40Abfertigungsberechnung bei Vertragsbediensteten
Abfertigungsberechnung bei Vertragsbediensteten
Es gilt der Grundsatz, dass im öffentlichen Dienst zumindest in bestimmten Bereichen ein engerer Entgeltbegriff als im allgemeinen Arbeitsrecht zur Anwendung gelangt. Einem solchen abweichenden Entgeltbegriff entspricht es auch, wenn nach § 298 Abs 10 Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L-DBR) für die Abfertigungsberechnung aus objektiven Gründen nicht (generell) das Letztgehalt, sondern das auf Basis des Gesamtbeschäftigungsausmaßes aliquotierte Letztgehalt die Bemessungsgrundlage bildet.
Die Höhe der Abfertigung nach § 298 Stmk L-DBR ergibt sich aus den beiden Komponenten der Anzahl der Monatsgehälter, die dienstzeitabhängig ist, und der Bemessungsgrundlage. Das Argument, mit einer mehr als 25-jährigen Dienstzeit sei eine nicht mehr kürzbare Anwartschaft im Höchstausmaß erworben worden, trifft nur auf den Multiplikator zu. Die Höhe der individuellen Bemessungsgrundlage steht hingegen nicht eher als bei tatsächlicher abfertigungswirksamer Beendigung des Dienstverhältnisses fest.
Bei der Ermittlung der Höhe der Bemessungsgrundlage werden teilbeschäftigte Bedienstete durch die Berücksichtigung des Arbeitszeitausmaßes pro rata temporis gegenüber durchgehend Vollbeschäftigten nicht unsachlich benachteiligt. Eine jahrelang teilbeschäftigte Vertragsbedienstete (VB) hat im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas über die Gesamtdienstzeit weniger in die Waagschale zu werfen als die durchgehend vollzeitbeschäftigten Vertragsbediensteten.
Das Unionsrecht steht im Fall der Teilbeschäftigung einer Berechnung von Entgeltbestandteilen nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht entgegen, wenn die Berücksichtigung einer im Verhältnis zum vollzeitbeschäftigten AN reduzierten Arbeitszeit ein objektives Kriterium darstellt, das eine proportionale Kürzung der Ansprüche der betroffenen AN erlaubt.
1. Die Kl war vom 28.7.1975 bis 31.8.2019 als VB bei der Bekl beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis waren die Bestimmungen des Stmk L-DBR anzuwenden. Die Kl war vom 28.7.1975 bis 30.11.1993 (6.701 Tage) und vom 1.7.2005 bis 31.8.2019 (5.175 Tage) in Vollzeit beschäftigt. Vom 1.12.1993 bis 31.3.2004 (3.774 Tage) war sie mit 50 % und vom 1.4.2004 bis 30.6.2005 (456 Tage) mit 75 % der Vollarbeitszeit teilbeschäftigt.
Das Dienstverhältnis der Kl wurde gem § 130 Abs 2 Z 9 Stmk L-DBR nach Erreichen des 65. Lebensjahres aufgelöst. In Anwendung des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR wurde ihr auf Grundlage einer 25 Jahre übersteigenden Dienstzeit und eines über deren Gesamtdauer ermittelten durchschnittlichen Beschäftigungsausmaßes von 87,58 % eine Abfertigung in Höhe des Zwölffachen von 87,58 % des ihr für den letzten Monat gebührenden vollen Monatsentgelts bezahlt.
Die Kl begehrt die Zahlung der Differenz zu einer auf Basis von 100 % des Letztentgelts berechneten Abfertigung. Sie habe insgesamt mehr als 25 Jahre ihrer gesamten Dienstzeit mit vollem Beschäftigungsausmaß gearbeitet und daher für diese Zeit einen Anspruch auf ungekürzte Abfertigung erworben. Eine Teilbeschäftigung während der darüber hinausgehenden, nicht abfertigungswirksamen Dienstzeit könne nicht zur Kürzung der Abfertigung führen. Die angewandte Berechnungsmethode sei gleichheitswidrig und diskriminiere vorübergehend Teilbeschäftigte, bei denen es sich notorisch überwiegend um Frauen handle.
Die Bekl wandte ein, die Berechnung der Abfertigung nach dem durchschnittlichen Ausmaß der Beschäftigung über den gesamten Zeitraum sei nicht nur nicht diskriminierend, sondern stelle sicher, dass es bei der Abfertigungsberechnung nicht zu unbilligen Ergebnissen aufgrund der zufälligen zeitlichen Lage von Teilzeitperioden komme. Die 25 Jahre übersteigende Dienstzeit sei für die Abfertigung nicht irrelevant, sondern führe aufgrund der schematischen Gehaltsvorrückungen zu einer höheren Bemessungsgrundlage, die den prozentuellen Verlust aufgrund der Teilarbeitsperioden mehr als ausgleiche.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die angewandte Berechnung des Abfertigungsbetrags entspreche dem Gesetz. Bei einer Teilbeschäftigung gründe sich eine Aliquotierung von Bezügen pro rata temporis auf objektive Kriterien. Diese Berechnung sei auch aus Sicht des Unionsrechts zulässig und nicht diskriminierend.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Kl Folge und sprach ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Klagsbetrag zu. Der Anspruch auf Abfertigung falle unter den Begriff der Beschäftigungsbedingungen gemäß der RL 97/81/EG (idF der RL 98/23/EG) über Teilzeit. Diese Richtlinie verbiete eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten hinsichtlich ihrer Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigungen, soweit die unterschiedliche Behandlung nicht sachlich gerechtfertigt sei. Dies sei zu verneinen, wenn auch Zeiten der Teilauslastung außerhalb des anspruchsbegründenden Zeitraums bei der Bemessung der Höhe der Ansprüche zwingend einzubeziehen wären. Insb Frauen, die wegen Kindererziehung vorübergehend teilzeitbeschäftigt gewesen seien, aber insgesamt mehr als die für den Erwerb des Abfertigungsanspruchs erforderliche Zeit in Vollauslastung gearbeitet haben, könnten nie eine Abfertigung auf Basis des zuletzt bezogenen Gehalts erreichen. Dies stehe auch im Widerspruch zum von der Rsp betonten Versorgungscharakter der Abfertigung. Die Aliquotierungsregel des § 298 Stmk L-DBR sei unionsrechtskonform dahin zu interpretieren, dass die Arbeitszeiten, die über den anspruchsbegründenden Zeitraum hinausgehen, unberücksichtigt zu bleiben hätten. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche 490 Rsp zur Frage bestehe, ob der Pro-rata-temporis-Grundsatz dennoch auch in solchen Fällen zur Anwendung gelangen müsse. [...]
Die auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision ist aus den im Ausspruch des Berufungsgerichts dargelegten Gründen zulässig und auch berechtigt.
1. Rechtsgrundlage des strittigen Anspruchs ist die für Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis vor dem 1.1.2003 begonnen hat, geltende Übergangsbestimmung des § 298 Stmk L-DBR. Danach gebührt unter näher aufgezählten Bedingungen, darunter (Abs 6) bei Kündigung durch eine VB nach mindestens zehnjähriger Dienstzeit und nach Vollendung des 60. Lebensjahres, eine Abfertigung. Diese beträgt nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR „nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von (...) 25 Jahren das Zwölffache des dem/der Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes. Fallen in die Gesamtdienstzeit Zeiten, in denen das Beschäftigungsausmaß herabgesetzt war, ist für die Berechnung der Abfertigung jenes Monatsentgelt heranzuziehen, das sich aus dem aufgrund der in Voll- und Teilbeschäftigung zurückgelegten Dienstzeit ergebenden durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß auf der Grundlage des einem/einer vollbeschäftigten Vertragsbediensteten im letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgelts und des Kinderzuschusses errechnet. (...)“
2. Die Revisionswerberin argumentiert, die Durchrechnung des Beschäftigungsausmaßes gem § 298 Abs 10 Stmk L-DBR wirke nicht diskriminierend, sondern solle entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gewährleisten, dass DN, die in den Jahren bzw Monaten vor der Beendigung abweichend vom durchschnittlichen Ausmaß beschäftigt waren, weder benachteiligt noch bevorzugt würden.
Es sei eine individuelle Entgeltbemessungsgrundlage entsprechend der durchschnittlichen Beschäftigung über die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses zu bilden. Nur wenn sich das Beschäftigungsausmaß nie verändert habe, entspreche der letzte Monat dem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß und sei dann der Letztbezug für Vollbeschäftigte Grundlage der Abfertigungsbemessung. Die Abfertigung betrage aber in jedem Fall das der Beschäftigungsdauer entsprechende Vielfache der Bemessungsgrundlage.
Die gem § 298 Abs 10 Stmk L-DBR ermittelte Abfertigung stehe in Relation zum jeweiligen Beschäftigungsausmaß und Einkommen und sei in dieser Hinsicht mit der im Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG) geregelten „Abfertigung neu“ vergleichbar, deren Beiträge ebenfalls vom jeweiligen Arbeitsentgelt abzuführen seien. Es gebe bei dieser Betrachtung keine Zeiten innerhalb oder außerhalb des konkret anspruchsbegründenden Zeitraums. Das durchschnittliche Beschäftigungsausmaß stelle ein objektives Kriterium für eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung dar und wirke nicht diskriminierend.
Eine Zusammenrechnung von unterbrochenen Zeiten der Vollzeitarbeit über dazwischen gelegene Teilbeschäftigungsperioden hinweg sei im Vertragsbedienstetenrecht nicht vorgesehen. In ihren ersten 25 Dienstjahren habe die Kl aber nur ein durchschnittliches Beschäftigungsausmaß von rund 86 % der Vollzeit erreicht, in den letzten 25 Jahren vor der Pensionierung durchschnittlich rund 79 %. Die nach dem Durchschnitt der gesamten Lebensdienstzeit ermittelte Bemessungsgrundlage von 87,58 % sei für sie günstiger.
Ein Anspruch auf Abfertigung alt existiere während des Dienstverhältnisses nur schwebend und entstehe erst durch seine anspruchswahrende Beendigung. Eine besonders lange Dauer der Beschäftigung finde in der Höhe der erreichten Entlohnungsstufe Berücksichtigung. Von einer Kürzung des Abfertigungsanspruchs der Kl könne keine Rede sein, sondern sie habe nie einen höheren Anspruch erworben.
3. Der Senat hat dazu erwogen:
3.1 Ein Anspruch auf Abfertigung fällt unstrittig unter den Begriff des „Entgelts“ iSd Art 157 Abs 2 AEUV, der neben den üblichen Grund- oder Mindestlöhnen und -gehältern auch alle sonstigen Vergütungen umfasst, die der AG dem AN aufgrund von dessen Beschäftigung mittelbar oder unmittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Nach der Rsp des EuGH umfasst dieser Begriff alle gegenwärtigen oder künftigen Vergütungen, sofern der AG sie dem AN, sei es auch mittelbar, aufgrund von dessen Beschäftigung gewährt (vgl EuGH Rs C-476/12, ÖGB, ECLI:EU:C:2014:2332; Rs C-216/12 und C-217/12, Hliddal und Bornand, ECLI:EU:C:2013:560 Rn 41 ua).
Nach § 4 Z 1 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der RL 97/81/EG („Grundsatz der Nichtdiskriminierung“) dürfen Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abfertigung für Teilbeschäftigte nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR ändert sich die Höhe des zu multiplizierenden Letztbezugs mit dem Ausmaß der Durchschnittsarbeitszeit des DN während des gesamten Dienstverhältnisses.
Der EuGH hat wiederholt ausgesprochen, dass das Unionsrecht im Fall der Teilbeschäftigung einer Berechnung von Entgeltbestandteilen nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz nicht entgegensteht, wenn die Berücksichtigung einer im Verhältnis zum vollzeitbeschäftigten AN reduzierten Arbeitszeit ein objektives Kriterium darstellt, das eine proportionale Kürzung der Ansprüche der betroffenen AN erlaubt (vgl Rs C-4/02, C-5/02, Schönheit und Becker, ECLI:EU:C:2003:583 Rn 90, 91 [Ruhegehalt]; Rs C-486/08, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols [Jahresurlaub] Rn 33; Rs C-476/12, ÖGB, Rn 24 ECLI:EU:C:2014:2332 [Kinderzulage]).
3.2. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Berechnung ihrer Abfertigung eine Aliquotierung unbillig sei, weil sie bereits durch ihre insgesamt mehr als 25-jährige Vollzeit 491 beschäftigung einen Anspruch auf volle Abfertigung erworben habe und diesen teilweise wieder verlieren würde.
3.3. Bereits in der E 9 ObA 6/05f hatte der OGH einen (dort nach § 56 Abs 9 OÖ LVBG gebührenden) Abfertigungsanspruch einer zuletzt ständig teilbeschäftigten VB zu beurteilen, die aber – wie die Kl – insgesamt mehr als 25 Jahre in Vollzeit gearbeitet hatte, und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Literatur an seiner Rsp (vgl RS0028504) festgehalten, dass zur Abfertigungsberechnung grundsätzlich und auch im Fall der nicht nur vorübergehenden Teilzeitbeschäftigung auf das zuletzt bezogene Entgelt abzustellen ist. Daraus ergibt sich keine aufzugreifende mittelbare Diskriminierung, weil nur jene Gruppe der Teilzeitbeschäftigten nachteilig betroffen wird, deren Arbeitszeit unmittelbar vor der Beendigung des Dienstverhältnisses herabgesetzt wurde, während die Regelung für jene günstiger ist, die nach einer Teilzeitperiode, etwa wegen Kindererziehung, zuletzt wieder in die Vollarbeitszeit gewechselt sind.
Die Rechtsgrundlage des zu 9 ObA 6/05f beurteilten Anspruchs sah im Unterschied zu § 298 Stmk L-DBR keine Aliquotierung über die Gesamtdienstzeit vor. Für den hier vorliegenden Fall relevant ist aber, dass der OGH in dieser Entscheidung der Ansicht, die einmal erreichte 25-jährige Vollarbeitszeit begründe jedenfalls einen unbedingten Rechtsanspruch auf das höchstmögliche Abfertigungsausmaß, auch wenn in der Gesamtdienstzeit Teilbeschäftigungsperioden gelegen sind, nicht nähergetreten ist.
3.4 Der Gesetzgeber hat (nur) in bestimmten Fällen vorgesehen, dass trotz Herabsenkung des Umfanges der Arbeitsleistung die frühere Vollarbeitsverpflichtung bei der Abfertigungsberechnung zu berücksichtigen oder ein Durchschnitt zu bilden ist (so etwa § 23 Abs 8 AngG, §§ 11 Abs 4, 13 Abs 2, 14 Abs 3, 14a Abs 7 AVRAG, § 13d Abs 3 BUAG). In diesen Fällen wird vom Grundsatz abgegangen, dass das tatsächlich gebührende Letztgehalt maßgeblich ist (vgl K. Mayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 23 AngG Rz 31 f).
Eine mit der Anordnung des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR vergleichbare Durchrechnung sieht auch § 22 Abs 1 VBG 1948 für die Jubiläumszuwendung teilbeschäftigter Vertragsbediensteter vor. Diese ist nach jenem Teil des seiner Einstufung entsprechenden Monatsentgeltes zu bemessen, der seinem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß in seinem bisherigen Dienstverhältnis entspricht.
Der Gesetzgeber ist bei diesen Regelungen offenkundig davon ausgegangen, dass mit der Anordnung einer Durchrechnung ein für die DN zwar nicht in jedem Einzelfall günstigeres, aber insgesamt sachgerechteres Ergebnis erzielt wird. Eine Durchrechnungsbestimmung verhindert, dass sich eine Teilzeitperiode je nach ihrer zeitlichen Lagerung innerhalb des Dienstverhältnisses überproportional mindernd oder erhöhend auf einen Anspruch auswirken kann.
3.5 Das vom Berufungsgericht ins Treffen geführte Argument der Kürzung einer bereits erworbenen Anwartschaft vermag nicht zu überzeugen.
Die Höhe der Abfertigung nach § 298 Stmk L-DBR ergibt sich aus den beiden Komponenten der Anzahl der Monatsgehälter, die dienstzeitabhängig ist, und der Bemessungsgrundlage.
Das Argument, mit einer mehr als 25-jährigen Dienstzeit sei eine nicht mehr kürzbare Anwartschaft im Höchstausmaß erworben worden, trifft nur auf den Multiplikator zu.
Die Höhe der individuellen Bemessungsgrundlage steht hingegen nicht eher als bei tatsächlicher abfertigungswirksamer Beendigung des Dienstverhältnisses fest. Sie ist nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR nicht generell, sondern nur dann mit dem vollen letzten Monatsbezug ident, wenn eine durchgehende Vollzeitbeschäftigung vorgelegen hat. Es kommt für diese Komponente des Anspruchs gerade nicht auf das Erreichen der für den Multiplikator maßgeblichen Anzahl von Dienstjahren an, sondern auf die Summe der im gesamten Dienstverhältnis geleisteten Arbeit. Die Kl konnte nach 25 Jahren noch keinen der Höhe nach „ungekürzten“ Abfertigungsanspruch nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR erworben haben, weil die Bemessungsgrundlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand.
Eine Dienstzeit „außerhalb des Abfertigungszeitraums“ existiert nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR nur im Zusammenhang mit dem Multiplikator, der sich nach dem 25. Dienstjahr nicht mehr erhöht, aber nicht in Bezug auf die Bemessungsgrundlage.
Bei der Ermittlung der Höhe der Bemessungsgrundlage werden teilbeschäftigte Bedienstete durch die Berücksichtigung des Arbeitszeitausmaßes pro rata temporis gegenüber durchgehend Vollbeschäftigten nicht unsachlich benachteiligt. Eine jahrelang teilbeschäftigte VB wie die Kl hat im Rahmen des arbeitsvertraglichen Synallagmas über die Gesamtdienstzeit weniger in die Waagschale zu werfen als die durchgehend vollzeitbeschäftigten Vertragsbediensteten. Hätte sie, wie es ihrem und dem Standpunkt des Berufungsgerichts entspricht, dessen ungeachtet einen nicht aliquotierten Abfertigungsanspruch, wäre sie den dauernd vollbeschäftigten Vertragsbediensteten nicht gleichgestellt, sondern bevorzugt. Durch die argumentative Vermengung der unterschiedlichen Voraussetzungen für Multiplikator und Bemessungsgrundlage wird dieses Ungleichgewicht nur verschleiert.
3.6 Diesem Ergebnis steht auch die vom Berufungsgericht herangezogene Versorgungsfunktion der Abfertigung, die ja nur eine der Funktionen der Abfertigung darstellt, nicht entgegen. Der Zweck, dem AN für den durch die Abfertigung abgedeckten Zeitraum den zuletzt bezogenen Durchschnittsverdienst zu sichern und damit eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes für diesen fiktiven Zeitraum zu gewährleisten (RS0028911; 9 ObA 97/87), wird auch bei einer Verminderung der Bemessungsgrundlage um 12,4 % gegenüber dem höchstmöglichen Betrag Rechnung getragen, umso mehr wenn – wie hier – die Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund des Übertritts in eine gesetzliche Alterspension erfolgt.
3.7 Im Vordergrund steht hier – und wird nicht zuletzt auch von der Kl betont – die Entgeltfunktion der Abfertigung. Mit der Anwartschaft auf die 492 Abfertigung alt (und deren Verlust bei Auflösung des Dienstverhältnisses aus dem Willen bzw Verschulden des DN) wurde eine langjährige zufriedenstellende Betriebstreue gefördert. Die Abfertigung alt belohnt am Ende des Dienstverhältnisses nicht nur das Erreichen der anspruchsbegründenden Mindestdienstzeit von bis zu 25 Jahren, sondern die gesamte im Betrieb erbrachte Arbeitsleistung (vgl im Übrigen Tomandl, Gedanken zur Berechnung der Abfertigung, ZAS 1995, 43) und stellt auch auf die Art der Beendigung ab. Sie gebührt nicht als Gegenleistung für eine Mindestdienstzeit von 25 Jahren, sondern bemisst sich nur hinsichtlich der Anzahl der Monatsentgelte abhängig von der Dienstzeit, ist aber auf das gesamte Dienstverhältnis und das Entgelt bezogen.
3.8 Der Umstand, dass außerhalb des Vertragsbedienstetenrechts Regelungen bestehen, die für den Standpunkt der Kl allenfalls günstiger wären (vgl § 14 Abs 3 Satz 2 AVRAG), steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass im öffentlichen Dienst zumindest in bestimmten Bereichen ein engerer Entgeltbegriff als im allgemeinen Arbeitsrecht zur Anwendung kommt (8 ObA 45/19d; Ziehensack, VBG § 35 Rz 18 mwN). Einem solchen abweichenden Entgeltbegriff entspricht es auch, wenn nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR für die Abfertigungsberechnung aus objektiven Gründen nicht (generell) das Letztgehalt, sondern das auf Basis des Gesamtbeschäftigungsausmaßes aliquotierte Letztgehalt die Bemessungsgrundlage bildet.
4. Der Revision der Bekl war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wieder herzustellen. [...]
Mit dem BMSVG (BGBl I 2002/100, ursprünglich „Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz [BMVG]“; vgl dazu bspw Gruber, Der persönliche und zeitliche Geltungsbereich insbesondere des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes, ZAS 2003, 4, sowie ders, ARD Abfertigung NEU – Praxishandbuch: 100 Fragen und Antworten [2004]) kam es zur Umstellung des bisherigen Abfertigungssystems auf das neue Modell. Übergangsbestimmungen stellten und stellen indes sicher, dass die latent entstandenen („schlummernden“) Abfertigungsansprüche bisheriger AN gewahrt blieben/bleiben. Dies gilt auch und gerade für den öffentlichen Dienst. Das BMSVG (damals noch „BMVG“) ordnet(e) die Anwendung des BM(S)VG über die „Abfertigung Neu“ auf alle Bundesbediensteten, welche nicht BeamtInnen sind, an. Für „alte“ Vertragsbedienstete (nämlich mit Beginn des Dienstverhältnisses vor 1.1.2003) wurde eine Übergangsregelung in § 84 VBG geschaffen.
Auch im allgemeinen Arbeitsrecht galt und gilt ein starres Abfertigungsmodell, das große Ähnlichkeit mit der VBG-Regelung aufweist. Danach gebührt ein – bemessen nach dem Vielfachen des Monatsbezuges – Abfertigungsanspruch nur bei Erfüllung bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen. Andernfalls geht der Anspruch (für immer) verloren, ohne dass eine Anwartschaft für die Zukunft verbleibt. Nach dem neuen Abfertigungsrecht tritt an die Stelle der fixen Abfertigungssätze ein Ansparmodell, geführt von einer eigenen (Vorsorge-)Kasse, in welches der AG monatlich bzw jährlich Einzahlungen vornimmt (siehe dazu näher Ziehensack, VBG – Praxiskommentar § 35 Rz 3 ff). Bezüglich des angesparten und verzinsten Betrages entsteht eine Anwartschaft der AN. Diese kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn einer von mehreren bestimmten Anfallsfällen eintritt. Bei Nichtverwirklichung des Abfertigungstatbestandes entfällt die Anwartschaft jedoch nicht endgültig, sondern bleibt für die Zukunft („Rucksack-Modell“) erhalten.
Im öffentlichen Dienst bedeutet(e) diese (damals) „neue“ Rechtslage eine Verschlechterung der Position der Vertragsbediensteten, sofern sie nicht einen AG-Wechsel anstreben, sondern auf den Anfall der Abfertigung zum Pensionszeitpunkt warten. Der nach altem und Übergangsrecht (siehe dazu § 84 VBG) verwirklichte Abfertigungsanspruch erreicht(e) zumeist eine größere Höhe (die Maximalhöhe von zwölf Monatsbezügen entspricht im Wesentlichen dem Jahresgehalt!) als der angesparte und in die Mitarbeitervorsorgekasse vom AG eingezahlte, verzinste Vorsorgebetrag. Demgegenüber bietet das Mitarbeitervorsorgemodell im allgemeinen Arbeitsrecht für zahlreiche AN einen Fortschritt, da sie eine Anwartschaft behalten und zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Abfertigung erhalten, auch wenn sie selbst ein (zumal länger dauerndes) Dienstverhältnis durch DN-Kündigung beenden.
Das „alte“ Abfertigungsrecht kommt auf Vertragsbedienstete (der Entlohnungsschemata v, h, I, II, k und der Entlohnungsgruppe u1 sowie VertragslehrerInnen, soweit sich aus § 92c VBG nicht anderes ergibt) noch zur Anwendung, wenn ihr Dienstverhältnis vor dem 1.1.2003 begonnen hat. Weiters gilt es auch für UniversitätslehrerInnen, soweit keine Sonderregeln bestehen. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen des „alten“ Abfertigungsrechts schließt jene des § 35 VBG jedenfalls aus. Andernfalls würde es zur nicht gerechtfertigten Doppelbzw Mehrfachversorgung kommen.
Das „alte Abfertigungssystem“ des Bundes wird in § 84 Abs 1a bis 8 VBG näher zusammengefasst. Der Abfertigungsanspruch gebührt beim Ende des Dienstverhältnisses. Er besteht gem Abs 2 leg cit (Ausschlussgründe) nicht, wenn das Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen wurde (§ 4 Abs 3 VBG) und durch Zeitablauf geendet hat (befristete Dienstverhältnisse), es sei denn, dass es sich um ein Dienstverhältnis zu Vertretungszwecken handelt; wenn das Dienstverhältnis vom DG nach § 32 Abs 2 Z 1, 3 oder 6 VBG gekündigt 493 wurde (begründete Kündigung); wenn das Dienstverhältnis vom DN gekündigt wurde („Selbst- bzw Eigenkündigung, DN-Kündigung“); wenn den DN ein Verschulden an der Entlassung (§ 34 Abs 2 VBG) trifft; wenn der DN gem § 34 Abs 3 oder 4 VBG entlassen wurde (verschuldete Entlassung); wenn der DN ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt (§ 34 Abs 5 VBG; unberechtigter Austritt); wenn das Dienstverhältnis einverständlich aufgelöst wird und keine Vereinbarung über die Abfertigung zustande kommt (einvernehmliche Auflösung ohne Vereinbarung); wenn das Dienstverhältnis gem § 30 Abs 1 Z 3, 4 oder 7 VBG endet. Nach § 84 Abs 3 und 4 VBG besteht ein Abfertigungsanspruch ausnahmsweise auch bei Eigenkündigung in bestimmten Fällen (Eheschließung, Kindesbetreuung, Pensionierung einschließlich Gleitpension).
Die Abfertigungsberechnung im öffentlichen Dienst weist Eigenheiten auf, welche bei erster Befassung für „Nicht-PersonalrechtlerInnen“ unerwartet erscheinen mögen. Dies betrifft etwa die Bemessungsgrundlage: Die Abfertigungshöhe richtet sich nach der Dauer des Dienstverhältnisses. Ab 3 (Dienst-)Jahren gebührt das Zweifache, ab 5 das Drei-, ab 10 das Vier-, ab 15 das Sechs-, ab 20 das Neun- und ab 25 das Zwölffache des letzten Monatsentgelts. Bei der Berechnung der Abfertigung ist nach § 84 VBG (ebenso wie bei der alten Fassung des § 35 VBG) das Monatsentgelt als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen. Früher war auch die – finanziell aber nicht sehr ins Gewicht fallende – Kinderzulage zur Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Diese wurde zwischenzeitig in „Kinderzuschuss“ unbenannt – siehe dazu § 16 VBG – und fiel zudem aus der Bemessungsgrundlage für die Abrechnungsberechnung hinaus. Demgegenüber orientiert sich der Abfertigungsanspruch im allgemeinen Arbeitsrecht (§ 23 AngG; auch das AngG sieht die Fortschreibung des „alten“ Abfertigungsrechts für „Altverträge“ vor; siehe dazu § 46 Abs 1 AngG) am „weiten Entgeltbegriff“, welcher auch Sonderzahlungen und Überstunden umfasst. Der enge Entgeltbegriff des Vertragsbedienstetenrechts wurde zu §§ 8a, 17 f iVm den Abfertigungsbestimmungen im VBG (insb § 35 alt, § 84) entwickelt (OGH 29.8.2002, 8 ObA 188/02h; LG Korneuburg als ASG 13.4.2005, 34 Cga 127/04i). Er fällt besonders ins Gewicht, da die Sonderzahlungen keine Berücksichtigung finden. Bei Lehrkräften, welche über die volle Lehrverpflichtung in Höhe von 20 Wochenstunden beschäftigt wurden, kommt ebenfalls nur der Ansatz des gewöhnlichen Monatsentgelts ohne Hinzurechnung der „Überstunden“ (Mehrdienst leistungen, da Heranziehung zur Lehrtätigkeit über die volle Lehrverpflichtung hinausgehend) zur Anwendung (LG Korneuburg als ASG 13.4.2005, 34 Cga 127/04i). Bei der Abfertigungsberechnung bleiben demnach Sonderzahlungen sowie die Mehrdienstleistungszulage außer Betracht (OGH 3.4.2008, 8 ObA 13/08g). Gem § 84 Abs 4 VBG bemisst sich die Abfertigung also in einem Mehrfachen der folgenden Bemessungsgrundlage: „des dem Vertragsbediensteten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsentgeltes“. Anders als das allgemeine Arbeitsrecht geht das VBG daher vom sogenannten „engen Entgeltbegriff“ aus. Nur das Monatsentgelt wird der Multiplikation zu Grunde gelegt, nicht aber auch Sonderzahlungen, Überstundenentgelt und sonstige Zulagen. Hierin besteht eine wesentliche Abweichung zum allgemeinen Arbeitsrecht.
Gemeinsam mit dem allgemeinen Arbeitsrecht besteht aber das Problem der Berechnung der Bemessungsgrundlage bei wechselndem Ausmaß der Arbeitszeit. Wie im allgemeinen Arbeitsrecht gilt auch im Bereich des VBG und auch einigen Vetragsbedienstetengesetzen der Bundesländer (vgl hierzu etwa § 56 Abs 9 oö LVBG; siehe hierzu OGH 29.6.2005, 9 ObA 6/05f = DRdA 2006/28 [Smutny]) die Berechnung der Abfertigung nach dem „Aktualitätsprinzip“ (zur Diktion „Aktualitätsprinzip“ vgl die Gesetzesmaterialien zum BMVG 1131 BlgNR 21. GP 46). Demnach gilt beim Wechsel von Voll- auf Teilzeit und umgekehrt als Berechnungsgrundlage dennoch – wie vom Gesetzeswortlaut vorgesehen – der Letztbezug, also der „aktuelle“ Bezug. Nach der überzeugenden Meinung des OGH (9 ObA 6/05fDRdA 2006/28 [Smutny]) liegt keine Ungleichbehandlung von weiblichen gegenüber männlichen AN vor: Bei weiblichen AN liegt die Quote der Teilzeitbeschäftigten zwar wesentlich höher als bei männlichen AN, dafür genießen aber auch jene Teilzeitbeschäftigten, welche von Teil- auf Vollzeitbeschäftigung wechseln, entsprechende Vorteile bei der Bemessungsgrundlage für die Abfertigungsberechnung. Im Hinblick auf diese entstehenden Vorteile bei UmsteigerInnen von Teil- auf Vollzeitbeschäftigung erscheint auch der mögliche Nachteil für UmsteigerInnen in die Gegenrichtung nicht unbillig. Die Richtigkeit der Judikatur des Höchstgerichtes erscheint auch folgerichtig im Hinblick auf die Deutung der Abfertigung als Versorgung, welche AN für den durch die Abfertigung gedeckten Zeitraum auf Basis des zuletzt bezogenen Verdiensts weiter erhalten sollen. Andere Deutungen der Abfertigung, nämlich unter Betonung eines Entgeltcharakters, würden eher eine andere Lösung nahelegen, nämlich einer höheren Bemessungsgrundlage im Wege eines Durchrechnungszeitraumes oder einer ausschließlichen Berücksichtigung der Vollarbeitszeiten, wenn diese im gesamten Arbeitsverhältnis im Vordergrund gestanden sind (zum kritischen Standpunkt der Lehre im allgemeinen Arbeitsrecht zur Bemessung der Abfertigung auf Basis des Aktualitätsprinzips des Letztbezuges siehe etwa Migsch, Abfertigung für Arbeiter und Angestellte [1982] Rz 156 ff; Tomandl, Gedanken zur Berechnung der Abfertigung, ZAS 1995, 43; Mayr, Ausgewählte Rechtsprobleme bei der Berechnung der Abfertigung mit unterschiedlichem Beschäftigungsausmaß, in Mayr/Resch, Abfertigung [1999] 51 ff; Mayr, Berechnung der Abfertigung „alt“ bei Wechsel von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung, ecolex 2002, 599; Smutny, Abfertigung „alt“ nach Wechsel von Vollzeit zu Teilzeit, Glosse zu OGH 29.6.2005, 9 ObA 6/05f = DRdA 2006, 305). 494
Vorliegend ging es aber um die Beurteilung einer besonderen Regelung im Übergangsrecht der Vertragsbediensteten des Bundeslandes Steiermark. Vom OGH insb zu prüfen war die Frage der Europarechtskonformität der nationalen Regelung der Abfertigungsberechnung nach § 298 Abs 10 Stmk L-DBR. Anders als nach dem VBG des Bundes (§ 84 Abs 4) schrieb und schreibt das Stmk L-DBR die Berechnung der „Abfertigung alt“ nicht nach dem oben dargelegten „Aktualitätsprinzip“ vor, sondern nach dem Durchschnittsprozentsatz des Beschäftigungsausmaßes. Wie der OGH herausgearbeitet hat, erfolgt die Abfertigungsberechnung zweistufig. In einem ersten Schritt wird die Anzahl der gebührenden Monatsbezüge ermittelt (= Multiplikator), in einem zweiten das (Prozent-)Ausmaß zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Liegt Vollbeschäftigung vor, beträgt das prozentuelle Ausmaß 100 %, bei Teilzeitbeschäftigung der Prozentsatz desselben, also 50 % bei Hälftereduktion. Wenn, wie im vorliegenden Fall, sowohl Zeiten der Voll- als auch solche der Teilzeitbeschäftigung vorliegen, bedarf es der Ermittlung des Durchschnittssatzes, um so hochgerechnet ein Ergebnis zu erlangen, welches das gesamte Beschäftigungsverhältnis angemessen widerspiegelt. Bei der Kl lagen 6.701 + 5.175 Tage Vollzeit-, 3.774 Tage Halb- und 456 Tage 75 %-ige Beschäftigung vor. Dies ergab dann zusammengerechnet 11.876*100 % + 3.774*50 % + 456*75 % = 14.105/Gesamtanzahl der Tage (= 16.106) = 87,58 % (durchschnittliches Gesamtarbeitsausmaß).
Mit diesem Ergebnis war jedoch das Berufungsgericht nicht einverstanden, da es sich von den Argumenten der Klagevertretung beeindrucken ließ: Ausgehend von dem Diskriminierungsverbot gegen Teilzeitbeschäftigte auf Grund der Teilzeit- RL vermeinte das Instanzgericht, dass die nationalstaatliche Regelung des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR gegen EU-Recht, nämlich konkret die Teilzeit-RL (RL 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP and EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, ABl L 14 vom 20.1.1998, 9) verstieße und daher unangewendet bleiben müsste. Die innerstaatlichen Gerichte und Behörden haben nämlich die inhaltlich von der Richtlinie berührten Normen soweit wie möglich im Einklang mit der Richtlinie („richtlinienkonform“) auszulegen (OGH 30.1.2001, 1 Ob 80/00x = SZ 74/15, zu § 43 B-GBG).
Der Ansatz des Berufungsgerichtes erwies sich jedoch als korrekturbedürftig, da die vermeinte EU-Rechtswidrigkeit gar nicht vorgelegen hatte und die nationalstaatliche Regelung (des § 298 Abs 10 Stmk L-DBR) daher zu Unrecht unangewendet geblieben war. Der OGH verwies nämlich darauf, dass zwar auch auf Abfertigungsansprüche, wegen deren Entgeltcharakters die Teilzeit-RL grundsätzlich zur Anwendung gelangt, aber durch die oben beschriebene zweigliedrige Ausmittlung von einer
Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten (und da insb überproportional betroffen Frauen als DN mit Rücksicht insb auf deren überwiegende Wahrnehmung der Kindererziehung) keine Rede sein konnte. Sie läge nur vor, wenn beim Multiplikator Differenzierungen vorgenommen worden wären. Dass der Gesetzgeber aber an das Gesamtbeschäftigungsausmaß anknüpfte, erachtete das Höchstgericht als legitim, dies zumal im Hinblick auf die dadurch gefundene ausgewogene Lösung und Berücksichtigung der Betriebstreue und des Ausmaßes derselben, also des Einsatzes für den Betrieb, auch was das Beschäftigungsausmaß betrifft. § 4 Teilzeit-RL setzt nämlich den Grundsatz der Nichtdiskriminierung fest, wie auch bereits der Überschrift dieser Bestimmung entnommen werden kann: „Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.“ Z 2 ordnet darüber hinaus ausdrücklich an: „Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.“ Dieses Angemessenheitserfordernis sah der OGH als gegeben an, zumal der Abfertigungsanspruch erst tatsächlich mit dem Beendigungsdatum entstanden ist und nicht bereits davor. Die Überlegungen des Berufungsgerichtes knüpften nämlich daran an, dass angesichts von mehr als 25 Jahren Vollbeschäftigung die Teilzeitbeschäftigungszeiträume auszublenden gewesen wären; dies berücksichtigte aber einerseits nicht die ausdrückliche gegenteilige positivrechtliche Norm und andererseits auch nicht den Umstand, dass die 25-Jahr-Schwelle nur Bedeutung für den Multiplikator erlangt, nicht für die Bemessungsgrundlage, welche dem Pro-ratatemporis-Grundsatz unterliegt. Überdies verwies der OGH überzeugend auf die EuGH-Judikatur (23.10.2003, C-4/02 and C-5/02, Schönheit; EuGH 22.4.2010, C-486/08, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols; EuGH 5.11.2014, C-476/12, Österreichischer Gewerkschaftsbund), welche die Anwendung dieses Pro-rata-temporis-Prinzips im Hinblick auf verschiedene Themenstellungen (Pensionsbezug, Jahresurlaub, Kinderzulage) als legitim erachtete.
Der Ansatz erscheint begrüßenswert, da er die Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit stärkt. Wenn nämlich im Hinblick auf behauptete EU-Rechtswidrigkeit die Geltung zahlreicher Normen in Zweifel gezogen wird, belastet dies den Rechtsverkehr und Arbeitsmarkt. Dadurch wird nicht zuletzt die Rolle des Bundes- und Landesgesetzgebers untergraben. Von diesen muss erwartet werden können, dass europarechtskonforme Lösungen gesucht und gefunden werden bzw bei „Fehltritten“ die umgehende Korrektur der nationalstaatlichen Normen auf den EU-rechtlich einwandfreien Kurs erfolgt. 495