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Keine Übertragung des Stichtages zur Neuberechnung der Invaliditätspension auf Korridorpension

ALEXANDERPASZ

Der 1958 geborene Kl bezog zwischen 1.9.2016 und 30.9.2017 eine Invaliditätspension. In weiterer Folge erwarb er weitere Beitragszeiten und beantragte mit Stichtag 1.7.2020 die Korridorpension, die ihm in Höhe von € 1.656,11 bescheidmäßig von der Pensionsversicherungsanstalt zugesprochen wurde.

Im streitgegenständlichen Verfahren begehrte der Kl eine höhere Korridorpension, da seiner Ansicht nach die Kontoerstgutschrift aufgrund des Stichtages der Invaliditätspension mit 1.9.2016 gem § 15 Abs 9 APG neu zu berechnen und dabei ein Steigerungsbetrag von 81 % – statt der von der Bekl angewandten 80 % – anzuwenden sei.

Die Vorinstanzen schlossen sich der Argumentation des Kl nicht an. Das Berufungsgericht ließ jedoch eine ordentliche Revision zu, weil der OGH zu einer allenfalls (verlängerten) Anwendbarkeit des § 15 Abs 9 APG über Pensionsantritte nach dem Jahr 2016 hinaus oder einer allfälligen Gleichheitswidrigkeit dieser Norm noch nicht Stellung genommen habe.

Die Kontoerstgutschrift wurde mit dem zweiten Stabilitätsgesetz 2012 eingeführt und ersetzte die zuvor geltende Parallelrechnung. Damit es für Versicherte zu keinen Pensionsverlusten kommen würde, wurde in § 15 Abs 9 Satz 1 APG eine Übergangsregelung geschaffen. Wenn mehr als 480 für die Bemessung der Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate vorliegen, sah diese Bestimmung vor, dass bei der Feststellung von Pensionen mit einem Stichtag in den Jahren 2014 bis 2016 die Kontoerstgutschrift neu zu berechnen und für diese drei Jahre ein im Vergleich zum allgemeinen Steigerungssatz in der PV höherer Steigerungsbetrag angewendet werden sollte.

Der Stichtag für die dem Kl gewährte Invaliditätspension war der 1.9.2016, der für die Korridorpension der 1.7.2020. Bei den Versicherungsfällen des Alters (Korridorpension) und der geminder99ten Arbeitsfähigkeit (Invaliditätspension) handelt es sich um unterschiedliche Versicherungsfälle. Eine gesetzliche Grundlage für eine „Übertragung“ eines für den Versicherungsfall der Invalidität verwirklichten Stichtags auf den Versicherungsfall des Alters existiert nicht.

Nach der stRsp des VfGH gewährleistet keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohlerworbener Rechte, weshalb es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Auch verschlechternde Regelungen sind unangreifbar, wenn sie dem Grundsatz der Sachlichkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen (RIS-Justiz RS0008687 [T40]). Dem Gesetzgeber steht verfassungsrechtlich insoweit ein Gestaltungsspielraum zu, als er in seinen rechtspolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist (RS0053889 [T1]), wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingehalten wird und keine unsachliche Ungleichbehandlung die Folge ist (vgl RS0053889 [T8, T9]).

Bei Inkrafttreten der streitgegenständlichen Bestimmung des § 15 Abs 9 APG war klar, dass der Kl bei Antritt einer Alterspension (Korridorpension) von dieser Einschleifregelung nicht mehr profitieren kann. Die Revision des Kl zeigte nicht auf, inwieweit sich ein zu schützendes Vertrauen in die Weitergeltung der Übergangsregelung entwickeln sollte.

Darüber hinaus machte der Kl geltend, er erleide finanzielle Einbußen in der Alterspension, da er während des Bezugs seiner Invaliditätspension in den Jahren 2016 und 2017 keine Pensionsversicherungsbeiträge (gemeint Teilgutschriften) auf seinem Pensionskonto erworben habe. Es müssten daher auch für diesen Zeitraum fiktive, an Zeiten der ausgeübten Erwerbstätigkeit orientierende Beitragsgrundlagen herangezogen werden.

Eine Rechtsgrundlage für dieses Begehren benannte der Kl in der Revision ebenfalls nicht. Eine solche Regelung widerspräche auch dem System der österreichischen PV, in dem sich die Höhe der Alterspension grundsätzlich nach der Anzahl der Beitragsmonate und der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge richtet. Dementsprechend war die Revision des Kl mangels Fehlens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.