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Eventualentlassung: Anfechtungsfrist beginnt nicht erst mit Entscheidung über erste Entlassung zu laufen

RICHARDHALWAX

Mit Klage vom 22.7.2021 begehrt der Kl die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses zur Bekl über den 19.5.2021 hinaus. Er sei am 24.11.2020 entlassen worden. Ein Verfahren auf Feststellung, dass diese Entlassung ungerechtfertigt sei, sei anhängig. Mit Schreiben vom 2.6.2021, dem Kl zugestellt am 7.6.2021, habe die Bekl eine (Eventual-)Entlassung gem § 45 Abs 2 Z 2 Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) ausgesprochen. Auch diese Entlassung sei ungerechtfertigt.

Das Erstgericht wies die Klage zurück. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Kl wurde vom OGH mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Nach dem auch nach den Ausführungen im Revisionsrekurs anzuwendenden § 45 Abs 6 VBO 1995 ist eine Entlassung innerhalb von vier Wochen nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei Gericht anzufechten. Nach der Rsp handelt es sich bei der Frist zur gerichtlichen Anfechtung einer Kündigung oder Entlassung nach §§ 105 f ArbVG oder § 15 GlBG um eine prozessuale Frist. Dass das ebenso für eine Anfechtung nach § 45 VBO 1995 gilt, wird in der außerordentlichen Revision nicht bestritten.

In der von den Vorinstanzen zitierten E vom 13.10.2004, 9 ObA 89/04k, hat der OGH bereits dazu Stellung genommen, dass auch bei einer Eventualkündigung die Anfechtungsfrist des § 105 ArbVG einzuhalten ist: „Die leichte Überprüfbarkeit der Einhaltung der Klagefrist ist schon aus96Gründen der Rechtssicherheit erforderlich und gestattet keine subtile Differenzierung nach verschiedenen Fallgruppen, sodass auch der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs einer Eventualkündigung bereits ein Anfechtungsverfahren wegen einer früheren Kündigung anhängig ist, keine Rolle spielen kann. (...) Dem DN, der von vornherein den Standpunkt vertritt, die erste Kündigung könne – wegen ihrer Anfechtbarkeit – keinen Bestand haben (bzw hier: die Kündigung wäre von vornherein unwirksam), ist es auch keineswegs unzumutbar, in den Fällen einer unbedenklichen Eventualkündigung ebenso die gesetzliche Klagefrist einzuhalten wie auch sonst bei der Kündigungsanfechtung.“

Richtig ist zwar, dass die VBO 1995 für den Beginn der Anfechtungsfrist nicht auf den Ausspruch der Entlassung, sondern auf die Beendigung des Dienstverhältnisses abstellt. Eine Eventualentlassung beendet aber ein Dienstverhältnis für den Fall, dass es nicht ohnehin durch eine frühere Erklärung zu einem früheren Zeitpunkt beendet wurde, mit sofortiger Wirkung. Dementsprechend beginnt die Anfechtungsfrist mit diesem Zeitpunkt. Daran ändert auch nichts, dass gegebenenfalls als Vorfrage im Verfahren zu klären ist, ob im Zeitpunkt des Entlassungsausspruchs das Dienstverhältnis überhaupt noch aufrecht war. Dass die Anfechtungsfrist erst mit der Entscheidung im Verfahren über die erste Entlassung/Kündigung zu laufen beginnt, wie der Kl vermeint, lässt sich dagegen dem Gesetzeswortlaut gerade nicht entnehmen.