Anzenberger/Kern/Kindermann/MilanovicPersonalrecht Steiermark – Land. Kommunen

Verlag des ÖGB, Wien 2021, 1.424 Seiten, gebunden, € 98,–

GERT-PETERREISSNER (GRAZ)

Das öffentliche Dienstrecht ist von großer praktischer Bedeutung, betrifft es doch österreichweit hunderttausende Dienstverhältnisse mit den entsprechenden Rechtsproblemen und Konflikten. Dennoch ist dieses Rechtsgebiet juristisch bei weitem nicht so ausführlich aufgearbeitet wie etwa das für die Privatwirtschaft iwS maßgebliche Arbeitsrecht. Das ambitionierte Projekt des Teams Werner Anzenberger (AK Steiermark), Sonja Kern, Manfred Kindermann (beide Personalverantwortliche in Gebietskörperschaften) und Biljana Milanovic (AK Steiermark) ist daher ausdrücklich zu loben, leistet es doch einen wichtigen Beitrag zur Durchdringung des öffentlichen Dienstrechts und damit zur Entwicklung der Rechtskultur in diesem Bereich.

Naheliegenderweise haben sich die Beteiligten als Beispiel für die verschiedenen Landes- und Gemeindedienstrechte jenes der Steiermark ausgesucht, sind sie doch alle vier in diesem Bundesland beruflich mit der Rechtsmaterie befasst. Da sich die einzelnen Landesgesetze zum Thema und auch das öffentliche Dienstrecht des Bundes in vielen Prinzipien wie auch Details ähneln, ist das Werk über die Steiermark hinaus auch für das Verständnis der Dienstrechte der anderen Gebietskörperschaften nützlich.

Im Einzelnen bietet das Buch zunächst eine Zusammenstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen, von den allgemeinen dienstrechtlichen Gesetzen für die Landes- bzw Gemeindeebene bis hin zu den Dienstrechten einzelner Berufsgruppen (zB Musikschullehrer), zu hervorgehobenen Sondermaterien (zB Landes-Gleichbehandlungsgesetz) und zur Landes- und Gemeinde-Personalvertretung; weitere Rechtsquellen sind über eine e-book-Funktion zugänglich. Im Detail kommentiert werden sodann die beiden zentralen dienstrechtlichen Gesetze, und zwar das Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L-DBR; S 329-675) und das Stmk Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1962 (S 677-939). Eine gewisse Unübersichtlichkeit bewirkt dabei die eher unübliche Vorgangsweise, die einzelnen bearbeiteten Normtexte vor der Kommentierung nicht mehr wiederzugeben. Es muss dafür auf die Gesamtzusammenstellung geblättert werden.

Die gemeinsam verantworteten Kommentierungen sind ausführlich und auf hohem juristischen Niveau. Sie berücksichtigen die einschlägige Literatur und arbeiten die Rsp zu den öffentlichen Dienstrechten kundig und instruktiv auf. So befassen sich beispielsweise die Vorbemerkungen zu § 1 L-DBR (S 331-337) mit der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung. Interessant ist dabei zB die Kompetenzverteilung im Bereich des Personal- bzw Belegschaftsvertretungsrechts (S 334-336). Bei Betrieben der Länder gilt jedenfalls das ArbVG, bei Betrieben von Gemeinden nur dann, wenn der Landesgesetzgeber die aufgrund der B-VG-Novelle 1981 BGBl 350 zugewachsene Kompetenz nicht aufgreift. Im letzteren Fall reicht jedoch die bloße Schaffung eines entsprechenden Gesetzes im Falle von Bediensteten (Beamten und Vertragsbediensteten), die an ausgegliederte, private Rechtsträger zur Dienstleistung überlassen werden, nicht aus. Der Landesgesetzgeber muss diese vielmehr ausdrücklich in sein Gemeinde-Personalvertretungsrecht einbeziehen (OGH9 ObA 151/08h ZAS 2010/14, 82 [Kühteubl] = ARD 6055/9/2010). Ist dies der Fall, kommt es zu einer „gespaltenen Belegschaftsvertretung“: Für die zugewiesenen Gemeindebediensteten gilt das Personalvertretungsrecht, diese – und nur diese – haben bei der Personalvertretungswahl mitzuwählen. Für die (unmittelbaren) AN der ausgegliederten Rechtsträger 272 gilt das ArbVG, diese – und nur diese – wählen aus ihren Reihen die Betriebsräte. Es bestehen also Personalvertretungen und Betriebsräte nebeneinander, zuständig jeweils für ihre Wähler.

Im Urlaubsrecht der §§ 59 Stmk L-DBR wird – so wie auch an diversen anderen Stellen (zB bei den Kettenvertragsregeln der §§ 11 f Stmk L-DBR) – ausführlich auf die unionsrechtlichen Anforderungen eingegangen (S 448 ff). So wird etwa betont, dass im Falle der vorgesehenen stundenweisen Urlaubsberechnung eine Änderung des Arbeitszeitausmaßes nicht auf die Bemessung nicht verbrauchter Alturlaube durchschlagen darf (vgl dazu EuGH 22.4.2010, C-486/08, ZBR der LKH Tirols, ECLI:EU:C:2010:215) oder dass der Verfall des Erholungsurlaubs gem § 65 Stmk L-DBR nur nach entsprechender Aufklärung von Seiten des DG eintreten kann (für öffentliche DG vgl EuGH 6.11.2018, C-619/16, Kreuziger/Land Berlin, ECLI:EU:C:2018:872). Bemerkenswert an diesen Stellen und überhaupt ist, dass diverse Interpretationsfragen immer wieder mit Blick auf ähnliche Probleme im privatwirtschaftlichen Arbeitsrecht erörtert und nach Maßgabe der methodischen Möglichkeiten auch wie im Arbeitsrecht gelöst werden. Die Einheitlichkeit der Rechtsordnung soll schließlich nicht nur ein Schlagwort sein, dieses Ziel dient auch der Legitimation und Akzeptanz von speziellen Rechtsbereichen.

Alles in allem kann gesagt werden, dass das vorliegende Buch eine Fundgrube und eine anregende Lektüre für alle mit dem öffentlichen Dienstrecht befassten Personen darstellt.