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Insolvenz-Entgelt bei befristeten Arbeitsverträgen: nur im Rahmen der gesetzlichen bzw kollektivvertraglichen Kündigungsfristen und -termine

MARGITMADER

Die Kl war von 20.9. bis 9.11.2018 bei der späteren Schuldnerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war mit 20.12.2018 befristet, wurde aber durch zeitwidrige Kündigung des AG bereits mit 9.11.2018 beendet. Die Kl machte ihre offenen Ansprüche, ua auch Kündigungsentschädigung bis zum Ende der Befristung, gerichtlich geltend. Das Verfahren endete am 11.6.2019 mit einem Vergleich. Am 16.8.2019 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Kl beantragte für den Zeitraum 17.11. bis 20.12.2018 Insolvenz-Entgelt in Höhe von € 2.054,- netto als Kündigungsentschädigung bei der IEF-Service GmbH. Die IEF-Service GmbH wies die Kündigungsentschädigung ab.

Das Erstgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl Folge und wies das Klagebegehren ab. Die außerordentliche Revision der Kl wurde mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Nach § 3 Abs 3 IESG sind der Berechnung des Insolvenz-Entgelts für gesicherte Ansprüche nur die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen unter Bedachtnahme auf die Kündigungstermine und die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen zugrunde zu legen. Dies gilt auch für befristete Arbeitsverhältnisse, sofern das Arbeitsverhältnis nicht bereits vorher durch Fristablauf endet.

Zweck dieser Bestimmung ist die Begrenzung der gesicherten Ansprüche. Ausmaß und Dauer der Sicherung soll von Einzelvereinbarungen unabhängig sein. Die Sicherung der Ansprüche soll auf jenes Maß beschränkt werden, das durch gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen vorgegeben ist. Das Ausmaß der gesicherten Ansprüche ist demnach auf den Zeitraum bis zum Ablauf der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen und Kündigungstermine beschränkt. Eine einzelvertraglich vereinbarte Verlängerung der Kündigungsfrist hat keine anspruchserhöhende Wirkung. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung gelten die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen und -termine auch für befristete Arbeitsverhältnisse. Das Insolvenz-Entgelt ist somit unter Zugrundelegung der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfrist und des gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungstermins – unter Vernachlässigung der Befristung – zu berechnen.

Nach dem Wortlaut des § 3 Abs 3 IESG sind sämtliche gesicherten Ansprüche erfasst, deren Berechnung Kündigungsfristen und -termine zugrunde liegen, unabhängig davon, ob ihre Fälligkeit vor oder nach Eintritt des Insolvenztatbestands nach § 1 Abs 1 IESG eingetreten ist. Nach Ansicht des OGH ist ein vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordener Anspruch hinsichtlich der Entgeltsicherung nach § 3 Abs 3 IESG nicht günstiger zu behandeln als ein Entschädigungsanspruch nach § 25 Abs 2 IO.

In der Rsp wurde diese Bestimmung bisher lediglich insofern einschränkend interpretiert, als Ansprüche auf laufendes Entgelt – anders als Schadenersatzansprüche – während einer über das 94gesetzliche Ausmaß hinausgehenden Kündigungsfrist, in welcher der AN tatsächlich noch zur Arbeitsleistung verpflichtet war, nicht der Begrenzung unterliegen. Eine unterschiedliche Behandlung des laufenden Entgelts gekündigter und ungekündigter AN würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der gekündigten AN führen.