Köck (Hrsg)Der Homeoffice-Kommentar

Manz-Verlag, Wien 2021, XXII, 322 Seiten, gebunden, € 68,–

WALTER J.PFEIL (SALZBURG)

Am 1.4.2021 ist das Sammelgesetz BGBl I 2021/61 in Kraft getreten, mit dem erstmals im allgemeinen Arbeitsrecht ein grundsätzlicher Rahmen für das Arbeiten zu Hause geschaffen wurde. Diese Regelungen betreffen vier arbeitsrechtliche Gesetze und werden durch (in der Sache ebenfalls nur geringfügige) Änderungen im ASVG bzw B-KUVG sowie bereits kurz zuvor mit BGBl I 2021/52 in Geltung gesetzte steuerrechtliche Maßnahmen flankiert. Insgesamt wurden all diese Neuerungen häufig als enttäuschend eingestuft, vor allem wenn man berücksichtigt, wie groß der praktische Bedarf nach klaren Bedingungen gerade in Pandemie-Zeiten geworden ist und wie lange deren Implementierung dann auf sich hat warten lassen.

Umso wichtiger ist daher eine literarische Aufbereitung dieser Bestimmungen. Eine solche hat gleich mit einer beachtlichen Zahl von Abhandlungen begonnen. Dazu sind dann rasch zwei Praxishandbücher und eben der hier vorzustellende Kurzkommentar gekommen. Diese Form der Bearbeitung stellt bei einem Sammelgesetz eine besondere Herausforderung dar, noch dazu wenn die Änderungen selbst einige wichtige Bereiche ausgespart haben. Das gilt namentlich für das Arbeitszeit-, das Arbeitsschutz- und das Datenschutzrecht. Die Einbeziehung dieser Materien in die Kommentierung und die Erfassung der Regelungen im EStG war daher völlig richtig und steigert deren praktischen Nutzen erheblich.

Das Werk ist in vier Teile gegliedert, die durch Verzeichnisse der AutorInnen, der Abkürzungen und der abgekürzt zitierten Literatur sowie ein umfangreiches und durchdachtes Stichwortverzeichnis eingerahmt werden. Die drei Teile mit den „Exkursen“ zu den unveränderten, aber für Homeoffice ebenfalls wesentlichen Materien enthalten systematische Darstellungen, die in Randziffern übersichtlich gegliedert sind und in denen die maßgebenden Regelungen integriert wiedergegeben werden.

Im 1. Teil als Kernstück des Kommentars finden sich die Erläuterungen zu den gesetzlichen, jeweils in den entsprechenden Regelungszusammenhang gestellten Neuerungen nach Wiedergabe der Normtexte und der jeweiligen Gesetzesmaterialien (vgl insb den IA 1301/A 27. GP, aber teilweise auch den Entwurf 94/ME 27. GP) sowie der Dokumentation des einschlägigen Schrifttums. Die eigentliche Kommentierung wird bei der einzigen gänzlich neuen Bestimmung in § 2h AVRAG von Susanne Auer-Mayer und Thomas Dullingerbesorgt, der dann auch die kleine Ergänzung in § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG bearbeitet. Auch die Erweiterung in § 2 Abs 4 DHG und die Überführung der bisherigen provisorischen Regelungen zum Arbeits- bzw Dienstunfall jeweils in den Abs 1a und 1b des § 175 ASVG bzw

§ 91 B-KUVG wird mit Wolfgang Brodil von einem arrivierten Academic kommentiert. Für die Aufbereitung der steuerrechtlichen Flankierungen sind dann mit Thomas Neumann, Stefan Brandstätter, Denise Dragaschnig und Julia Mäder PraktikerInnen verantwortlich. Gleiches gilt für den Anhang zum Datenschutz, der von zwei anwaltlich Tätigen, Günther Leissler und Florian Terharen, bearbeitet wird, während die Einordung des neuen § 4 Abs 10 ArbIG und die Einbettung ins Arbeitszeit- bzw Arbeitsschutzrecht mit Elisabeth Bartmann wieder durch eine junge Wissenschafterin erfolgen.

Mit dieser Mischung von Wissenschaft und Praxis, die Stefan Köck ja selbst in ganz besonderer Weise verkörpert, soll offenbar dem von ihm (im Vorwort, V) formulierten Anspruch entsprochen werden, die Materie wissenschaftlich zu durchdringen und weiterführende Lösungen auch in praktischer Hinsicht anzubieten. Dem wird der Kurzkommentar auch gerecht, wie an Hand von einigen – im vorliegenden Rahmen naturgemäß nur exemplarischen – Punkten gezeigt werden kann.

So analysiert Dullinger präzise die Definition von Homeoffice in § 2h Abs 1 AVRAG, aber nicht ohne deren Grenzen zu problematisieren (vgl insb Rz 30 f). Zu Recht weist er auch darauf hin, dass bei Pauschalvereinbarungen nach Abs 3 dieser Bestimmung ebenfalls stets die Angemessenheit die (im Hinblick auf § 16 AVRAG zwingende) Untergrenze darstellt, auch wenn die Pflicht zur Bereitstellung der Arbeitsmittel in Kombination der drei gesetzlich vorgesehenen Alternativen erfüllt werden kann (Rz 53 f).

Auer-Mayer erteilt der Annahme einer AN-Verpflichtung zum Homeoffice auf Grund der „Treuepflicht“, aber eben entgegen der Anordnung in § 2h Abs 2 AVRAG, eine überzeugende Absage (insb Rz 145 ff). Ebenso wohlbegründet verwirft sie die – in Abs 4 gerade nicht vorgesehene – Möglichkeit einer fristlosen Beendigung der Homeoffice-Vereinbarung auch bei ganz „besonders wichtigen“ Gründen (Rz 181 ff).

Brodil stellt die Neuregelung durch dessen Abs 4 instruktiv in den Kontext des bisherigen § 2 DHG und nimmt auch die Verbindung zur Risikohaftung nach § 1014 ABGB in gelungener Weise vor. Nicht überzeugend ist dagegen die These, dass der „örtliche Geltungsbereich“ der Erweiterung der Haftungserleichterungen auf mit im Homeoffice tätigen AN im gemeinsamen Haushalt lebende Personen „zwingend“ der Definition in § 2h Abs 1 AVRAG entsprechen müsste (§ 2 DHG Rz 17): Dem Zweck des § 2 Abs 4 DHG ist auch bei nicht regelmäßigem Arbeiten zu Hause Rechnung zu tragen, zumal es da vielleicht sogar noch weniger als sonst möglich ist, das Risiko von Schäden an AGBetriebsmitteln durch entsprechende Vorkehrungen zu minimieren. Auch bei der Beschädigung des Firmenrechners, zB durch den Mann einer AN, der diesen für sie nach Hause transportiert, muss es – wie auch sonst im DHG – auf den dienstlichen Zusammenhang (hier mit Arbeiten im Homeoffice) ankommen und nicht auf den zufälligen Ort der Schadenszufügung.

Schließlich sei noch das Bemühen von Bartmann besonders hervorgehoben, den Widerspruch zwischen dem nun in § 4 Abs 10 ArbIG ausgeschlossenen Betretungsrecht der Organe des Arbeitsinspektorats und den in den Materialien doch unterstellten Zutrittsmöglichkeiten (vgl IA 1301/A 27. GP 6) aufzulösen (§ 4 ArbIG 458 Rz 9 ff). Dies muss allerdings angesichts der – wohl nicht nur rechtspolitisch – unbefriedigenden Regelungen ähnlich schwer fallen wie die Verteidigung der nach § 26 Abs 3 AZG ausreichenden Saldenaufzeichnung gegen den spätestens seit der CCOO-Entscheidung des EuGH im Raum stehenden Vorwurf der Unionsrechtswidrigkeit (242 ff).

Diese Beispiele machen nicht nur deutlich, dass Arbeiten im Homeoffice viele Rechtsbereiche berührt, sondern vor allem, dass diese im vorliegenden Kommentar auch durchwegs berücksichtigt werden. Dass das noch dazu in fundierter, gut verständlicher und meist auch eingehend begründeter Weise erfolgt ist, ist umso bemerkenswerter, als der Band bereits wenige Wochen nach Inkrafttreten der Neuregelungen fertiggestellt wurde. Der Wunsch, damit allen PraktikerInnen eine Unterstützung zu sein und die wissenschaftliche Diskussion zu befruchten (vgl noch einmal das Vorwort, V f), ist somit ohne Zweifel in Erfüllung gegangen.