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Anspruch auf Weiterbildungsgeld auch während lehrveranstaltungsfreier Zeit zwischen Abschluss des Bachelorstudiums und Zulassung zum Masterstudium in anderer Bildungseinrichtung

BIRGITSDOUTZ

Das Arbeitsmarktservice (AMS) gewährte dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 1.11.2017 bis 31.10.2018 Weiterbildungsgeld. Mit Bescheid vom 28.11.2018 widerrief das AMS die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes für den Zeitraum 16.6. bis 30.9.2018 und verpflichtete den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wies das AMS ab und begründete dies damit, dass der Beschwerdeführer ein Bachelorstudium an der Fachhochschule Krems durch die letzte Prüfung am 8.6.2018 abgeschlossen und für den darauffolgenden Zeitraum bis 30.9.2018 keine Weiterbildungsmaßnahme besucht habe und er seiner Meldepflicht nicht nachgekommen sei.

Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer vor, dass es richtig sei, dass er sein Bachelorstudium am 8.6.2018 abgeschlossen habe, dass er aber für das folgende Wintersemester ein Masterstudium an der Universität Wien begonnen habe. Das Masterstudium baue auf dem Bachelorstudium auf. Der Wechsel an die Universität Wien sei erforderlich gewesen, weil ein Masterstudium an der Fachhochschule Krems nicht angeboten werde. Es habe sich somit um den nächsten Teil seiner – mit dem Bachelorstudium nicht beendeten – Ausbildung gehandelt. Nach Abschluss seines Bachelorstudiums habe er sich im Sommer 2018 um die Vorbereitung seines Masterstudiums – insb seiner Masterthesis – gekümmert.

Das BVwG wies die Beschwerde ebenso wie das AMS in seiner Beschwerdevorentscheidung ab, da der Beschwerdeführer nach Abschluss seines Bachelorstudiums am 8.6.2018 an der Fachhochschule Krems bis 30.9.2018 keinem Studium nachgegangen sei.

Der VwGH gab der außerordentlichen Revision statt und hob das Erk des BVwG im Wesentlichen mit folgender Begründung auf:

Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 298 BlgNR 23. GP 13) muss iSd § 26 Abs 1 Z 1 AlVG die Dauer der Ausbildung grundsätzlich der Dauer der Bildungskarenz bzw des Weiterbildungsgeldbezugs entsprechen. Ein Abweichen ist insoweit zulässig, als einerseits berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen und andererseits das Abweichen nur verhältnismäßig kurze Zeiträume umfasst. Solche berücksichtigungswürdigen Gründe, die die Gewährung von Weiterbildungsgeld in verhältnismäßig kurzen Zeiten, in denen keine (institutionalisierte) Weiterbildungsmaßnahme besucht wird, rechtfertigen, können nur solche sein, die durch die Erfordernisse der konkret absolvierten (institutionalisierten) Ausbildungen selbst ursächlich bedingt werden. Dies ist etwa regelmäßig für Zeiten der Vorbereitung auf im Verlauf der Ausbildung vorgesehene Prüfungen, für Unterbrechungen zwischen Kursteilen (Modulen) oder auch für Zeiten, die aufgewendet werden müssen, um die gewählte Weiterbildungsmaßnahme beginnen zu können (zB Anreise zu Kursen bzw Übersiedlung, Besorgen des Lehrmaterials etc), zu bejahen (vgl VwGH 14.9.2016, Ro 2015/08/0023, mwN).

Bei einer Weiterbildung in Form eines Studiums an einer im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) genannten Einrichtung ist der Nachweis der Absolvierung der Ausbildung nicht (wie nach § 26 Abs 1 Z 1 AlVG) durch die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, sondern der Erfolg nach § 26 Abs 1 Z 5 AlVG durch positive Ablegung von Prüfungen oder anderweitige Bestätigung nachzuweisen, wobei diese Nachweisobliegenheit auch für den Fall besteht, dass es zu einem Wechsel des Studiums kommt. Mit dieser Regelung wurde nach den Materialien (ErläutRV 2150 BlgNR 24. GP 14) dem Umstand Rechnung getragen, dass bei einer Weiterbildung in Form eines Universitätsstudiums im Gegensatz zu sonstigen Teilnahmen an Ausbildungskursen der Nachweis des Besuchs von Lehrveranstaltungen nicht in Betracht kommt, weil die Teilnahme in der Regel nicht erfasst wird und in vielen Fällen auch kaum erfassbar wäre (vgl VwGH Ro 2015/08/0023, mit näheren Ausführungen zum Erfolgsnachweis). Im Zuge eines während der Bildungskarenz fortgesetzt betriebenen Studiums an einer im § 3 StudFG 1992 genannten Einrichtung kann Weiterbildungsgeld grundsätzlich auch in den Zeiten weiterhin bezogen werden, in denen schon deshalb für die Fortsetzung des Studiums erforderliche Lehrveranstaltungen nicht besucht bzw keine Prüfungen absolviert werden können, weil diese von der Einrichtung in dieser Zeit überhaupt nicht oder nur in verringertem Ausmaß angeboten werden. Dies wird regelmäßig insb auf lehrveranstaltungsfreie Zeiten zutreffen.

Weiters führt der VwGH aus, dass vom AMS auch nicht in Zweifel gezogen wurde, dass dem Beschwerdeführer auch während der Absolvierung des Masterstudiums Internationale Betriebswirtschaft an der Universität Wien Weiterbildungsgeld 98zustand, dem folgend wurde der Bezug für den Monat Oktober 2018 auch nicht widerrufen. Hinsichtlich der allein strittigen Frage, ob dem Revisionswerber Weiterbildungsgeld auch im Zeitraum zwischen dem Abschluss seines Bachelorstudiums an der Fachhochschule Krems und der Zulassung zum Masterstudium an der Universität Wien mit 1.10.2018 gebührte, verweist der VwGH darauf, dass die Zulassung des Revisionswerbers zum Masterstudium Internationale Betriebswirtschaft an der Universität Wien aufgrund eines Bachelorstudiums an einer anderen Bildungseinrichtung – anders als die Zulassung von Absolventinnen und Absolventen der genannten Bachelorstudien der Universität Wien – an die allgemein bei Zulassung zum Studium einzuhaltenden Termine und Fristen gebunden war. Dadurch war der Zeitraum zwischen dem Abschluss des Bachelorstudiums an der Fachhochschule Krems im Juni 2018 und der Zulassung zum Masterstudium am 1.10.2018 an der Universität Wien ursächlich bedingt. Vor diesem Hintergrund ist der Revision darin recht zu geben, dass keine für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld schädliche Unterbrechung des Besuchs einer Weiterbildungsmaßnahme vorlag. Ein Abstellen allein auf die zwischen dem Abschluss des Bachelorstudiums und der Zulassung zum Masterstudium verstrichene Zeit greift zu kurz.

Dass in der lehrveranstaltungsfreien Zeit eine Absolvierung von Prüfungen bzw die Teilnahme an Lehrveranstaltungen auch für zum Masterstudium zugelassene Studierende nicht bzw nur eingeschränkt möglich war, steht dem fortgesetzten Bezug von Weiterbildungsgeld unter der Voraussetzung, dass ein Erfolgsnachweis nach § 26 Abs 1 Z 5 AlVG erbracht werden konnte, nicht entgegen. Es ist in diesem Sinn nicht zweifelhaft, dass Studierenden der Universität Wien, die zum Ende des Sommersemesters ein Bachelorstudium abschlossen und unmittelbar nach ihrem Abschluss zum Masterstudium zugelassen wurden, ein begonnener Bezug von Weiterbildungsgeld bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen fortgesetzt zustand. Die Situation des Beschwerdeführers, der eine Zulassung zum Masterstudium aufgrund des Abschlusses eines Bachelorstudiums an einer anderen Bildungseinrichtung erst mit Beginn des Wintersemesters erlangen konnte, war nicht maßgeblich anders. Eine unterschiedliche Behandlung wäre nicht gerechtfertigt. Der VwGH stellte daher fest, dass dem Beschwerdeführer das Weiterbildungsgeld auch vom16.6. bis 30.9.2018 zustand und der Widerruf und die Verpflichtung zur Rückzahlung der empfangenen Leistung nicht berechtigt war.