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Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld: Abgrenzung von selbständigen Einkünften auch noch im sozialgerichtlichen Verfahren möglich

KRISZTINAJUHASZ
§§ 8 Abs 1 Z 2, 31 Abs 2 dritter Fall, 50 Abs 24 KBGG

Der Rechtsansicht, aufgrund der Regelung des § 50 Abs 24 KBGG sei es jenen selbständig erwerbstätigen Kinderbetreuungsgeldbeziehern (endgültig) verwehrt, die Zuordnungsnachweise ihrer Einkünfte im sozialgerichtlichen Verfahren nachzubringen, wenn sie im Verwaltungsverfahren auf die Möglichkeit der Erbringung eines Zuordnungsnachweises individuell hingewiesen wurden und die ihnen zu diesem Zweck gesetzte Zweimonatsfrist ungenützt verstreichen lassen haben, steht weiterhin entgegen, dass damit keine Anspruchsberechtigung bzw kein Anspruchsverlust geregelt wird. Das aufgrund einer Bescheidklage im Rahmen der sukzessiven Zuständigkeit angerufene Gericht hat eigenständig über den Anspruch zu entscheiden.

SACHVERHALT

Der Kl bezog anlässlich der Geburt seines Sohnes für den Zeitraum von 4.7. bis 3.9.2015 einkommensab108hängiges Kinderbetreuungsgeld. Er war als Oberarzt unselbständig erwerbstätig. Daneben bezog er Honorare aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit (sogenannte Sonderklassenentgelte). Bei einer Berechnung der vom Finanzamt übermittelten selbständigen Jahreseinkünfte wurde eine Überschreitung der Zuverdienstgrenze festgestellt. Dem Kl war von seinem DG ua während des Bezugszeitraums ein Betrag von € 3.981,01 an Sonderklassenentgelt überwiesen. Diese Zahlung betraf nach den Feststellungen allerdings Sonderklassenentgelte für vor Beginn des Bezugszeitraums (nämlich im Juni 2015) erbrachte ärztliche Leistungen. Für die Monate Juli und August 2015 erhielt der Kl keine Sonderklassenentgelte.

Gegenstand des Revisionsverfahrens war, ob die vom Kl im sozialgerichtlichen Verfahren erstmals vorgelegte Urkunde als Abgrenzungsnachweis iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG zu berücksichtigen ist, obwohl er bereits im Verwaltungsverfahren vom Krankenversicherungsträger auf die Möglichkeit zur Vorlage eines Abgrenzungsnachweises hingewiesen wurde, die dafür gesetzte zweimonatige Frist jedoch ungenützt verstreichen ließ.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Die bekl Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) widerrief mit Bescheid zunächst die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes wegen Überschreitung der Zuverdienstgrenze und verpflichtete den Kl zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung.

In seiner Klage brachte der Kl vor, er habe im Bezugszeitraum weder eine unselbständige noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt. Dass er nach Erhalt des Schreibens innerhalb von zwei Monaten keinen Zuordnungsnachweis (steuerliche Abgrenzung) darüber erbracht habe, in welchem Ausmaß Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit als Arzt vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraums angefallen seien, schließe nicht aus, dass diese Abgrenzung noch im sozialgerichtlichen Verfahren vorgenommen werden könne. Die Bekl wandte ein, dass eine Abgrenzung der Einkünfte nicht mehr möglich sei (§ 50 Abs 24 KBGG) sowie dass der Kl seine Mitwirkungspflicht verletzt habe, sodass zusätzlich der Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 3. Fall KBGG erfüllt sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und trug dem Kl den Rückersatz der zu Unrecht erhaltenen Leistung auf. Das vom Kl angerufene Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Die außerordentliche Revision des Kl war zulässig und auch berechtigt.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„[…]

2.1 Nach § 24 Abs 1 Z 3 erster Satz KBGG [idF BGBl I 2013/117BGBl I 2013/117; Anm der Bearbeiterin] ist unter anderem Anspruchsvoraussetzung, dass „während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes“ keine Erwerbseinkünfte erzielt werden, wobei sich ein Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte von (im vorliegenden Fall) 6.400 EUR nicht schädlich auswirkt. […]

2.2 § 24 Abs 1 Z 3 KBGG verweist hinsichtlich des Gesamtbetrags der maßgebenden Einkünfte je Kalenderjahr auf § 8 Abs 1 KBGG. […] § 8 regelt somit, welche Einkünfte als maßgeblich heranzuziehen und wie diese zu ermitteln sind […].

2.3 Abweichend von Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit gemäß § 8 Abs 1 Z 1 KBGG, für die ausnahmslos das Zuflussprinzip gilt (10ObS31/20m&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True" target="_blank">10 ObS 31/20m), ist bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (§ 8 Abs 1 Z 2 KBGG) eine Abgrenzung möglich: Für die Ermittlung der Zuverdienstgrenze sind nur jene Einkünfte maßgeblich, die aus einer während des Anspruchszeitraums ausgeübten Tätigkeit stammen (RS0132947RS0132947). […]

3. Zur Entwicklung der Rechtslage

3.1 Nach der Intention des Gesetzgebers des KBGG soll zur Vermeidung von Verfahrensaufwand und Verfahrenskosten die Abgrenzung der Einkünfte bereits im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgenommen werden.

3.2 Wie sich aus den Gesetzesmaterialien zur Novelle des KBGG mit dem Bundesgesetz BGBl I 2011/139BGBl I 2011/139 ergibt, ging die Praxis zuvor dahin, dass manche selbständig erwerbstätige Eltern ihre Einkünfte vorerst nicht abgrenzten, worauf ein Rückforderungsbescheid erlassen wurde, gegen den dann Klage erhoben wurde, worauf im Gerichtsverfahren die Einkünfte abgegrenzt und Nachweise vorgelegt wurden. Nach den Gesetzesmaterialien, gelte es, diese unnötigen Gerichtsverfahren auf Kosten des Familienlastenausgleichsfonds zu vermeiden. Es solle eine großzügige zweijährige Frist ab Ende des betreffenden Kalenderjahres (Bezugsjahres) eingeführt werden. Bei Versäumung dieser Frist solle der Nachweis im Gerichtsverfahren nicht mehr erfolgreich erbracht werden können. […] Wie in den Gesetzesmaterialien weiters ausgeführt wird, sollen die Krankenversicherungsträger aber als Serviceleistung selbständig tätige Eltern rechtzeitig vor Ablauf der Frist auf die Möglichkeit der Abgrenzung der Einkünfte aufmerksam machen. […]

3.3 Gleichzeitig wurde mit dem § 32 Abs 1 und 3 KBGG Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten eingeführt, bei deren Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung die Möglichkeit zum Ersatz der dadurch ausgelösten Verwaltungs- und Verfahrenskosten besteht. Bei Nichterfüllung (trotz zweimaliger, schriftlicher Aufforderung) kann unter der Voraussetzung der erheblichen Erschwerung oder Verhinderung der Aufklärung des Sachverhalts der Leistungsanspruch ohne weitere Ermittlungen abgelehnt werden (§ 32 Abs 4 Satz 1 KBGG).

3.4 Die in den Gesetzesmaterialien zu § 8 Abs 1 Z 2 KBGG idF BGBl I 2011/139BGBl I 2011/139 enthaltene Aussage, 109eine Versäumung der Zweijahresfrist solle dazu führen, dass in Verfahren vor dem Sozialgericht kein Zuordnungsnachweis erbracht werden könne, wurde von der Rechtsprechung mit der Begründung abgelehnt, dass das Unterbleiben der Zuordnungserklärung im Sinn des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG nicht als Anspruchsvoraussetzung formuliert sei. […]

3.5 Mit 1.8.2019 trat das aufgrund eines Initiativantrags beschlossene Bundesgesetz BGBl I 2019/75BGBl I 2019/75 in Kraft, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfamilienfondsgesetz) erlassen wurde. […] Die Zuwendungen aus dem […] „Jungfamilienfonds“ können auf Ansuchen des betreffenden Elternteils gewährt werden, wenn eine Leistung nach § 1 KBGG für ein von 1.1.2012 bis 28.2.2017 geborenes Kind bezogen wurde und ausschließlich aufgrund der Versäumung der Vorlagefrist nach § 8 Abs 1 und 2 KBGG zurückgezahlt wurde oder zurückzuzahlen ist (§ 2 JFFG).

3.6 Zugleich wurde § 50 Abs 24 KBGG in das KBGG eingefügt. Die Sätze 1, 2 und 3 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„Für Geburten von 1. Jänner 2012 bis 28. Februar 2017 kann der Nachweis der Abgrenzung der Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Z 2 des Elternteils, der das pauschale Kinderbetreuungsgeld, das Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens und die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld bezogen hat, bis zum 31. Dezember 2025 erbracht werden. Die Krankenversicherungsträger haben in den genannten Fällen, sofern sie im laufenden Prüfverfahren aufgrund der Jahreseinkünfte eine Überschreitung des Grenzbetrages feststellen und andere maßgebliche Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Z 2 enthalten sind, den Elternteil individuell auf die Möglichkeit zur Vorlage des Abgrenzungsnachweises hinzuweisen. Der Elternteil hat den Nachweis binnen zwei Monaten vorzulegen, eine spätere Vorlage ist in diesem Fall nicht mehr möglich.“

Nach der Begründung des Initiativantrags (816/A 26. GP 4) habe sich in der Praxis herausgestellt, dass die zweijährige Frist von den Eltern oftmals irrtümlich versäumt wurde, zumal keine Erinnerung vor dem Fristende erfolgt sei. Für Geburten ab 1.3.2017 wurden daher zwei Erinnerungen vorgesehen. Für Geburten von 1.1.2012 bis 28.2.2017 (für die keine Erinnerungen erfolgten) soll die Frist […] verlängert werden. Abgrenzungen […] nach dem 31.12.2025 […] seien endgültig verspätet […].

Zu den Konsequenzen einer etwaigen Versäumung der vom Krankenversicherungsträger gesetzten zweimonatigen Frist lässt sich aus der Begründung des Antrags an den Justizausschuss nichts ableiten.

3.7 § 50 Abs 24 KBGG richtet sich […] an die im Verwaltungsverfahren tätig werdenden Krankenversicherungsträger […]. Die in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG genannte (gut) zweijährige Frist für die Vorlage der Nachweise wird verlängert. […]

4.1 Der Rechtsansicht, aufgrund dieser Regelung sei es nunmehr jenen selbstständig erwerbstätigen Kinderbetreuungsgeldbeziehern (endgültig) verwehrt, die Zuordnungsnachweise im sozialgerichtlichen Verfahren nachzubringen, wenn sie im Verwaltungsverfahren auf die Möglichkeit der Erbringung eines Zuordnungsnachweises individuell hingewiesen wurden und die ihnen zu diesem Zweck gesetzte Zweimonatsfrist ungenützt verstreichen lassen haben, steht weiterhin entgegen, dass damit keine Anspruchsberechtigung bzw kein Anspruchsverlust geregelt wird. Das aufgrund einer Bescheidklage im Rahmen der sukzessiven Zuständigkeit angerufene Gericht hat eigenständig über den Anspruch zu entscheiden. Der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die Überprüfung der Richtigkeit des bekämpften Bescheids beschränkt. Es hat vielmehr selbständig und unabhängig vom Verfahren vor dem Versicherungsträger auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz den durch die Klage geltend gemachten sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch zu überprüfen. […]

4.2 Demnach ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens – auch nach Inkrafttreten des neu geschaffenen § 50 Abs 24 KBGG – die Beurteilung der Frage, ob der von der beklagten Partei geltend gemachte Rückforderungsanspruch wegen Überschreitens der Zuverdienstgrenze – bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz – zu Recht besteht. Die Rechtsansicht, dass sich das sozialgerichtliche Verfahren auf die Frage der Versäumung der Zweimonatsfrist im Verwaltungsverfahren zu beschränken habe, liefe auf eine – nicht gegebene – partielle Bindung der Gerichte an Teilergebnisse des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens hinaus […].

[…]

6. Die Beklagte hat zusätzlich auch den Rückforderungstatbestand der Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 31 Abs 2 3. Fall KBGG geltend gemacht:

6.1 Nach diesem Tatbestand besteht eine Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn die zur Ermittlung des Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte (§§ 8, 8b KBGG) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird.

6.2 Wie sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 31 KBGG ergibt, wird das Erfordernis der persönlichen Mitwirkung der Bezieher/innen nur in Ausnahmefällen gegeben sein, da grundsätzlich den Krankenversicherungsträgern von den Finanzbehörden auf Anfrage die Daten für die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte elektronisch übermittelt werden. Die Mitwirkung wird aber etwa dann erforderlich sein, wenn die betreffende Person mit ihren Einkünften unter der 110Steuergrenze liegt und die Finanzbehörde über keine Daten verfügt (ErläutRV 248 BlgNR 22. GP, 3).

6.3 Die Rückforderung ist daher auf jene Fälle beschränkt, in denen die Krankenversicherungsträger ohne die entsprechende Mitwirkung zur Feststellung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nicht in der Lage sind (Burger-Ehrnhofer, KBGG³ § 31 Rz 17). […]

7. Demnach führt das Verhalten des Klägers im Verwaltungsverfahren nicht dazu, dass er seinen Leistungsanspruch trotz der später (im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens) vorgenommenen Abgrenzung seiner Einkünfte verliert.“

ERLÄUTERUNG

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war – auch nach Inkrafttreten des neu geschaffenen § 50 Abs 24 KBGG – die Beurteilung der Frage, ob der von der Bekl geltend gemachte Rückforderungsanspruch wegen Überschreitens der Zuverdienstgrenze zu Recht besteht.

§ 24 Abs 1 Z 3 erster Satz KBGG (idF BGBl I 2013/117BGBl I 2013/117) regelt die Anspruchsvoraussetzung, wonach während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes keine Erwerbseinkünfte erzielt werden dürfen, wobei sich ein Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte von € 6.400,- nicht schädlich auswirkt. Diese Regelung entspricht der Zielsetzung des KBGG, nämlich Kinderbetreuungsgeld nur jenen Eltern zu gewähren, die bereit sind, ihre Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken.

§ 8 Abs 1 KBGG definiert den Inhalt der „maßgeblichen Einkünfte“, die im Kalenderjahr den Grenzbetrag nicht überschreiten dürfen. Bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (§ 8 Abs 1 Z 2 KBGG) ist eine Abgrenzung möglich. Nach der Regelung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG werden die während des Anspruchszeitraums angefallenen Einkünfte dann berücksichtigt, wenn bis zum Ablauf des zweiten auf das betreffende Kalenderjahr folgenden Kalenderjahres dem Krankenversicherungsträger nachgewiesen wird, welche Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit vor oder nach dem Anspruchszeitraum angefallen sind. Im Falle eines derartigen Nachweises sind die während des Anspruchszeitraums angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Bei der Abgabe dieser Zuordnungserklärung handelt es sich aber lediglich um eine vom Gesetzgeber eingeräumte Wahlmöglichkeit. Wird sie von den Eltern nicht wahrgenommen, kann der Krankenversicherungsträger davon ausgehen, dass sich aufgrund des von der Abgabenbehörde an die ÖGK übermittelten Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hätte, sodass ein entsprechender Rückforderungsbescheid erlassen werden kann (§ 31 Abs 2 letzter Satz KBGG).

Nach der Rsp führt eine Versäumung der Zweijahresfrist nicht dazu, dass in Verfahren vor dem Sozialgericht kein Zuordnungsnachweis erbracht werden kann, denn das Unterbleiben der Zuordnungserklärung iSd § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG ist nicht als Anspruchsvoraussetzung formuliert. Auch aus § 24 KBGG ergibt sich nicht, dass die Unterlassung einer fristgerechten Zuordnungserklärung zur Folge hätte, dass dem Kinderbetreuungsgeldwerber im gerichtlichen Verfahren die Darlegung verwehrt ist, dass er objektiv die Zuverdienstgrenze während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes nicht überschritten hat.

Der OGH führte daher aus, dass der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens nach stRsp nicht auf die Überprüfung der Richtigkeit des bekämpften Bescheids beschränkt ist. Das Gericht hat vielmehr selbständig und unabhängig vom Verfahren vor dem Versicherungsträger auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz den durch die Klage geltend gemachten sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch zu prüfen. Nach den im Gerichtsverfahren getroffenen Feststellungen hatte der Kl während des Bezugszeitraums des Kinderbetreuungsgeldes keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt, die die damals geltende Zuverdienstgrenze des § 24 Abs 1 Z 3 KBGG objektiv überschritten hätten.

Wie sich im sozialgerichtlichen Verfahren nach der Abgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit herausgestellt hat, war der Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 Satz 2 KBGG somit nicht erfüllt.

Das Erfordernis der persönlichen Mitwirkung der BezieherInnen gem § 31 Abs 2 dritter Fall KBGG wird nur in Ausnahmefällen gegeben sein, da grundsätzlich den Krankenversicherungsträgern von den Finanzbehörden auf Anfrage die Daten für die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte elektronisch übermittelt werden. Die Rückforderung der Krankenversicherungsträger ist demnach auf jene Fälle beschränkt, in denen sie ohne entsprechende Mitwirkung zur Feststellung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nicht in der Lage sind.

Im vorliegenden Fall war der Krankenversicherungsträger vom Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte bereits in Kenntnis, da ihm dieser Betrag durch die Abgabenbehörde mitgeteilt worden war. Nicht klar war im Verwaltungsverfahren nur, ob der Kl die Wahlmöglichkeit der Abgrenzung seiner Einkünfte in Anspruch nehmen wird. Dass der Elternteil von der Wahlmöglichkeit keinen Gebrauch macht, kann aber keine Verletzung einer verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht darstellen.

Der Revision des Kl war daher Folge zu geben.111