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Unwirksamer Verzicht aufgrund geänderter Vermögensverhältnisse führt zu Anrechnung bei Ausgleichzulage

FABIANGAMPER

Der Kl hat sich im Jahr 2010 von seiner Ehefrau getrennt. Dabei gaben sie einen wechselseitigen Unterhaltsverzicht ab. Grund für das streitlose Auseinandergehen war die Rücksicht auf die beiden gemeinsamen Kinder. Der Kl bezog ab Juni 2020 eine Korridorpension in der Höhe von etwa € 400,- netto, seine Ehefrau bezog ein Nettoerwerbseinkommen von ca € 2.400,-. Im gegenständlichen Verfahren wurde über die Wirkung des Unterhaltsverzichts auf den Anspruch des Kl auf Ausgleichszulage abgesprochen.

Das Berufungsgericht hat aufgrund der geänderten Vermögensverhältnisse ab Juni 2020 entschieden, dass der abgegebene Verzicht unwirksam geworden ist. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit eines Unterhaltsverzichts im Fall geänderter Verhältnisse sowie die Berechnung seines Unterhaltsanspruchs zieht der Kl in seiner außerordentlichen Revision nicht in Zweifel. Er stellt vielmehr auf das Motiv für den anlässlich der Trennung im Jahr 2010 mündlich wechselseitig vereinbarten Unterhaltsverzicht ab, der nach Meinung des Kl einen – vom Versicherungsträger zu beweisenden – rechtsmissbräuchlichen Unterhaltsverzicht ausschließe. Die außerordentliche Revision des Kl wurde mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vom OGH zurückgewiesen.

Dazu stellt der OGH in stRsp Folgendes klar: Ob ein Unterhaltsverzicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, ist eine Rechtsfrage, die nach den Umständen des Einzelfalls zu klären ist. Ein rechtsmissbräuchlicher Verzicht liegt bereits dann vor, wenn das unlautere Motiv des Verzichts die lauteren Motive eindeutig überwiegt. Nur wenn der Grund für den Verzicht in der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung durch den Verpflichteten liegt, ist der Verzicht für den Anspruch auf Ausgleichszulage beachtlich. Dies bedeutet, dass rechtsmissbräuchlich nicht realisierte Unter105haltsansprüche als fiktives Einkommen des Ausgleichszulagenwerbers angerechnet werden. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Ausgleichszulagenwerber ohne (ausdrücklichen) Verzicht die Geltendmachung gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche unterlässt.

Im gegenständlichen Verfahren wird daher dem Kl sein Verhalten, im zeitlichen Zusammenhang mit dem Pensionsantritt im Juni 2020 auf die Geltendmachung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu verzichten, als unlauter vorgeworfen und nicht der 2010 erklärte mündliche Verzicht. Dass es der Ehegattin unmöglich oder unzumutbar wäre, den gesetzlichen Unterhaltsanspruch zu erfüllen, behauptete der Revisionswerber nicht.