Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld bei Beendigung des Dienstverhältnisses vor der Geburt?
Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld bei Beendigung des Dienstverhältnisses vor der Geburt?
Eine DN, nennen wir sie Frau A, arbeitet seit Jahren im selben Unternehmen und verdient ein überdurchschnittlich hohes Entgelt. Frau A erzählt offen von ihrem Kinderwunsch, weshalb sich der Geschäftsführer kurzerhand entschließt, Frau A zu kündigen, bevor eine Schwangerschaft eintritt, bevor Kündigungsschutz und später ein Anspruch auf Elternteilzeit entsteht.
Gem § 3 Z 7 GlBG darf niemand aufgrund des Geschlechts, insb unter Bezugnahme auf den Eheund Familienstand oder den Umstand, dass jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis diskriminiert werden. Gem § 12 Abs 7 GlBG hat die AN ein Wahlrecht, die diskriminierende Kündigung entweder gegen sich gelten zu lassen und Schadenersatz zu fordern, oder die Kündigung anzufechten und ein aufrechtes Dienstverhältnis zu begehren.
Frau A entscheidet sich aufgrund verschiedener Überlegungen (überdurchschnittliches Einkommen, Anspruch auf Elternteilzeit, etc) für die Geltendmachung des aufrechten Dienstverhältnisses. Frau A ficht die Kündigung an und begehrt am Arbeitsund Sozialgericht gem § 12 Abs 7 GlBG ein aufrechtes Dienstverhältnis. Kurze Zeit später wird Frau A schwanger. Wochengeld erhält Frau A auf Basis des zwischenzeitlich bezogenen Arbeitslosengeldes. Zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ist das arbeitsgerichtliche Verfahren noch anhängig. Frau A, die aufgrund ihres höheren Einkommens höhere Fixkosten bestreiten muss, möchte Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens („einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld“ – idF „ea KBG“) gem § 24 ff KBGG beantragen. Auf Anfrage wird ihr vom zuständigen Sozialversicherungsträger mitgeteilt, dass sie keinen Anspruch auf ea KBG hat, da sie in den letzten 182 Tagen vor der Geburt nicht durchgehend erwerbstätig gewesen sei und dass im Fall der Antragstellung ein negativer Bescheid ergehen wird. Die Klage von Frau A ist zwar erfolgreich, das Urteil, mit dem die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt wird, ergeht jedoch erst ein Jahr nach der Geburt des Kindes.
Frau A wird nicht aus diskriminierenden Motiven gekündigt, sondern wird entgegen § 3 AVRAG aufgrund eines Betriebsübergangs gekündigt. Sie klagt die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses beim Erwerber (erfolgreich) ein. Das Urteil, mit dem sie ihr aufrechtes Dienstverhältnis erstreitet, ergeht jedoch erst ein Jahr nach der Geburt des Kindes.
Lösung
Die arbeitsrechtliche Folge des (später) erfolgreichen Anfechtungsverfahrens ist klar; die Kündigung wird (ex tunc) für rechtsunwirksam erklärt, das Dienstverhältnis ist aufrecht. Die Abmeldung der DN wird korrigiert, das Entgelt muss bis zum 354 Beginn des Beschäftigungsverbots nachbezahlt werden. Das zwischenzeitlich bezogene Arbeitslosengeld wird vom Arbeitsmarktservice (AMS) zurückgefordert. Das KBGG trifft für diesen Fall des rückwirkend aufrecht erklärten Dienstverhältnisses aber keine explizite Regelung.
Kann Frau A ea KBG beziehen?
§ 24 Abs 1 KBGG regelt den Anspruch auf ea KBG, sofern dieser Elternteil die Anspruchsvoraus setzungen gem § 2 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 5 KBGG erfüllt und dieser Elternteil in den letzten 182 Kalendertagen unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gem Abs 2 war, sowie in diesem Zeitpunkt keine Leistung aus der AlV erhalten hat, wobei Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Tagen nicht anspruchsschädigend wirken. § 24 Abs 2 KBGG definiert den Begriff „erwerbstätig“ dahingehend, dass darunter die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (kranken- und pensionsversicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit zu verstehen ist. Den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ist dazu zu entnehmen: „[...] Zusätzlich steht das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nur vor der Geburt tatsächlich erwerbstätigen Eltern offen. Dabei muss es sich um eine in Österreich sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit handeln, eine Selbstversicherung, freiwillige Weiterversicherung, Mitversicherung etc. reicht nicht aus. [...]“1) Der Gesetzgeber beabsichtigte daher, das ea KBG grundsätzlich nur tatsächlich erwerbstätigen Eltern zu ermöglichen. Das Erwerbstätigkeitserfordernis wurde aufgenommen, um potentiellen Missbrauch hintanzuhalten.
Gem § 24 Abs 2 KBGG gelten als der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt die Zeiten einer vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 182 Tage andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG 1979 oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 182 Tage andauernden Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Bezug des ea KBG im Fall von Frau A mehrfach scheitert: Zum einen liegt zum Zeitpunkt der Geburt bzw in den Wochen nach der Geburt (noch) kein aufrechtes Dienstverhältnis vor, da das arbeitsgerichtliche Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet ist. Dies ist jedoch der Zeitpunkt, zu dem Frau A den Antrag auf Kinderbetreuungsgeld stellen muss, da sie spätestens mit Ablauf des Wochengeldes die Leistungen und den Versicherungsschutz aus dem Kinderbetreuungsgeld für sich und das Kind benötigt. Das diskriminierend beendete Dienstverhältnis ist zu diesem Zeitpunkt aber noch schwebend wirksam beendet und lebt erst durch das rechtskräftige Urteil wieder auf, mit dem die Kündigung rechtsunwirksam erklärt wird. Des Weiteren konnte Frau A gar nicht 182 Tage vor der Geburt „tatsächlich“ arbeiten, da sie nach dem Ende der Kündigungsfrist von der SV abgemeldet wurde und – mangels neuer Beschäftigung – bis zum Beginn der Schutzfrist Arbeitslosengeld bezogen hat.
Im Falle der Rückabwicklung nach der erfolgreichen Anfechtung wird das Arbeitslosengeld freilich zurückgefordert und das Entgelt bis zum Beginn der Schutzfrist bezahlt. Sozialversicherungsrechtlich liegt daher nach der erfolgreichen Anfechtung rückwirkend eine kranken- und pensionsversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit vor.
Zum Erfordernis der Erwerbstätigkeit hat der OGH in einigen Entscheidungen bereits Stellung genommen. In einer E des OGH wurde klargestellt, dass Zeiten der Erwerbstätigkeit vor der Geburt nicht mit Zeiten der Erwerbstätigkeit vor einer früheren Geburt zusammenzurechnen sind, sondern nur Erwerbstätigkeit oder einer Erwerbstätigkeit gleichgestellte Zeiten vor der Geburt jenes Kindes, für welches Kinderbetreuungsgeld beantragt wird, relevant sind.* Keine „tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen (kranken- und sozialversicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit“ liegt während dem Bezug einer Urlaubsersatzleistung vor,* ebenso wie bei Zeiten eines Krankenstandes ohne arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlung.* Auch der Präsenzdienst wurde vom OGH nicht als tatsächliche Ausübung einer in Österreich kranken- und pensionsversicherungspflichtigen Tätigkeit qualifiziert.* Im Fall einer Rechtsanwältin, die sich vier Wochen vor der Geburt aus der Liste der Rechtsanwälte in Wien streichen ließ – wohl um nicht mehr die durchaus hohen Beiträge an die Rechtsanwaltskammer bezahlen zu müssen –, verneinte der OGH ebenfalls den Anspruch auf ea KBG, obwohl die Rechtsanwältin Wochengeld aus der Gruppenversicherung bezog und argumentierte, dass eine Möglichkeit der Ruhendstellung der Mitgliedschaft nach der Rechtanwaltsordnung gar nicht besteht.* Der OGH führte aus, dass in diesem 355 Fall keine Erwerbstätigkeit zum Zeitpunkt der Geburt vorlag, sondern der Sachverhalt vielmehr mit einer Wochengeldbezieherin vergleichbar sei, deren Dienstverhältnis vor der Geburt geendet hat. Im Fall eines Kl, der aufgrund der Eröffnung der Insolvenz seinen berechtigten vorzeitigen Austritt gem § 25 IO erklärt hatte und in weiterer Folge Kündigungsentschädigung von der IEF Service GmbH bezog, entschied der OGH, dass auch die Zeiten einer Kündigungsentschädigung keine „tatsächliche Ausübung“ einer Erwerbstätigkeit darstellen.* Warum der OGH im Fall einer Kündigungsentschädigung beispielsweise keine tatsächliche Erwerbsausübung annimmt, ist mE nicht nachvollziehbar. Die Kündigungsentschädigung stellt einen Schadenersatz bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin dar. Im Fall einer fristwidrigen, terminwidrigen oder rechtsunwirksamen Kündigung oder auch unberechtigten Entlassung soll der AN so gestellt werden, wie er bei ordnungsgemäßer Kündigung gestellt gewesen wäre. In solchen Fällen werden Sozialversicherungsbeiträge für den gesamten Zeitraum abgeführt und ein allfällig bezogenes Arbeitslosenentgelt rückgefordert. Eine fristwidrige oder rechtsunwirksame Beendigung des Dienstverhältnisses liegt nicht in der Sphäre des AN, ebenso wenig wie eine Insolvenz des AG und sollte dem AN nicht zum Nachteil gereichen.
Im Fall eines Beamten, der während des 182 Tage-Beobachtungszeitraums 21 Tage aufgrund der Inanspruchnahme eines „Sabbaticals“ gem § 78e Abs 1 BDG 1979 freigestellt war, entschied der OGH jedoch, dass eine Freistellung in diesem Fall einer „tatsächlichen Erwerbsausübung“ nicht im Wege steht. Im gegenständlichen Fall blieben Dienstverhältnis, Pflichtversicherung und – auf den gesamten Rahmenzeitraum umgerechnet – der Gehaltsanspruch aufrecht. Erklärend führte der OGH aus, dass der Gesetzgeber durch die Forderung, dass eine Erwerbstätigkeit im Beobachtungszeitraum „tatsächlich“ ausgeübt werden soll, Missbrauch durch die Ausübung einer bloßen Scheinerwerbstätigkeit verhindern wollte.* Diesen Intentionen widerspreche es nicht, wenn ein Beamter während einer sechs bis höchstens zwölf Monate dauernden Phase der Dienstfreistellung faktisch keine Dienstleistung erbringen darf und dafür während des gesamten Rahmenzeitraums von zwei bis maximal fünf Jahren auf einen Teil seines Grundgehalts verzichte.* In einer jüngsten E* entschied der OGH, dass eine tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit vorliegt, auch wenn die DN im 182 Tage- Beobachtungszeitraum dienstfrei gestellt war. Auch in diesem Fall hat der zuständige Sozialversicherungsträger den Antrag auf ea KBG zunächst abgelehnt, und zwar mit der Begründung, dass die Kl die Anspruchsvoraussetzung der tatsächlichen Ausübung der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nicht erfülle. Der OGH stellte aber klar, dass „tatsächliche Erwerbstätigkeit“ nicht bedeutet, dass die Erwerbstätigkeit „tatsächlich“ (also Tag für Tag) und durchgehend ausgeübt und „faktisch an den Tag gelegt“ werden muss. Eine darüberhinausgehende Bedeutung in dem Sinn, dass nur eine „physische“ Arbeitstätigkeit (Tag für Tag) im Rahmen des Arbeitsvertrags den Tatbestand der tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit im Beobachtungszeitraum erfüllen kann, kommt dem Begriff „tatsächlich“ nach diesem Erkenntnis nicht zu. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob sich der Elternteil im Erwerbsleben befand und für die von ihm ausgeübte Erwerbstätigkeit Sozialversicherungsbeiträge abzuführen waren.*
Mit dieser jüngsten E und der Argumentation des OGH lässt sich mE die frühere Judikatur, wonach der Zeitraum, für den eine Kündigungsentschädigung oder Urlaubsersatzleistung gewährt wird, nicht als tatsächliche Erwerbstätigkeit gelten soll, nicht mehr in Einklang bringen, es sei denn, man unterstellt dem OGH, dass es letztlich nicht auf die Sozialversicherungspflicht, sondern auf das aufrechte Dienstverhältnis ankommen soll, welches bei einer Kündigungsentschädigung oder Urlaubsersatzleistung jedenfalls nicht vorliegt. Diese Unterscheidung ist mE aber jedenfalls kritikwürdig, beabsichtigte doch der Gesetzgeber, mit dem Erwerbstätigkeitserfordernis lediglich dem Missbrauch durch Scheinerwerbstätigkeit zu begegnen (ErläutRV 1522 BlgNR 24. GP 4) und nicht arbeitenden Frauen, deren Dienstverhältnis aus welchen Gründen auch immer kurz vor der Geburt endet, den Anspruch auf ea KBG zu nehmen.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung von Frau A ist das Erfordernis der Erwerbstätigkeit (noch) nicht gegeben.
Durch die Rückabwicklung der Beendigung des Dienstverhältnisses ist das Dienstverhältnis von Frau A zum Zeitpunkt der Geburt (rückwirkend) aufrecht. Das Arbeitslosengeld, das sie bezogen hat, wird vom AMS infolge des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses und der Nachzahlung des vollen Entgelts zurückgefordert. Mit dieser Rückabwicklung ist das zweite Hindernis, der Bezug des Arbeitslosengeldes im 182 Tage-Beobachtungszeitraum, (rückwirkend) beseitigt. Nach den vom OGH in der E vom 26.2.2021, 10 ObS 5/21i, festgelegten Grundsätzen ist auch der Argumentation des Sozialversicherungsträgers, dass der Anspruch auf ea KBG mangels „tatsächlicher“ Beschäftigung nicht gegeben sei, die Grundlage genommen. Wie der OGH unmissverständlich festgestellt hat, kommt es nicht auf eine faktische „physische“ Tätigkeit (Tag für Tag) an. Der OGH führte im Anlassfall aus, dass sich schon aufgrund des Umstandes, dass Zeiten des Erholungsurlaubs und der Krankheit (unter der Voraussetzung, dass Entgelt und SV aufrecht bleiben) nach dem Willen des Gesetzgebers keine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit im Beobachtungszeitraum darstellen, ergibt, dass der Begriff „tatsächlich“ nicht iS einer konkreten Ausübung einer Arbeitsleistung innerhalb der vereinbarten 356 Arbeitszeit und am vereinbarten Arbeitsort gemeint sein kann. Nach diesem Grundsatz kommt es daher neben dem aufrechten Dienstverhältnis auf die Entgeltfortzahlung und die Sozialversicherungspflicht an. Diese Meinung findet sich im Übrigen auch in der überwiegenden Lehre.*
Nachdem in Folge der Rückabwicklung der Beendigung des Dienstverhältnisses das Dienstverhältnis von Frau A aufrecht ist und dafür auch Entgelt bezahlt wird und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden, sind die Voraussetzungen des ea KBG bei Frau A also nachträglich alle gegeben. Nachdem – wie der OGH nunmehr klargestellt hat – eine tatsächliche (iS von faktische) Arbeitsleistung „Tag für Tag“ nicht gegeben sein muss, kann auch die zwischenzeitliche (vorübergehende) Beendigung des Dienstverhältnisses, die später für rechtsunwirksam erklärt wurde, mE nicht anspruchshindernd sein. Ein Unterschied zu jenen Sachverhalten, bei welchen zwar auch eine Sozialversicherungspflicht besteht, dennoch aber bisher durch den OGH keine „tatsächliche Erwerbstätigkeit“ bejaht wurde (wie etwa Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung), besteht überdies darin, dass in diesen Fällen das Arbeitsverhältnis faktisch und vor allem dauerhaft beendet ist, während beim rückabgewickelten (vorübergehend beendeten) Dienstverhältnis das Dienstverhältnis letztendlich durch Rechtsgestaltungsurteil wieder aufrecht ist. Es kann mE Frau A nicht zum Nachteil gereichen, dass der AG sie durch eine zB diskriminierende Kündigung an der faktischen Erbringung der Arbeitsleistung hindert.
Genau wie bei der Dienstfreistellung, die dem AG jederzeit bei vollen Bezügen freisteht und die der AN – abgesehen von wenigen Ausnahmefällen – nicht bekämpfen kann, da ein generelles Recht auf tatsächliche Beschäftigung in Österreich nicht besteht, kann es auch bei einer diskriminierenden (oder sonstigen) Beendigung des Dienstverhältnisses durch den AG, die später rechtsunwirksam erklärt wird, nicht auf eine faktische Erbringung einer Arbeitsleistung ankommen, sondern lediglich auf den (rückwirkend) aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Sozialversicherungspflicht.
Konsequenterweise muss daher mE auch im Fall des aufrechten Dienstverhältnisses von Frau A, welches zwischenzeitlich durch die diskriminierende Beendigung zwar (schwebend wirksam) beendet war, aber letztlich durch Rechtsgestaltung wieder aufrecht ist, der Anspruch auf das ea KBG bejaht werden.
Der Antrag auf Kinderbetreuungsgeld muss spätestens binnen sechs Monaten gestellt werden, da gem § 4 Abs 2 KBGG das Kinderbetreuungsgeld maximal 182 Tage rückwirkend ausbezahlt wird. Ein späterer Umstieg von der Pauschalvariante als Konto auf die einkommensabhängige Variante ist nicht möglich. Typischerweise ist zum Zeitpunkt der Antragstellung, die üblicherweise zeitnah nach der Geburt erfolgt, um den Versicherungsschutz von Mutter und Kind zu gewährleisten, das arbeitsgerichtliche Verfahren aber noch anhängig.
Beantragt Frau A zu diesem Zeitpunkt ea KBG wird ihr Antrag mangels aufrechten Dienstverhältnisses bzw mangels tatsächlicher Erwerbstätigkeit und wegen des Bezugs von Leistungen aus der AlV abgewiesen werden.
Da Frau A aber – selbst, wenn sie die finanziellen Mittel zur Überbrückung hätte, was typischerweise nicht der Fall ist – nicht länger als sechs Monate mit der Antragstellung warten kann, ist sie gezwungen, den Antrag auf Kinderbetreuungsgeld bei noch laufendem Gerichtsverfahren zu stellen. Ihre Wahl der Kinderbetreuungsgeld-Variante bindet nicht nur den zweiten Elternteil, sondern ist auch für sie selbst dauerhaft bindend. Ein späterer Umstieg vom gewählten Einkommensersatzsystem auf das Kontosystem ist seit den Änderungen durch BGBl I 2016/53nicht mehr vorgesehen und aufgrund der Inkompatibilität der Systeme auch nicht möglich.* Ein Umstieg ist nur binnen 14 Tagen ab Antragstellung einmalig möglich.
Gem § 24d KBGG besteht die Möglichkeit, Sonderleistungen zu beantragen. Sonderleistung I in Höhe von € 33,88 täglich kann für jenen Fall beantragt werden, in welchem das ea KBG mangels des Erfüllens der Voraussetzungen des § 24d Abs 1 Z 2 KBGG abgelehnt wurde. Wird allerdings Sonderleistung I beantragt, so erfolgt gleichzeitig das Anerkenntnis über die niedrige Berechnung des Kinderbetreuungsgeldes, die Nichterfüllung des Erwerbstätigkeitserfordernisses und die Nichteinhaltung der Verpflichtung, im 182 Tage-Zeitraum kein Arbeitslosengeld bezogen zu haben. Gleichzeitig wird auf die Bescheiderstellung unwiderruflich verzichtet, sodass eine Rückabwicklung mE schon faktisch nicht mehr möglich ist.*
Für den Fall, dass Frau A nicht die Sonderleistung I beantragt, sondern einen ablehnenden Bescheid, 357 der sich ausschließlich auf das (zum Zeitpunkt der Antragstellung noch) fehlende Erwerbstätigkeitserfordernis stützt, mittels Klage bekämpft, wurde die Sonderleistung II eingeführt (§ 24d Abs 2 KBGG). Allerdings ist fraglich, ob Sonderleistung II im Fall von Frau A zuerkannt wird, da Sonderleistung II nur dann gewährt wird, wenn außer dem (strittigen) Erwerbstätigkeitserfordernis alle Voraussetzungen erfüllt sind, was auch das Erfordernis des Nichtbezugs von Leistungen aus der AlV beinhaltet.* Da Frau A zwischen der diskriminierenden Beendigung ihres Dienstverhältnisses und dem Beschäftigungsverbot Arbeitslosengeld bezogen hat, dürfte auch die Sonderleistung II in dieser Konstellation zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Nachteil der Sonderleistungen ist auch, dass für sie die (niedrigere) Zuverdienstgrenze des ea KBG (§ 24 Abs 1 Z 3 KBGG) zur Anwendung kommt.
Gem § 25a KBGG iVm § 360 ASVG ist für das Kinderbetreuungsgeldverfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) anwendbar. Denkbar wäre daher, das ea KBG zu beantragen und in weiterer Folge das Ermittlungsverfahren bis zur Beendigung des arbeitsgerichtlichen Anfechtungsverfahrens gem § 38 AVG auszusetzen. Die Behörde hat die Möglichkeit, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird. Auf eine solche Aussetzung des Ermittlungsverfahrens hat die Partei aber keinen Anspruch und wäre Frau A auf die Kooperation der Behörde angewiesen. Wiederum hätte Frau A das Problem, dass Sie zwischenzeitlich keine Leistungen erhält und auch kein Versicherungsschutz besteht.
Weigert sich die Behörde, das Ermittlungsverfahren auszusetzen und ergeht ein ablehnender Bescheid, bevor das Gerichtsverfahren entschieden ist, kommt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG in Betracht. Frau A könnte die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen, wenn das arbeitsgerichtliche Verfahren entschieden ist. Einem Antrag auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens, gegen den ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist, ist stattzugeben, wenn der Bescheid gem § 38 AVG von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde. Gem § 24d KBGG könnte Frau A in der Zwischenzeit Sonderleistung II beantragen, die jedoch, wie oben ausgeführt, aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld unter Umständen nicht zuerkannt wird.
Insgesamt scheitert die Rechtsdurchsetzung daher an der zeitlichen Komponente: Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist kein geeignetes Mittel, wenn die betroffene DN A aufgrund von finanziellen Umständen zwischenzeitlich gezwungen war, Sonderleistung I zu beantragen und damit auf die weitere Bescheiderlassung verzichtet hat. Wenn Sonderleistung II in der Zwischenzeit wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld im 182 Tage-Beobachtungszeitraum nicht zuerkannt wird und Sonderleistung I wegen des Anerkenntnisses der niedrigen Berechnung und aufgrund des Verzichts auf die Bescheiderlassung nicht in Frage kommt, stellt sich unweigerlich die Frage, wovon Frau A bis zur Beendigung des Verfahrens leben soll und wie Frau A und ihr Kind versichert sein sollen (wenn etwa ein zweiter Elternteil zur Mitversicherung und zwischenzeitlichen Versorgung nicht vorhanden ist). Im Fall der Aussetzung des Verwaltungsverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtsverfahrens stellt sich dasselbe Problem.
In der Praxis sind diese Möglichkeiten daher nur theoretischer Natur, denn kaum eine AN hat die Mittel, bis zur Beendigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ohne Leistungen aus dem Kinderbetreuungsgeld und ohne die damit einhergehende Versicherung auszukommen. Typischerweise kommt es daher gar nicht zur Bescheidbekämpfung, sondern entscheiden sich die Betroffenen nach entsprechender Beratung gleich gegen den Antrag auf ea KBG.
Möglich wäre es, bei diskriminierender Beendigung das im GlBG normierte Wahlrecht anders auszuüben und statt des aufrechten Dienstverhältnisses Schadenersatz zu begehren. Allerdings stellen sich auch hier ungeklärte Fragen: Wie lange wäre der DG zum Schadenersatz verpflichtet? Könnte Schadenersatz auch für den Zeitraum der nächsten Schwangerschaft noch zugesprochen werden?
Das GlBG sieht keinen begrenzten Zeitraum vor, in dem der AG zum Schadenersatz verpflichtet ist. Bis dato ist von der Judikatur aber noch nicht abschließend geklärt, ob Schadenersatz nach dem GlBG für die diskriminierende Beendigung zeitlich begrenzt sein kann. Betrachtet man die Rechtsfolgen von unberechtigten Beendigungen bei bestandsgeschützten Dienstverhältnissen, wie etwa Betriebsratsmitgliedern, begünstigten Behinderten oder Schwangeren, findet man unterschiedliche Regelungen vor. Begünstigte Behinderte haben nach der Judikatur für den Fall der unberechtigten Beendigung lediglich Anspruch auf Schadenersatz für eine sechsmonatige Kündigungsfrist,* während AN in Elternteilzeit oder schwangere AN Kündigungsentschädigung für die gesamte Zeit des Kündigungsschutzes bis zum nächsten möglichen Kündigungstermin geltend machen können. Betriebsratsmitglieder hingegen können, wenn sie unberechtigt entlassen werden, Schadenersatz nur 358 für die normale Kündigungsfrist und den ordnungsgemäßen Termin geltend machen, geht doch die Rsp davon aus, dass der BR damit auf die Vertretung der Belegschaft verzichtet.* Es stellt sich auch die Frage, ob es Frau A zum Nachteil gereichen kann, wenn sie nicht das aufrechte Dienstverhältnis begehrt hat, sondern die Kündigung gegen sich gelten lässt und gar nicht erst versucht, das ea KBG zu erstreiten.
Die Auslegung von § 12 Abs 7 GlBG im Hinblick auf die Höhe des Vermögensschadens ist von der Rsp noch nicht abschließend geklärt, sodass noch nicht absehbar ist, ob sich die Judikatur dahingehend weiterentwickelt, dass der Vermögensschadenersatz der Wiedereinstellung völlig gleichgestellt wird und ein zeitlich unbegrenzter Schadenersatz, der nur durch Anrechnung von anderweitigem Einkommen begrenzt wird, zusteht, oder ob die Judikatur die Beweisführung des AG zulässt, dass der AG eine Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt jedenfalls diskriminierungsfrei aussprechen hätte können.* ME wollte der Gesetzgeber durch die Nichtregelung einer zeitlichen Grenze, dass diskriminierte DN bei diskriminierenden Beendigungen den Vermögensschaden zeitlich unbegrenzt geltend machen können, was wohl auch zur Folge hat, dass auch ein zurechenbarer Folgeschaden, wie zB das ea KBG für ein weiteres Kind, als Vermögensschaden ersatzfähig ist.
Wird das Wahlrecht hingegen anders ausgeübt und die Kündigung angefochten, kann ein darüberhinausgehender Vermögensschaden nach dem derzeitigen Wortlaut des GlBG nach hM nicht geltend gemacht werden. Abgesehen vom eindeutigen Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber in den Materialien deutlich ausgeführt, dass der Schadenersatz nur im Falle der Nichtanfechtung zusteht und die Anfechtung den Schadenersatzanspruch ausschließt.* Bei erfolgreicher Anfechtung hat eine AN zwar Anspruch auf Nachzahlung des Entgelts, kann aber – nach dem Wortlaut des Gesetzes – keinen darüberhinausgehenden Vermögensschaden geltend machen. Von einem tatsächlichen und wirksamen Ausgleich des Schadens kann jedoch mE nur gesprochen werden, wenn auch dieser weitere Vermögensschaden ersatzfähig ist.
Wird das Wahlrecht hingegen anders ausgeübt und die Kündigung angefochten, kann ein darüberhinausgehender Vermögensschaden nach dem derzeitigen Wortlaut des GlBG nach hM nicht geltend gemacht werden. Abgesehen vom eindeutigen Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber in den Materialien deutlich ausgeführt, dass der Schadenersatz nur im Falle der Nichtanfechtung zusteht und die Anfechtung den Schadenersatzanspruch ausschließt.* Bei erfolgreicher Anfechtung hat eine AN zwar Anspruch auf Nachzahlung des Entgelts, kann aber – nach dem Wortlaut des Gesetzes – keinen darüberhinausgehenden Vermögensschaden geltend machen. Von einem tatsächlichen und wirksamen Ausgleich des Schadens kann jedoch mE nur gesprochen werden, wenn auch dieser weitere Vermögensschaden ersatzfähig ist.
Wird das Wahlrecht hingegen anders ausgeübt und die Kündigung angefochten, kann ein darüberhinausgehender Vermögensschaden nach dem derzeitigen Wortlaut des GlBG nach hM nicht geltend gemacht werden. Abgesehen vom eindeutigen Gesetzeswortlaut hat der Gesetzgeber in den Materialien deutlich ausgeführt, dass der Schadenersatz nur im Falle der Nichtanfechtung zusteht und die Anfechtung den Schadenersatzanspruch ausschließt.* Bei erfolgreicher Anfechtung hat eine AN zwar Anspruch auf Nachzahlung des Entgelts, kann aber – nach dem Wortlaut des Gesetzes – keinen darüberhinausgehenden Vermögensschaden geltend machen. Von einem tatsächlichen und wirksamen Ausgleich des Schadens kann jedoch mE nur gesprochen werden, wenn auch dieser weitere Vermögensschaden ersatzfähig ist.
In der Literatur wird teilweise vertreten, dass beim Fehlen eines Schadenersatzanspruchs im Fall der Anfechtung eine unionsrechtswidrige Regelungslücke vorliegt.* Nach Art 18 Gleichbehandlungs-RL 2006/54/EG haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Schaden, der durch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts entsteht, tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder ersetzt wird. Unterstellt man dem österreichischen Gesetzgeber, dass er die Richtlinie vollständig umsetzen wollte und geht man von einer echten planwidrigen Lücke aus, könnte diese mittels Analogie richtlinienkonform geschlossen und ein Schadenersatzanspruch bejaht werden.* In diesem Fall hätte die diskriminierte AN auch einen Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens, zB die Differenz zum ea KBG.* Dieser Ansicht erteilte der OGH aber bereits bezüglich des immateriellen Schadenersatzes in einer Entscheidung aus dem Jahr 2014 eine klare Absage. Der OGH vertrat die Ansicht, dass vom Vorliegen einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Lücke (mit Verweis auf Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 12 Rz 94 ff) jedenfalls seit der GlBG-Novelle BGBl I 2008/98, aber auch der bloßen Änderung des § 18c B-GlBG durch die Novelle BGBl I 2009/153 nicht mehr ausgegangen werden kann und für eine richtlinienkonforme Interpretation kein Raum bleibt.* Im B-GlBG wurde im Unterschied zum GlBG der immaterielle Schadenersatzanspruch zusätzlich zur Anfechtung aufgenommen.
ME kommt aber sehr wohl ein Schadenersatzanspruch zusätzlich zum aufrechten Dienstverhältnis für rechtswidrig und schuldhaft verursachte Schäden nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen in Frage. Ein solcher wurde allerdings in der bisherigen Judikatur im Wesentlichen mit dem Argument, dass das GlBG zu § 1295 ff ABGB lex specialis und lex posterior sei und die allgemeinen zivilrechtlichen Schadenersatzregelungen verdränge, abgelehnt.*
Allenfalls bliebe den Betroffenen noch als ultima ratio die Staatshaftung, da nach den Regelungen des GlBG die Nachteile, die durch eine diskriminierende Beendigung des Dienstverhältnisses entstehen, bei der Anfechtung der diskriminierenden Beendigung nicht entsprechend den Vorgaben des Unionsrechts ausgeglichen werden und somit die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde.* ME ist aber auch die Geltendmachung eines Staatshaftungsanspruchs keine zumutbare Lösung für die Betroffenen.
Derselbe Fall tritt etwa ein, wenn ein befristetes Dienstverhältnis aus diskriminierenden Gründen nicht verlängert wird, weil etwa eine Schwangerschaft eingetreten ist oder angekündigt wurde. In diesem Fall hat die betroffene DN die Möglichkeit, die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses einzuklagen. Weiters kann das Dienstverhältnis auch aufgrund eines anderen Diskriminierungsmerkmals (beispielsweise ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, sexuelle Ausrichtung, etc) diskriminierend beendet werden und die Anfechtung zufällig mit einer Schwangerschaft oder dem Antrag auf ea KBG zusammenfallen. Die Kündigung einer schwangeren DN ohne Zustimmung des Gerichts (etwa weil der DG von der Schwangerschaft noch nichts wusste oder die rechtzeitige Meldung der Schwangerschaft strittig ist) kann eine DN in dieselbe Situation bringen. 359
Frau A wird in diesem Fall nicht aufgrund eines diskriminierenden Motivs gekündigt, sondern aufgrund eines Betriebsübergangs. Wird ein solcher bejaht und wurde die Kündigung aufgrund des Betriebsübergangs ausgesprochen, wird Frau A die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses erstreiten. Auch in diesem Fall dauert das Verfahren länger, als die Antragsfrist für das eA KBG läuft.
In diesem Fall ist das GlBG nicht anwendbar und die Geltendmachung von Schadenersatz nach dem GlBG scheidet aus. Frau A bliebe in diesem Fall nur der Weg, Sonderleistung I oder II zu beantragen und den Bescheid im Verwaltungsverfahren zu bekämpfen und das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auszusetzen.
Möglich wäre mE aber in diesem Fall, Schadenersatz nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen geltend zu machen, da das GlBG, dessen Schadenersatzbestimmungen die allgemeinen zivilrechtlichen Schadenersatzbestimmungen als lex spezialis verdrängen könnte, in einer solchen Konstellation gar nicht anwendbar ist. Bis dato fehlt allerdings Judikatur zu diesem Thema.
Es sind auch ähnliche Sachverhalte ohne diskriminierenden Hintergrund denkbar: Liegt etwa ein unzulässiges Kettendienstverhältnis vor, dessen sachliche Rechtfertigung strittig ist, entsteht im Fall einer Schwangerschaft dieselbe Situation. Auch eine ungerechtfertigte Entlassung beendet das Arbeitsverhältnis sofort und das aufrechte Dienstverhältnis muss erst eingeklagt werden (sofern Anfechtungsgründe vorliegen). Im Fall der Kündigung einer begünstigten behinderten AN (ohne Zustimmung des Behindertenausschusses) ist es jedenfalls auch möglich, das aufrechte Dienstverhältnis einzuklagen und es kann – sollte eine Schwangerschaft eintreten – dieselbe Situation entstehen. Auch bei rechtsunwirksamen Kündigungen, weil beispielsweise das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren nicht eingehalten wurde, kann im Ergebnis im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder bei Vätern im Zusammenhang mit dem Antrag auf Kinderbetreuungsgeld dieselbe Problematik auftreten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine sinnvolle – für Betroffene zumutbare – Lösung des Problems nach derzeitiger Rechtslage fehlt. Um dieser Problematik sinnvoll begegnen zu können und für die Betroffenen Rechtssicherheit zu schaffen, ist der Gesetzgeber dringend gefordert, eine entsprechende praktikable Lösung zu schaffen.
Möglich wäre zB die Einführung einer Umstiegsmöglichkeit nach Abschluss eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens unter Anrechnung der bisherigen Leistungen oder die Auszahlung einer Vorausleistung in Höhe der alternativ zu wählenden Kontovariante, ähnlich wie etwa im Fall der gerichtlichen Bekämpfung einer Entlassung ein Vorschuss auf die Kündigungsentschädigung vom AMS gewährt werden kann (§ 16 Abs 2 AlVG).
Denkbar wäre auch, das Modell mit den Sonderleistungen gem § 24d KBGG zu überarbeiten. In diesem Fall müsste Vorsorge getroffen werden, dass der Bezug von Arbeitslosengeld vor dem Beschäftigungsverbot nicht anspruchsvernichtend wirkt, wenn dieses ohnedies später zurückzuzahlen ist. Insgesamt erschließt sich auch nicht, warum für die Sonderleistungen, die in der Höhe der höchsten Kontovariante ausbezahlt werden, die Zuverdienstgrenze des ea KBG herangezogen wird. Auch in diesem Punkt besteht mE Korrekturbedarf.
Alternativ könnte auch noch im GlBG explizit geregelt werden, dass im Fall von diskriminierenden Beendigungen zusätzlich zum Anspruch auf aufrechtes Dienstverhältnis ein Anspruch auf Schadenersatz für sozialrechtliche Nachteile, wie etwa niedrigere Leistungen bei Kinderbetreuungsgeld oder Wochengeld, besteht. Eine derartige Anpassung des GlBG wäre aber wiederum nur für diskriminierende Kündigungen nach dem GlBG eine Lösung, nicht aber für ähnlich gelagerte Sachverhalte außerhalb dessen Anwendungsbereichs.
Möglich wäre auch, dass der OGH seine Judikaturlinie, dass eine tatsächliche (iS von faktische) Arbeitsleistung „Tag für Tag“ im 182 Tage-Zeitraum nicht gegeben sein muss, weiterentwickelt und ausschließlich darauf abstellt, ob eine sozialversicherungspflichtige Beitragszeit vorliegt. Umstände, die nicht der AN zu vertreten hat, wie Insolvenz, Dienstfreistellung oder unrechtmäßige Beendigung des Dienstverhältnisses, müssten dabei außer Acht bleiben. Konsequenterweise müsste der OGH auch zum Ergebnis kommen, dass die Anspruchsvoraussetzungen auch bei einer rückabgewickelten Beendigung des Dienstverhältnisses vorliegen.
Durch die derzeit starren und unflexiblen Regelungen zum ea KBG wird der eigentliche Zweck des ea KBG geradezu vereitelt. Sinn der Einführung des ea KBG war es, besserverdienenden Eltern die Möglichkeit zu geben, ihren Lebensstandard zu halten, auch wenn sie sich für eine kurze Zeit aus dem Erwerbsleben zurückziehen. Dabei wird aber davon ausgegangen, dass Frauen nach dem ersten Geburtstag des Kindes wieder arbeiten, dh durch eine kürzere Babypause den Berufsverlauf weniger lang unterbrechen und auch wieder Beiträge ins Sozialversicherungssystem einzahlen. Frauen, die durch derartig unflexible Regelungen nicht die Möglichkeit bekommen, das ea KBG zu beziehen, entscheiden sich tendenziell aber für eine längere Babypause und die Inanspruchnahme des Kontomodells – allein deshalb, weil die langwierige und unsichere Rechtsdurchsetzung unzumutbar ist. Neben den massiven finanziellen Nachteilen, die den Betroffenen entstehen, kann dies insgesamt die Rückkehr ins Erwerbsleben erschweren und hat langfristige, negative Auswirkungen auf den weiteren Berufsverlauf. 360