Münder/Geiger (Hrsg)Sozialgesetzbuch II. Grundsicherung für Arbeitsuchende – Lehr- und Praxiskommentar

7. Auflage, Nomos Verlag, Baden-Baden 2021, 1.630 Seiten, gebunden, € 69,-

WALTER J.PFEIL

Mit der Grundsicherung für Arbeitslose, geregelt im Zweiten Buch des deutschen Sozialgesetzbuchs (SGB II) und allgemein besser bekannt als „Hartz IV“, sollte die zuvor nach Erschöpfung des Arbeitslosengeldes gebührende Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe, die an arbeitsfähige Personen geleistet wurde, zusammengeführt werden. Da auch in Österreich immer wieder diskutiert wird, die Notstandshilfe abzuschaffen, lohnt sich ein genauerer Blick auf diesen Versuch eines workfare-Modells.

Im Rahmen einer Buchbesprechung kann das natürlich nicht geleistet werden. Etliche Fakten sprechen aber doch dagegen, dass es sich bei SGB II um eine „Erfolgsgeschichte“ handelt: Hier sei nur zum einen daran erinnert, dass die Arbeitslosenraten durch diese Regelungen nicht nachhaltig verringert wurden, sehr wohl aber der Druck auf den Arbeitsmarkt und die in Beschäftigung Stehenden erhöht wurde (was ua einen gesetzlichen Mindestlohn notwendig gemacht hat). Zum anderen musste das Bundesverfassungsgericht immer wieder korrigierend eingreifen (zuletzt etwa im „Sanktionenurteil“ 1 BvL 7/16, dazu etwa A. Leitner, Sanktionen bei Verletzung der Bemühungspflichten im österreichischen Sozialhilferecht im Lichte des Urteils des deutschen Bundesverfassungsgerichts zum SGB II, ZAS 2020, 318 ff).

Wer sich darüber und andere Grundsatz- oder Detailfragen genauer informieren will, wird den vorliegenden Kommentar mit Gewinn zur Hand nehmen. Allein dass dieser nun schon in 7. Auflage erschienen ist, weist ihn als bestens rezipiertes Werk aus. Das hat sicher auch mit dem qualitativ wie quantitativ breit aufgestellten AutorInnenteam zu tun, das ExpertInnen aus der Gerichtsbarkeit, der Verwaltung, der Anwaltschaft und der Wissenschaft umfasst. Dementsprechend versteht sich der umfassende Band auch als „Lehr- und Praxiskommentar“, der in der Tat für die praktische Anwendung ebenso wie für die Ausbildung und die wissenschaftliche Reflexion wertvolle Dienste leistet. Ob er dann auch für Leistungsberechtigte in Betracht kommt (Vorwort, 5), ist allerdings fraglich.

Das liegt aber vor allem an der Komplexität der kommentierten Materie und dem daraus fast zwangsläufig resultierenden Umfang einer sorgfältigen Bearbeitung und nicht an deren Verständlichkeit oder Übersichtlichkeit. Im Gegenteil, klare Struktur nicht zuletzt durch den Einsatz von Randziffern, umfassende Nachweise und ein umfangreiches Stichwortverzeichnis erleichtern den Umgang außerordentlich. Der im Anhang gebotene Überblick des verfahrensrechtlichen Rahmens steigert zudem den praktischen Nutzen. Dieser mag für LeserInnen aus Österreich von geringerer Bedeutung sein, auch für rechtsvergleichende Überlegungen stellt der nun gemeinsam mit dem SozialrichterUdo Geiger herausgegebene Kommentar vonJohannes Münder zum SGB II aber weiterhin eine erste Adresse dar.