erhöhte Ausgleichszulagenrichtsatz für Langzeitversicherte nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft (Pfeil, Der neue „Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus“, ÖZPR 2019, 124 [126]).

[24] 5.2 Nach § 726 Abs 3 ASVG gebührt Pensionsbeziehern, die Anspruch auf eine Leistung nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG bis zum 31.12.2019 gehabt haben oder hätten, der Bonus nach § 299a ASVG in der Höhe, die sich aus § 293 Abs 1 lit a sublit cc ergibt, wenn dies günstiger ist und spätestens im Jahr 2020 beantragt wird.

[25] 5.3 Demnach ist für eine versicherte Person, die in den Anwendungsbereich des § 726 Abs 3 ASVG fällt, ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen: Einerseits ist zu ermitteln, ob (und, wenn ja, in welcher Höhe) ihm nach § 299a Abs 1, Abs 3 oder Abs 5 ASVG ein Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus gebührt. Andererseits ist zu bestimmen, ob die Anwendung des § 726 Abs 3 ASVG zu einem höheren Bonus („günstiger“) führen würde. Selbst wenn sich bei einer Berechnung nach § 299a Abs 1, Abs 3 oder Abs 5 ASVG kein Anspruch auf einen Bonus ergibt, könnte einem Versicherten also ein Bonus nach § 726 Abs 3 ASVG gebühren.

[26] 5.4 Der Kl hatte im Jahr 2019 Anspruch auf eine Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG idF vor [...] BGBl I 2019/84, in Höhe von 32,61 € und bezog diese auch. Die Ausgleichszulage errechnet sich nach § 296 Abs 1 ASVG aus der Differenz zwischen seiner Pension samt Kinderzuschuss (1.130,86 € + 29,07 €) und dem besonderen Ausgleichszulagenrichtsatz für Langzeitversicherte nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG idF vor [...] BGBl I 2019/84 zuzüglich der Richtsatzerhöhung für ein Kind nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG von insgesamt 1.192,44 € (1.048,57 € + 143,97 €). Damit erfüllt der Kl die erste Anspruchsvoraussetzung des § 726 Abs 3 ASVG.

[27] 5.5 Im sozialgerichtlichen Verfahren begehrt der Kl (ohne Einschränkung auf den von ihm errechneten Bonusbetrag von 28,80 €) die Gewährung einer Ausgleichszulage unter Berücksichtigung der Richtsatzerhöhung für ein Kind und der Bestimmungen über den Ausgleichszulagenbonus/ Pensionsbonus gem § 299a ASVG bei Vorliegen von 360 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit. Das Berufungsgericht hat dieses Klagebegehren so ausgelegt, dass ein allenfalls höherer, sich aus der Berechnung nach § 726 Abs 3 ASVG ergebender Bonus umfasst ist. Diese Beurteilung wird in der Revision auch nicht bekämpft. Der Kl hat den Antrag auf Gewährung der Ausgleichszulagenleistung rechtzeitig im Jänner 2020 gestellt und die in § 726 Abs 3 ASVG geregelte Frist eingehalten.

[28] 6.1 Umstritten ist die Auslegung des Satzteils in § 726 Abs 3 ASVG: „... gebührt der Bonus nach § 299a in der Höhe, die sich aus § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc ergibt“.

[29] 6.2 Das Berufungsgericht sieht § 726 Abs 3 ASVG als lex specialis, die für die dort genannte Gruppe 257 von Pensionsbeziehern die weitere Anwendbarkeit des Langzeitversicherten-Richtsatzes vorsieht. Für die vorgesehene Parallelberechnung des Bonus für das Jahr 2020 sei der Richtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG idF vor [...] BGBl I 2019/84 mit dem Faktor 1,036 für die Pensionsanpassung 2020 (§ 728 Abs 5 ASVG) aufzuwerten. Bei Ausschluss der Aufwertung wäre § 726 Abs 3 ASVG von vornherein jeder Anwendungsbereich entzogen, weil im Zeitpunkt der Schaffung dieser Bestimmung der Langzeitversicherten-Richtsatz niedriger als der Bonus-Zielwert nach § 299a ASVG gewesen sei.

[30] 6.3 Dagegen argumentiert die Bekl in der Revision, dass § 726 Abs 3 ASVG nicht die weitere Anwendbarkeit des Langzeitversicherten-Richtsatzes anordne. Die Bestimmung sei daher nicht als lex specialis zur Außerkrafttretensbestimmung in § 726 Abs 2 ASVG, sondern zu den Berechnungsvorschriften in § 299a ASVG zu sehen.

[31] 6.4 Tatsächlich ordnet § 726 Abs 3 ASVG keine Weitergeltung des § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG aF an. Diese Bestimmung tritt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 726 Abs 2 ASVG mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft. § 726 Abs 3 ASVG ordnet für eine bestimmte Personengruppe einen Günstigkeitsvergleich durch Vornahme einer parallelen Berechnung des Bonus nach alter und neuer Rechtslage an. Es wird nach alter Rechtslage berechnet, ob und in welcher Höhe die versicherte Person eine Ausgleichszulagenleistung bezogen hätte („Anspruch auf eine Leistung nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG bis zum 31. Dezember 2019 gehabt haben oder hätten ...“). Diese Leistung ist dem nach § 299a ASVG zu ermittelnden neuen Bonus gegenüberzustellen.

[32] 6.5 Aus dieser Anordnung folgt aber entgegen der Ansicht der Bekl nicht, dass der neue Bonus nach § 299a ASVG mit dem „alten“ Langzeitversicherten- Richtsatz für das Jahr 2019 zu vergleichen ist.

[33] 6.6 Der neu eingeführte Bonus sollte grundsätzlich zugunsten von Versicherten mit langer Versicherungsdauer am bisherigen Ausgleichszulagenrecht nichts ändern (Erl zum IA 905/A 26. GP 6). Nach dem Abänderungsantrag zum Initiativantrag (AA-92 26. GP 5), mit dem ua die Regelung des § 726 Abs 3 ASVG hinzugefügt wurde, sollte für Bezieher/innen von Ausgleichszulagen nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG, die einen solchen Anspruch bis zum 31.12.2019 erworben haben oder hätten, vorgesehen werden, dass bei diesen Personen der Bonus nicht zu einem niedrigeren Bezug führen kann als nach geltendem Recht, um eine im Einzelfall denkbare Schlechterstellung zu vermeiden (AA-92 26. GP 5).

[34] 6.7 Der neue Bonus in § 299a ASVG wurde erst mit 1.1.2020 wirksam eingeführt (§ 726 Abs 1 ASVG). Seine Voraussetzungen sind – wie im bisherigen Ausgleichszulagenrecht – nach dem durch Antragstellung bestimmten Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) zu beurteilen. Dasselbe gilt für einen Bonus, der nach dem Günstigkeitsvergleich des § 726 Abs 3 ASVG zu ermitteln ist. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 726 Abs 3 ASVG zeitlich mit dem Ablauf des Jahres 2020 beschränkt. Eine Gegenüberstellung von Leistungen iSd § 726 Abs 3 ASVG war erst ab 1.1.2020 möglich und zielführend. Mit dem Abänderungsantrag zum Initiativantrag (AA-92 26. GP) sollte offensichtlich verhindert werden, dass Langzeitversicherte, die bisher Anspruch auf die Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG hatten (oder gehabt hätten), auch für die Zukunft – und nicht nur bezogen auf das Jahr 2019 – schlechter gestellt werden, als bei Fortführung der bisherigen Rechtslage.

[35] 6.8 Ausgehend von einem fiktiven Weiterbezug des alten Langzeitversicherungs-Richtsatzes nach dem 31.12.2019 ist dieser nach dem Pensionsanpassungsfaktor für das Jahr 2020 (§ 728 Abs 5 ASVG) aufzuwerten, um eine (spätestens) im Jahr 2020 zu beantragende günstigere Leistung nach Gegenüberstellung mit dem neuen Bonus nach § 299a ASVG zu ermitteln.

[36] 6.9 Im konkreten Fall würde der Ausgleichszulagenrichtsatz des Kl nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG idF vor [...] BGBl I 2019/84 einschließlich der Richtsatzerhöhung und unter Fortschreibung der Aufwertung um den Faktor 1,036 (§ 728 Abs 5 ASVG) insgesamt 1.235,47 € betragen (1.086,32 € + 149,15 €). Abzüglich der Pension samt Kinderzuschuss von insgesamt 1.200,35 € ergibt sich bei der Vergleichsrechnung des § 726 Abs 3 ASVG nach altem Recht eine Ausgleichszulagenleistung von 35,12 €. Dieser Betrag übersteigt den Bonus, den die Vorinstanzen – auf Basis ihrer Auslegung des § 299a Abs 1 Z 8 ASVG – ermittelt haben.

ANMERKUNG
1.
Problemstellung

Die vorliegende E behandelt eine der zahlreichen Fragen, die durch die im Ansatz wie in der Ausgestaltung wenig geglückte Konstruktion des Ausgleichszulagen- bzw Pensionsbonus in § 299a ASVG und die analogen Regelungen in § 156a GSVG bzw § 147a BSVG (vgl dazu nur meine Kritik, zuletzt in DRdA 2021, 3 [9 ff]) aufgeworfen wurden. Der OGH löst diese Frage in überzeugender Weise.

Dabei geht es um die in § 726 Abs 3 ASVG vorgesehene – offenbar ebenfalls nicht gut gelungene – „Überleitung“ vom Vorgängermodell dieses Bonus, dem „besonderen Ausgleichszulagenrichtsatz für Langzeitversicherte“ (vgl die ErläutRV 1330 BlgNR 25. GP 4 f) insb in § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG. Die damalige, nur auf alleinstehende PensionsbezieherInnen mit zumindest 360 Beitragsmonaten in der PV aus eigener Erwerbstätigkeit abstellende Regelung ist mit Jahresende 2019 außer Kraft getreten (§ 726 Abs 2 ASVG). Sie wurde durch die nunmehrigen Bestimmungen ersetzt, die differenzierter ansetzen und breiter gefasst sind – und damit grundsätzlich auch mehr Personen Ansprüche verschaffen bzw höhere Ansprüche bewirken. Individuelle Verschlechterungen im Vergleich zur unmittelbar vor dem 1.1.2020 maßgebenden Rechtslage konnten aber offenbar nicht ausgeschlossen werden. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Neuregelung nicht umfassend vorbereitet 258wurde, sondern auf einen Initiativantrag zurückgeht (IA 905/A 26. GP 6), der noch dazu in einer Phase des „freien Spiels der Kräfte“ im Frühsommer 2019 im Parlament beschlossen wurde, nachdem auf Grund eines Abänderungsantrages noch rasch (ua) § 726 Abs 3 ASVG eingefügt wurde (vgl AA-92 26. GP 5).

2.
Günstigkeitsvergleich zur Vermeidung von Verschlechterungen

Die dort getroffene „Absicherung“ basiert auf einem Vergleich der neuen mit der vorherigen Rechtslage, von welcher dann die für den/die PensionsbezieherIn günstigere Variante anzuwenden ist. Dabei ist nicht erforderlich, dass die betreffende Person im Jahr 2019 tatsächlich Anspruch auf eine besondere Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc ASVG hatte, es genügt, dass sie einen solchen Anspruch bis zum 31.12.2019 gehabt hätte. Die Anwendung dieser Übergangsregelung ist aber nur bei einer Antragstellung bis zum 31.12.2020 in Betracht gekommen.

Ein solcher Antrag bewirkte freilich nicht eine schlichte Weitergeltung des alten Rechts. Vielmehr handelt es sich, wie der OGH unter Verweis auf die klare Anordnung in § 726 Abs 2 ASVG und angesichts des Wortlautes in Abs 3 dieser Bestimmung („gebührt der Bonus nach § 299a in der Höhe, die sich aus § 293 Abs 1 lit a sublit cc ergibt“) zutreffend ausführt, um einen – gleichsam erneut in „besonderer“ Form auftretenden – Ausgleichzulagen- bzw Pensionsbonus, für den lediglich ein anderes Berechnungsschema gilt, sofern dieses günstiger für den/die betreffende/n PensionsbezieherIn ist.

MaW kann sich aus der Berechnung nach § 726 Abs 3 ASVG also ein höherer Bonus ergeben als nach dem neuen Dauerrecht, der dann insoweit auch Vorrang genießt. Dies gilt ebenso – und eigentlich umso mehr – dann, wenn die Berechnung nach § 299a Abs 1, Abs 3 oder Abs 5 ASVG keinen Anspruch auf einen Bonus ergibt (vgl Rz 25 der E). Diese Auslegung deckt sich offenbar auch mit der Auffassung des bekl Pensionsversicherungsträgers, dass § 726 Abs 3 ASVG nicht als lex specialis zu Abs 2 dieser Bestimmung, sondern zu den Berechnungsvorschriften in § 299a ASVG zu sehen ist (vgl Rz 30 der E).

Für diese Sonderregelung bestand nun insofern ein Zeitfenster, als allfällige Verschlechterungen im Vergleich zur vorherigen Rechtslage nur durch eine entsprechende Antragstellung im Jahr 2020 verhindert werden konnten. Bei der dadurch ausgelösten Vergleichsrechnung stellt sich aber dann die Frage, von welchen Beträgen auszugehen ist, um die „Höhe, die sich aus § 293 Abs 1 lit a sublit cc ergibt,“ zu ermitteln. Diese Bestimmung ist ja – um es noch einmal zu betonen – mit Jahresende 2019 außer Kraft getreten (§ 726 Abs 2 ASVG), der dort vorgesehene Betrag scheint damit „eingefroren“.

Da aber andererseits die Regelungen über den neuen Bonus nach Abs 1 leg cit erst ab 1.1.2020 in Geltung stehen, würde das dazu führen, dass Anspruchshöhen aus 2020 mit solchen aus 2019 verglichen werden müssten. Der unzweifelhafte Zweck des § 726 Abs 3, im Einzelfall denkbare Schlechterstellungen zu vermeiden (vgl noch einmal den AA-92 26. GP 5), würde so zumindest konterkariert, uU würde der Regelung – wie schon das OLG Linz festgestellt hatte – sogar der Anwendungsbereich entzogen. Das gilt umso mehr bei Berücksichtigung des Umstands, dass es hier um die Gewährleistung von Mindesteinkommen für BezieherInnen einer Pension geht und gerade für diese Personen Kaufkraftverluste vermieden werden sollen.

Daher ist es nur folgerichtig, den für 2020 maßgebenden Beträgen für den Bonus nach § 299a ASVG die Beträge für dasselbe Jahr gegenüberzustellen, die sich aus einer (fiktiven) Aufwertung des Richtsatzes nach § 293 Abs 1 lit a sublit cc mit dem Faktor nach § 728 Abs 5 ASVG ergeben. Dieses Verständnis lässt sich nicht nur auf den Zweck der – vom Wortlaut diesbezüglich zugegebenermaßen nicht eindeutigen – Überleitungsbestimmung in § 726 Abs 3 stützen, sondern auch auf den Regelungszusammenhang des Ausgleichzulagen- bzw Pensionsbonus: § 299a Abs 10 ASVG ordnet die sinngemäße Anwendung zahlreicher Bestimmungen über die Ausgleichszulage an. Dazu zählen insb die Regelungen über den Jahresausgleich bei schwankenden Einkünften des/der Pensionsberechtigten in § 296 Abs 5 und 6 ASVG. Auch dort geht es um die Ermittlung der Vergleichsgröße für die Feststellung, ob ein Anspruch auf höhere Leistungen aus der PV gebührt, und auch dort ist eine zeitlich kongruente Betrachtung im Hinblick auf das jeweilige Kalenderjahr anzustellen.

3.
Fazit

Der im Ergebnis vorgenommenen Bestätigung der bereits von den Unterinstanzen getroffenen E durch den OGH kann somit vorbehaltlos zugestimmt werden. Es gehört fast zum juristischen Alltag gerade im Sozialrecht, dass – meist wohl gut gemeinte – gesetzliche Regelungen erst durch die Rsp handhabbar gemacht werden. Beim Zusammenspiel von §§ 299a und 726 ASVG ist das nicht nur dem OGH, sondern auch bereits den Untergerichten in sachgerechter und dogmatisch fundierter Weise gelungen. Ob die Judikatur aber auch die anderen Probleme des nicht nur rechtspolitisch fragwürdigen Ausgleichzulagen- bzw Pensionsbonus so bewältigen kann, wird sich noch zeigen. 259