Körber-Risak (Hrsg)Home-Office – Praxishandbuch
Linde Verlag, Wien 2021, 232 Seiten, kartoniert, € 49,–
Körber-Risak (Hrsg)Home-Office – Praxishandbuch
Auch vor der COVID-19-Pandemie war die anwaltliche Praxis häufig mit Fragestellungen rund um das Arbeiten im Homeoffice konfrontiert. Schon damals entstand, laut dem Vorwort der Herausgeberin Katharina Körber-Risak, die Idee für ein Praxishandbuch. Der durch die Pandemie entstandene Aufschwung sowie die teilweise gesetzliche Normierung durch das „Homeoffice-Paket“ (BGBl I 2021/61; vgl auch die steuerlichen Begleitregelungen BGBl I 2021/52) führte schließlich zur Umsetzung in Form des vorliegenden Sammelwerkes. In zehn Kapiteln decken dabei verschiedene Autor*innen ein breites Spektrum von juristischen Fragestellungen ab. Die angesprochenen gesetzlichen Neuerungen wurden in die Bearbeitung bereits miteinbezogen. Die Ausführungen befinden sich dadurch auf dem aktuellsten Stand. An einigen Stellen wird bei der Interpretation des Normtextes jedoch noch 456 auf die jeweiligen Erläuterungen des Ministerialentwurfes verwiesen (94/ME 27. GP), obwohl im gegenständlichen Zeitpunkt bereits ein aktualisierter Initiativantrag und dessen Materialien verfügbar waren (IA 1301/A BlgNR 27. GP). Dies ist aber wohl mit der zeitlichen Überschneidung des Erscheinens des Werkes mit der Kundmachung des „Homeoffice-Pakets“ zu erklären.
Bevor im Handbuch von den Autor*innen unterschiedliche Blickwinkel auf das Arbeiten im Homeoffice vorgenommen werden, widmet sich Körber-Risak (S 1 ff) einer ersten Einordnung sowie einer Begriffsdefinition. Letztere wurde erstmals durch § 2h AVRAG gesetzlich normiert. Nach dieser Legaldefinition liegt Arbeiten im Homeoffice vor, „wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer regelmäßig Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt“. Ausschlaggebende Parameter sind demnach die „regelmäßige Arbeitsleistung“ und die Erbringung „in der Wohnung“. Richtigerweise verweist die Autorin hier unter Miteinbeziehung der Gesetzesmaterialien darauf, dass Arbeitsplätze, die keine Wohnfunktion erfüllen (Remote Work außerhalb der Wohnung), wie bspw ein Co-Working-Space, nicht von dieser Definition umfasst sind (S 7; siehe auch T. Dullinger in Köck, Der Homeoffice-Kommentar [2021] § 2h AVRAG Rz 30; Gruber-Risak, Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021, CuRe 2021/5; Felten in Felten/Trost, Homeoffice [2021] Rz 4.6.).
Nachdem das „Homeoffice-Paket“ kein einheitlicher gesetzgeberischer Akt in Form eines Homeoffice-Gesetzes ist, bleibt die Frage offen, inwieweit die angesprochene Definition auch auf alle Bestimmungen des Maßnahmenpakets außerhalb des AVRAG anzuwenden ist. Körber-Risak vertritt hierbei eine differenzierte Ansicht (S 7 f). Sie zieht dabei je nach Ausgestaltung der Bestimmungen eine weitere Begriffsdefinition heran. So seien § 175 Abs 1a und 1b ASVG und § 4 Abs 10 AIG auch auf unregelmäßiges Arbeiten im Homeoffice auszuweiten. Ihrer Ansicht nach sei es auch nicht sachgerecht, die Haftungserleichterung des § 2 Abs 4 DHG nur bei regelmäßiger Arbeit im Homeoffice anzuwenden. Noch weiter interpretiert die Autorin den Homeoffice-Begriff im ArbVG. Der mit § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG geschaffene Tatbestand ermächtigt zum Abschluss einer BV zur „Festlegung von Rahmenbedingungen für die Arbeit im Home-Office“. Damit verwendet der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang ebenfalls erstmalig den Begriff des „Home-Office“, ohne jedoch auf die bereits angesprochene Definition des § 2h AVRAG explizit zu verweisen. Dies, sowie der fehlende Bezug im Normtext auf die „Wohnung“, führe nach Körber-Risak dazu, dass hier wohl auch Regelungen über Rahmenbedingungen von Remote Work außerhalb der Wohnung unter den Tatbestand subsumiert werden können. In der Literatur sowie auch offenbar im vorliegenden Werk in einem späteren Kapitel (Kronlachner in Kap II.3.2) entwickelte sich jedoch demgegenüber auch die Meinung, dass die Definition des § 2h AVRAG grundsätzlich sehr wohl für alle Bestimmungen des Maßnahmenpakets relevant ist. Der Argumentation, dass dies aus dem gemeinsamen Verabschieden des „Homeoffice-Pakets“ sowie dem dadurch erkennbaren Willen des Gesetzgebers ein einheitliches Konzept zu schaffen abgeleitet werden kann, ist mE zu folgen (siehe dazu T. Dullinger in Köck, Der Homeoffice-Kommentar § 2h AVRAG Rz 12; Friedrich, Homeoffice-Betriebsvereinbarungen, ZAS 2022, 22 [23]). Das schließt jedoch, wie auch Körber-Risak selbst anfügt, eine BV über Rahmenbedingungen von Remote Work nicht aus, soweit sie unter andere Tatbestände des § 97 Abs 1 ArbVG fallen.
Neben der Begriffsbestimmung stellen sich noch weitere betriebsverfassungsrechtliche Fragestellungen, welchen sich Laura Kronlachner in Kapitel II des Handbuches widmet. Bereits vor Schaffung des neuen Betriebsvereinbarungstatbestandes konnten gewisse Rahmenbedingungen der Arbeit im Homeoffice durch eine BV geregelt werden (siehe dazu die Ausführungen zu den einzelnen Tatbeständen im Detail S 24 ff). Dies ist auch der Ursprung der Kritik im Schrifttum in Bezug auf die Bedeutung der neuen Regelungsermächtigung (siehe bspw Mathy/Trost in Felten/Trost, Homeoffice Rz 6.84, die keinen Mehrwert in der Schöpfung des neuen Tatbestandes erkennen können). Auch Kronlachner sieht die neu geschaffene Bestimmung vor allem als Klarstellung, begrüßt diese jedoch zur einfacheren praktischen Handhabung (S 21). Gleichzeitig führt sie jedoch aus, dass unter Umständen ein Abschluss einer gesonderten BV sinnvoll oder sogar notwendig sein kann, wenn in einer bestimmten Angelegenheit einer der anderen Tatbestände der §§ 96, 96a und 97 Abs 1 Z 1 ff ArbVG (ebenfalls) einschlägig ist (S 24). Der Hintergrund dieser Empfehlung liegt wohl in den Ausführungen der Autorin, wonach grundsätzlich immer jener Mitwirkungstatbestand (von mehreren einschlägigen) zur Anwendung gelangt, der die stärkere Intensität von Mitwirkung beinhaltet (S 22; vgl auch bspw Friedrich, ZAS 2022, 22 [23]; Mathy/Trost in Felten/Trost, Homeoffice Rz 6.28.). § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG hätte damit wohl als fakultative, nicht erzwingbare BV in vielen Fällen das Nachsehen im Vergleich zu Tatbeständen mit stärkerer Mitwirkungsintensität. In Bezug auf §§ 96 und 96a ArbVG wird dies auch durch die Materialien selbst (siehe IA 1301/A BlgNR 27. GP 6, wonach eine allfällig notwendige BV gem § 96 bzw § 96a ArbVG unberührt bleibt) sowie die betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätze untermauert (T. Dullinger in Köck, Der Homeoffice-Kommentar § 97 ArbVG Rz 23). In der Begründung des Initiativantrages jedoch nicht explizit erwähnt wird das Verhältnis zu den übrigen Ziffern des § 97 Abs 1 ArbVG (insb Z 1 bis 6a), weshalb in der Literatur Raum für eine differenzierte Ansicht bleibt. Thomas Dullinger (in Köck, Der Homeoffice-Kommentar § 97 ArbVG Rz 57) stellt, nach einer grundlegenden Untersuchung, hierbei auf Kontext und Zielsetzung ab. Soll eine BV allein für die Arbeit im Homeoffice gelten (und nicht unterschiedslos auch im Betrieb), ist sie nach seiner Ansicht unter den neuen Tatbestand der Z 27 zu subsumieren und damit nicht erzwingbar. Wie Kronlachner verweist jedoch auch Dullinger (in Köck, Der Homeoffice-Kommentar § 97 ArbVG Rz 60) darauf, dass es ratsam sein kann, etwaige Betriebsvereinbarungsbestandteile nach Kompetenzgrundlagen zu trennen und gesondert zu vereinbaren.
Die obigen Ausführungen zeigen, dass es den Autor*innen gelingt, verschiedene juristische Diskussionspunkte im Zusammenhang mit dem Arbeiten im Homeoffice umfassend darzustellen. Abgerundet wird die inhaltliche Auseinandersetzung dabei durch Praxistipps, Checklisten und Muster an geeigneter Stelle (bspw „Muster Betriebsvereinbarung“ S 34 ff). Das Handbuch ist daher neben Praktiker*innen auch all 457 jenen zu empfehlen, die sich einen fundierten Überblick über das Themengebiet verschaffen möchten.