29Der gemeinsame Haushalt im FamZeitbG
Der gemeinsame Haushalt im FamZeitbG
§ 2 Abs 3a FamZeitbG verlangt für die Annahme eines gemeinsamen Haushalts (neben der persönlichen Pflege und Betreuung des Kindes durch Vater und Mutter) lediglich das Vorliegen eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts des Kindes. Diese Voraussetzung ist im Fall eines aus medizinischen Gründen notwendigen Krankenhausaufenthalts erfüllt.
Ist die medizinische Indikation gegeben, verlangt das Gesetz darüber hinaus weder eine bestimmte Mindestdauer des im Einzelfall erforderlichen Krankenhausaufenthalts, noch, dass vor Beginn eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts bereits eine drei- bis fünftägige „übliche Verweildauer“ im Krankenhaus nach einer Geburt verstrichen wäre.
[1] Der Sohn des Kl wurde am 15.4.2019 geboren. Von 15.4.2019 bis 18.4.2019 befand er sich wegen eines Amnioninfekts in stationärer Behandlung und erhielt eine antibiotische Kombinationstherapie. Der Krankenhausaufenthalt des Kindes war medizinisch indiziert. Unstrittig betreuten und pflegten beide Elternteile das Kind während des stationären Aufenthalts im gesetzlichen Mindestausmaß von täglich durchschnittlich vier Stunden. Am 17.4.2019 beantragte der Kl die Zuerkennung eines Familienzeitbonus für 31 Tage von 17.4.2019 bis 17.5.2019.
[2] Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.7.2019 lehnte die Wiener Gebietskrankenkasse diesen Antrag mit der Begründung ab, dass infolge des gemeinsamen Spitalsaufenthalts der Mutter und des Kindes bis 18.4.2019 kein gemeinsamer Haushalt bestanden habe.
[3] Mit seiner Klage begehrt der Kl die Zuerkennung eines Familienzeitbonus in Höhe von 22,60 € täglich für den Zeitraum von 17.4.2019 bis 17.5.2019. Auch die Zeit des stationären Aufenthalts des Kindes sei gem § 2 Abs 3a FamZeitbG als Familienzeit anzusehen.
[4] Die Bekl wandte dagegen ein, dass die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG nur zur Anwendung komme, wenn das Kind aufgrund einer schweren Erkrankung ohne Eltern im Krankenhaus stationär aufgenommen sei. Darüber hi naus sei § 2 Abs 3a FamZeitbG nur auf eine längere als die übliche Aufenthaltsdauer von drei bis fünf Tagen nach einer Geburt anzuwenden. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
[5] Das Erstgericht gab der Klage statt.
6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Bekl (nun: Österreichische Gesundheitskasse [ÖGK]) nicht Folge. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 3a FamZeitbG seien nach dem Wortlaut der Bestimmung erfüllt. Die Revision sei zulässig, weil zur Auslegung dieser Bestimmung Rsp des OGH fehle. [7] Dagegen richtet sich die vom Kl beantwortete Revision der bekl ÖGK, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.
[8] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
[9] 1.1 Anspruch auf Familienzeitbonus besteht ua gem § 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG dann, wenn sich der Vater im gesamten Anspruchszeitraum in Familienzeit (§ 2 Abs 4 FamZeitbG) befindet und darüber hinaus er, das Kind und der andere Elternteil gem § 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG im gemeinsamen Haushalt (§ 2 Abs 3 FamZeitbG) leben.
[10] 1.2 Während des Spitalsaufenthalts des Kindes und der Mutter fehlte es im vorliegenden Fall unstrittig an einem gemeinsamen Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG (RS0132377).
[11] 2.1 § 2 Abs 3a FamZeitbG wurde mit der Novelle BGBl I 2019/24geschaffen. Die Bestimmung trat mit 1.1.2019 in Kraft und ist gem § 12 Abs 3 Fam-ZeitbG auf Geburten nach dem 31.12.2018, daher auch im vorliegenden Fall, anzuwenden. § 2 Abs 3a FamZeitbG lautet:
„Bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt im Sinne des Abs. 3 angenommen. Ein solcher Krankenhausaufenthalt des Kindes steht dem Vorliegen einer Familienzeit nach Abs. 4 nicht entgegen.“
[12] 2.2 In den Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung heißt es (gleichlautend 584/A 26. GP 3 und AB 494 BlgNR 26. GP 2):
„Der Familienzeitbonus soll als Ausnahme auch dann gebühren, wenn aufgrund des medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthaltes des Kindes (zB aufgrund einer schweren Erkrankung des Kindes oder im Falle eines Frühchens) kein gemeinsamer Haushalt der Eltern mit dem Kind vorliegt, sofern der Vater sowie die Mutter jeweils im Durchschnitt mindestens 4 Stunden täglich das Kind persönlich pflegen und betreuen (und alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden). Der Vater hat das Ausmaß der Pflege und Betreuung des Kindes durch ihn und den anderen Elternteil durch Bestätigungen des Krankenhauses beim Krankenversicherungsträger nachzuweisen.“
[13] 2.3 Im Schrifttum wird zu § 2 Abs 3a FamZeitbG im hier relevanten Zusammenhang vertreten, dass der Krankenhausaufenthalt eines Kindes medizinisch indiziert sein muss (Bernsteiner, Wenn der Nachwuchs viel zu früh kommt: „Papa-Monat“ im Ausnahmezustand, ecolex 2019, 533). Eine genaue Definition des Begriffs des „medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts“ biete das Gesetz nicht an (Blasl, Kein Anspruch auf Familienzeitbonus während des Krankenhausaufenthalts nach der Geburt des Kindes, ASoK 2019, 169 [172]). Ein medizinisch indizierter Krankenhausaufenthalt liege zB aufgrund einer schweren Erkrankung des Kindes oder bei einer Frühgeburt („Frühchen“) vor (Sonntag in Sonntag/Schober/Konezny, KBGG3 § 2 FamZeitbG Rz 21a). Ein Krankenhausaufenthalt im Anschluss 397 an eine komplikationslose Geburt sei hingegen nicht medizinisch indiziert (Blasl, ASoK 2019, 169 [172]; Schrattbauer, Drei Jahre Familienzeitbonus – kritische Revision einer noch jungen Familienleistung, JAS 2020, 244 [259 FN 73]).
[14] 2.4 In dem der E 10 ObS 29/20t zugrunde liegenden Fall wurde das Kind am 13.1.2019 gesund geboren. Ein stationärer Aufenthalt von Mutter und Kind ab der Geburt bis 21.1.2019 war durch eine Erkrankung der Mutter, nicht aber des Kindes medizinisch indiziert. Daher waren die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG nicht gegeben.
[15] 3.1 Die Revisionswerberin hat außer Streit gestellt, dass sich das Kind „gesundheitsbedingt“ (ON 18) im Krankenhaus aufgehalten hat. Allerdings liege kein medizinisch indizierter Krankenhausaufenthalt iSd § 2 Abs 3a FamZeitbG vor: Denn nach jeder Geburt betrage die „übliche Verweildauer“ von Mutter und Kind im Spital drei bis fünf Tage. Diese „Verweildauer“ sei von § 2 Abs 3a FamZeitbG nicht umfasst. Ein medizinisch indizierter Krankenhausaufenthalt könne erst mit dem Ende dieser „üblichen Verweildauer“ aufgrund einer Erkrankung oder Frühgeburt beginnen. Die Bestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG sollte die Benachteiligung ausgleichen, die durch die „medizinische Verunmöglichung“ der gemeinsamen Haushaltsgründung entstehe. Es sei sachlich nicht rechtfertigbar, § 2 Abs 3a FamZeitbG auf Konstellationen wie die vorliegende auszudehnen, in denen das Kind zwar erkranke, der stationäre Aufenthalt jedoch die „durchschnittliche Verweildauer“ im Krankenhaus von drei bis fünf Tagen aus Anlass einer Geburt nicht überschreite, weil die medizinische Behandlung auch außerhalb des Krankenhauses fortgesetzt werden könne. Dies würde eine unsachliche und gleichheitswidrige Besserstellung des Kl zur Folge haben. Eine Erkrankung des Kindes könne für sich allein genommen nicht den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs 3a FamZeitbG erfüllen.
[16] 3.2 Weder der Wortlaut des § 2 Abs 3a Fam-ZeitbG noch die dargestellten Gesetzesmaterialien vermögen diese Rechtsansicht der Bekl zu stützen. Richtig ist, dass § 2 Abs 3a FamZeitbG als Ausnahmebestimmung (arg: „ausnahmsweise“, vgl bereits 10 ObS 29/20t) eng auszulegen ist (vgl RS0008903). Das Gesetz spricht lediglich vom Vorliegen eines „medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts“, daher eines aus medizinischen Gründen notwendigen Krankenhausaufenthalts. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall infolge des aufgetretenen Amnioninfekts, bei dem es sich nach dem insofern nicht bestrittenen Vorbringen in der Klage um einen klinischen Notfall handelte, verwirklicht. Eine komplikationslose Geburt lag daher gerade nicht vor. Ist die medizinische Indikation – wie hier unstrittig – gegeben, verlangt das Gesetz darüber hinaus weder eine bestimmte (Mindest-)Dauer des im jeweiligen Einzelfall erforderlichen Krankenhausaufenthalts, noch, dass vor Beginn eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts bereits eine drei- bis fünftägige „übliche Verweildauer“ im Krankenhaus nach einer Geburt verstrichen wäre.
Auch in den Gesetzesmaterialien ist lediglich eine „schwere Erkrankung des Kindes“ genannt, ohne dass diese Voraussetzung mit einer bestimmten Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus verknüpft wäre. Eine „schwere Erkrankung“ liegt nach § 2 Abs 3a FamZeitbG vielmehr vor, wenn „aufgrund“ einer solchen Erkrankung ein Krankenhausaufenthalt medizinisch indiziert, also erforderlich ist. Dies war hier der Fall.
[17] Die weitere Voraussetzung des § 2 Abs 3a Fam-ZeitbG, die erforderliche persönliche Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil, ist hier unstrittig gegeben.
[18] Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
[...]
Die Entscheidung des OGH überrascht nicht und ihr ist vollinhaltlich zuzustimmen. Überraschend ist vielmehr die im Verfahren vom bekl Krankenversicherungsträger (nunmehr ÖGK) vorgebrachte Auslegung des § 2 Abs 3a FamZeitbG. Diese erweckt (leider zum wiederholten Mal, vgl etwa OGH 21.1.2020, 10 ObS 147/19v) den Eindruck, dass aus Sicht der leistungszuständigen Krankenversicherungsträger der eigentliche Zweck der Regelungen des FamZeitbG in der Verhinderung von unsachlichen Bevorzugungen einzelner Väter und damit vor allem in der Vermeidung von missbräuchlichem Leistungsbezug liegt. Bei einer Leistung, mit der der Anteil jener Jung-Väter, die sich nach der Geburt ihres Kindes um ihre Familie kümmern, erhöht werden soll, womit die Saat dafür gelegt wird, dass auch im weiteren Verlauf die Betreuung von Kindern partnerschaftlich aufgeteilt wird, immer nur mit Missbrauchsvermeidung zu argumentieren, erscheint gelinde gesagt kontraproduktiv. Auch die Reparaturversuche des Gesetzgebers, der sich bald nach Inkrafttreten des FamZeitbG dazu genötigt sah, immer kleinteiligere Regelungen zu ergänzen, dürften aus dem Blickwinkel des Zwecks des Familienzeitbonus als nicht recht geglückt betrachtet werden. Denn je komplizierter und damit aus Sicht der Rechtsanwender*innen unsicherer ein Leistungsbezug ausgestaltet ist, umso weniger wird er nachgefragt werden.
Wie der OGH in dieser Entscheidung vollkommen richtig betont, ist die medizinische Indikation des Krankenhausaufenthalts des Kindes die einzige Voraussetzung, um trotz physisch fehlendem gemeinsamen Haushalt zwischen Vater, Mutter und Kind einen eben solchen anzunehmen. Die Auslegung der ÖGK, dass damit nur Krankenhausaufenthalte gemeint sein können, die über eine angeblich 398 „allgemeine Verweildauer“ nach einer Entbindung hinausgehen, entbehrt sowohl im Gesetzestext als auch in den Gesetzesmaterialien jeglicher Grundlage. Da im vorliegenden Fall eine schwere Erkrankung des Kindes, nämlich eine Neugeborenen- Infektion ab der Geburt, gegeben war, war die Sachlage auch absolut eindeutig.
In diesem Zusammenhang drängt sich allerdings die Frage auf, worin die Rechtfertigung einer von der ÖGK geltend gemachten „allgemeinen Verweildauer“ nach einer Entbindung liegen soll. Etwa nicht auch in einer medizinischen Notwendigkeit? Gemeinsam mit Faber (Kinderbetreuungsgeld und Familienzeitbonus – Ausgewählte Fragen, DRdA 2022, 18 [22]) darf schon hinterfragt werden, was ein Krankenhausaufenthalt im Anschluss an eine Entbindung sonst sein soll, wenn nicht ein medizinisch indizierter Krankenhausaufenthalt. Wohl keine Wellness-Behandlung für das Neugeborene, die nur jene Väter vom Geburtskrankenhaus verlangen, die in missbräuchlicher Weise Familienzeitbonus auch schon dann beziehen wollen, während sie alleine gemütlich auf der Couch liegen.
Nach dem Lexikon des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich versteht man unter Indikation (Heilanzeige) den Grund für die Durchführung einer bestimmten ärztlichen Maßnahme. Dabei kann es sich um eine diagnostische Maßnahme, wie beispielsweise eine Blutabnahme, oder eine therapeutische Maßnahme, wie beispielsweise die Verabreichung eines Arzneimittels, handeln, die nach Abschätzen des möglichen Nutzens und Risikos für den Patienten/die Patientin sinnvoll ist. Es kann zwischen einer absoluten Indikation und einer relativen Indikation unterschieden werden. Bei der absoluten Indikation liegt ein zwingender Grund zur Durchführung der Maßnahme vor. Dies ist zB in einem Notfall mit bestehender Lebensgefahr der Fall. Bei einer relativen Indikation soll durch die medizinische Maßnahme eine Besserung des Zustandes erlangt werden, sie ist jedoch nicht zwingend notwendig (vgl https://www.gesundheit.gv.at/lexikon/h/indikationhttps://www.gesundheit.gv.at/lexikon/h/indikation).
Die medizinische Indikation eines Krankenhausaufenthalts kann daher schon dann gegeben sein, wenn der Patient/die Patientin beobachtet werden soll (diagnostische Maßnahme) und zwar in einem sicheren Rahmen, in dem bei Verschlechterung eines ansonsten unproblematischen Gesundheitszustands rasch und effektiv eingegriffen werden kann (idS wohl auch Faber, DRdA 2022, 18 [21]). Mit dem OGH ist daher unter einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt ein aus medizinischen Gründen erforderlicher Krankenhausaufenthalt zu verstehen. Demnach müsste aber immer dann, wenn das Kind nicht sofort nach der Entbindung aus dem Krankenhaus entlassen wird, aus Sicht des behandelnden Gesundheitspersonals ein weiterer Aufenthalt im Krankenhaus aus medizinischen Gründen erforderlich sein, weshalb auch in diesen Fällen die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts iSd 2 Abs 3a FamZeitbG erfüllt sein müsste. Auch der Gesetzestext nimmt keinen Bezug darauf, aus welchem Grund ein Krankenhausaufenthalt medizinisch indiziert ist, differenziert also nicht danach, ob eine schwere Erkrankung Grund dafür ist oder die bloße Notwendigkeit einer stationären Überwachung des Gesundheitszustands des Neugeborenen (uU weil eine schwere Erkrankung derzeit nur befürchtet wird und man – gerade bei einem Neugeborenen – vorbereitet sein will). Beispiele für die medizinische Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthalts des Kindes nach der Entbindung werden allein in den Gesetzesmaterialien genannt (vgl ErläutIA 584/A 26. GP 3). Allerdings hat sich der OGH (und zwar in das Kinderbetreuungsgeld betreffenden Rechtsfragen) schon des Öfteren mit der Thematik der Auslegung von Gesetzesmaterialien befasst und darauf hingewiesen, dass Aussagen, die sich allein in den Materialien finden, im Gesetzestext aber keinen Niederschlag gefunden haben, nicht im Wege der Auslegung Geltung erlangen können (vgl OGH 13.9.2017, 10 ObS 89/17m; OGH 11.10.2016, 10 ObS 101/16z). Die in den Materialien genannten Beispiele daher iSe abschließenden Aufzählung von in § 2 Abs 3a FamZeitbG angesprochenen Fällen zu verstehen, kann somit auch nicht im Wege der Auslegung argumentiert werden (idS auch Faber, DRdA 2022, 18 [21]).
ME würde die Annahme einer medizinischen Indikation des Krankenhausaufenthalts auch bei einem grundsätzlich gesund geborenen Kind keine massiven Missbrauchsfälle zulassen, verlangt der Gesetzestext doch zusätzlich zum medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt, dass sich sowohl Vater als auch Mutter täglich für jeweils mindestens vier Stunden um das stationär aufgenommene Neugeborene kümmern müssen. In Kombination mit den in der Regel anfallenden Wegzeiten bedeutet das vor allem für den Vater einen bedeutenden Betreuungsaufwand, weshalb der Bezug des Familienzeitbonus in dieser Konstellation wohl nicht als missbräuchlich gelten kann.
In diesem Zusammenhang drängt sich aber eine weitere Frage auf: Worin unterscheidet sich die Situation eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts des Kindes unmittelbar nach der Geburt von der Situation eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts der stillenden Mutter im Anschluss an eine Entbindung?
Dass der Gesetzgeber nur im Fall eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts des Kindes ausnahmsweise einen gemeinsamen Haushalt zwischen Vater, Mutter und Kind annimmt, nicht allerdings bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt der Mutter, die gerade ein Kind zur Welt gebracht hat, erscheint nicht immer nachvollziehbar. Dies hat der OGH zumindest im Fall eines ungeplanten Krankenhausaufenthalts der Mutter während der Familienzeit des Vaters auch so gesehen, sprach er sich doch in diesem Fall, in dem sich die Mutter einige Zeit nach der Entlassung aus der Entbindungsklinik ohne das Kind in stationäre Anstaltspflege begeben musste, für eine teleologische Reduktion des § 2 Abs 3a FamZeitbG 399 aus (vgl OGH 10 ObS 147/19v DRdA-infas 2020, 178). Betont wurde in dieser E eben der Zweck des Familienzeitbonus, der jene Väter unterstützen soll, die sich nach der Geburt eines Kindes um die Familie kümmern, was bei einer alleinigen Betreuung des Neugeborenen durch den Vater klar der Fall ist. Kein, dem Zweck des Familienzeitbonus entgegenstehendes Ergebnis sah der OGH allerdings in dem Fall, in dem der Krankenhausaufenthalt des gestillten Kindes im Anschluss an die Geburt nur deshalb erforderlich war, weil die stillende Mutter im Krankenhaus bleiben musste (vgl OGH10 ObS 29/20t ARD 6707/14/2020). ME ist iSd obigen Ausführungen in dieser Situation aber wohl ebenfalls von einer medizinischen Indikation für den Krankenhausaufenthalt des Kindes auszugehen, ist doch gerade in den ersten Lebenstagen eine funktionierende Stillbeziehung von der Nähe zwischen Mutter und Kind abhängig, weshalb bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt zumindest einer stillenden Mutter auch der gleichzeitige Krankenhausaufenthalt des Kindes iSd § 2 Abs 3a FamZeitbG medizinisch indiziert sein wird. Andernfalls wird nämlich die Ernährung des Säuglings ein Problem.
Folgt man allerdings der engen Interpretation des OGH, erhält ein Vater, der sich in einer solchen Situation auch im Krankenhaus für mindestens vier Stunden pro Tag um seinen Nachwuchs kümmert, keinen Familienzeitbonus. Und das, obwohl er im Fall der erkrankten Mutter wohl umso mehr gebraucht wird, als wenn sich zusätzlich auch die gesunde Mutter um das wegen medizinischer Notwendigkeit stationär aufgenommene Kind kümmern kann. Dieser Vater scheint nicht schutzwürdig und ist, wie bis zur Einführung von Papamonat und Familienzeitbonus auf den Verbrauch von Erholungsurlaub verwiesen. Ein Ergebnis, das mE dem Zweck des FamZeitbG entgegenläuft.
§ 2 Abs 3a FamZeitbG ist eine Konkretisierung der allgemeinen Definition des gemeinsamen Haushalts in § 2 Abs 3 FamZeitbG. Nach dieser Bestimmung liegt ein gemeinsamer Haushalt nur dann vor, wenn eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse gegeben ist und Vater, Mutter und Kind an dieser Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Nach Ansicht des OGH liegt eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft erst dann vor, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft tatsächlich aufgenommen wird und dies in der Absicht geschieht, sie auf Dauer zu führen. Dies kann nach Ansicht des Höchstgerichts im Fall einer Hausgeburt bereits ab dem Tag der Geburt des Kindes gegeben sein (vgl OGH10 ObS 50/19dDRdA-infas 2020, 177). Auch wenn Krisenpflegeeltern das Kind unmittelbar im Anschluss an die Geburt in ihre Obhut nehmen, kann ein gemeinsamer Haushalt schon am Tag der Geburt begründet werden (OGH10 ObS 65/19kDRdA-infas 2019, 352). Befinden sich Vater, Mutter § Abs 3a FamZeitbG ist eine Konkretisierung der allgemeinen Definition des gemeinsamen Haushalts in § 2 Abs 3 FamZeitbG. Nach dieser Bestimmung liegt ein gemeinsamer Haushalt nur dann vor, wenn eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse gegeben ist und Vater, Mutter und Kind an dieser Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Nach Ansicht des OGH liegt eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft erst dann vor, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft tatsächlich aufgenommen wird und dies in der Absicht geschieht, sie auf Dauer zu führen. Dies kann nach Ansicht des Höchstgerichts im Fall einer Hausgeburt bereits ab dem Tag der Geburt des Kindes gegeben sein (vgl OGH10 ObS 50/19dDRdA-infas 2020, 177). Auch wenn Krisenpflegeeltern das Kind unmittelbar im Anschluss an die Geburt in ihre Obhut nehmen, kann ein gemeinsamer Haushalt schon am Tag der Geburt begründet werden (OGH10 ObS 65/19kDRdA-infas 2019, 352). Befinden sich Vater, Mutter
Stolperstein ist dabei allerdings die enge Definition des gemeinsamen Haushalts in § 2 Abs 3 FamZeitbG, wonach zusätzlich zur dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft auch eine tatsächliche hauptwohnsitzliche Meldung von Vater, Mutter und Kind erfolgen muss. Zu den zur vergleichbaren Definition in § Abs 6 Satz 1 KBGG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken des OGH, die allerdings vom VfGH nicht geteilt wurden, vgl OGH10 ObS 144/15xDRdA-infas 2016, 229 (Thomasberger) bzw VfGHG 121/2016 ARD 6257/10/2016 (siehe dazu auch Burger-Ehrnhofer, KBGG und FamZeitbG3 § 2 FamZeitbG Rz 20).
Wie sehr die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Annahme eines gemeinsamen Haushalts selbst sowie eine allzu enge Auslegung dieser Bestimmungen am eigentlichen Zweck des Fam- ZeitbG vorbeigehen, zeigt sich auch dann, wenn die Familie, um die sich der Vater annehmen soll, noch aus weiteren Geschwisterkindern besteht.
Können Mutter und/oder neugeborenes Kind wegen eines medizinisch indizierten Krankenhaus 400aufenthalts (vorübergehend) noch keinen gemeinsamen Haushalt mit dem Kindesvater begründen, ist es nämlich ganz grundsätzlich fraglich, warum der Bezug von Familienzeitbonus dann jedenfalls eine unsachliche Besserstellung darstellen würde. Schon die Begriffe „Familienzeit“ bzw „Familienzeitbonus“ legen den Schluss nahe, dass es bei diesen Ansprüchen bzw Freistellungen – anders als beim Mutterschutz, der vor allem den Gesundheitsschutz einer Schwangeren bzw einer Mutter nach der Entbindung bezweckt – nicht um den Schutz des Jungvaters geht, sondern um die Gewährung von Zeit für die Familie. § 2 Abs 4 FamZeitbG definiert die Familienzeit demnach als einen Zeitraum, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu seine Erwerbstätigkeit unterbricht und auch keine Leistungen aus der AlV bzw keine Entgeltfortzahlung wegen Krankheit bezieht. In diesem Sinne verstehen auch die Gesetzesmaterialien unter Familienzeit den Zeitabschnitt einer 31-tägigen Unterbrechung der Erwerbsausübung(en) des Vaters anlässlich der gerade erfolgten Geburt seines Kindes, um ausschließlich und ganz intensiv die Zeit mit der Familie zu verbringen (vgl ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 2). Da es Vätern unmittelbar nach der Geburt eines weiteren Kindes weder möglich ist, Kinderbetreuungsgeld für das ältere Kind noch für das neugeborene Kind zu beziehen (vgl § 3 Abs 6 KBGG bzw § 6 Abs 1 KBGG, wonach der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für die Zeit des Bezugs von Wochengeld ruht; bzw OGH10 ObS 151/11w ARD 6213/6/2012 und OGH10 ObS 39/13b ARD 6342/6/2013, wonach § 6 Abs 2 KBGG so zu verstehen ist, dass der Kinderbetreuungsgeldbezug des Vaters für ein älteres Kind nur für die Zeit des Wochengeldbezugs bis zur Geburt des jüngeren Kindes weiter bezogen werden kann), werden Väter, die sich unmittelbar nach der Geburt eines Kindes um ältere Geschwisterkinder kümmern möchten/ müssen, vielmehr durch das derzeitige Regime des Familienzeitbonus vollkommen ausgeblendet. Wollen sie das tun, was der Gesetzgeber mit der Einführung von Familienzeitbonus bezweckt hat, nämlich sich an der Kinderbetreuung beteiligen, dann müssen sie dafür Pflegefreistellung oder ihren Erholungsurlaub aufbrauchen, falls Mutter und Kind nach der Entbindung noch einige Tage im Krankenhaus bleiben, aber Geschwisterkinder zu versorgen sind.
De lege ferenda bedürfen die gesetzliche Definition des gemeinsamen Haushalts im FamZeitbG bzw die Konsequenzen einer Nichterfüllung der Voraussetzungen für einen gemeinsamen Haushalt mE einer Anpassung. Denn der Familienzeitbonus steht nach dem derzeitigen Wortlaut des § 2 Ab 3 FamZeitbG einem Vater sogar dann nicht zu, wenn er sich aufgrund eines Krankenhausaufenthalts der Mutter alleine um das Neugeborene kümmern muss. Dass der Gesetzestext in diesem Fall zu einer unsachlichen Schlechterstellung jener Väter führt, die massive Familienlasten auf sich nehmen (müssen), hat auch der OGH erkannt und ausgesprochen, dass § 2 Abs 3 FamZeitbG teleologisch zu reduzieren ist (vgl OGH10 ObS 147/19v DRdAinfas 2020, 178).
Worin liegt dann aber – bezogen auf den Zweck des FamZeitbG – der maßgebliche Unterschied, wenn sich ein Vater durch einen Krankenhausaufenthalt der Mutter unmittelbar nach der Geburt um ein oder mehrere weitere Kinder alleine kümmern muss? Der Familienzeitbonus „belohnt“ ja nicht nur die Pflege des Kindes durch den Vater, sondern soll dann zustehen, wenn Väter ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um ihre Partnerin nach der Entbindung ganz allgemein zu unterstützen. In den Materialien wird diesbezüglich etwa auf Behördengänge und die Haushaltsführung verwiesen. Die Übernahme der Betreuung von Geschwisterkindern stellt da mE eine vergleichbare Unterstützung dar (vgl auch Salcher, Kein Anspruch auf Familienzeitbonus während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Neugeborenem, DRdA 2019, 437 [439]). Und gerade in diesen Situationen werden Väter wahrscheinlich auch weiterhin in die Falle tappen und den Familienzeitbonus zu früh beantragen. In Kombination mit der Tatsache, dass der Familienzeitbonus zur Gänze und nicht bloß anteilsmäßig zurückzuzahlen ist, wenn nicht an jedem Bezugstag die gesetzlich determinierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, verschärft das Problem in der Praxis noch weiter. Eine Reaktion des Gesetzgebers wäre daher wünschenswert. Worin liegt dann aber – bezogen auf den Zweck des FamZeitbG – der maßgebliche Unterschied, wenn sich ein Vater durch einen Krankenhausaufenthalt der Mutter unmittelbar nach der Geburt um ein oder mehrere weitere Kinder alleine kümmern muss? Der Familienzeitbonus „belohnt“ ja nicht nur die Pflege des Kindes durch den Vater, sondern soll dann zustehen, wenn Väter ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um ihre Partnerin nach der Entbindung ganz allgemein zu unterstützen. In den Materialien wird diesbezüglich etwa auf Behördengänge und die Haushaltsführung verwiesen. Die Übernahme der Betreuung von Geschwisterkindern stellt da mE eine vergleichbare Unterstützung dar (vgl auch Salcher, Kein Anspruch auf Familienzeitbonus während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Neugeborenem, DRdA 2019, 437 [439]). Und gerade in diesen Situationen werden Väter wahrscheinlich auch weiterhin in die Falle tappen und den Familienzeitbonus zu früh beantragen. In Kombination mit der Tatsache, dass der Familienzeitbonus zur Gänze und nicht bloß anteilsmäßig zurückzuzahlen ist, wenn nicht an jedem Bezugstag die gesetzlich determinierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, verschärft das Problem in der Praxis noch weiter. Eine Reaktion des Gesetzgebers wäre daher wünschenswert. Worin liegt dann aber – bezogen auf den Zweck des FamZeitbG – der maßgebliche Unterschied, wenn sich ein Vater durch einen Krankenhausaufenthalt der Mutter unmittelbar nach der Geburt um ein oder mehrere weitere Kinder alleine kümmern muss? Der Familienzeitbonus „belohnt“ ja nicht nur die Pflege des Kindes durch den Vater, sondern soll dann zustehen, wenn Väter ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um ihre Partnerin nach der Entbindung ganz allgemein zu unterstützen. In den Materialien wird diesbezüglich etwa auf Behördengänge und die Haushaltsführung verwiesen. Die Übernahme der Betreuung von Geschwisterkindern stellt da mE eine vergleichbare Unterstützung dar (vgl auch Salcher, Kein Anspruch auf Familienzeitbonus während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Neugeborenem, DRdA 2019, 437 [439]). Und gerade in diesen Situationen werden Väter wahrscheinlich auch weiterhin in die Falle tappen und den Familienzeitbonus zu früh beantragen. In Kombination mit der Tatsache, dass der Familienzeitbonus zur Gänze und nicht bloß anteilsmäßig zurückzuzahlen ist, wenn nicht an jedem Bezugstag die gesetzlich determinierten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, verschärft das Problem in der Praxis noch weiter. Eine Reaktion des Gesetzgebers wäre daher wünschenswert.401