Steuerung im Gesundheitswesen durch Vertragspartnerrecht*

RUDOLFMOSLER (SALZBURG)
Das österreichische Gesundheitswesen ist durch eine hohe Zersplitterung der Zuständigkeiten geprägt. Durch mehrere Gesundheitsreformen wurde versucht, eine zentrale Planung und Steuerung einzurichten. Diese ist allerdings äußerst komplex, nur zT verbindlich und mit gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken konfrontiert. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Abstimmung mit der Stellenplanung des Vertragspartnerrechts. Der folgende Beitrag geht auf einige grundlegende Steuerungsfragen ein, insb auf das Verhältnis zum Vertragspartnerrecht.
  1. Einleitung

  2. Allgemeines zur Steuerung im Gesundheitswesen

  3. Großgeräteplan

  4. Stellenplanung im Vertragspartnerrecht

  5. Primärversorgung

  6. Nichtärztliche Gesundheitsberufe

  7. Fazit

1.
Einleitung

Die Organisation des Gesundheitswesens gehört ohne Zweifel zu den zentralen Staatsaufgaben. Ziel ist es, eine möglichst hohe Qualität zu erträglichen Kosten zu erreichen. Meist wird das österreichische Gesundheitssystem im internationalen Vergleich als gut bis sehr gut, aber relativ teuer eingestuft. Die Kriterien für die Qualität sind schwierig zu bestimmen. So ist etwa die Lebenserwartung in Österreich höher als im EU-Durchschnitt, die Zahl der gesunden Lebensjahre liegt aber darunter.*

Abgesehen davon, dass die Kennzahlen aufgrund der Systemunterschiede nur bedingt vergleichbar sind, ist Gesundheit von einer Vielzahl von Faktoren wie etwa Lebensgewohnheiten, Umweltsituation, genetischer Disposition ua abhängig. Es lässt sich daher nicht pauschal sagen, wie sich Investitionen in das Gesundheitssystem auf die Gesundheit der Menschen auswirken.

Ziemlich genau kann man jedenfalls die Kosten bestimmen. Die gesamten Gesundheitsausgaben in

Österreich betragen über 43 Mrd €, davon sind über 33 Mrd € (ca 76 %) öffentliche Gesundheitsausgaben.* Die KV gibt ca 6 Mrd € für die Krankenanstalten, ca 5 Mrd € für ärztliche Hilfe, ca 4 Mrd € für Heilmittel aus.* Der Anteil am BIP liegt bei 10,5 % (2019) bzw 11,5 % (2020, Erhöhung vor allem bedingt durch den Rückgang des BIP).* Die Pro- Kopf-Gesundheitsausgaben sind die dritthöchsten in der EU. Nach Meinung der meisten Fachleute sind die hohe Hospitalisierungsrate und die Fragmentierung des Gesundheitswesens hauptverantwortlich für Effizienz- und Qualitätsprobleme.*

2.
Allgemeines zur Steuerung im Gesundheitswesen

Dass die Steuerung im Gesundheitswesen kompliziert, intransparent und schwer nachvollziehbar ist, wird seit Jahrzehnten beklagt.* Das liegt vor allem an der Kompetenzverteilung und der damit im Zusammenhang stehenden Finanzierung. Gem 294 Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG ist der Bund für das Sozialversicherungswesen und gem Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG auch für den Großteil des Gesundheitswesens zuständig, hinsichtlich der Heil- und Pflegeanstalten allerdings nur für die sanitäre Aufsicht. Nach Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG ist für die Heil- und Pflegeanstalten der Bund nur für die Grundsatzgesetzgebung zuständig, die Länder haben hingegen die Kompetenz für die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung. Daneben ist nach Art 118 Abs 3 Z 7 B-VG den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich die örtliche Gesundheitspolizei, insb auch auf den Gebieten des Hilfs- und Rettungswesens, übertragen. Diese Gemengelage wird noch dadurch verkompliziert, dass nach Art 102 B-VG die Vollziehung des Bundes im Bereich der Länder, soweit nicht eigene Bundesbehörden bestehen (was im Gesundheitswesen wegen Art 102 Abs 2 B-VG nicht möglich ist), durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden ausgeübt wird (mittelbare Bundesverwaltung). Auch wenn der Landeshauptmann nach Art 103 B-VG dabei an die Weisungen des zuständigen Ministers gebunden ist, schafft dies in der Praxis schon wegen bestehender Interessenkollisionen vielfältige Probleme.*

Eine der Folgen der Zuständigkeitsverteilung ist es, dass sich die Finanzierung der Gesundheitsversorgung auf verschiedene „Zahlstellen“ – neben Bund, Länder und SV auch Gemeinden und private Finanzierungsbeiträge – verteilt. Während die extramural erbrachten Leistungen fast zur Gänze aus den Beitragseinnahmen der KV finanziert werden, stammen die Mittel für Leistungen der Krankenanstalten, die über Landesgesundheitsfonds (LGF) finanziert werden (sogenannte Fondskrankenanstalten),* teils aus Steuermitteln von den Gebietskörperschaften und teils aus der SV. Die Zahlungen der SV zur Finanzierung der Fondskrankenanstalten sind pauschaliert. Nach § 447f Abs 8 ASVG sind mit diesen Zahlungen alle Leistungen der Fondskrankenanstalten „insb im stationären, halbstationären, tagesklinischen und spitalsambulanten Bereich einschließlich der aus dem medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen für Versicherte und anspruchsberechtigte Angehörige der Träger der Sozialversicherung zur Gänze abgegolten“.* Die komplexe Finanzierungssituation führt dazu, dass ein unmittelbarer Kostenvergleich von ambulanten und stationären Leistungen kaum möglich ist, was der Rechnungshof schon öfter kritisiert hat.* Vor allem aber werden Anreize zur Verlagerung von Leistungen in den jeweils anderen Sektor gesetzt, was aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive problematisch ist. Grob gesprochen hat die SV wegen der pauschalierten Zahlungen an die LGF-Krankenanstalten tendenziell Interesse an einer Behandlung im Krankenhaus, (vor allem) die Länder wollen dagegen in den für sie nicht kostenwirksamen niedergelassenen Bereich verlagern.

Die kompetenzrechtliche Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung, genauer von Krankenanstalten und extramuraler Versorgung, zieht auch eine unterschiedliche Organisation der Leistungserbringung nach sich. So ist etwa der Stellenplan für Vertragsärzte in Gesamtverträgen festgelegt, die zwischen Krankenversicherungsträgern und Österreichischer Ärztekammer (ÖÄK) abgeschlossen werden,* die Zuständigkeit für die Bewilligung der Neuerrichtung oder Änderung bzw Erweiterung einer bettenführenden Krankenanstalt oder eines Ambulatoriums liegt bei den Ländern,* die Verträge der SV mit den Ambulatorien sind mit der Wirtschaftskammer (WK) abzuschließen. Dazu kommt noch, dass die Unterschiede zwischen Gruppenpraxen und Ambulatorien nur historisch und interessenpolitisch erklärbar sind und durch die Primärversorgung ein zusätzliches Versorgungsmodell geschaffen wurde, das beide Bereiche umfasst. Schließlich werden auch noch von den eigenen Einrichtungen der SV Leistungen erbracht. Eine auf das gesamte Bundesgebiet bezogene und sowohl den stationären als auch den ambulanten Sektor berücksichtigende Koordination und Planung des Angebots an medizinischen Leistungen wird daher durch die zersplitterten Zuständigkeiten, die unterschiedlichen Finanzierungssysteme und die unterschiedlichen Organisationsformen ganz erheblich erschwert.* Das ist jedenfalls teuer, steht aber auch mit Qualitätseinbußen im Zusammenhang. Als Beispiel kann etwa auf Doppelbefundungen und die Defizite beim Nahtstellenmanagement zwischen dem niedergelassenen und dem stationären Bereich (zB Entlassung aus der Anstaltspflege) verwiesen werden.

Da diese unbefriedigende Situation mangels politischer Einigung nicht durch Kompetenzbereinigungen gelöst werden konnte, wurden seit mittlerweile über 20 Jahren diverse Versuche unternommen, mittels abgestimmter Planungsinstrumente die genannten Schwachstellen zu beseitigen. Die Ausgangsbedingungen sind äußerst schwierig, der Erfolg daher trotz großen Bemühens der Beteiligten überschaubar, der Preis eine zunehmende Komplexität des Systems, die an vielen Stellen an verfassungsrechtliche Grenzen stößt. Auf die Geschichte der Gesundheitsplanung und die Planungsdetails kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden, ein grober Überblick ist aber zum Verständnis erforderlich.*

Zunächst gibt es verschiedene Regulierungsebenen. Die zentralen Instrumente sind die Strukturpläne, die auf Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern gem Art 15a B-VG (über die Organisation 295 und Finanzierung des Gesundheitswesens [OF]* sowie über Zielsteuerung-Gesundheit [ZS-G])* basieren.* Die maßgebliche gesetzliche Grundlage ist das Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz (G-ZG). Nach dessen § 2 hat die partnerschaftliche Zielsteuerung- Gesundheit in struktureller und organisatorischer Hinsicht alle intra- und extramuralen Bereiche des österreichischen Gesundheitswesens sowie etwaige betroffene Nahtstellen zu umfassen. Die wichtigsten angegebenen Ziele sind die Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung, Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich, Optimierung der Prozesse und des Ressourceneinsatzes, Sicherstellung einer hohen Behandlungsqualität und Stärkung des Sachleistungsprinzips (§ 6 Abs 1 G-ZG). Betont werden auch der Ausbau der Primärversorgung und die Verbesserung der integrierten Versorgung, die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements sowie die Ausrichtung der Finanzierungs- und Honorierungssysteme stärker am Versorgungsbedarf (§ 6 Abs 2 G-ZG).

Durch privatrechtliche Zielsteuerungsverträge auf Bundes- sowie auf Landesebene wird die SV, die nicht als Vertragspartner einer Art 15a-Vereinbarung in Betracht kommt, verbindlich in die Planungsprozesse einbezogen. In der Bundesgesundheitsagentur und in den Landesgesundheitsfonds wurde die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und SV bei der Gesundheitsplanung institutionalisiert. Bund, Länder und SV sind nicht nur in den Organen der Bundesgesundheitsagentur und der Landesgesundheitsfonds zentral vertreten, es setzen auch alle wesentlichen Beschlüsse deren Einvernehmen voraus.* Das maßgebliche Organ der Bundesgesundheitsagentur für die Umsetzung der Zielsteuerung-Gesundheit ist die Bundes-Zielsteuerungskommission (B-ZK). Analoges gilt für die Landes-Zielsteuerungskommissionen (L-ZK) als Organe der Landesgesundheitsfonds. Gem Art 8 Z 10 Art 15a-Vereinbarung ZS-G idF BGBl I 2017/97 haben in der B-ZK „Festlegungen“ in Angelegenheiten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit (ÖSG), nach Art 9 Abs 2 Z 5 in den L-ZK „Festlegungen“ in Angelegenheiten der Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) zu erfolgen. Weitere Gremien sind die Bundesgesundheitskommission und der Ständige Koordinierungsausschuss.*

Der ÖSG verfolgt das Ziel einer sämtliche Gesundheitsbereiche umfassenden, sowohl sektoren- als auch bundesländerübergreifenden Versorgungsplanung. Er enthält vor allem Planungsgrundlagen, Qualitätskriterien und den Großgeräteplan und wird durch die RSG ergänzt,* mit denen die Vorgaben des ÖSG iSe Detailplanung auf Länderebene umgesetzt werden sollen. Eine (ausdrückliche) Bindung der B-ZK bzw der L-ZK an die Weisungen staatlicher Organe bezüglich der „Festlegungen“ zu den Strukturplänen ist nicht vorgesehen.*

Eine zentrale Rechtsfrage der Strukturplanung ist, ob bzw inwieweit sie rechtsverbindlich ist. Bis zur Gesundheitsreform 2017 war jedenfalls klar, dass eine Bindungswirkung lediglich für die an der Beschlussfassung Beteiligten Bund, Länder und SV bestand, eine Bindung für Dritte iS einer Normwirkung aber nicht vorgesehen war.* Nach § 59k Z 1 KaKuG ist der ÖSG als „objektiviertes Sachverständigengutachten“ anzusehen. Dies impliziert die prinzipielle Möglichkeit eines Abweichens von den Planungsgrundlagen, wenn deren Richtigkeit durch ein fachlich gleichwertiges Vorbringen in Frage gestellt wird.* ÖSG und RSG haben auch nach der Gesundheitsreform 2017 keinen Verordnungscharakter, ihre Inhalte wurden allerdings zT verbindlich gemacht (dazu gleich unten). Für den stationären Bereich (Fondskrankenanstalten) ist schon seit der Gesundheitsreform 2005 in § 10a KAKuG grundsatzgesetzlich angeordnet, dass die Vorgaben des ÖSG in dem als Verordnung (VO) zu erlassenden Krankenanstaltenplan durch die Länder umzusetzen sind. Allerdings gilt diese Verpflichtung nun* nur mehr subsidiär für den Fall, dass die Erlassung einer einschlägigen RSG-VO am mangelnden Einvernehmen von Land und SV über die für verbindlich zu erklärenden Teile des RSG scheitert. Im extramuralen Bereich wird in verschiedenen Bestimmungen die „Bedachtnahme“ auf die bzw die „Berücksichtigung“ oder „Beachtung“ der Strukturpläne angeordnet.*

Mit der Gesundheitsreform 2017 sollte ein höherer Grad an Verbindlichkeit erreicht werden. Nach § 23 296 G-ZG ist die Auswahl und Kennzeichnung jener Teile der Planungen, die durch VO für verbindlich erklärt werden sollen, im Zuständigkeitsbereich der Zielsteuerungskommissionen. Das betrifft vor allem die im ÖSG definierten Planungsrichtwerte und -kriterien sowie die konkreten Kapazitätsplanungen der RSG. Die hoheitliche Aufgabe der Verordnungserlassung wurde allerdings der ausschließlich zu diesem Zweck gegründeten Gesundheitsplanungs GmbH übertragen. Diese hat keinen inhaltlichen Spielraum bei der Verordnungserlassung.* Gesellschafter der GmbH sind Bund, Länder und Dachverband, Beschlussfassungen sind grundsätzlich nur einstimmig möglich.

RECHTLICHE UMSETZUNG DER PLANUNGSVORGABEN DES ÖSG UND DER RSG

Teile des ÖSG wurden bereits für verbindlich erklärt.* Die aktuelle VO enthält neben verbindlichen Planungsvorgaben zur überregionalen Versorgung mit bestimmten hochspezialisierten Leistungen* sowie zur ambulanten und zur stationären Rehabilitation insb auch den Großgeräteplan des ÖSG 2017. Außerdem sind bislang in sieben Bundesländern Teile der dortigen RSG durch VO der Gesundheitsplanungs GmbH für verbindlich erklärt worden.* Die in die jeweiligen Verordnungen aufgenommenen Inhalte der RSG unterscheiden sich aber gravierend. So ist die ambulante Versorgung nur zT und sehr unterschiedlich einbezogen. In einzelnen Bundesländern enthält die VO etwa verbindliche Planvorgaben für die Primärversorgung und die ambulante fachärztliche Versorgung mit ua genauer Festlegung der Anzahl von § 2-Kassenplanstellen und Ambulanzen bzw Ambulatorien je Fachgebiet in den einzelnen Versorgungsregionen.* Es gibt aber keinen allgemeinen Standard der Verbindlichkeit der Strukturplanungen auf RSG-Ebene.* Von einer österreichweiten integrativen Gesundheitsplanung ist man also derzeit noch einige Schritte entfernt.

An deren Umsetzung hat es aber ganz grundsätzliche Kritik gegeben.* Tatsächlich ist die Beleihung eines privatrechtlichen Rechtsträgers, nämlich einer GmbH, mit dem Formalakt der Verordnungserlassung ohne inhaltlichen Gestaltungsspielraum, wenigstens ungewöhnlich. Es überrascht daher nicht, dass der VfGH Zweifel an der Verfassungskonformität und ein umfangreiches Prüfverfahren eingeleitet hat.* Neben verschiedenen kompetenzrechtlichen Problemen wird auch geprüft, ob nicht die Grenzen einer verfassungsrechtlich zulässigen Beleihung überschritten werden. Eine solche darf nach der Rsp nur „vereinzelte Aufgaben“, nicht aber 297 Kernaufgaben des Staates betreffen. Auch wenn man die Kompetenz der Verordnungserlassung als bloßen Formalakt und daher nicht als echte Ausgliederung von Teilen der Gesundheitssteuerung ansieht, bleibt die Konstruktion problematisch. Die inhaltliche Gestaltung in der Zielsteuerungskommission müsste als nicht-hoheitliches Handeln interpretiert werden, andernfalls die Beteiligung des Bundesvertreters am Abstimmungsvorgang, soweit krankenanstaltenrechtliche Angelegenheiten als Art 12-Materie betroffen sind, kompetenzrechtswidrig wäre. Geht man von nicht-hoheitlichem Handeln der Zielsteuerungskommission aus, ist aber fraglich, ob dies noch mit der verfassungsrechtlich gebotenen Leitungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung in Einklang zu bringen ist. Der VfGH hat außerdem generell Zweifel, ob es zulässig ist, ein verordnungserlassendes Organ (GmbH) derart an die Vorgaben eines nicht hoheitlich handelnden Gremiums zu binden, dass ihm im Ergebnis keine Entscheidungsbefugnis mehr zukommt. Der Ausgang dieses Verfahrens ist schwer abzuschätzen. Letztlich geht es darum, ob mit einer so komplexen und fast schon kunstvollen Konstruktion in verfassungsrechtlich zulässiger Weise ein Weg gefunden wurde, eine Gesundheitsplanung bei bestehender Kompetenzzersplitterung im Gesundheitswesen zu etablieren. Dh noch nicht zwingend, dass diese Planung und Steuerung letztlich erfolgreich wäre und ihre Ziele erreicht. Wird diese Konstruktion jedoch in ihrem Kern vom VfGH als verfassungswidrig angesehen, dann fällt damit die unmittelbare Verbindlichkeit der Strukturpläne. Deren Ziele, insb eine bessere Abstimmung des stationären und ambulanten Bereichs zu gewährleisten, würden damit zweifellos in noch weitere Ferne rücken.

3.
Großgeräteplan

Der ÖSG enthält eine Festlegung der Gesamtzahl bestimmter Großgeräte34) in den Bundesländern bzw österreichweit, wobei hinsichtlich der landesfondsfinanzierten (öffentlichen) Krankenanstalten auch der Standort festgelegt wird, hinsichtlich der sonstigen Einrichtungen (insb extramuraler Bereich) die Gesamtzahl pro Versorgungsregion (zB die Region Pinzgau-Pongau-Lungau).

Insoweit Großgeräte in selbständigen Ambulatorien betrieben werden sollen, setzt deren Errichtung und Betrieb nach § 3a KaKuG eine Bewilligung der Landesregierung voraus, die nur erteilt werden darf, wenn eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsbereich erreicht werden kann. § 3a Abs 3a KAKuG ordnet für die Bedarfsprüfung selbständiger Ambulatorien an, dass bei Vorliegen einer VO der Gesundheitsplanungs GmbH, die den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang des beantragten Ambulatoriums umfasst, keine individuelle Bedarfsprüfung mehr vorzunehmen, sondern nur mehr die Übereinstimmung des Vorhabens mit der VO zu prüfen ist. Damit besteht zweifellos eine unmittelbare Bindung an diese Planungen im Bewilligungsverfahren. Das betrifft in erster Linie den in der ÖSG-VO für verbindlich erklärten Großgeräteplan. Anträge auf Bewilligung eines nicht im Großgeräteplan vorgesehenen Großgeräts sind daher ohne weitere Bedarfsprüfung abzuweisen.*

Der VfGH hat in seinem Prüfungsbeschluss zu V 46/2019 vom 6.10.2021 nicht nur die Gesetzmäßigkeit der Festlegungen der aktuellen Fassung der ÖSG-VO 2018, die vor allem auch den Großgeräteplan betreffen, sondern ua auch die Verfassungskonformität des § 3a Abs 3a KAKuG in Zweifel gezogen. Damit würde ohne Prüfung der Versorgungslage im einzelnen Bewilligungsverfahren die Zahl bestimmter Großgeräte taxativ festgesetzt, was zu einer starren Kontingentierung jener selbständigen Ambulatorien führe, die in den Anwendungsbereich der ÖSG-VO fallen. Darin sieht der VfGH ein rechtliches Berufsantrittshindernis, das insofern besonders schwer in die durch Art 6 StGG grundrechtlich geschützte Erwerbsfreiheit eingreife, als es außerhalb der vom Berufsantrittswerber beeinflussbaren Sphäre liegt. Erwerbsantrittsschranken können durch entsprechend gewichtige öffentliche Interessen gerechtfertigt werden, auch wenn der Maßstab der Rechtfertigungsprüfung ein strengerer ist als bei bloßen Erwerbsausübungsschranken. Letztlich geht es darum, die Versorgung betreffend die Behandlung mit teuren Großgeräten im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Die vom VfGH problematisierte „starre Kontingentierung“ führt faktisch wohl kaum zu anderen Ergebnissen als eine individuelle Bedarfsprüfung. Geht man von der Sachlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Planvorgaben aus,* wird eine Bewilligung auch bei einem nicht verbindlichen Großgeräteplan in aller Regel bei individueller Bedarfsprüfung zu versagen sein. Bei Geräten außerhalb des Plans war schon vor Geltung der ÖSG-VO allgemein anerkannt, dass kein Anspruch auf Kostenerstattung für derartige Behandlungen besteht.* Eine wesentliche Verbesserung der Versorgung, die den Bewilligungsmaßstab darstellt, wäre daher kaum jemals gegeben, weil wohl nur ein kleiner Teil der Bevölkerung die teuren Leis tungen mit Großgeräten privat finanzieren kann. Im Übrigen ist der Großgeräteplan insofern nicht starr, als er laufend aktualisiert wird, die Realisierung der festgelegten Kapazitäten für einen bestimmten Zeitraum erfolgt (derzeit 2025) und außerdem ausdrücklich Kriterien für Änderungen vorgesehen sind.*298 keit des Großgeräteplans allerdings ohnehin wenig Bedeutung. Nach § 338 Abs 2a ASVG haben sich die Sozialversicherungsträger beim Abschluss von Verträgen an den von der B-ZK im Rahmen des ÖSG beschlossenen Großgeräteplans zu halten. Verträge, die dem widersprechen, sind ungültig. Schon nach dem Wortlaut kommt es diesbezüglich nicht darauf an, ob bzw inwieweit der ÖSG durch die ÖSG-VO verbindlich erklärt wurde. Maßgeblich ist vielmehr der Beschluss der B-ZK. Sogar wenn der VfGH die ÖSG-VO aufheben würde, bliebe dieser Beschluss aufrecht. Die SV und die Vertragspartner sind also bei Gesamtverträgen mit Interessenvertretungen und Einzelverträgen mit Ambulatorien, niedergelassenen Ärzten oder Gruppenpraxen an den Großgeräteplan jedenfalls gebunden. § 349 Abs 2b ASVG bestimmt, dass die Großgeräte-Gesamtverträge die in § 342 Abs 1 ASVG aufgezählten Gegenstände für den Gesamtvertrag (GV) in sinngemäßer Anwendung zu regeln haben. Fraglich ist allerdings, ob die Großgeräte-Gesamtverträge auch Stellenpläne enthalten müssen. Der Großgeräteplan legt nämlich ohnehin verbindlich fest, wie viele Geräte es in welcher Versorgungsregion geben soll.* Der Stellenplan kann das letztlich nur wiederholen, allenfalls etwas konkretisieren.

Um das Ziel der Beschränkung des Großgeräteeinsatzes auf Kosten der SV zu erreichen, wurden auch die Wahlbehandler insofern in den Großgeräteplan einbezogen, als eine Kostenerstattung bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes bzw einer Wahleinrichtung ausgeschlossen ist, wenn Geräte verwendet werden, die nicht im Großgeräteplan enthalten sind.* Zu Recht wurde dies vom OGH mit dem Ziel solcher Verrechnungsbeschränkungen begründet, die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Den verrechnungsberechtigten Ärzten soll damit einerseits die Rentabilität ihrer Anschaffungen gesichert werden und zugleich wird damit andererseits erschwert, dass sich möglichst viele Ärzte möglichst viele Geräte anschaffen, die sich dann rentieren müssen. Die Absicht des Gesetzgebers, teure Großgeräte auf einige wenige Einsatzstellen zu beschränken, würde letztlich durch einen Kostenerstattungsanspruch bei Inanspruchnahme der Leistung bei einem Wahlarzt unterlaufen.* Im Widerspruch dazu scheint eine jüngere E des OGH zu stehen, bei der es ebenso um eine Leistung gegangen ist, die mit einem nicht im Großgeräteplan enthaltenen Gerät erbracht wurde.* Allerdings war die Leistung nicht im Großgeräte-GV vorgesehen und durfte daher auch von den Sachleistungserbringern nicht erbracht werden. Letztlich hat der OGH damit seine generelle (problematische) Rsp zum „kassenfreien Raum“ auch auf die Leistungen mit Großgeräten übertragen.* Die Ausführungen des OGH zur Unverbindlichkeit des Großgeräteplans für Dritte sind schon durch die Änderung des § 84a ASVG, wonach nicht mehr nur die SV, sondern auch die Vertragspartner zur Beachtung des ÖSG verpflichtet sind,* überholt. Da die ÖSG-VO den Großgeräteplan als verbindlich erklärt hat, besteht mE – solange die ÖSG-VO in Kraft ist – kein Zweifel, dass jedenfalls eine Verbindlichkeit iS einer allgemeinen Normwirkung besteht. Wie oben ausgeführt, kommt es für die Verbindlichkeit des Großgeräteplans im Vertragspartnerrecht aber ohnehin nur darauf an, ob der Großgeräteplan von der B-ZK beschlossen wurde.

4.
Stellenplanung im Vertragspartnerrecht

Wie ausgeführt, sollen die Strukturpläne eine integrierte, den stationären und den extramuralen Sektor erfassende Planung herbeiführen. Eine verbindliche Angebotsplanung ist im niedergelassenen Bereich aber deutlich schwerer umzusetzen. Die Zahl der Leistungsanbieter kann kaum beeinflusst werden, weil es keine Bedarfsprüfung für die Niederlassung von Ärzten gibt. Beschränkt werden kann nur die Zahl der Vertragsärzte. Wahlärzte sind über die Kostenerstattung gem § 131 ASVG für die SV kostenwirksam, ihre Anzahl und örtliche Verteilung ist aber nicht lenkbar.

Eine Angebotssteuerung ist daher nur bei den Vertragsärzten über den Stellenplan des GV möglich, der mit der ÄK zu vereinbaren ist. Nach § 342 Abs 1 Z 1 ASVG ist im GV die Festsetzung der Zahl und der örtlichen Verteilung der Vertragsärztinnen und -ärzte und Vertrags-Gruppenpraxen unter Bedachtnahme auf die RSG45) mit dem Ziel zu regeln, dass unter Berücksichtigung sämtlicher ambulanter Versorgungsstrukturen, der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse, der Veränderung der Morbidität sowie der Bevölkerungsdichte und -struktur (dynamische Stellenplanung) eine ausreichende ärztliche Versorgung iSd § 338 Abs 2 erster Satz ASVG der in der gesetzlichen KV Versicherten und deren Angehörigen gesichert ist; idR soll die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten oder einem Vertragsarzt und einer Vertrags-Gruppenpraxis freigestellt sein.

Im Stellenplan wird also die Anzahl und Verteilung der Vertragsarztstellen festgelegt. Damit soll einerseits eine regional ausgewogene Versorgung sichergestellt, andererseits auch den Krankenversicherungsträgern durch eine Marktzugangsbeschränkung eine Kostensteuerung ermöglicht werden.* Die Gesamtverträge müssen einen Stellenplan enthalten, Gesamtverträge ohne Stellenplan sind nichtig (außer bei Großgeräte-Gesamtverträgen). Die 299 Gestaltungsspielräume der Gesamtvertragsparteien sind groß.* Wie generell für den GV ist auch für den Stellenplan grundsätzlich von einer „Richtigkeitsgewähr“ des von den Gesamtvertragsparteien Ausverhandelten im Abschlusszeitpunkt auszugehen.* Das gilt vor allem für die Frage, in welcher Dichte Planstellen festgelegt werden, ob ein größerer Schwerpunkt auf die Versorgung mit Allgemeinmedizinern oder mit Fachärzten gelegt wird, wie die Verteilung zwischen den Fächern sowie zwischen Städten und Landgebieten erfolgt und inwieweit die Verkehrsverhältnisse berücksichtigt werden. Die Grenze der Zulässigkeit wird erreicht sein, wenn der Stellenplan eine gravierende Unterversorgung oder Überversorgung vorsieht oder die Verteilung der Stellen nicht mehr sachlich zu rechtfertigen ist.

Eine Stellenbesetzung kann grundsätzlich nicht über die Landesschiedskommission (LSK) erzwungen werden. Das wurde erst kürzlich wieder vom VwGH* festgehalten. Der Gesetzgeber bringe das „freie Spiel der Kräfte“ zum Einsatz, von dem er sich einen gerechten Interessenausgleich erhoffe, für dessen Versagen er aber in Gestalt der Kostenerstattung im vertragslosen Zustand (§§ 131a und 131b) einerseits und durch die Möglichkeit der befristeten Festsetzung des GV durch die Bundesschiedskommission (§ 48 ASVG) Vorsorge treffe. Um das Kräftegleichgewicht nicht zu beeinträchtigen, sei im Gesetz weder ein Abschlusszwang noch eine dauerhafte Zwangsschlichtung vorgesehen.* Daher ist auch die Kompetenz der LSK nach § 345 Abs 2 Z 1 ASVG auf die Auslegung eines bestehenden GV bzw die sich aus der Interpretation ergebende Anwendung des GV beschränkt. Streitigkeiten der Parteien des GV über Angelegenheiten, die keinen Regelungsgegenstand des GV betreffen, fallen genauso wenig in die Kompetenz der LSK wie die Vornahme von Änderungen oder Ergänzungen des GV. Die LSK ist daher weder für die Beurteilung zuständig, ob die Erbringung ärztlicher Hilfe durch eigene Einrichtungen oder Vertragseinrichtungen der Kasse den gesetzlichen Vorgaben entspricht, noch, ob eine Änderung des Stellenplanes durch Schaffung von Planstellen für Vertragsärzte erforderlich geworden ist, um eine ausreichende Versorgung mit ärztlichen Leistungen sicherzustellen.*

Außerhalb des Stellenplans können Einzelverträge nur ausnahmsweise aufgrund einer Vereinbarung des Krankenversicherungsträgers mit der ÖÄK geschlossen werden (§ 343 Abs 1 ASVG). So kann mE bis zur Besetzung einer freien Vertragsarztstelle im Falle eines dringenden Bedarfs ein befristeter EV abgeschlossen werden.* Da befristete Einzelverträge von der Rsp des VfGH aber – zu Unrecht – als unzulässig angesehen werden,* müssten befristete Verrechnungsübereinkommen geschlossen werden, um Bedarfslücken abzudecken.

Nach § 342 Abs 2b ASVG können hinsichtlich der Honorierung die Beziehungen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) auf regionaler Ebene durch gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen geregelt werden, die – trotz ihrer Bezeichnung – auch eine Regelung über den Stellenplan im jeweiligen Bundesland enthalten können. Der Abschluss erfolgt mit der regional zuständigen Ärztekammer. Erstmals wurde diese zusätzliche Gestaltungsebene bei der Primärversorgung – allerdings tatsächlich nur hinsichtlich einer Honorarvereinbarung – vorgesehen, nach der Neuregelung der Organisation der SV auch für die anderen ärztlichen Gesamtverträge ermöglicht. Der Zweck ist nach den Materialien „auch weiterhin regionale Besonderheiten in der Versorgung nach der Zusammenführung zur Österreichischen Gesundheitskasse bestmöglich berücksichtigen zu können“.* Das scheint im Widerspruch damit zu stehen, dass als Hauptziele der Reform die Vereinheitlichung der Leistungen und der Verwaltung angegeben wurden. Es ist auch nicht einsichtig, warum regionale Besonderheiten nicht im österreichweiten Stellenplan berücksichtigt werden können. Der Hintergrund der Regelung dürfte wohl eher darin liegen, dass interessenpolitischen Wünschen der Ärztekammern nachgekommen wurde.

Der GV enthält wie bisher Regelungen über den Stellenplan und die Honorierung, die auch ohne gesamtvertragliche Honorarvereinbarung eigenständig bestehen können (müssen). Die gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen sind fakultativ. Es kann daher die Situation geben, dass in einzelnen Bundesländern gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen abgeschlossen werden, in anderen nicht. Der Gestaltungsspielraum der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung ist unbestimmt. Eine Verdrängung des Stellenplans des GV soll offenkundig nicht stattfinden. Vielmehr wird den gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen Ergänzungsfunktion (zB Verlagerung einer Stelle auf ein anderes Fach, Konkretisierung der örtlichen Verteilung) zukommen. Es ist aber nicht zulässig, dass der GV den Stellenplan der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung vollständig überlässt oder pauschal an diese delegiert.

Die gesetzliche Kündigungsregelung (§ 342 Abs 2c ASVG) zeigt die weitreichenden Folgen der partiellen Re-Regionalisierung des Vertragspartnerrechts. Ihre Kündigung „bewirkt die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung lediglich für dieses Bundesland“. Der bundeseinheitliche GV bleibt aufrecht, ist allerdings für die Vertragspartner in diesem Bundesland nicht anwendbar. Das bedeutet, dass der GV einschließlich gesamtvertraglicher Honorarvereinbarung für dieses Bundesland außer Kraft tritt, was einen regionalen vertragslosen Zustand zur Folge hat. Damit kann ein vertragsloser Zustand sowohl durch die ÖÄK (bei Kündigung des GV österreichweit) 300 als auch durch die Landes-ÄK (nur für das betreffende Bundesland) herbeigeführt werden.

Die integrative Gesundheitsplanung kommt nun auch in § 342 Abs 1 Z 1 ASVG zum Ausdruck. Sie steht zweifellos in einem Spannungsverhältnis zur Vereinbarung im GV. Die Vertragsparteien (also SV und ÄK) haben auf die RSG Bedacht zu nehmen und nach § 84a ASVG die abgestimmten Planungsergebnisse (insb ÖSG, RSG) in ihrem Verwaltungshandeln und bei der Planung und Umsetzung der Versorgung der Versicherten zu beachten.* Dabei sind sämtliche ambulanten Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen, insb auch das Versorgungsangebot der Ambulatorien und eigene Einrichtungen der Versicherungsträger. Unter „ambulante Versorgungseinrichtungen“ wird man trotz des unklaren Wortlauts aber nur Sachleistungserbringer verstehen dürfen.* Andernfalls würden Wahlärzte und Privatambulatorien den Bedarf an Vertragsarztstellen verringern. Davon scheint auch § 18 Abs 1 G-ZG auszugehen, wonach die Planung den ambulanten Sachleistungsbereich erfasst. Nach § 18 Abs 2 G-ZG ist allerdings die Versorgungswirksamkeit von Wahlleistungserbringern als „Rahmenbedingung“ bei der Planung zu berücksichtigen, was auch immer das bedeuten soll.

Die Berücksichtigung der Gesundheitsplanung bei der gesamtvertraglichen Stellenplanung hat das ausdrücklich erklärte Ziel, die Finanzierung zu sichern und eine nachhaltige Kostendämpfung zu erreichen. Letztendlich geht es also darum, dass eine ausreichende Versorgung (iSd § 338 Abs 2 ASVG) zu den geringstmöglichen Kosten erreicht wird. Angestrebt wird eine Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich, wobei in § 14 G-ZG Spitalsambulanzen, selbständige Ambulatorien und niedergelassener Bereich gleichwertig genannt werden. Zusätzlich sollen neue multiprofessionelle und interdisziplinäre Primärversorgungseinrichtungen und entsprechende ambulante Fachversorgungsformen#* umgesetzt werden. Daher muss etwa ein neu entstandener Versorgungsbedarf nicht unbedingt über Vertragsarztstellen abgedeckt werden. Insofern kann von einem Vorrang des niedergelassenen Bereichs gegenüber anderen Versorgungsformen jedenfalls nicht mehr gesprochen werden.* Die SV wird bei gleicher Qualität den jeweils kostengünstigsten Anbieter heranzuziehen haben.

Eine unmittelbare Bindung an ÖSG und RSG ergibt sich allerdings aus dem ASVG nicht. Zunächst ändert die Strukturplanung nichts an den bestehenden Einzelverträgen mit den Ärzten. Einen Beendigungsgrund des Wegfalls des Bedarfs gibt es nach dem Gesetz nicht. Es gibt daher auch bei bestehender und im RSG dokumentierter Überversorgung keine Kündigungspflicht des Krankenversicherungsträgers, ja nicht einmal eine Kündigungsmöglichkeit. Sogar wenn eine frei werdende Stelle im Widerspruch zum RSG wieder besetzt werden sollte, sind die Konsequenzen fraglich. Ein abgeschlossener EV ist wohl trotzdem gültig. Bei Nichteinigung ist ein eigenes Verfahren vorgesehen. Wird eine Planstelle frei und gibt es kein Einvernehmen über die Nachbesetzung, hat die Ausschreibung der Planstelle zunächst zu unterbleiben. Gibt es nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung des EV noch immer kein Einvernehmen, entscheidet die LSK auf Antrag einer der beiden Vertragsparteien über den Bedarf der Nachbesetzung unter Berücksichtigung der allgemeinen Kriterien für die Stellenplanung (§ 342 Abs 1 Z 1 ASVG) und jenen der Planung im jeweiligen RSG (§ 343 Abs 1 b ASVG). Das bedeutet wiederum, dass sämtliche ambulanten Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen sind.

Der VwGH hat in einer E aus 2017 noch zur Rechtslage vor der Gesundheitsreform 2017 zum Ausdruck gebracht, dass auch einem älteren Stellenplan im Verhältnis zum RSG der Vorrang zukommen kann.* Begründet wird dies einerseits mit der Richtigkeitsvermutung, die dem GV zukomme, und andererseits damit, dass der RSG keine VO sei. Die Bedeutung der Strukturpläne wurde aber vom VwGH unterbewertet. Nach § 347 Abs 3a ASVG hat die LSK bei ihrer Entscheidung zu prüfen, ob Sozialversicherungsträger und Dachverband die Rahmenbedingungen, insb die Strukturplanung, eingehalten haben und die LSK hat ihrerseits die Ergebnisse dieser Strukturpläne ihren Entscheidungen in einschlägigen Angelegenheiten zu Grunde zu legen. Wenn die Ergebnisse der Strukturpläne der LSK-E zugrunde gelegt werden müssen, dann sind sie zwar nicht zwingend wie eine VO zu beachten. Es ist aber mE die Rangfolge anders als sie der VwGH sieht.* Die Richtigkeit und Schlüssigkeit der Strukturplanung muss nicht durch ein Sachverständigengutachten bestätigt werden. Nach § 59k Z 1 KaKuG ist der ÖSG als „objektiviertes Sachverständigengutachten“ anzusehen, auch den RSG wird diese Funktion zukommen. Am Begriff kann man zweifellos Kritik üben, weil Sachverständigengutachten generell die Funktion haben, möglichst objektiv die Sachlage darzustellen und zu beurteilen. Die Absicht des Gesetzgebers war aber zweifellos, dem ÖSG gegenüber einem „normalen“ Sachverständigengutachten einen erhöhten Stellenwert beizumessen. Grundsätzlich gilt daher der Strukturplan, seine Schlüssigkeit kann im Verfahren allenfalls durch andere Entscheidungsgrundlagen wie ein zusätzlich eingeholtes Sachverständigen- 301 gutachten und die Berücksichtigung der Stellenplanung in Frage gestellt und widerlegt werden.* Wenn man bedenkt, dass die Stellenplaneinigung Jahrzehnte zurückliegen kann, würde man mit deren Zementierung dem Gesetzgeber unterstellen, dass eine eingetretene Überversorgung auf lange Sicht nicht korrigierbar ist. Es sollte aber durch die Strukturplanung eine Flexibilisierung bei den Stellenplänen erreicht und den Sozialversicherungsträgern ein Instrument an die Hand gegeben werden, damit deren Auftrag (§ 84a ASVG) der Beteiligung an der Zielsteuerung-Gesundheit sowie der „Beachtung“ der dabei erzielten Ergebnisse bei der Planung und Umsetzung erfüllt werden kann.* Im Übrigen hat sich seit der E des VwGH die Rechtslage insofern geändert, als nach § 343 Abs 1b Satz 2 ASVG die LSK über den Bedarf der Nachbesetzung nun nicht mehr nur unter Berücksichtigung der Kriterien nach § 342 Abs 1 Z 1 ASVG, sondern auch „jenen der Planung im jeweiligen RSG“ zu entscheiden hat.* Das scheint eine Wiederholung zu sein, weil ja nach § 342 Abs 1 Z 1 ohnehin unter Bedachtnahme auf die RSG alle ambulanten Versorgungsstrukturen zu berücksichtigen sind. Es ist aber als Verstärkung der Bedeutung der RSG im Verhältnis zur Stellenplanung zu verstehen, insb auch im Hinblick auf die Planung von Primärversorgungseinrichtungen.*

Liegt eine rechtskräftige Entscheidung über die Nicht-Nachbesetzung einer Stelle gem § 343 Abs 1b ASVG vor, gilt der Stellenplan als angepasst (dh um diese Stelle reduziert).* Wird eine Planstelle auf diesem Weg stillgelegt, darf der Sozialversicherungsträger das vom früheren Vertragsarzt abzudeckende Leistungsvolumen innerhalb von fünf Jahren ab Freiwerden der Stelle nicht durch einen neuen Vertrag mit anderen Leistungsanbietern abdecken, es sei denn, das Leistungsvolumen wird durch eine Primärversorgungseinrichtung (PVE) abgedeckt (§ 343 Abs 1c ASVG). Schutzzweck dieser Bestimmung kann nur sein, dass die Krankenversicherungsträger nicht gezielt – und ohne dass es zu einer nicht unerheblichen Kosteneinsparung kommt – durch Auflassen von Planstellen Leistungen zu anderen Anbietern verlagern (was durch das Erfordernis der Zustimmung der ÄK bzw einer E der LSK im Hinblick auf den Bedarf ohnehin praktisch ausgeschlossen ist). Der Bedarf wird aber in den allermeisten Fällen nicht zur Gänze weggefallen sein, er wird nur für eine Planstelle nicht mehr ausreichend sein. Das Stilllegen einer Planstelle wird daher idR dazu führen, dass andere Leistungsanbieter ein erhöhtes Leistungsaufkommen haben. Soweit dies andere Vertragsärzte und Gruppenpraxen betrifft, ist das vom Schutzzweck der Regelung her gesehen ohnehin unproblematisch. Das Gesetz schreibt aber auch nicht vor, dass andere Leistungsanbieter (insb Ambulatorien) kein erhöhtes Leistungsaufkommen nach Stilllegung einer Planstelle haben dürfen. Es darf nur kein neuer Vertrag mit solchen Leistungsanbietern zur Abdeckung dieses Leistungsvolumens geschlossen werden.

Fraglich ist, welche Folgen es hat, wenn und insoweit sich die VO der Gesundheitsplanungs GmbH auch auf die ambulante Versorgung bezieht und etwa die Zahl der § 2-Kassenstellen im Versorgungsgebiet enthält. Wie erwähnt, steht dies im Konflikt mit der Stellenplanung des GV. Dagegen wurden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.* Das „Ordnungssystem“ des Vertragspartnerrechts trage die Vermutung der Angemessenheit in sich, was auch die Stellenplanung betreffe. Ein Abweichen von bestimmten Ordnungsprinzipien stehe unter besonderem Rechtfertigungsdruck. Bedenklich sei vor allem, dass die Einbindung der Ärztekammern bei der Verbindlicherklärung durch VO auf ein Anhörungsrecht beschränkt wurde, während die SV (Dachverband) in der GmbH repräsentiert ist, die die Verbindlicherklärung durch VO herbeiführt.* Die paritätische Mitwirkung von Interessenvertretungen bei der Stellenplanung ist aber weder generell noch im ärztlichen Bereich ein Verfassungsprinzip. Dass die Stellenplanung einer Vereinbarung unterliegt, ist durchaus ungewöhnlich und stellt jedenfalls nicht den Kernbereich des kollektiven Verhandelns dar. Interessenvertretungen haben idR nur die Möglichkeit, den Inhalt von Vertragsbeziehungen (insb Entgelt) zu verhandeln. Die Gewerkschaft kann nicht im KollV die zur Verfügung stehenden Stellen vereinbaren und zwar auch nicht in regulierten Bereichen. Die Gewerkschaft hat daher keine rechtliche Möglichkeit, eine bestimmte Anzahl von Lehrerstellen zu erzwingen. Auch wenn bisher in der SV die gemeinsame Stellenplanung durch die Vertragspartner gesetzlich vorgegeben war und grundsätzlich immer noch ist, bedeutet das nicht, dass es nicht auch andere Planungssysteme geben kann, die ebenfalls sachlich und angemessen sind. Die diesbezügliche Schwächung des Einflusses der Vertragspartner der SV hängt mit dem genuinen Zweck der integrativen Gesundheitsplanung zusammen. Die Vergangenheit hat – wie oben ausgeführt – gezeigt, dass ein wenig abgestimmtes Nebeneinander verschiedener Bereiche der Gesundheitsversorgung Effizienz- und Qualitätsprobleme nach sich zieht. Wenn der Gesetzgeber es für geboten hält, im Interesse einer kostengünstigen und effizienten Gesundheitsversorgung andere Schwerpunkte zu setzen (zB Richtung Primärversorgung oder hinsichtlich Labor- und Gerätemedizin Richtung Ambulatorien), darf dies zweifellos im Hinblick auf bestehende Vertragsverhältnisse nur vorsichtig erfolgen. Solche Eingriffe sind aber ohnehin nicht geplant. Für die zukünftige Gestaltung, die nur frei werdende bzw zusätzliche Stellen betrifft, wird der Spielraum des Gesetzgebers ein wesentlich größerer sein. Der Eingriff der Strukturplanung in die Stellenplanung 302 des GV ist daher mE nicht verfassungswidrig. Es ist aber zuzugestehen, dass das Spannungsverhältnis vom Gesetzgeber nicht aufgelöst und daher eine Vielzahl von Rechtsproblemen in Kauf genommen wurde.

Nach § 343 Abs 2a ASVG bleibt ein zum Zeitpunkt der Erlassung einer VO iSd § 23 G-ZG bereits bestehendes Vertragsverhältnis mit einem Vertragsarzt durch die Erlassung einer solchen VO unberührt. Diese Regelung spricht eher dafür, dass der Gesetzgeber von einer Bindung der gesamtvertraglichen Stellenplanung an die VO ausgeht, die sich aber nicht auf bestehende Einzelvertragsverhältnisse beziehen soll. Das würde bedeuten, dass bei frei werdenden Planstellen die RSG-VO eingreift. Damit würde in die Stellenplanung des GV eingegriffen und ein bestehender Stellenplan entsprechend dem RSG korrigiert. Eindeutig ist die Rechtslage freilich nicht. Gegen diese Lösung kann man vor allem einwenden, dass § 343 Abs 1b ASVG nach wie vor die Zuständigkeit der LSK bei Nichteinigung über die Nachbesetzung einer freiwerdenden Planstelle vorsieht. Allerdings würde diese Bestimmung nicht ihren Sinn verlieren, sondern nur für den Fall, dass eine Stelle nicht mehr im verordneten RSG enthalten ist, nicht zur Anwendung kommen. Der Stellenplan würde durch den RSG korrigiert, es bestünde gar keine freie Stelle mehr. Daher ist auch ein weiterer möglicher Einwand nicht unbedingt schlagend. Bei der Großgeräteplanung wurde ein möglicher Konflikt zwischen Strukturplanung und GV ausdrücklich zugunsten ersterer entschieden, weil nach § 338 Abs 2a ASVG dem Großgeräteplan widersprechende Verträge ungültig sind. Daraus könnte e contrario geschlossen werden, dass dies sonst im Vertragspartnerrecht nicht der Fall ist. Allerdings geht es gar nicht darum, ob der Stellenplan eines GV nichtig ist, wenn er gegen den RSG verstößt, es würde vielmehr beim oben angedachten Vorrang des RSG zu einer Verdrängung bzw Korrektur der Stellenplanung kommen. Richtig ist allerdings, dass es sich um eine Kollision von Rechtsvorschriften handelt, die nicht eindeutig auflösbar ist. Auch wenn man aber keine Korrektur des Stellenplans durch die RSG-VO annimmt, müsste die LSK die RSG-VO – wie oben ausgeführt – vorrangig anwenden.

5.
Primärversorgung

Primärversorgung ist ein vager Begriff,* der auf eine grundlegende Gesundheitsversorgung bzw auf eine erste Anlaufstelle für Menschen mit gesundheitsbezogenen Problemen Bezug nimmt. Diese Aufgabe wurde in der Vergangenheit in erster Linie von Kassenärzten („Hausärzten“) wahrgenommen. Die durch die Gesundheitsreform 2017 angestrebte Stärkung der Primärversorgung soll vor allem durch die Einrichtung von Primärversorgungseinrichtungen erfolgen. Eine PVE hat nach § 2 Abs 2 PrimVG jedenfalls aus einem Kernteam aus Allgemeinmediziner*innen und Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, orts- und bedarfsabhängig auch Fachärzt*innen für Kinder- und Jugendheilkunde, zu bestehen. Darüber hinaus sind orts- und bedarfsabhängig weitere Angehörige von Gesundheits- und Sozialberufen und Einrichtungen, in denen solche Personen beschäftigt werden, von der PVE „verbindlich und strukturiert“ einzubinden (§ 2 Abs 3 PrimVG). Diese ungewöhnliche Formulierung bedeutet wohl nur, dass eine rechtliche Verbindlichkeit gegeben sein muss, damit die Betreiber der PVE ihrerseits die im Primärversorgungsvertrag eingegangenen Verpflichtungen einhalten bzw sicherstellen können.* Die Beschäftigung kann in Form von Arbeitsverhältnissen oder auch in Form von Kooperationsverträgen mit Selbständigen erfolgen.

Nach § 2 Abs 4 PrimVG muss eine PVE über einen auf dem Sachleistungsprinzip beruhenden Primärversorgungsvertrag verfügen. Eine Kostenerstattung ist daher an sich ausgeschlossen. Freilich stellt sich wie generell im ärztlichen Vertragspartnerrecht die Frage, ob es eine Kostenerstattung geben kann, wenn eine Vertragseinrichtung aufgesucht wird und diese außervertragliche Leistungen erbringt. Nach § 342b Abs 2 Z 1 ASVG hat der Primärversorgungs-GV das aus den §§ 4 bis 6 des PrimVG abgeleitete Mindestleistungsspektrum zu regeln. Dieses muss daher als Sachleistung angeboten werden, ein kassenfreier Raum ist in diesem Bereich ausgeschlossen. Darüber hinaus wird es vom GV abhängen, ob dieser zB im Wege eines Pauschalhonorars alle Leistungen erfasst oder einen vertragsfreien Raum vorsieht.*

Eine PVE kann nach § 2 Abs 5 PrimVG an einem Standort oder als Netzwerk an mehreren Standorten eingerichtet sein. Eine an einem Standort eingerichtete PVE kann nur als Gruppenpraxis oder als selbständiges Ambulatorium geführt werden. Als Netzwerk (zB in Form eines Vereins) kann die PVE nur aus freiberuflich tätigen Ärzt*innen, Gruppenpraxen sowie anderen nichtärztlichen Angehörigen von Gesundheits- und Sozialberufen oder deren Trägerorganisationen gebildet werden. Die Primärversorgung soll nach § 21 Abs 3 Z 3 G-ZG gestärkt und ausgebaut werden. Gem § 342 Abs 1a ASVG sind im Stellenplan, sofern Primärversorgungseinrichtungen in Form einer Gruppenpraxis oder in Form eines Netzwerks betrieben werden sollen (dh nicht als Ambulatorium), deren Standort regional und der jeweilige Typus (Netzwerk oder Zentrum) zu konkretisieren. Weiters ist die Anzahl der Stellen, die in die PVE übergeführt werden sollen, regional festzulegen und der Zeitrahmen für die Umsetzung durch Invertragnahme zu bestimmen. Primärversorgungseinrichtungen müssen nach § 2 Abs 4 PrimVG im RSG abgebildet sein, damit ein Primärversorgungsvertrag rechtswirksam abgeschlossen werden kann (§ 8 Abs 2 PrimVG). Die Planung bezieht sich auf Versorgungsregionen und nicht auf den konkreten Standort (der im Primärversorgungsvertrag festgelegt wird). Allerdings ist nicht zwingend die Definition der Versorgungsregion im ÖSG ausschlaggebend. Aus § 14 Abs 3 303 PrimVG ergibt sich, dass es auf die im RSG „ausgewiesenen“ Versorgungsregionen ankommt. Der RSG kann also die eher grobe Einteilung im ÖSG durchaus enger fassen. So wird etwa im RSG Wien für die Planung ein Gemeindebezirk mit Unterregionen als Versorgungsregion festgelegt, während nach dem ÖSG Wien nur drei Versorgungsregionen hat. Das freilich steht wieder in einem Spannungsverhältnis zur Stellenplanung im GV. Genauer (wenn auch schwer nachvollziehbar) geregelt ist in § 342 Abs 3 ASVG hingegen die Adaptierung (dh Reduktion) des Stellenplans, wenn eine PVE als Ambulatorium und nicht als Gruppenpraxis (bzw Netzwerk) eingerichtet wird. Auch hier zeigt sich aber, dass die Parallelität von Strukturplanung und gesamtvertraglicher Stellenplanung suboptimal ist.

6.
Nichtärztliche Gesundheitsberufe

Keinerlei ausdrückliche zentrale Planung gibt es bei den nichtärztlichen Gesundheitsberufen.* Hier wird die Zahl in Stellenplänen festgelegt, soweit es Gesamtverträge überhaupt gibt. Solche können mit den klinischen Psychologen und Psychotherapeuten abgeschlossen werden und mit den Berufsgruppen, die eine gesetzliche berufliche Vertretung haben. Das ist etwa bei den Hebammen der Fall, für die es auch einen GV mit einem Stellenplan gibt.* Mit Berufsgruppen, die keine gesetzliche berufliche Vertretung haben, können aber privatrechtliche Verträge über die Leistungserbringung abgeschlossen werden. In der Praxis gibt es meist Rahmenverträge mit freiwilligen Berufsvereinigungen (zB Physiotherapeuten), die wie eine Vertragsschablone ein Angebot an die einzelnen Leistungserbringer darstellen. Sie enthalten auch Stellenpläne, die eine ausreichende Versorgung der Anspruchsberechtigten gewährleisten sollen.

Die nichtärztlichen Leistungserbringer werden ferner – wenn auch zurückhaltend – in die Primärversorgung einbezogen.* Nach § PrimVG gehören zum Kernteam der PVE neben Allgemeinmediziner*innen Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Orts- und bedarfsabhängig sind auch weitere Angehörige von Gesundheitsund Sozialberufen von der PVE einzubeziehen. Genauere Vorgaben im Gesetz oder in den Strukturplänen gibt es nicht.

7.
Fazit

Die Planung und Steuerung des Gesundheitswesens ist ein ambitioniertes Projekt, das vernünftige Zielsetzungen anstrebt. Gegen die Stärkung von Gesundheitsförderung und Prävention, die Verlagerung vom stationären in den ambulanten Sektor, die Sicherstellung einer hohen Behandlungsqualität, die Stärkung des Sachleistungsprinzips und die Verbesserung der Koordination und Abstimmung der verschiedenen Bereiche ist wenig einzuwenden. Die Verbesserung der Kosteneffizienz stellt angesichts hoher und überproportional steigender Gesundheitsausgaben eine absolute Notwendigkeit dar. Es gibt allerdings eine Vielzahl von „Baustellen“ bei der Umsetzung:

  • Die integrative Gesundheitsplanung steht in einem Spannungsverhältnis zur Stellenplanung im GV, das es aufzulösen gilt.

  • Die Komplexität des Planungssystems ist äußerst hoch und nur noch für wenige Insider nachvollziehbar und verständlich.

  • Verbindliche Normen sollten sich nicht wie ein Managementplan lesen. Die Gesundheitssteuerung enthält auf den verschiedenen Ebenen einen hohen Anteil von programmatischen Normen mit einer gesundheitswissenschaftlichen bzw ökonomistischen Sprache. Die Rechtsfolgen sind oft unklar.

  • Gerade die für die Zielerreichung notwendige Verbindlichkeit der Steuerung schafft erhebliche verfassungsrechtliche Probleme. Das System der verbindlichen Steuerung steht an der Kippe. Sollte der VfGH insb die Verordnungskompetenz der Gesundheitsplanungs GmbH als verfassungswidrig ansehen, bleibt es bei einer „Steuerung light“.

Letztlich spricht daher viel dafür, statt äußerst komplexer Planungskonstruktionen den großen politischen Wurf zu wagen, bei der die zersplitterte Kompetenz im Gesundheitswesen zusammengeführt und eine einheitliche Finanzierung und Organisation geschaffen wird. Immerhin würde damit auch einer langjährigen Forderung des Rechnungshofs nachgekommen.*304